Lillys magische Schuhe, Band 4 - Der tanzende Drache - Usch Luhn - E-Book

Lillys magische Schuhe, Band 4 - Der tanzende Drache E-Book

Usch Luhn

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Diese magischen Schuhe schenken dir Mut, Selbstvertrauen und Stärke. Wenn du Lillys Hilfe brauchst, wirst du ihre geheime Schuhwerkstatt finden … Tom hat nur noch seine Musical-AG im Kopf. Seine Zwillingsschwester weiß, dass das Tanzen sein großer Traum ist, aber sie macht sich immer mehr Sorgen um ihn. Sein neuer Tanzlehrer Jakobus Ka ist ihr nicht geheuer. Vielleicht kann die magische Schuhmacherin Lilly Tom aus seinem Bann befreien? Doch als Lilly in die Augen des Tanzlehrers blickt, wird klar: Jakobus Ka ist auch für sie eine große Gefahr! Entdecke alle Abenteuer in der magischen Schuhwerkstatt: Band 1: Die geheime Werkstatt Band 2: Die verbotenen Stiefel Band 3: Die zauberhaften Flügel Band 4: Der tanzende Drache Band 5: Der funkelnde Berg Band 6: Die verschwundene Schildkröte Band 7: Das kostbare Pferd Band 8: Die glitzernde Insel Adventskalender: Das Meer der Wünsche

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Als Ravensburger E-Book erschienen 2021 Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag © 2021, Ravensburger Verlag Text © 2021 Usch Luhn Originalausgabe Cover- und Innenillustrationen: Alica Räth Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.ISBN978-3-473-47601-5www.ravensburger.de

„Ich kann es gar nicht glauben!“, rief Lilly schon zum dritten Mal. „Wohnen wir wirklich in einem richtigen Schloss?“ Aufgeregt zog sie an einer Locke des Drachen, auf dessen Rücken sie unter den Wolken flog. „Wie lange dauert es denn noch, Archie?“

Monsieur Archibald schüttelte verärgert seinen Kopf. „Mon Dieu, Mademoiselle. Es reischt mit die Gezappelle auf meine strapaziert Rücken. Und lass sofort die Finger von mein wunderschön Friseur, sonst werde isch nervös und du fällst in die ganz Tiefe.“

Lilly kicherte. Wieder einmal wunderte sie sich, dass ihr Hauslehrer, der auch Chauffeur, Kindermädchen und vor allem Besserwisser war, so schlecht Deutsch sprach. Ungewöhnlich für einen gebildeten Lehrer, fand sie.

„Ich wusste gar nicht, dass wir auch noch einen Friseur an Bord haben, Archie. Nur sehr berühmte Menschen verreisen mit ihrem Friseur. Oder meinst du vielleicht Frisur? Sei nicht so streng mit mir. Man wird ja wohl noch fragen dürfen, wann wir endlich ankommen! Wir sind nun schon seit fast zwei Tagen unterwegs. Du musst inzwischen mehrmals die Erde umkreist haben, mein Lieber. Vielleicht solltest du in Zukunft einen Kompass dabeihaben …“

Sie schaute nach unten. Weit und breit war kein Schloss zu entdecken, nur ein großer dunkler Wald. Es sah nicht danach aus, als würden sie bald landen. Jetzt flog der Drache sogar noch ein wenig höher.

„Oh Mann!“, jammerte Lilly. „Nicht in die Wolken krachen, Archie! Ich habe meine Regensachen nicht an.“

Aus einer der Satteltaschen, die über dem Rücken des Drachen hingen, tauchte der zierliche Kopf einer Schildkröte auf. „Lilly, lass Monsieur Archibald in Ruhe fliegen. Für den Drachenflugverkehr gilt dasselbe wie in öffentlichen Verkehrsmitteln: Bitte den Fahrer nicht in seiner Konzentration stören!“

Lilly guckte schuldbewusst. „Entschuldigung, Frau Wu. War ja nur eine kleine Frage. Unser letzter Zwischenstopp ist schon ziemlich lange her. Ich sehne mich nach festem Boden unter den Füßen. Kommen wir heute überhaupt noch an?“ Sie schüttelte ihre Beine aus und wickelte ihren lila Schal fester.

„Keine Sorge, es ist nicht mehr weit“, sagte die Schildkröte. „Ich bin für den großen Umweg verantwortlich. Ich wollte verhindern, dass DIE GIERIGEN uns sofort wieder ausspionieren. Ich möchte gerne, dass wir uns in unserem neuen Zuhause sicher fühlen.“

Lilly blies erschrocken die Backen auf. An DIE GIERIGEN hatte sie gerade gar nicht gedacht. Vor dieser schrecklichen Bande waren ihr Onkel Clemens und sie schon seit einiger Zeit auf der Flucht. DIE GIERIGEN hatten Lillys Eltern entführt und hielten sie auf einer einsamen Insel gefangen. Ihr Ziel: Sie wollten unbedingt die magische Schuhwerkstatt der Familie Wunder in ihren Besitz bringen.

Clemens Wunder nähte magische Schuhe für Kinder, die in der Klemme steckten und Hilfe brauchten.

Mit feinem Gespür musste er zuallererst herausfinden, welche Magie den Kindern helfen könnte. Erst dann konnte er sich mit Fingerspitzengefühl an die Arbeit machen.

Lilly hatte sein Talent geerbt und fand es total aufregend, mit magischen Materialien aus der ganzen Welt die passenden Schuhe anzufertigen. Besonders schön war, dass sie dabei schon viele Freundschaften geknüpft hatte.

Doch leider konnten sie nie lange am selben Ort bleiben. Denn DIE GIERIGEN waren ihnen gefährlich dicht auf den Fersen. Onkel Clemens war überzeugt, dass sie mit dem magischen Wissen schlimmes Unheil stiften wollten. Die magische Schuhwerkstatt durfte ihnen also auf gar keinen Fall in die Hände fallen. Aber es war gar nicht so leicht, diese Bösewichte rechtzeitig zu erkennen und ihnen zu entwischen. Denn DIE GIERIGEN waren Gestaltwandler und konnten daher ihr Aussehen beliebig verändern.

Zum Glück waren Lilly und ihr Onkel nicht allein. Die Schildkröte Frau Wu und der Drache Monsieur Archibald waren treue Helfer an ihrer Seite, um den GIERIGEN immer wieder ein Schnippchen zu schlagen.

Dieses Mal hatte Frau Wu also ein Schloss als neues Versteck ausgesucht. Hoffentlich keines mit Fledermäusen und Geistern …

„Mademoiselle, bitte schön Flugschirm aufschnallen! Nun geht es abwääärts“, rief der Drache in diesem Moment.

„Ups“, freute sich Lilly. „Endlich!“ Sie schnallte den Fallschirm auf ihrem Rücken fest. Onkel Clemens bestand darauf, dass sie beim Landeanflug einen Notfallschirm trug. Ungefähr so wie eine Schwimmweste auf hoher See. Zwar konnte sich Lilly nicht vorstellen, dass der Drache ins Trudeln geriet und sie aus Versehen abwarf, aber man konnte ja nie wissen.

Vielleicht hatte ihr Onkel auch eher im Kopf, dass DIE GIERIGEN sie beim Anflug angreifen könnten. Aber Monsieur Archibald war ja zum Glück ein Drache. Erst vor Kurzem hatte er in einer Feuerwache gezeigt, dass er das Feuerspucken nicht verlernt hatte. Deshalb fühlte sich Lilly auf seinem Rücken absolut sicher.

Onkel Clemens und Frau Wu hatten alles genau ausgekundschaftet, um DIE GIERIGEN nicht auf ihre Fährte zu führen. Die Schuhwerkstatt hatten sie wie immer auf anderen Wegen in das Schloss transportiert. Nicht einmal Lilly wusste, wie sie das angestellt hatten. Das lief streng geheim ab. Hauptsache, DIE GIERIGEN fanden sie nicht, damit Lilly viele gemütliche Nächte in ihrem Himmelbett schlafen konnte.

Frau Wu hatte nicht zu viel versprochen. Das Schloss war zum Glück kein alter Kasten, sondern ein richtig hübsches Gebäude mit zierlichen Türmchen, Burgzinnen und einem riesigen Garten, der bis an den Waldrand reichte. Blühende Rosen rankten sich die Schlossmauern hinauf und ihr starker Duft kitzelte Lilly in der Nase, sodass sie mehrmals niesen musste.

„Santé!“, rief Monsieur Archibald vergnügt.

„Gesundheit!“, ergänzte Frau Wu.

„Danke schön!“, antwortete Lilly und wackelte ungeduldig mit ihren Füßen. Sie konnte es kaum erwarten, abzusteigen.

Noch während Lilly überlegte, wo der Drache landen würde, schwebte er sanft in den Innenhof und kam auf seinen vier Tatzen weich zum Stehen. „Voilà!“, rief er zufrieden.

Da tauchte auch schon Clemens Wunder auf. Wie immer trug er weite dunkelgraue Hosen und ein gemütliches Leinenhemd, das lässig über den Bund fiel. Seine langen Haare hatte er zu einem Zopf hochgesteckt. Neu waren die groben Stiefel an seinen Füßen. Sonst hatte er meistens Sandalen an. „Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte er sie strahlend. „Willkommen in unserem Dornröschenschloss!“

„Archie ist tausend Umwege geflogen!“, beschwerte sich Lilly. „Frau Wu wollte es so.“

Der Schuhmacher nickte. „Alles richtig. So konnte ich die Werkstatt schon fertig einräumen und dir ein schönes Zimmer aussuchen. Und ich habe ein Paar ausgezeichnete Stiefel im ehemaligen Pferdestall gefunden.“

Monsieur Archibald riss sein Maul auf und gähnte ausgiebig. „Mon Dieu, isch muss misch sofort in die Betten legen. Zwei Tag ohne Drachenschlaf ist terrible – schrecklisch! Isch bin in jede Schuppe müde wie der Tod!“

Onkel Clemens tätschelte ihm anerkennend den Hals. „Das hast du wieder mal prima gemacht, mein lieber Archibald. Auf dich ist wirklich Verlass!“ Er hob die Schildkröte aus der Satteltasche. „Auf Sie natürlich auch, liebe Frau Wu.“

Er machte eine kleine Verbeugung vor ihr. „Ich habe frischen Salat für Sie im Schlossgarten geerntet und Ihr Lieblingstee steht auch schon auf dem Tisch. Ohne Ihren scharfen Verstand würden wir diese ständigen Fluchten nicht durchhalten. Lilly ist ja noch ein Kind. Vielen, vielen Dank für alles!“

Lilly schüttelte unwillig den Kopf. „Hey, Onkel Clemens, du tust ja gerade so, als wäre ich noch ein Baby! Ich hab schon ganz schön viel gelernt. Und den GIERIGEN sind wir auch wieder entwischt.“

Clemens Wunder strich Lilly über den Scheitel. „Weiß ich doch, mein Schatz. Aber ich habe deinen Eltern versprochen, gut auf dich aufzupassen. Deshalb mache ich mir halt manchmal Sorgen.“ Er befreite den Drachen von den schweren Satteltaschen. „Monsieur, ich habe Ihnen das Ballzimmer fertig gemacht. Dort steht ein großer Kachelofen, in dem Sie abends ein Feuer entfachen können, wenn es kühl wird.“

Monsieur Archibald stieß erfreut ein paar Dampfwölkchen aus, die nach Pfefferminze dufteten. Der Drache mochte es immer sehr gerne warm und kuschelig.

Lilly schaute sich um. „Wohnen wir hier denn ganz alleine?“, fragte sie.

Frau Wu erklärte: „Solange das Schloss renoviert wird, sind wir die einzigen Bewohner. Für Besucher wird es erst wieder geöffnet, wenn alle Zimmer fertig sind. Dein Onkel Clemens kennt den Burgherren, deshalb durften wir mit der Werkstatt hier einziehen. Der Lord selbst wohnt in Schottland auf seinem Familienschloss.

Es gibt auch einen Schmuckladen, eine Töpferwerkstatt und einen Buchladen mit antiquarischen Büchern hier. Einmal die Woche ist im Schlosshof Bauernmarkt, da kommen die Leute aus der Umgebung zum Einkaufen. Clemens wird dort Pantoffeln verkaufen, damit wir nicht auffallen.

Unten im Gartenhaus wohnt eine Familie Wellstein mit Zwillingen. Die Eltern sind Restaurateure, das heißt, sie stellen die Wandzeichnungen und die Deckengemälde im Schloss wieder her. Richtige Künstler sind das.“

Lilly kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Das Schloss schien ja ein sehr spannender Ort zu sein! „Und die Zwillinge?“, fragte sie. Inzwischen gähnte sie mit dem Drachen um die Wette. „Sind es Jungs oder Mädchen?“

„Alles zu seiner Zeit. Ich finde, du solltest dich jetzt erst einmal ausruhen“, mischte sich Onkel Clemens ein. „Ihr drei solltet euch ausruhen“, korrigierte er sich. „Eure lange Reise war sicher sehr anstrengend.“ Er wartete Lillys Antwort gar nicht ab, sondern trug sie huckepack in das Schloss hinein.

„Das ist ja ein richtiges Prinzessinnenzimmer!“, jubelte Lilly, als sie in dem Raum angekommen waren, den Onkel Clemens für sie ausgesucht hatte.

Das Bett hatte einen Baldachin aus blauem Samt und die edlen Bettbezüge waren blütenweiß.

Lillys Schrankkoffer mit ihrer Kleidung stand schon geöffnet vor der Stofftapetenwand, die einen wilden Garten abbildete.

Eilig zog Lilly ihren Schlafanzug an und putzte sich die Zähne über dem kleinen verschnörkelten Waschbecken. Das Wasser floss in einem dünnen Rinnsal aus dem aufgesperrten Maul einer Porzellankobra.

Aber Lilly war viel zu müde, um das gruselig zu finden. Glücklich kuschelte sie sich unter das weiche Federbett. „Gute Nacht!“, sagte sie und schlang ihre Arme um den Hals ihres Onkels, als sich dieser zu ihr hinunterbeugte. „Danke für das schöne neue Zuhause! Ich hoffe, wir bleiben hier ganz lange. Bis Papa und Mama wieder zurückkommen. Du findest sie doch, oder?“

Clemens Wunder nickte. „Wir finden deine Eltern!“, versprach er.

„Und DIE GIERIGEN schicken wir in die Wüste!“, rief Lilly laut. Sie war vor Müdigkeit schon ganz überdreht.

„Das machen wir und nun schlaf gut, Lilly. Ich bin froh, dass wir jetzt wieder alle zusammen an einem sicheren Ort sind“, sagte Onkel Clemens und steckte liebevoll die Decke um sie herum fest.

Tom war stinkwütend. Sein Klassenlehrer Herr Traube hatte ihn einfach in die Fußballmannschaft gesteckt, ohne das vorher mit ihm abzusprechen. Er war der Meinung, dass Tom genau der Richtige war, um die Mannschaft wieder nach vorne zu bringen. Beim letzten Schulturnier war die Schule am Schloss nämlich nach der ersten Runde rausgeflogen.

Es stimmte ja, Tom war ein guter Stürmer. Aber das Training fand dreimal die Woche statt, nachmittags von 15 Uhr bis 17 Uhr. Haargenau zur gleichen Zeit wie die Musical-AG, in der Tom seit einem halben Jahr mitmachte.

„Musical?“, sagte Herr Traube, als Tom ihm erklären wollte, warum die Fußballmannschaft nicht für ihn infrage kam. „So ein Unsinn! Das ist doch der Tanzquatsch im Alten Theater. Das ist nichts für einen Jungen wie dich!“

Seine Antwort machte Tom ziemlich sauer. „Das ist doppelter Quatsch!“, widersprach er. „Meine Schwester würde übrigens viel lieber in der Fußballmannschaft mitmachen als bei den Volleyballern. Die hat schon Fußball gespielt, bevor sie laufen konnte. Wir haben ganz viele Fotos davon.“

Herr Traube schüttelte heftig den Kopf. „Kommt überhaupt nicht infrage. Deine Schwester ist gar kein Typ für Fußball. Die ist doch viel zu zart. Außerdem halte ich sowieso nichts von gemischten Grundschulmannschaften. Liz wäre viel eher für diese Musical-AG geeignet. Du spielst Fußball – aus, Schluss, Ende! Ich rufe deinen Vater an und mache das mit ihm klar. Er war doch selbst mal ein super Fußballer. Du wirst in seine Fußstapfen treten. Wir brauchen dich!“ Der Lehrer schnappte seine Aktentasche und ließ Tom einfach stehen.

„Mist, Mist, Mist!“, brüllte Tom und trat einen Stuhl um, der ihm im Weg stand, als er aus dem Klassenzimmer stürmte.

Vor einer Woche hatte ihm Daniel Herbst, der die Musical-AG leitete, eine Hauptrolle im Dschungelbuch in Aussicht gestellt. Auf einer Bühne tanzen – das hatte sich Tom schon lange gewünscht. Und er sang auch ganz passabel und kräftig. Vielleicht bekam er sogar seine Traumrolle, den Panther Baghira. Warum konnte Herr Traube denn nicht verstehen, dass es ihm ernst war?

Er steckte sich die Ohrstöpsel in die Ohrmuscheln und pfiff die Songs aus dem Dschungelbuch, die er auf sein Handy gespielt hatte, mit, als er die Treppen hinunter auf den Schulhof polterte. Mit Handy in der Schule herumzulaufen war zwar streng verboten, aber Tom hatte nach dem Gespräch mit Herrn Traube sowieso Lust auf Krawall.

Vor dem Schultor wartete Liz auf ihn. „Was war los?“, rief sie ihm besorgt entgegen. „Was wollte die Pflaume von dir?“

Das war so ein Witz zwischen Tom und seiner Zwillingsschwester. Wenn sie sich über Herrn Traube ärgerten, nannten sie ihn Pflaume.

Tom zuckte mit den Schultern und ging einfach an ihr vorbei. Er hatte keine Lust, mit seiner Schwester über die Fußballsache zu reden. Wahrscheinlich würde sie sowieso nicht verstehen, dass er den Platz in der Mannschaft ablehnte.

Aber Liz ließ sich nicht so einfach abwimmeln. „Hallo, ich rede mit dir!“ Sie nahm ihm das Handy aus der Hand und stellte die Musik aus.

„Spinnst du?“, meckerte Tom sie an und versuchte, ihr sein Handy wieder abzunehmen. Er spürte, wie seine Haut vom Scheitel bis zum kleinen Zeh zu kribbeln begann. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er immer noch wütend war.

„Was ist los?“, wiederholte Liz ihre Frage. Sie hielt sein Handgelenk fest und guckte streng. Plötzlich wurde ihr Blick sanft. „Uhh, was ist passiert? Du stehst ja total unter Strom. Ich spüre es in jeder Pore.“ Sie nahm auch seine zweite Hand und umklammerte sie. Dabei schaute sie ihm tief in die Augen.

Das war schon immer so gewesen. Liz konnte fühlen, wenn es Tom nicht gut ging. Einmal waren sie mit den Eltern Skifahren gewesen. Tom war vor der Skihütte ausgerutscht und hatte sich den Arm gebrochen. Zur selben Zeit hatte Liz in der Hütte zu weinen begonnen, weil sie geahnt hatte, dass Tom Schmerzen hatte. So war es auch jetzt wieder. Sie fühlte Toms Kummer.

„Ich bin in der Schulmannschaft, Fußball“, sagte er grimmig. „Hat die Pflaume einfach entschieden.“

Liz’ Augen wurden groß. „Cool! Glückwunsch!“ Sie stutzte. „Aber willst du das überhaupt? Fußball ist doch nicht dein Ding.“ Sie betonte dein, weil es in Wahrheit ja ihr Lieblingssport war.

„Natürlich nicht!“, fauchte er. „Zur selben Zeit hab ich Musical-AG.“

Liz schwieg einen Moment. „Aber ein Platz in der Schulmannschaft ist doch total toll! Es gibt einige, die würden viel dafür tun. Und du kriegst ihn einfach so, ohne …“ Sie sprach den Satz nicht zu Ende.

„Ohne dass ich ihn verdient habe, willst du sagen?“, sagte Tom. „Woher willst du denn wissen, was ich verdient habe? Ich habe mich so angestrengt, um eine tolle Rolle im Musical zu kriegen. Für den Fußballmist gebe ich das nicht auf. Auch wenn Papa sicher anderer Meinung ist.“

Liz zog die Stirn kraus. „Häh? Was hat denn Papa damit zu tun?“

Tom seufzte. „Traube will ihn anrufen. Er wird ihn an seine eigene Fußballzeit erinnern. Ich soll in Papas Fußstapfen treten. Die Pflaume hat alle Tricks drauf …“

Liz schüttelte den Kopf. „Na und? Dann sagst du Papa eben, dass du lieber im Musical mitspielen willst. Er versteht dich bestimmt! Ich kann die Pflaume ja fragen, ob ich probeweise in die Mannschaft darf. Ich habe in den letzten Wochen richtig hart trainiert.“

Tom verriet Liz lieber nicht, was Herr Traube von gemischten Schulmannschaften hielt. Offenbar hatte der Klassenlehrer gar keine Ahnung, was eine gute Fußballerin oder einen guten Fußballer ausmachte. Liz war zwar kleiner und zarter als Tom, und 2 ½ Minuten jünger, aber es gab ja eine Menge Nationalspielerinnen und Nationalspieler, die auch nicht besonders groß waren. Eigentlich war Herr Traube ziemlich in Ordnung. Aber was Mädchen und Jungs anging, hatte er total überholte Ansichten.

Tom seufzte erneut. Hoffentlich fiel ihm Papa nicht in den Rücken. Er erzählte bei jeder Gelegenheit, dass er beinahe Profi-Fußballer geworden wäre, wenn er damals nicht diesen blöden Autounfall gehabt hätte. Seither hatte er zwei künstliche Wirbel und konnte auch nicht mehr so lange wie Mama auf der Leiter stehen und über Kopf an den Fresken herumpinseln.

Als Tom von seinen Eltern die Unterschrift für die Musical-AG