Liebesrausch & Bettgeflüster - Claudia von Trausnitz - E-Book

Liebesrausch & Bettgeflüster E-Book

Claudia von Trausnitz

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Beschreibung

In dieser Anthologie versammeln wir die schönsten Geschichten rund um gute Nächte, sinnliche Träume, rauschhafte Liebeswünsche und verführerische Abwechslung im Bett. Zum Allein-Lesen, zu Zweit genießen oder zu Dritt vernaschen

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INHALT
1 Hotelfantasien
2 Die Welt explodiert, wenn man etwas Verrücktes tut
3 Der Mut, ich liebe dich zu denken
4 Zum wahren Glanz verhelfen
5 Das Ahornblatt am Gummibaum
6 Eine moralische Nacht
7 Halali
8 Heißes Verlangen
9 Frivoler Lauscher
10 Chinesische Liebeskunst
11 Dublette
12 Michelangelo Photographer
13 All inclusive
14 Nachtträume
15 Der Gast
16 Geheimnisse
17 Schreibwettbewerb
18 Strohfeuer
Autoren

Liebesrausch & Bettgeflüster

eine Anthologie

ELYSION-BOOKS

Print; 1. Auflage: Mai 2023

eBook; 1. Auflage: Mai 2023

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2023 BY ELYSION BOOKS, LEIPZIG

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.dreamaddiction.de

ISBN (Ebook) 978-3-96000-263-5

ISBN (gedrucktes Buch) 978-3-96000-262-8

www.Elysion-Books.com

Liebesrausch & Bettgeflüster

eine Anthologie

INHALT

Claudia von Trausnitz: Hotelfantasien S. 5

Charlie Winter: Die Welt explodiert, wenn man ... S. 9

Detlev Zesny: Der Mut, ich liebe dich zu denken S. 23

Paul-Ludwig Wust: Zum wahren Glanz verhelfen S. 31

Maximillian Wust: Das Ahornblatt am Gummibaum S. 46

Mag. Doris Binder: Eine moralische Nacht S. 59

Stefan Müser: Halali S. 63

Elina Sudden: Heißes Verlangen S. 71

Tira Beige: Frivoler Lauscher S. 90

Wolfgang Malischewski: Chinesische Liebeskunst S. 95

Regina Derksen: Dublette S. 110

Miss Libra: Michelangelo Photographer S. 120

Hans-Werner Halbreiter : All Inclusive S. 142

Kim Cavallis: Nachtträume S. 155

Eska P.: Der Gast S. 164

Olivia Stahlenburg : Geheimnisse S. 176

Anonym: Schreibwettbewerb S. 190

Laura Loost: Strohfeuer S. 203

.

1 Hotelfantasien

Claudia von Trausnitz

Bisher passiert alles nur in unseren Köpfen. Wir reizen uns mit Worten und Bildern und unser Verlangen aufeinander wächst dadurch fast bis zur Unerträglichkeit heran. Geschriebene Worte, die uns zwar auf Distanz halten, aber dadurch nicht weniger intim und sexy sind. Ganz im Gegenteil, gerade die Distanz und das Verbotene macht es zwischen uns nur noch explosiver. In meiner Fantasie spielen sich die unglaublichsten Szenen ab und ich frage mich dann oft: Was wäre wenn?

Was wäre, wenn wir uns zufällig in einer Hotelbar gegenüber stünden? Wären wir erst peinlich berührt? Würden wir uns zaghaft an den Händen halten? Würden wir uns schüchtern küssen?

Dein Blick ist wahnsinnig einschüchternd, du bist groß und wirkst von der ersten Sekunde an beherrscht und dominant. Dieser Blick reicht völlig aus und wenn ich kein Höschen an hätte, wäre der Platz, auf dem ich sitze, klatschnass. Wir sitzen in einer dieser modernen Hotel-Lounges, etwas abseits, unbeobachtet, aber nicht alleine. Du rutscht ein Stück näher an mich heran, um an meinem Hals zu riechen. Mein Duft und meine Hitze machen dich wahnsinnig an, das kann ich spüren. Deine Lippen streifen über meine Halsbeuge, du fasst unter mein Top und lässt einen Finger unter meinen BH-Träger gleiten und schiebst ihn mir langsam über die Schulter, um diese dann zärtlich zu küssen. Mein Atem wird schwerer, weil ich deinem gierigen Blick nicht ausweichen kann. Plötzlich, ohne Vorwarnung lässt du deine Hand in meine Hose gleiten, schiebst mein Höschen auf die Seite und legst zwei Finger auf meine Sanftheit. Ich bebe unter deiner Berührung und du fühlst meine Nässe und Feuchtigkeit und meine Bereitschaft, alles zu tun. Mit langsamen Bewegungen dringst du mit beiden Fingern in mich ein und flüsterst mir dabei ins Ohr: » Ich denke seit Wochen an nichts anderes als in dir zu sein, dir ist klar, dass du das Hotel heute nicht mehr verlassen wirst?« Dabei lässt du deine Finger immer wieder aus mir heraus gleiten, um sie direkt wieder, ganz langsam und möglichst tief, hineinzustoßen. Ich kann ein leises Stöhnen nicht unterdrücken und als du deine Finger zu deinem Mund führst, um sie abzulecken halte ich es kaum noch aus. Ich will nicht nur deine Finger in mir spüren, ich will dich ganz. Dich fühlen, schmecken, trinken …

Ich klettere auf deinen Schoß, die anderen Menschen um uns herum blende ich komplett aus. Ich fasse deinen Kopf mit beiden Händen, küsse dich und stecke dir, während unsere Zungen miteinander spielen, einen Finger in den Mund. Wir lecken beide an meinem Finger und ich dränge mich an dich, reibe mit meiner Scham deinen Schoß. Du küsst meinen Brustansatz, fährst mit der Zunge wieder über meinen Hals und ich höre dein leises Stöhnen an meinem Ohr. »Lass uns nach oben gehen.« Sagst du, fasst mich an die Hand und ziehst mich mit dir aus der Hotel-Lounge, raus aus dem Neonlicht, in den nächsten Aufzug. Wir sind nicht alleine, der Lift Boy begrüßt uns freundlich, doch du hast nur noch Augen für mich. Filmriss! Im nächsten Moment drehst du mich zur Aufzugwand, du beherrscht mich, es sind deine Regeln. Du packst meinen Hintern, spreizt mir die Beine und stellst dich direkt dazwischen. Ich spüre deine Erregung, biege meinen Rücken und drücke dir meinen Hintern entgegen. Du fasst um mich herum, berührst meine Brüste, meine aufgerichteten Brustwarzen lechzen förmlich danach, von dir genommen zu werden, und du magst es sehr, wie erregt ich bin. Dann fällt deine Hose auf den Boden und mit beiden Händen ziehst du mir schnell meine Unterbekleidung aus. Schon spüre ich dich an meinem Hinterteil. Du dringst in mich ein, fest. Ich kann mich nicht wehren und auch nicht länger an mich halten. Ich stöhnte laut deinen Namen. Nur 2, 3 feste Stöße, zu mehr reicht die Zeit nicht. Ich hörte dein leises Stöhnen und Fluchen an meinem Ohr, spüre deinen schnellen, heißen Atem an meinem Hals. Der Lift Boy ist diskret. Sicher hat er schon Schlimmeres erlebt. Was haben diese Hotel-Aufzüge nur an sich? Die Aufzugtür gleitet ächzend auf, der Lift Boy grüßt uns nochmal recht freundlich und wünscht uns eine gute Nacht. Sehe ich ein Zwinkern in seinem leicht geröteten Gesicht?

Es ist niemand im Hotelflur, also beeilen wir uns ohne Hosen in dein Zimmer zu gelangen. 6er Stock, Zimmer 6. Wir kichern wie kleine Kinder, was für eine verrückte Nacht. Du schiebst mich direkt ins Schlafzimmer. Wir sind viel zu scharf aufeinander, keine Zeit für Experimente auf dem Tisch, Stuhl oder mit sonstigen Utensilien. Wir küssen uns auf dem Weg dorthin sehr wild. Mit einem Ruck stößt du mich aufs Bett. Ohne Vorspiel oder langsames Annähern, denn diesen Punkt haben wir bereits lange hinter uns gelassen, kniest du dich vor meine geschwollene Scham und drückst meine Schenkel auseinander. Du fängst an mich fordernd zu schmecken und kreist mit deiner Zungenspitze über meine Scham, schiebst während dessen wieder einen Finger in mich hinein und lockst so ein weiteres Stöhnen hervor, bis der Orgasmus mich überwältigt. Doch du hörst nicht auf! Du drückst meine Handgelenke fest auf die Matratze, blickst mich bestimmend an und führst deine Magie mit der Zunge unbeirrt fort. Ich bin überreizt und obwohl es schon fast weh tut, komme ich zum zweiten Mal. Ich schließe meine Augen und da liege ich nun, mit weit gespreizten Beinen und mehr als bereit, dich endlich in mich aufzunehmen. Du küsst und knabberst an meiner Unterlippe, streichelst mit deiner Nase meine Halsbeuge, versenkst deinen Kopf darin und endlich spüre ich dich. Hart. Du stößt zu, immer und immer wieder. Heftig, grob – so wie ich es jetzt brauche. »Tiefer«, wimmere ich und du erfüllst mir meinen Wunsch nur zu gern. Erbarmungslos nimmst du dir, was du willst und du kurz vor deinem Orgasmus bist. Dabei blicken wir uns in die Augen, mein etwas unsicheres Lächeln gibt dir den Rest. Wir sind fürs Erste befriedigt und entspannen ein wenig, liegen Haut an Haut, ein Schweißfilm zwischen uns, erzählen ein wenig vom Leben und trinken eisgekühlten Wein. Die Hotelmarke ...

2 Die Welt explodiert, wenn man etwas Verrücktes tut

Charlie Winter

Es ist laut, stickig und diese unvergleichliche Spannung liegt in der Luft. Diese ganz besondere Atmosphäre zwischen Kontrolle und Ekstase, zwischen sich gehen lassen und vernünftig bleiben, zwischen spielen und es nicht übertreiben. Die Bässe wummern, lassen den Boden unter den hunderten Tanzwütigen zusätzlich vibrieren. Lichteffekte surren über die Köpfe hinweg, Laser formen abstrakte Figuren und Strobos flackern im Einklang mit der Musik.

Mit jeder Stunde, die vergeht, mit jedem weiteren Song, mit jeder auf der Tanzfläche verbrachten Minute, wachsen die Anwesenden mehr zusammen. Körper an Körper, dicht an dicht, Haut an Haut; die Tanzenden bilden eine Einheit. Eine homogene Masse, geformt durch Licht, Sound und dieser einzigartigen Stimmung, die man nur in einem vollen Club an einem Freitagabend findet. Der Stress der Woche fällt langsam ab und die Freizeit öffnet ihre Arme und empfängt einen mit breitem Grinsen.

Julia schließt einen Moment die Augen und saugt alles in sich auf: die Musik, den Geruch nach Alkohol, Zucker und Parfum, die Körper um sie herum, die sie immer wieder berühren. Magisch und einzigartig.

Ein Umstand, den man im normalen Leben eher nicht duldet, sogar eher unterbinden würde, genießt man hier und lässt sich davon treiben. Sie war noch nie eine ausgesprochene Partygängerin, keine die man jedes oder jedes zweite Wochenende in einem Club findet. Und wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe, warum sie das alles mit ihren »schon« 26 Jahren immer noch in ihren Bann zieht.

Und wahrscheinlich ist auch ihr Job ein Grund.

Bestimmt sogar.

Trotz der Anonymität gehört man hier zusammen. Hier fügt man sich in die Masse ein oder findet sich mit einem einzelnen Tänzer zusammen und fühlt sich dadurch zugehörig, entspannt. Man ist eins mit der Umgebung, der Situation. Auf Arbeit wird von ihr erwartet, dass sie mit jemanden zusammenarbeitet in dessen Gegenwart sie sich unwohl und eingeschränkt fühlt …

Julia stöhnt, aber nicht vor Freude. Es ist ein genervtes Fruststöhnen. Sie öffnet die Augen und die Magie ist weg. Als wäre der Filter aufgehoben, erstrahlt plötzlich alles in einem anderen Licht. Der Club und die Menschen fühlen sich nicht mehr gut an; eher zu viel, zu stickig, zu voll, zu laut.

Und das alles wegen der Arbeit. Nein, eigentlich eher wegen ihm!

Nicht mehr im Flow der Masse wird die junge Frau von allen Seiten angerempelt. Wie ein Fremdkörper wird sie hin- und hergeschoben. Sie ist kein Teil mehr vom Rest, gehört nicht mehr dazu. Die Nacht hat sich für sie wieder verschlossen und sie allein in der Masse zurückgelassen.

Die junge Frau bahnt sich einen Weg zum Rand Tanzfläche. Mehr als einmal kommt ihr ein Fluch über die Lippen, als sie unsanft beinahe von den Füßen gerissen wird. Aber ihre Worte gehen in Bass und Licht ungehört unter.

Kurz bevor sie aus der feiernden Meute heraus ist, streicht plötzlich eine Hand über ihre Hüfte. Sie ist seit über einer Stunde hier und wurde reichlich berührt während des Tanzens, trotzdem durchfährt Julia, ohne, dass sie genau versteht warum, ein Schauer.

Diese Berührung, kurz und flüchtig, ist komplett anders wie alle anderen zuvor.

Sie fühlt sich persönlich an, sie fühlt sich an, wie die Bitte zu bleiben.

Schnell wirbelt sie herum. Ihre braunen Augen versuchen, in der Mischung aus Dunkelheit und bunten Lichtern zu erkennen, wer das gewesen sein könnte. Menschen, Musik, nichts Auffälliges, nichts hebt sich von der Masse ab.

Julia spürt das typische kurze Ziehen in ihrem Nacken, wenn sich ihre Unsicherheit meldet.

Sie ist eine gestandene Frau, weiß, was sie kann und was sie will. In ihrer Teenagerzeit war das eher nicht so. Da hat sie ständig gezweifelt, vor allem und überhaupt, an sich selbst. Und durch diese Zweifel ist sie immer unsicherer geworden, und dadurch immer ängstlicher, bis sie sich schließlich gar nichts mehr zugetraut hat. Mit Hilfe ihres Vaters hat sie an sich gearbeitet, hat Selbstvertrauen und -wertgefühl aufgebaut; aber der alte Schaden ließ sich nie ganz beheben. Wie ein Geist begleitet er sie immer noch, gut versteckt, aber immer präsent.

Und seit einigen Monaten vermehrt sich dieses Problem wieder exponentiell und der Geist gewinnt an Macht über sie. Dieses unangenehme Gefühl, nicht gut genug zu sein, ständig Fehler zu machen und irgendwie im Weg zu sein. Seit er in ihr Arbeitsleben getreten ist, fühlt sie sich wieder wie ihr altes Teenager-Ich; unsicher und ängstlich.

»Boah«, murrt Julia vor sich hin. Wieder versaut er ihr den Moment. Wieder spukt er in ihrem Kopf herum, obwohl sie doch genau für das Gegenteil hierhergekommen ist. Sie hat extra ihre beste Freundin und Kollegin mobilisiert um heute, seit Monaten mal wieder, einen geilen Abend zu verbringen und dann das! Erst sagte Christina kurzfristig ab, weil sie eine Schicht im Krankenhaus übernehmen musste und nun beherrscht er auch noch ihre Gedanken, obwohl sie doch heute ausgelassen sein will.

Nicht an ihn denken will.

Sich nicht den Kopf über ihn und sein unsägliches Verhalten zerbrechen will.

Noch einmal lässt die schwarzhaarige Frau ihren Blick über die Menge schweifen, versucht, denjenigen auszumachen der sie so seltsam berührt hat.

So intim, ohne intim zu sein.

Einen kurzen Augenblick hat sie das Gefühl, dass sie jemand aus dem Schutz der Masse heraus ansieht. Zwei Augen die ihr bekannt vorkommen. Doch als sie sich darauf konzentriert sind sie weg.

Genervt und verwirrt pustet sich Julia eine Strähne aus dem Gesicht. Eine hübsche Hochsteckfrisur ist zwar gut, um den Nacken freizuhalten und wilden Fitz zu verhindern, aber ihre lockige lange Mähne lässt sich nur bedingt zum Halten bringen. Auf Arbeit hat sie es da einfacher; ein Dutt und fertig. Ja, den muss sie auch jede Stunde neu machen, damit er ordentlich aussieht, aber darin hat sie auch die dementsprechende Übung. Heute wollte sie etwas Anderes.

Etwas Schönes, um sich schön zu fühlen.

Doch Pustekuchen!

Der Abend hatte gut begonnen. Sie hatte sich einen Cocktail gegönnt, um anzukommen. Hat getanzt und getanzt. Hat hier und da ein wenig geflirtet. Hat sich in die Nacht und die Feiernden eingefügt wie ein lang vermisstes Puzzleteil.

Alles war perfekt.

Bis zu dem Augenblick als sie wieder an ihn gedacht hat.

Er, ihr neuer Kollege und Grund für viele schlaflose Nächte.

Vor einigen Monaten ist er als Chirurg in die Notaufnahme gekommen, in der Julia arbeitet. Mit Fanfaren und Trompeten, zumindest symbolisch. Ein herausragender Arzt, mit exzellentem Ruf – aber auch dem geflüsterten Hinweis darauf, dass er sehr fordernd und perfektionistisch ist.

Die junge Frau, als eine der besten Krankenschwestern, wurde ihm »zugeteilt«. Julia erinnert sich noch, wie ihr alle gesagt haben was das für eine Chance wäre, was sie für ein Glück hätte, wie viel sie lernen könnte …

Man konnte sich streiten, ob es ein Privileg oder eine Strafe war mit ihm zu arbeiten. Nach wenigen Wochen hatte sie ihre eigene Meinung dazu.

Der Mann schafft es, sie ständig aus dem Konzept zu bringen, arbeitet nie nach den gängigen Methoden und Protokollen und das sorgt für Reibereien zwischen ihnen. Sie selbst hält sich gern an den üblichen Weg, das gibt ihr Sicherheit und die braucht sie einfach. Seiner oft chaotisch anmutenden Struktur bringt sie einfach kein Vertrauen entgegen, genau wie dem Mann selbst – egal wie erfolgreich das Ganze am Ende immer ist.

Natürlich hat sie viel Neues gelernt und irgendwo ganz hinten in ihrem Kopf hofft sie, dass er sie nicht aus Böswilligkeit quält, sondern einfach um ihr vielleicht zu helfen? Sie zu fördern? Sie besser zu machen?

Aber sicher ist sie sich nicht. Wenn sie ihn mit anderen Kollegen in Gesprächen sieht, wirkt er nett und schelmisch; ein Kerl, den man durchaus interessant und anziehend finden kann. Wenn sie selbst mit ihm zusammenarbeitet, wirkt er mürrisch und genervt; ein Kerl, dem man nicht im Dunkeln begegnen will.

Sie weiß einfach nicht, woran sie bei ihm ist; und will es vielleicht auch gar nicht wissen. Allgemein gibt es ihr bei der Zusammenarbeit mit ihm zu viele »Vielleichts«, auf zu vielen Ebenen.

Und »Vielleichts« machen sie nun mal nervös und unsicher. Und wenn sie unsicher und nervös wird, wird er noch mürrischer und genervter, was sie wiederum noch mehr verunsichert ... Ein Teufelskreis ...

Die junge Frau dreht sich wieder um, um den Tanzbereich zu verlassen. Ihr reicht es offensichtlich und ihre angespannte Haltung transportiert das überdeutlich nach außen. Unerwartet legt sich eine Hand auf ihre Nierengegend, mit der gleichen Intimität und Sanftheit wie sie vorhin ihre Hüfte gestreift hat. Elektrisiert hält sie inne, aber auch das Ziehen in ihrem Nacken ist sofort wieder da.

Bestimmt, aber dennoch weich, wandert die Hand über ihre Taille nach vorn, um in der Nähe ihres Bauchnabels zu stoppen. Mit ein wenig Druck fordert er, den die Hand gehört definitiv einem Mann, Julia, rückwärts wieder mit auf die Tanzfläche zukommen.

Sie braucht einige Sekunden, um sich zu entscheiden; und die Hand lässt ihr die Zeit, drängt sie nicht, sondern wartet.

Ihr fällt wieder ein, was Christina ihr am Telefon gesagt hat, als sie ihr die Hiobsbotschaft überbrachte, dass sie nicht mitkommt heute. »Mach doch einfach mal was Verrücktes; du wirst sehen, dass die Welt davon nicht untergeht, sondern, dass sie bunter wird.«

»Oder sie explodiert einfach ...«, hatte Julia desillusioniert geantwortet und ihre Freundin damit zum Lachen gebracht.

Die junge Frau verlässt sich nicht auf den Schutz der Masse. Sie weiß, wie Menschen aussehen, wenn sie sich darauf verlassen, dass andere ihnen zu Hilfe kommen; sie arbeitet schließlich in einer Notaufnahme. Nein, sie kann sich selbst verteidigen; eines der Dinge, die ihr ihr Vater beigebracht hat. Der ehemalige Soldat hatte sie alles gelehrt, was er wusste und konnte. Später sind sie dann zusammen zum Karate.

Der Sport hatte ihr sehr geholfen, ihr Vater hatte ihr sehr geholfen; und dieser Arsch hat innerhalb von nur drei Monaten fast alles wieder zunichtegemacht! Julia spürt den Frust in ihr anwachsen. Am liebsten würde sie sich aus dieser halben Umarmung des Fremden schälen und verschwinden. Schon wieder denkt sie an ihn! Schon wieder macht er einen Moment kaputt!

Als würde der Unbekannte merken, dass ihre Stimmung kippt, ändert er sein Vorgehen. Mit einem kurzen kräftigen Ruck hat er sie zu sich gezogen. Sein Arm legt sich komplett um ihren Bauch und er hält sie fest, fest an seinen Brustkorb, seinen Bauch und sein Becken gedrückt.

Kein Millimeter ist mehr frei zwischen ihnen.

Von den Schultern bis zu ihren Pobacken klebt die junge Frau an dem Unbekannten. Durch den dünnen Stoff ihres schlichten Kleids spürt sie, dass der Mann hinter ihr gut gebaut sein muss. Seine Brust ist muskulös, sein Bauch dürfte durch ein Sixpack gekrönt sein und ganz sacht spürt sie da etwas gegen ihre obere Po-Region drücken.

Euphorie meldet sich und lässt sie kurz Schaudern; innerlich ohrfeigt sie sich selbst.

Rein körperliche Aspekte haben sie eigentlich nie angesprochen. Nein, sie ist keine dieser verträumten Große-Liebe-Mädels; für sie braucht es einfach etwas mehr als einen tollen Körper, damit bei ihr Interesse aufkommt.

Der Unbekannte beginnt sich zum Takte der Musik zu bewegen.

Und Julia mit.

Allerdings sehr zögerlich und unsicher; was sie selbst nervt. Sie ist eine tolle Tänzerin. Die letzte Stunde konnte jeder hier sehen, dass sie weiß, wie sie ihren Körper zu bewegen hat. Und nun stakst sie wie ein blutiger Anfänger, weil sie sich wieder unsicher fühlt. Christina hat wahrscheinlich nicht so ganz unrecht; sie sollte einfach mal etwas Verrücktes tun, um lockerer zu werden. Aber das ist nicht so einfach für sie.

Die junge Frau würde sich gern umdrehen, sehen, mit wem sie da tanzt, aber sie hat Angst, dass es den Moment zerstört. Und außerdem will sie ein wenig aus ihrer Komfortzone; die Anonymität der Nacht und der Menge hilft ihr, sich allmählich darauf einzulassen.

Der Sound wird drängender, beinahe brutal. Sie klebt an dem Fremden, überlässt sich immer mehr seiner Führung. Unterschiedliche Gefühle verbinden sich miteinander und formen etwas Neues. Die Sicherheit, die der Unbekannte ausstrahlt bei seinem Tun, erlaubt es ihr sich selbst gehen zu lassen.

Allmählich findet sie Gefallen daran und sie beginnt, ein wenig mit ihm zuspielen. Wie eine Katze reibt sie ihre Schultern an seiner gestählten Brust, wiegt ihr Becken gegen seins und erfreut sich an seiner wachsenden »Begeisterung« die sich immer stärker gegen ihren Po drückt.

Der Geruch, den der Unbekannte verströmt, kraftvoll, autoritär, aber mit einer gutversteckten sinnlichen Note, kommt ihr bekannt vor, aber sie kann ihn nicht zuordnen. Der ohnehin schon enge Tanz scheint immer enger zu werden, schamloser. Sie folgen demselben Takt; mal miteinander, mal gegeneinander.

Sein Duft hüllt sie mehr und mehr ein und sie lässt sich mehr und mehr fallen. Julia spürt in den etwas ruhigen Augenblicken seine Lippen; an ihrem Hals, hinter ihrem Ohr, in ihrem Nacken. Weiche Lippen, sanfte Küsse – und eine gewaltige, unbändige Lust dahinter.

Mit einer Hand hält er ihr Kinn und damit ihren Kopf seitlich gegen seine Schulter gedrückt, um Platz für seinen Mund zu haben und zu verhindern, dass sie ihn sieht. Sacht beißt der Fremde der jungen Frau in den Hals, knabbert und saugt an der zarten Haut. Die andere Hand ist von ihrem Bauch bereits weitergewandert, streichelt einnehmend über ihre nackten Oberschenkel; erst außen, dann innen.

Sie tanzen Song um Song; ihre Körper schmiegen sich aneinander, reiben sich gegeneinander. Sie schwitzen, schaudern, zittern. Sie bilden eine Einheit, einen Gegensatz – alles gleichzeitig.

Julia spürt das Pochen zwischen ihren Schenkeln, dass nicht von der Musik herrührt. Auch die Feuchtigkeit, die ihr Unterhöschen durchweicht, lässt sich nicht mehr leugnen. Sie hat Lust wie schon lang nicht mehr. Für sie auch der einzige Grund, warum sie überhaupt zulässt, dass ein Fremder sie derart berührt, oder?

Sie weiß es nicht, sie weiß nur, dass sie sich seit Monaten das erste Mal wieder richtig gut fühlt. Angenommen und erwünscht. Vielleicht sollte sie doch öfters die konventionellen Wege ein wenig verlassen, wenn es sich so gut anfühlen kann.

Die Hand des Mannes wandert wieder an der Innenseite ihres Schenkels hoch und flüchtet sich unter ihr Kleid. Immer weiter tastet sie sich vor, während er an ihrem Ohrläppchen saugt und dann kaum hörbar raunt: »Warum lässt du dich sonst nicht von mir führen?«

Die Stimme fühlt sich für Julia ebenso vertraut an wie der Duft, doch sie kann nicht darüber nachdenken, den zwei Finger haben sich unkeuscherweise an eine sehr explosive Stelle gelegt. Zunächst zart den Saum des Unterhöschens abfahrend, streben sie recht schnell die feinen Lippen und die gutgehütete Perle darunter an. Ungehalten stöhnt die junge Frau auf, verlässt sich darauf das die Musik sie übertönt und nur ihr Unbekannter es wahrnimmt.

Die Bässe donnern zunehmend fiebriger, animieren die Meute ihr Bestes zu geben, fordern, endgültig loszulassen und sich der Ekstase hinzugeben. Leiber reiben sich aneinander, finden sich zusammen, trenne sich wieder. Die Stimmung wird immer hitziger, schwüler, schamloser.

Wieder kommt ein Stöhnen, diesmal deutlich rauer, über die Lippen der jungen Frau, als der Finger des Unbekannten forschend in ihr Inneres eindringt. Zielsicher massiert er einige Sekunden den einen besonderen Punkt und bringt sie damit noch mehr um den Verstand. Der Besuch ist nur kurz, denn mit dem nächsten Taktwechsel der Musik kreist der neckische Finger bereits über ihr Lustzentrum.

Genau wie die Feiernden um sie herum, verliert auch Julia die Kontrolle und sich selbst in der Situation. Ihr Kopf ist zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Diese warme starke Nähe, dieser verführerische Tanz, diese feste Umarmung und diese schamlose Art, sie mitten in der Öffentlichkeit an ihrer intimsten Stelle zu berühren, verschmelzen mit der Musik, dem Licht, der Dunkelheit und der Nacht.

Sie fühlt sich eigenartig sicher und wohl. Sie kann sich kaum noch auf ihre Bewegungen konzentrieren, denn das Feuerwerk zwischen ihren Schenkeln schwillt immer mehr an. Wie der Mann es schafft, den Tanz zu führen, ihren Hals zu liebkosen und ihre Perle zu streicheln, und dass alles im Takt der Musik(!), ist ihr ein Rätsel.

Aber ihr ist das zunehmend egal. Das stete Pochen und Kribbeln hat sich inzwischen bis unter ihren Bauchnabel hochgearbeitet. Ihre Sinne und Nerven warten auf das Finale und können es kaum erwarten.

Und dann bricht das Feuerwerk los, explodiert in den unfassbarsten Farben und Julia stöhnt heiser. Eine nie dagewesene Welle ergreift von ihrem Körper und ihrem Geist besitzt, trägt sie in ungeahnte Höhen davon und bettet sie auf glitzernde Wolken der Glückseligkeit. Ihr Körper zittert, ihr Inneres pulsiert und sie fühlt sich plötzlich unbesiegbar.

Der Fremde brummt angetan, ist scheinbar zufrieden mit dem, was er erreicht hat. Er lässt den Tanz allmählich ausklingen, drückt nochmal sein Becken gegen ihres. Liebevoll schmiegt er sich an ihren Rücken, liebkost ihren Nacken, lässt die Umarmung zärtlicher werden. Nach mehreren Minuten flüstert er ihr ins Ohr: »Keine Sorge, verehrte Julia, das wird unter uns bleiben.«

Die Dusche könnte nicht kälter sein. Von der warmen Befriedigung ist schlagartig nichts mehr übrig. Die verrückte, wilde Blase, in der sie sich befunden hat, ist explodiert. Der Mann ist kein Unbekannter! Vor Scham würde Julia am liebsten im Boden versinken; stattdessen dreht sie sich um.

Da steht er: Mister Perfekt himself. Anfang Dreißig, erfolgreich und gutaussehend. Ja, mit seinem dunklen, perfekt frisierten Haaren, dem markant männlichen Gesicht und der gut ausgeprägten Muskulatur sieht er wirklich umwerfend aus; aber es ändert für sie nichts. Dieser Mann hat ihr die letzten Monate zur Hölle gemacht; egal ob bewusst oder nicht und nun das!

Er mustert die Krankenschwester wortlos, mit einem Glühen in den Augen.

Die junge Frau weicht einen Schritt zurück und ist fassungslos über das, was hier passiert ist. Er! Sie hat mit ihm derart schamlos ... und dann ... Oh, Gott!

Erst jetzt wird ihr bewusst, dass er ihr gerade einen der herrlichsten Momente ihres Lebens geschenkt hat; in vielerlei Hinsicht sogar. Trotzdem ist sie wütend; oder zumindest sauer. So richtig sicher ist sie sich aber nicht. Sie ist eher schockiert, aber irgendwie hat sie das Gefühl, dass es nicht an dem Tanz liegt, sondern an etwas Anderem. Etwas, dass mehr mit ihr selbst zu tun hat. Eine Erkenntnis, die sich ihr allmählich aufdrängt.

Der Arzt streckt seine Hand aus und umfasst die von Julia. Bestimmt aber sanft zieht er sie hinter sich her, raus aus dem Pulk aus Menschen und Musik. Er blickt sich einige Male um und visiert eine etwas ruhigere Ecke an.

Unfähig etwas Vernünftiges zu denken, stolpert die junge Frau ihm hinterher. Sie weiß, was passiert ist, weigert sich aber es wirklich zu begreifen. Im nächsten Moment verstummt alles in ihrem Kopf. Seine hellen Augen nehmen ihre gefangen und alles andere ist plötzlich unwichtig.

»Die Frau die ich da gerade kennengelernt habe, neugierig und mit vertrauen, losgelöst und frei, würde ich mir öfter wünschen«, er räuspert sich und man merkt, dass ihm die Worte die nun folgen schwerfallen, »Ich habe in den letzten Monaten einige Fehler gemacht; das tut mir sehr leid. Ich bereue mein Verhalten …« Ein wenig verunsichert wegen ihrer ausbleibenden Reaktion fährt er sich durch die Haare. »Ich hoffe du gibst mir eine Chance meine Fehler wieder gut zu machen.«

Julias Atem wird hektischer und ihr Puls beschleunigt sich, außerdem spürt sich ein sachtes Kribbeln an mehreren Stellen. Sie würde gern etwas erwidern, aber ihr Mund ist schrecklich trocken. Sie kann ihn einfach nur ansehen und sich der Erkenntnis nicht mehr erwehren: Sie mag ihn und deswegen fühlt sie sich immer so unwohl in seiner Gegenwart. Deswegen fühlte sich jede Kritik, jede Anmerkung von ihm so persönlich und kränkend an. Ihre Haltung entspannt sich durch die Einsicht und scheint ihn einzuladen näher zu kommen.

Der Mann überbrückt den kleinen Abstand zwischen ihnen, lässt einen leichten Körperkontakt zustande kommen. »Ich hoffe«, raunt er dunkel und neigt sein Gesicht zu ihrem, »Ich konnte dich überzeugen, dass man sich mir anvertrauen kann.« Zart gibt er ihr einen Kuss auf die Wange. »Aber es würde mich nicht stören, noch etwas mehr Überzeugungsarbeit zu leisten, denn ich bereue nicht, was da passiert ist.«

Der jungen Frau entfährt ein ungewolltes Keuchen. Ihr ganzer Körper ist in Aufruhr, streckt alle Fühler aus und scheint förmlich nach seiner Berührung zu schreien. Seine Lippen legen sich auf ihre und ein verführerischer Kuss beginnt, der schnell immer hitziger wird. Während sie sich von ihm gegen die Wand drücken lässt und seine Hände über ihren Körper streichen, kommt ihr in den Sinn, dass sie recht hatte: die Welt explodiert, wenn man etwas Verrücktes tut; aber das muss nicht immer etwas Schlimmes sein.

3 Der Mut, ich liebe dich zu denken

Detlev Zesny

»Tschüß Mama, ich bin dann weg!«, höre ich meine Tochter noch rufen. Dann kehrt Stille ein. Aber es ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Meine letzten Worte verhallen ungehört und bleiben vor der zugefallenen Haustür liegen. Genauso, wie die leere Papiertüte, aus der es noch immer nach meinem Matjesbrötchen duftet, auf das ich heute verzichtet habe.

Ich nehme mir ein Glas Wasser, blättere im Stehen die Werbeblättchen durch und sehe gar nicht richtig hin. Ich lege sie wieder zusammen. Wie ein Tiger im Käfig renne ich von einem Zimmer ins nächste. Ich bin nervös. Warum eigentlich? Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, nervös zu sein. Wie oft sind wir uns schon begegnet? Wir kennen uns doch schon so lang. Also, warum? Vor dem Spiegel im Flur bleibe ich stehen, überprüfe meine Figur und gehe mit den Händen durch meine Haare. Lasse sie locker über die Schulter fallen. Ich überprüfe mein Make-up, strecke mir selbst die Zunge raus und stelle mein Äußeres infrage, als es an der Haustür klingelt. Ein Schreck durchfährt meine Glieder, ich beginne zu zittern, gleichzeitig fällt mir kein einziger Grund ein, nervös zu sein, und dennoch bin ich es. Ich zögere, dann streife ich das Kleid glatt und öffne die Tür.

Der übergroße Rosenstrauß kann das dahinter verborgene Gesicht nicht verstecken.

»Bastian!«, sage ich nur und umarme ihn umständlich. Dass er jetzt vor mir steht, nach so langer Zeit, lässt mich unsicher werden. Wie ein Schulmädchen, das seinem Schwarm zum ersten Mal begegnet. Umso mehr freut es mich, dass er wahrhaftig vor meiner Tür steht.

Langsam schwenkt er die Rosen zur Seite, und sein Gesicht kommt zum Vorschein.

»Bastian, das ist ...«, stammle ich, »wo, ich meine, wie hast du?«

»Hallo, Judith«, sagt er, »hab dich! War nicht ganz einfach, dich zu finden, weißt du?«

Noch immer stehe ich da und bin kaum eines klaren Wortes fähig.

»Hier, die sind für dich. Hab ich geklaut, aus deinem Garten«, sagt er und reicht mir diesen wunderschönen Strauß duftender roter Rosen.

»Geklaut hast du also! Hmm… ich darf Diebe eigentlich nicht reinlassen. Was machen wir denn jetzt?«

»Du könntest mich vielleicht festnehmen und mich solange bei dir einsperren, bis die Polizei kommt.«

Ich versuche, krampfhaft ernst zu bleiben, verziehe die Mundwinkel und sage: »Einsperren hört sich gut an, dann läufst du mir nicht mehr weg. Andererseits, wer weiß, wen ich mir da ins Haus hole. Könnte eventuell gefährlich werden, und ich bin ganz alleine.«

»Ja«, sagt er, »da hast du natürlich Recht. Man sollte keinem Fremden die Tür öffnen. Schon gar keinem Rosendieb. Sagt mir meine Mutter heute noch.«

Lange halte ich dieser Unterhaltung nicht mehr stand, und es gelingt mir kaum noch, die Freude über das Wiedersehen zurückzuhalten.

»Hmm ja, das stimmt. Aber dann darf ich diese Hehlerware auch nicht annehmen, oder? Da mache ich mich doch ganz bestimmt strafbar.«

Nachdenklich schwenkt er seinen Kopf hin und her.

»Wir sollten diese schwierige Frage nicht hier vor der Haustür, in aller Öffentlichkeit klären ...«

»Ja, das ist wohl besser, wenn das keiner mitbekommt. Schon gar nicht, wenn es jemand sieht, dass ich geklaute Rosen annehme.«

Ich kann meine Freude nicht länger unter Verschluss halten. Mit den Blumen im rechten Arm mache ich einen kleinen Sprung in seine Arme. »Oh, Mann, Basti, ich freue mich so! Wo warst du denn auf einmal? Ich hab gedacht, ich seh dich nie wieder. Komm rein. Ich mach’ uns schnell einen Kaffee. Hast du Zeit? Du hast doch Zeit, oder?«

Ein wenig hektisch suche ich nach einer Vase, die ich dann irgendwo dort finde, wo sie niemand vermutet hätte: in der hinteren Ecke im Küchenschrank, unter der Spüle. Bastian steht ein wenig hilflos im Wohnzimmer und sieht dabei zu, wie ich mit einem kleinen Küchenmesser die Stiele beschneide und anschließend die Blumen in die Vase stelle. »Setz dich doch, ich komme gleich. Mache nur noch schnell den Kaffee.«

Bastian lächelt. »Bist du immer so hektisch?«, fragt er. Jetzt erst wird mir allmählich bewusst, wie aufgeregt ich bin. Mein Gott, es ist doch nur ein flüchtiger Bekannter, denke ich und vermeide tunlichst einen direkten Blickkontakt.