Life Sitter - Krystyna Baal - E-Book

Life Sitter E-Book

Krystyna Baal

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Beschreibung

Sie braucht einen Job. Und bekommt ein Leben. Franziska ist eine junge Single Mom und freut sich auf ihren ersten Arbeitstag nach der Elternzeit. Endlich wieder Leute treffen, schöne Kleider tragen und die Geldsorgen vergessen! Doch dann wird sie fristlos entlassen. Eine Social-Media-Agentur hilft ihr, sich neu zu orientieren und macht ein interessantes Angebot: Franziska soll eine Influencerin auf einer Messe vertreten. Dort trifft sie Hans. Er stellt Bio-Kerzen her und versprüht Surfboy-Charme. Leider hat Franziska für ein Date vorerst keine Zeit, denn plötzlich wird ihr klar, warum die Influencerin abgetaucht ist. Was als lockerer Job mit Glamour-Faktor begann, entwickelt sich zu einer gefährlichen Mission. Kann Franziska mit Hilfe der Follower eine Katastrophe verhindern? Und wird es für sie und Hans ein Happy End geben? „Rasant und witzig!"

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Life Sitter

 

Monatelang hatte Franziska auf diesen ersten Juni gewartet, und als ihr Handyalarm sie mit ihrem Lieblingssong von Adele weckte, beendete sie die Melodie nach den ersten zwei Noten. Längst war sie wach und bereit. Sie streckte sich, stand auf und zog die Kleidung an, die sie schon vor Tagen herausgesucht hatte. Ihre Lieblingsbluse würde sie heute tragen und dazu eine dunkelblaue Hose mit schmeichelhaftem Schnitt und knitterarmem Stoff. Darin würde Franziska stundenlang bequem sitzen können und abends trotzdem noch gut aussehen. Jetzt durfte sie sich beim Frühstück nur nicht bekleckern. Oder bekleckern lassen. Singend weckte sie ihre kleine Tochter.

„Guten Morgen, Süße, die Sonne scheint! Heute werden aufregende Dinge passieren!“

Blinzelnd streckte Emmy die Ärmchen aus.

„Burtstag?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Feia?“

Nein, da musste Franziska sie enttäuschen. Soweit sie wusste, wurde heute keiner von Emmys Kinderkrippenfreunden älter. Aber der Wetterbericht versprach sommerliche Temperaturen und bestimmt durfte Emmy vor dem Mittagessen mit Wasser und Sand matschen. Danach würde ihr Papa sie abholen und Emmy würde die ganz Woche lang bei ihm bleiben und mit dem neuen Hundewelpen spielen könne. Franziska und ihr Ex-Mann erzogen ihre Tochter in einem Wechselmodell. Die geraden Wochen verbrachte Emmy beim Papa, die ungeraden bei der Mama. Am Abend zuvor hatte Franziska mit ihrer Tochter wieder einmal den kleinen Koffer gepackt. Emmy machte das Spaß, doch Franziska versetzte es jedes Mal einen Stich. Sie fühlte sich, als würde sie Emmys halbes Leben verpassen. Und war das nicht auch so? Noch schlechter ging es ihr, seit Emmys Eingewöhnung in der Kinderkrippe. Um sich an den nun freien Vormittagen weniger nutzlos zu fühlen, hatte Franziska die letzten Wochen ihrer Elternzeit von acht bis zwölf Uhr aufgeräumt und geputzt.

„Mach doch mal langsam und genieß die freie Zeit“, hatte Franziskas Nachbarin geraten.

Aber die hatte leicht reden! Sie war mit einem Banker verheiratet, kannte keine Geldsorgen und verbrachte ihre Tage beim Shopping und in Wellnesstempeln. Franziska dagegen, steckte in einem finanziellen Desaster. All die schönen Pläne waren plötzlich dahin. Die Kalkulation zum Abbezahlen des Reihenhauses stimmte nicht mehr, denn die hatte zwei Einkommen vorgesehen. Nun musste Franziska klug wirtschaften, um mit Ach und Krach eine angepasste Rate aufzubringen. Von einer Sondertilgung konnte sie nur träumen und Extrawürste wie neue Kleidung oder Cocktailtrinken mit Freundinnen waren auch nicht mehr drin. Die Bankberaterin hatte erwähnt, dass viele junge Mütter in Franziskas Situation schließlich doch verkauften und in eine Wohnung zögen.

„Ich bin Buchhalterin”, hatte Franziska trotzig geantwortet. „Wenn ich eines kann, dann Ausgaben im Blick behalten.”

Lieber würde sie hungern und beim Roten Kreuz shoppen, als fortzuziehen. Als Kind hatte Franziska in einer Hochhaussiedlung gelebt und in so eine wollte sie nie mehr zurück. Als ihr Ex-Mann Marvin und sie zum ersten Mal in dem Wohngebiet am See spazieren gegangen waren, hatte Franziska sich gleich in die roten Backsteinhäuser mit den weißen Fenstern und Türen und den kleinen Rasenflächen dahinter verliebt. Ihre beste Freundin spottete zwar über die „Spießergegend” und die Häuser, die alle gleich aussahen („wie ein Bullerbü für Einfallslose”), aber das tat Franziska mit einem Lächeln ab. Wer als Kind zwischen Scherben und benutzten Spritzen gespielt hatte, schätzte keine Überraschungen. Beim Unterschreiben des Kaufvertrages weinte Franziska vor Erleichterung und die erste Nacht in ihren neuen vier Wänden verbrachte sie schlaflos vor Glück. Gut, sie war damals hochschwanger und dementsprechend emotional gewesen, aber auch im Rückblick schien ihr das Glück nach dem Umzug vollkommen gewesen zu sein. Voller Hoffnung war sie gewesen. Nun sollte es beginnen, das gute Leben! Die einzigen Problemchen, so hatte sie geglaubt, würden künftig darin liegen, sich zu entscheiden, ob sie in den Ferien an die See oder in die Berge fahren sollten, und ob für Emmys erstes Paar Schuhe die Dickhäuter- oder die Echsenmarke besser geeignet wäre. Meinungsverschiedenheiten hatte es wegen solcher Dinge nie gegeben. Marvin überließ das Ruder in häuslichen Dingen seiner Frau. Typisch Mann, dachte Franziska und ihre Freundinnen pflichteten ihr bei. Nicht im Traum hätte Franziska daran gedacht, dass Marvin im Geheimen schon ein zweites Leben führte. Er beichtete es ihr an Emmys halbjährigem Geburtstag. Im ersten Lebensjahr ihres Kindes feierte Franziska auch kleine Etappen und konnte darum nun die schlimmen Ereignisse zeitlich genau verorten: Trennung, als Emmy sechs Monate alt war und über den Teppich robbte, Auszug von Marvin als Emmy acht Monate alt wurde und sitzen lernte. Immerhin hatte Marvin versprochen, seine Tochter solle niemals unter seinem Fortgehen leiden und bis jetzt kümmerte er sich wirklich besser als vorher. Emmy schien nichts von Franziskas Verzweiflung zu merken und wirkte gewohnt fröhlich. Höchste Zeit, dass auch Franziska wieder die Alte wurde.

Sie hob Emmy aus dem Gitterbettchen, half ihr beim Anziehen, schmierte einen Frischkäsetoast, schnitt ihn in mundgerechte Stücke und achtete darauf, beim Frühstück außerhalb des Krümelradius zu bleiben. Selbst aß sie nichts. Das wollte sie im Büro mit ihren Kolleginnen tun. Franziska freute sich schon auf belegte Kantinenbrötchen, Kaffee aus einer großen Maschine und dazu brühheiß sämtlichen Klatsch der letzten Zeit. Im Auto drehte sie zu Emmys Freude das Radio laut. Sie summte falsch zu den aktuellen Hits, tanzte mit der Kleinen über den Parkplatz zur Krippe, verstaute Emmys Koffer im Abstellraum und suchte - wie so oft - zehn Minuten lang nach dem zweiten Hausschuh. Als er endlich gefunden war, umarmte sie Emmy fest.

„Mama ruft dich vor dem Schlafengehen an, ja? Spiel schön!“

Dann ging sie schnell, bevor eine von ihnen traurig werden konnte. Zurück im Auto drehte Franziska das Radio noch lauter. Ein Song aus den Achtzigern lief, irgendetwas von Cindy Lauper. Franziska sang den Refrain mit und stellte sich vor, einen Blazer mit riesigen Schulterpolstern zu tragen, wie die Business Women in alten Filmen. Würde ihr Chef doch nur wie der junge Michael Douglas aussehen! Nun, geschenkt. Sie würde ihm trotzdem beweisen, wer hier den Durchblick hatte. Wie waren die Kolleginnen und Kollegen ohne Franziska zurecht gekommen? Schlecht wahrscheinlich. Christian hatte die Ablage bestimmt hoffnungslos durcheinander gebracht und der Posteingang quoll über vor Mahnungen. Aber heute würde alles gut werden, für die Firma und auch für Franziska. Endlich war sie zurück im Spiel, zwar etwas gebeutelt durch die Ereignisse des letzten Jahres, doch mit dem festen Willen, sich jeder Herausforderung zu stellen.

Als Franziska die Firma erreichte, erklangen die ersten Takte von „Single Ladies“. Ach, Beyoncé! Genau so eine Single Lady würde Franziska nun werden, selbstbewusst und stolz. Am Ende des Monats bekäme sie wieder Gehalt, und wenn sie sich anstrengte, winkte im Dezember vielleicht sogar ein Bonus. Dann würde sie Emmy das Duplo-Prinzessinnenschloss zu Weihnachten kaufen und selbst am meisten damit spielen. In den letzten Monaten war Franziska oft gegen drei Uhr nachts aufgewacht und hatte nicht mehr einschlafen können, weil das Gedankenkarussell aus Sorgen und Problemen sie schwindelig machte. An diesem schönen Morgen jedoch, erschien ihr das neue Leben machbar und die Vögel in den gestutzten Bäumchen zwitscherten nur für sie.

Die Glasfassade des Bürogebäudes funkelte im Morgenlicht wie ein Kristall. Einer Königin gleich schritt Franziska in die Lobby und meldete sich am Empfang. Nach der Elternzeit musste ihre Zugangskarte reaktiviert werden.

„Franziska Lehberg …“, murmelte die Dame hinter dem Tresen. „Ich finde Sie nicht im System. Warten Sie einen Augenblick. Vielleicht hier …“

Sie schlug in einem Ordner nach. Ihr Zeigefinger fuhr ein Blatt entlang. Ohne die Brille, die noch in ihrer Handtasche steckte, konnte Franziska nichts lesen und nur den bunten Fleck des Nagellacks verfolgen, ein wunderschön leuchtendes Rot übrigens, wie sie der Empfangsdame anerkennend sagte. Die bedankte sich für das Kompliment, doch an der Art, wie sie nur ganz kurz hochsah, und dabei einen Punkt an Franziskas Kinn anvisierte, statt ihr in die Augen blicken, war zu erkennen, dass etwas nichts stimmte. Verwirrt fragte Franziska sich, was sie falsch gemacht haben könne.

Die Empfangsdame telefonierte und drehte sich weg. Spätestens jetzt hätte Franziska misstrauisch werden sollen, aber in ihr war noch immer so viel übersprudelnde Tatkraft.

„Sie werden abgeholt“, sagte die Empfangsdame. „Sie ist gleich da.”

Verunsichert sah Franziska an ihr vorbei zu den Vereinzelungsanlagen. Hatte sie in der Zwischenzeit eine neue Chefin bekommen? Doch warum traf sie die dann nicht drinnen? Nervös wickelte sie eine Haarsträhne um einen Finger. Lange konnte sie nicht gewartet haben, aber es kam ihr trotzdem wie eine Ewigkeit vor. Durch die Lobby war sie meistens nur gehetzt, entweder morgens, oft knapp dran für das erste Meeting des Tages, oder abends, mit den Gedanken schon im Feierabend. Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie kühl und leer es hier war.

„Frau Seberg, guten Morgen!”

Die Stimme war hinter ihr. Franziska erschrak, fuhr herum und sah sich einer elegant gekleideten Blondine gegenüber. Der Stoff ihres grauen Kostüms glänzte teuer und um den Hals trug sie ein Tuch von Hérmès. Eine neue Kollegin war diese Frau mit Sicherheit nicht. Statt durch die Vereinzelungsanlage musste sie aus dem Raum neben dem Empfang gekommen sein. In diesem Zimmer wurden Gespräche mit Externen geführt, und womöglich wurde dort auch ...

„Schneider, GSO Consulting Group”, stellte die Dame sich vor.

„Okayyy.”, sagte Franziska gedehnt.

Ihr war bewusst, wie unhöflich sie war, aber ihr Gegenüber besaß vermutlich ein dickes Fell. Ach, wie gut hätte auch Franziska eines brauchen können.

„Gehen wir doch hinein”, sagte Frau Schneider.

Franziska wollte entgegnen, dass sie das ja gern schon getan hätte, hätte man sie gelassen, doch Frau Schneider war schon voran gestürmt, in diesen Raum, in den man Leute brachte, die nicht ins Innere der Firma vordringen sollten. Hier war Franziska das letzte Mal gewesen, als sie sich beworben hatte. So schloss sich also der Kreis. Frau Schneider lächelte mit geschlossenem Mund und umrundete den Tisch, der für zwei Menschen absurd groß war. In der Mitte hatte jemand eine Insel aus Getränken in kleinen Flaschen aufgebaut.

„Sie fragen sich sicher -”, begann Frau Schneider.

„Nein”, unterbrach Franziska sie. „Ich ahne, was kommt. Das ist ja alles genau wie im Film. Ich soll entlassen werden, richtig?”

„Nun.”

„So geht man hier also neuerdings mit Müttern um. Ich bestehe darauf, dass jemand vom Betriebsrat dieses Gespräch begleitet. Das ist mein Recht!”

„Ich kann Ihre Aufregung verstehen.” Frau Schneider öffnete eine Mappe. „Aber erstens war der Betriebsrat schon in die Verhandlungen involviert und zweitens ist das heute nur ein Informationsgespräch. Wenn Sie nicht möchten, müssen Sie nicht einmal etwas sagen.”

„Dann ist es ja kein Gespräch”, gab Franziska spitz zurück.

„Streng genommen nicht. Also, Frau Seberg …”

„Lehberg!“

„Äh, ja.”

Frau Schneider warf einen Blick in die Mappe. Ein Funke Hoffnung glomm in Franziska auf.

---ENDE DER LESEPROBE---