Loki - Voll vergöttert! - Louie Stowell - E-Book

Loki - Voll vergöttert! E-Book

Louie Stowell

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Beschreibung

In Band 3 der Loki-Reihe von Louie Stowell stellt der elfjährige Gott Loki mal wieder die Menschenwelt auf den Kopf. Chaos vorprogrammiert!

Wie bekommt man als Gott in der Menschenwelt endlich die Bewunderung, die einem zusteht? Loki sitzt weiterhin auf der Erde fest und versucht zu beweisen, dass er die Rückkehr zu den anderen Göttern verdient. In der Schulaufführung sieht er seine große Chance: Als Gott der Tricksereien ist er ein begnadeter Schauspieler – und damit ja wohl die ideale Besetzung als Held. Alle sollen sehen, wie viel Gutes in ihm steckt! Doch zu seiner Enttäuschung gibt ihm die Lehrerin die Rolle des Schurken. Wie praktisch, dass Loki einen magischen Ring findet, der ihm angeblich all seine Wünsche erfüllen und ihn endlich beliebt machen kann. Blöd nur, dass auf dem Ring ein Fluch lastet, der Loki dazu anstiftet, die Schulaufführung ins Chaos zu stürzen.

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Seitenzahl: 170

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Das ist das Cover des Buches »Loki« von Louie Stowell

Über das Buch

Wie bekommt man als Gott in der Menschenwelt endlich die Bewunderung, die einem zusteht? Loki sitzt weiterhin auf der Erde fest und versucht zu beweisen, dass er die Rückkehr zu den anderen Göttern verdient. In der Schulaufführung sieht er seine große Chance: Als Gott der Tricksereien ist er ein begnadeter Schauspieler — und damit ja wohl die ideale Besetzung als Held. Alle sollen sehen, wie viel Gutes in ihm steckt! Doch zu seiner Enttäuschung gibt ihm die Lehrerin die Rolle des Schurken. Wie praktisch, dass Loki einen magischen Ring findet, der ihm angeblich all seine Wünsche erfüllen und ihn endlich beliebt machen kann. Blöd nur, dass auf dem Ring ein Fluch lastet, der Loki dazu anstiftet, die Schulaufführung ins Chaos zu stürzen.

Louie Stowell

Loki

Voll vergöttert!

Mit Illustrationen von Ulf K.

Aus dem Englischen von André Mumot

Hanser

Für Isildur, dafür, dass er uns allen eine Warnung ist.

Weltenbaum

Über dieses Buch

Willkommen zu diesem genialen Meisterwerk!

Dies ist ein magisches Tagebuch, was ja theoretisch eine fantastische Sache sein müsste. Rein praktisch ist es leider der reinste Albtraum. Jedes Mal, wenn ich, Loki, der Gott der Täuschung und der Streiche, meine Taten auf diesen Seiten niederschreibe, rechnet das Tagebuch meinen sogenannten Tugend-Score aus. Und ich sage mal so: Das Ergebnis fällt selten zu meinen Gunsten aus.

Um es noch schlimmer zu machen: Wenn ich auch nur das kleinste bisschen von der Wahrheit abweiche, korrigiert es mich. Mit derartigem Unsinn muss ich mich hier herumschlagen! Und das nur, weil dieses Tagebuch mit der angeblichen Weisheit von Odin und seinem dicken, fetten Stinke-Hintern programmiert wurde.

BERICHTIGUNG: Odin hat keinen dicken, fetten Stinke-Hintern.

HA! Triumph! Ich habe das Tagebuch dazu gebracht, das Wort »Stinke-Hintern« zu benutzen.

Na egal. Jedenfalls wurde ich nach Midgard geschickt (oder wie ihr schlichten Geschöpfe sagen würdet: auf die Erde) — zur Strafe, weil ich der Göttin Sif die Haare abgeschnitten habe. Für meinen Aufenthalt gelten strenge Regeln: Ich muss die Gestalt eines sterblichen Kindes annehmen und darf meine göttlichen Kräfte nicht zeigen. Zum Glück habe ich ein Schlupfloch entdeckt: Solange die Sterblichen nicht SEHEN, wie ich mich in die verschiedensten Tiere oder Wesen verwandele, kann ich es tun, so oft ich will.

Dies ist — ärgerlicherweise — wahr.

Begleitet werde ich von meiner angeblichen Familie: Thor, Heimdall und Hyrrokkin.

Folgendes habe ich auf der Erde bereits vollbracht:

LÜGE VERMERKT: Das Buch hast du NICHT geschenkt bekommen (und das trifft ebenso auf den Stab zu), weil du »grandios« wärst oder bereits ein guter, tugendhafter Gott. Hyrrokkin sagte, du habest »immer noch einen weiten Weg vor dir und viel zu lernen«.

Hmpf. Ich nehme an, deshalb sitze ich hier auch noch fest.

Tag 1

Freitag

LOKIS TUGEND-SCORE (LTS): 0

Reset für einen echten Neustart.

Mein Name ist Loki, und ich bin ein Hamster. Na ja, das war ich zumindest, bis die Schule heute vorbei war. Alles begann gestern (Donnerstag), und zwar damit, dass Thor mir wieder mal extrem auf die Nerven gegangen ist. Im Unterricht bekam er eine besondere Auszeichnung, weil er sich so bemüht und seine Rechtschreibung verbessert hatte: Es wurde ihm erlaubt, den Schulhamster mit nach Hause zu nehmen.

Für alle, die das nicht wissen: Unter sterblichen Schülern gilt das als große Ehre, vergleichbar damit, beim Festgelage in Asgard zur Rechten von Odin sitzen zu dürfen. Eigentlich ist es sogar noch besser, denn Hamster sind flauschig und niedlich und halten keine langen, langweiligen Reden.

Nach dem Abendessen stellte Thor den Käfig in sein Zimmer, und während er seinen stinkenden Sterblichen-Körper in die Badewanne legte, schlich ich mich heran, um der Kreatur dabei zuzuschauen, wie sie in ihrem kleinen Laufrad spielte. Es sah aus, als würde es dem Hamster richtig viel Spaß machen. Tatsächlich schien er mich regelrecht herauszufordern — als wolle er mir sagen, dass ich solche Freuden nie kennenlernen würde. Dass alle wirklich coolen Kids Hamster wären. Also …

Ich spielte auf dem Laufrad, und es war tatsächlich fantastisch! Ich stopfte mich mit allen möglichen Kernen voll. Ich kuschelte mich in das warme Bett aus Papierschnipseln. Ich genoss all die simplen Freuden des Hamsterlebens: Zum Beispiel fand ich heraus, dass ich stark dehnbare Backen hatte. Also stopfte ich sie mit so viel Futter voll, wie ich überhaupt nur reinbekommen konnte.

Leider kehrte Thor zurück, bevor ich mich wieder in meine menschliche Gestalt zurückverwandeln konnte. Also beschloss ich, mich versteckt zu halten, bis er eingeschlafen war. Ich hatte wirklich keine Lust, ihm das Ganze zu erklären.

Allerdings wurde ich dann selber ziemlich schläfrig und machte es mir neben dem anderen Hamster gemütlich.

Als ich heute Morgen aufwachte, war ich immer noch im Käfig, allerdings nicht mehr in Thors Zimmer. Ich war in unserer Klasse — in der Schule!

Ich saß in der Falle. Ich konnte mich nicht verwandeln, bis das Klassenzimmer leer war, sonst hätte ich den Sterblichen meine göttlichen Kräfte offenbart. Mal wieder. (Kann schon sein, dass ich mich ein-, zweimal ein bisschen habe gehen lassen. In Notfällen! Allerdings glaube ich nicht, dass Odin es als echte Leben-oder-Tod-Notlage durchgehen lassen würde, wenn ich plötzlich aus einem gemütlichen Käfig mit reichlich Nahrung auftauchen würde.)

Als die Lehrerin endlich den Raum verließ, ergriff ich meine Chance. Doch kaum hatte ich die Käfigtür aufgeklappt, kam ein weiterer nervtötender Lehrer herein und spielte den ganzen Rest der Pause an seinem Handy herum.

Zu meiner wachsenden Frustration (und zum wachsenden Haufen aus Hamsterkötteln) war ich nicht in der Lage, meine menschliche Form wieder anzunehmen, bis der Schultag vorüber war. Der Vorteil ist immerhin: Die einzelnen Fächer sind weniger langweilig, wenn man sich währenddessen auf einem Laufrad vergnügen kann. Außerdem hat man die Möglichkeit, den Leuten beim Lästern zuzuhören. Keiner hält sich zurück, nur weil ein Hamster in der Nähe ist.

Als eine der aufmerksameren Mitschülerinnen darauf hinwies, dass sich mittlerweile ZWEI Hamster im Käfig befanden, musste ich mich eine Weile unter den Papierschnipseln verstecken. Zum Glück äußerte jemand die Idee, der Hamster hätte vielleicht über Nacht Nachwuchs bekommen. Diese Theorie hätte genauerer Prüfung wohl nicht standgehalten, da ich ja bereits die Gestalt eines ausgewachsenen Hamsters angenommen hatte. Aber — puh! Eine andere Schülerin unterbrach die Spekulationen, indem sie jemanden biss, was eine höchst willkommene Ablenkung bot.

Als der Schultag ENDLICH vorüber war, entkam ich meinem Käfig, verwandelte mich und rannte nach Hause.

Normalerweise rennt Loki für niemanden. Aber mit jeder Sekunde, die ich verlor, würden Hyrrokkin und Heimdall immer wütender auf mich werden. Und ihre Wut ist wie der Wolf, der über den Himmel fliegt und jeden Tag aufs Neue die Sonne frisst. Wobei die Sonne sich glücklich schätzen sollte, dass sie sich dabei immerhin nicht anmeckern lassen muss.

Meine angeblichen Eltern, Heimdall und Hyrrokkin, warteten bereits auf mich. Thor saß in einer Ecke und spielte selbstgerecht ein Handyspiel. Thor schafft es, ALLES auf selbstgerechte Weise zu tun. Er kackt sogar selbstgerecht. Zumindest nehme ich das stark an. Ich schaue ihm nicht dabei zu. Das muss nun wirklich keiner sehen.

»Ich kann alles erklären!«, rief ich.

Aber bevor ich meine Begründung vom Stapel lassen konnte, warum ich nicht beim Frühstück gewesen war und in der Schule »gefehlt« hatte, umarmte mich Heimdall.

»Ich habe mir solche Sorgen gemacht!«, sagte er.

Ich blinzelte. War ein Wunder geschehen? Würde ich um eine Bestrafung herumkommen? Würde alles gut und schön und wundervoll ausgehen?

Spoiler: NEIN. Nein, würde es nicht.

Nach der Umarmung kam das Geschrei. Jede Menge Geschrei. Und kaum war Heimdall mit dem Schreien fertig, fing Hyrrokkin an. Als sie endlich aufhörte, erklärte ich ihr, dass ich die Gestalt eines Hamsters angenommen und keineswegs die Schule geschwänzt hatte. Ich war den gesamten Tag im Klassenzimmer gewesen, sogar in den Pausen! Was mir doch eigentlich ZUSÄTZLICHE Tugend-Punkte einbringen müsste!

Stattdessen musste ich mir nur noch mehr Vorwürfe anhören, weil ich riskiert hätte, »meine Kräfte zu zeigen«. Außerdem hätte die Tatsache, dass ich niemandem gesagt hatte, wo ich war, zu der Befürchtung geführt, ich würde irgendwo »tot in einem Graben liegen«. Und dann käme, lächerlicherweise, auch noch massive »Hamstergefährdung« hinzu.

Natürlich kramte Heimdall einige seiner Elternratgeber hervor.

Und dann beendete Heimdall seinen Erziehungsvortrag mit dem Satz, den ich am allerwenigsten hören will:

Heimdall: Warum kannst du nicht ein bisschen mehr wie Thor sein? Er macht nie Ärger!

HAH. Einige Frostriesen würden da mit Sicherheit Widerspruch einlegen. Na ja, sie würden Widerspruch einlegen, wenn sie nicht tot wären, WEIL THOR SIE NÄMLICH ALLE ABGEMURKST HAT.

Nachdem ich auf diesen Umstand hingewiesen hatte, wurde ich frühzeitig ins Bett geschickt, weil ich frech geworden war. Aber täuschte ich mich, oder musste Hyrrokkin ein Kichern unterdrücken? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, weil ich schon die Treppe hinaufstürmte, um Heimdalls wildem Zorn zu entfliehen.

Tag 2

Samstag

LOKIS TUGEND-SCORE (LTS): — 50

Punktabzug, weil deine Eltern sich Sorgen um dich machen mussten.

Das sind ja nicht mal meine echten Eltern!

Heute Morgen gingen wir alle gemeinsam raus, um ein bisschen »gesunde, frische Luft« zu schnappen. Das ist Hyrrokkin-Sprache und bedeutet, dass man im Park im Kreis herumrennt. Übrigens in einer Geschwindigkeit, die man nur bei Soldaten erwartet, die spät dran sind und dringend zur Schlacht müssen. Ich persönlich weiß wirklich nicht, was daran gesund sein soll, keine Luft mehr zu kriegen.

Da Hyrrokkin und Heimdall zudem die ganze Zeit damit verbrachten, an mir herumzumeckern, kam mir der Verdacht, dass dieser »Spaziergang« insgeheim nur eine weitere Bestrafung war.

Während ich vor mich hin keuchte, machte Hyrrokkin uns eine Ankündigung: »Heimdall und ich haben vor, uns eine weitere Sterblichen-Tradition mal etwas genauer anzusehen. Sie nennt sich Urlaub.«

Ich wusste schon in etwa, was Urlaub ist, dank der Definitionen, die in diesem Buch auftauchen, wenn ich auf ein neues Sterblichen-Konzept stoße.

Ratgeber für sterbliches Leben im 21. Jahrhundert auf einen Blick

URLAUB: Wenn man quer durch Midgard reist, um zu einem anderen Ort in Midgard zu kommen. Manchmal ist dieser Ort wärmer als die eigentliche Erdenbehausung der Menschen, und das Ziel des Urlaubs besteht darin, sich wie die Midgard-Schlange in den Ozean zu versenken. Manchmal ist dieser Ort aber auch so kalt wie Jotunheim. Dann besteht das Ziel des Urlaubs darin, auf Skiern von Bergen zu springen wie der Frostriese Skadi. Der Zweck eines jeden Urlaubs ist es, zu vergessen, dass das sterbliche Leben kurz, tragisch und leer ist. Ein weiterer Zweck besteht darin, den Leuten zu entfliehen, die einem im normalen Leben auf den Geist gehen.

Als ich meine Freude darüber zum Ausdruck brachte, im Urlaub nicht zur Schule zu müssen, korrigierte mich Hyrrokkin: Thor und ich würden hierbleiben.

Meine Gedanken rasten in mehrere Richtungen gleichzeitig:

Doch wie auch immer, diese Hoffnung wurde rasch zunichtegemacht, als Heimdall das Wort ergriff.

»Odin schickt einen Gott aus Asgard, um dich im Auge zu behalten, während wir weg sind …« Seine Augen leuchteten, und sein Mund verzog sich zu einem dümmlich glücklichen Grinsen, das mir erschreckend bekannt vorkam …

Oh. Oh nein.

Heimdall: Du hast so ein Glück …

Bitte nicht …

Heimdall: … dass jemand auf dich aufpasst, der so schön und charmant ist …

Nicht er!

Heimdall: Balder! Mein Lieblingsbruder!

Balder ist der Liebling von ALLEN. Na ja, abgesehen von mir. Für alle anderen ist er vielleicht der reinste Sonnenschein, aber mich hat er aus unerfindlichen Gründen seit jeher gehasst.

Könnte dieser unerfindliche Grund etwas mit deiner Persönlichkeit und deinen bisherigen Schandtaten zu tun haben?

UNVERSCHÄMTHEIT!

Ganz gleich, was der lächerliche und völlig ungerechtfertigte Grund dafür sein mag, mich nicht zu mögen, in jedem Fall hat er es auf mich abgesehen. Als Odin schwor, mein Blutsbruder zu sein (lange Geschichte, in der viel Blut und Geheule von meiner Seite vorkommen), sagte Balder zu Odin, er würde das noch Ewigkeiten bereuen. Was für eine Frechheit!

Kein Kommentar.

In Asgard reden die Leute von morgens bis abends davon, wie großartig Balder ist. Selbst von Thor bekommt er DEN Blick. Von Thor! Der DEN Blick normalerweise von allen anderen bekommt. Und auch Odin kriegt sich grundsätzlich nicht mehr ein, wenn es um ihn geht! Ich für meinen Teil finde, er könnte mal ’ne ordentliche Backpfeife vertragen.

Nicht, dass ich ihm wirklich eine Backpfeife versetzen würde. Das hätte auch gar keinen Sinn, schließlich ist er unverwundbar. Ganz abgesehen davon, dass ich im Augenblick die Muskelkraft einer toten Nacktschnecke habe.

»Loki, hörst du zu?«, fragte Hyrrokkin.

Offenbar war es nicht unbemerkt geblieben, dass ich mich dem süßen Traum hingegeben hatte, Balder mal richtig eine runterzuhauen.

»Ich habe gerade gesagt, dass Balder nicht als euer Bruder hier sein wird. Sterblichen-Kinder brauchen die Aufsicht eines Erwachsenen, also spielt er die Rolle von Liams und Thomas’ Onkel Bill.«

Na toll. Nicht genug, dass Thors noch perfekterer Bruder hier aufkreuzt. Noch schlimmer: Er kann mich auch noch herumkommandieren, weil er angeblich »älter« und »überlegen« ist.

Er IST dir überlegen. In jeder Hinsicht.

Ich kam zu dem Schluss, dass es nur einen einzigen Weg gab, diese verfluchte Lage erträglich zu machen: Balder, dem Nervtötenden, so viele Streiche zu spielen, wie ich in die mir zur Verfügung stehenden Tage nur unterbringen konnte.

~

ZAHNPASTA GEGEN KLEBSTOFF TAUSCHEN

~

KRÖTE IN SEIN BETT

~

SCHERZNACHRICHT VON ODIN

~

SCHNECKEN IN SEINEN SCHUHEN

~

SEIN GESICHT BEMALEN

~

KLO MIT FOLIE BESPANNEN

~

FISCH UNTERS KISSEN

~

HÄLFTE SEINER SOCKEN VERSTECKEN

~

EINE AUGENBRAUE ABRASIEREN

~

JUCKPULVER

Muss ich dich daran erinnern, dass Streiche, die du Odins Lieblingssohn spielst, KEINE moralische Verbesserung darstellen? Und dass nur deine moralische Besserung dafür sorgen kann, dass du wieder Zutritt zu Asgard erhältst?

Tagebuch, muss ich dich daran erinnern, dass du ein unfassbarer Spielverderber bist?

Als es schließlich klingelte und ich die Haustür öffnete, hoffte ich, es würden Valerie oder Georgina sein, schließlich waren wir am Nachmittag verabredet. Leider war es bloß unser dämlicher Babysitter. Balder, der Hübsche. Balder, der Wunderbare. Balder, der Bla, bla, bla, könnt ihr alle mal aufhören, über Balder zu labern, mir wird nämlich kotzübel!

BERICHTIGUNG: Das hat er NICHT gesagt. Er sagte: »Hi, Loki.«

Ja, aber der TON, mit dem er das sagte, machte unmissverständlich klar, dass er mich für einen Wurm hält. Aber wie auch immer, ich bat ihn höflich herein, und das, obwohl er in diesem TON mit mir gesprochen hatte.

BERICHTIGUNG: Du sagtest: »Ach, du bist es.« Dann hast du dich umgedreht und bist den Flur runtermarschiert, und zwar, ohne ihn hereinzubitten.

Ich denke, auf eine Tatsache können wir uns einigen: Balder kam ins Haus.

Alle scharten sich im Wohnzimmer um ihn und flöteten mit lächerlichen hohen Stimmen, wie schön es doch wäre, ihn zu sehen. Na ja, bis auf Hyrrokkin. Hyrrokkin flötet nicht. Sie schlug ihm bloß derart herzhaft auf den Rücken, dass er fast vornüberfiel, während Thor und Heimdall ihm DEN Blick zuwarfen, bis ihnen beinahe die Augen aus dem Kopf fielen.

Uff. Ich hoffte, Valerie und Georgina würden bald eintreffen, damit ich damit aufhören konnte, dem Anbeten von Balder dem Schönen (ja, es nennen ihn tatsächlich alle so) zuzusehen, und stattdessen ins Kino gehen und mir einen Film anschauen konnte.

Ratgeber für sterbliches Leben im 21. Jahrhundert auf einen Blick

KINO: Ein Gebäude, in das sich Sterbliche zusammen mit lauter Fremden setzen, wenn es darin stockdunkel ist, um sich Filme anzusehen. Auch wenn dort theoretisch alle still und schweigend beieinandersitzen sollten, hat es Tradition, dass die Besucher husten, niesen und so laut kauen, wie es nur menschenmöglich ist. Außerdem geht mit Popcorn, Limonaden und Süßigkeiten, die in Kinos verkauft werden, eine mystische Verwandlung vonstatten, die dazu führt, dass sie 10.000 Prozent teurer sind als in normalen Läden.

Ich schaute auf meine Uhr. Oder besser gesagt: Auf mein Handgelenk, schließlich habe ich keine Uhr. Zeit hat für Götter keinerlei Bedeutung. Außer, wenn es ihnen in den Kram passt, weil sie einer unerträglichen Situation entkommen wollen.

»Ach herrje, ist es tatsächlich schon so spät? Meine Freundinnen werden jeden Augenblick hier sein«, sagte ich.

»Freundinnen?«, fragte Balder. »Odin sagte mir, dass Loki Schwierigkeiten gehabt hätte, Freunde zu finden.«

Diese Beleidigung konnte ich so nicht stehen lassen! »WAS hat Odin gesagt? Blödsinn! Ich bin äußerst beliebt.«

»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, meinte Balder.

Dies konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. »Nur zu. Komm mit ins Kino und erlebe selbst, wie sehr mich die Sterblichen lieben!«

»Es macht mich neugierig, so ein … Kino … zu erleben«, sagte Balder nach einer Pause. »Solange ich neben meinem geliebten Bruder Thor sitzen kann!«

Thor war eigentlich gar nicht eingeladen, aber wenn er mitkam und ich nicht neben Balder sitzen musste, sollte es mir recht sein.

Ich wandte die Augen ab, als sie einander umarmten. So viel Sentimentalität widert mich an.

Was du eigentlich sagen willst: Du wirst neidisch.

»Es ist so schön, zu sehen, wenn Brüder derartig gut miteinander auskommen«, lautete Heimdalls Kommentar zu diesem widerwärtigen Schauspiel.

Er und Hyrrokkin schauten mich groß an, als wollten sie sagen: »Sei auch du netter zu Thor.« Aber da sie es nicht sagten, konnte ich es problemlos ignorieren.

»Also!«, rief Heimdall. »Valeries Mütter holen euch bald ab. Waren alle noch mal auf dem Klo?«

Heimdall hat es sich angewöhnt, uns das jedes Mal zu fragen, bevor wir das Haus verlassen. Und das nur, weil ich ihn EIN EINZIGES MAL während der Fahrt dazu bringen musste, den Wagen anzuhalten, um am Straßenrand zu urinieren. Sterbliche Körper sind so was von erbärmlich. Zugleich aber sind die extragroßen geeisten Schlürf-Schlürf-Drinks der Sterblichen so riesig und so köstlich.

Valerie kam mit ihren Müttern an — und mit Georgina, meiner anderen, sehr guten Menschen-Freundin.

Genau genommen sagte sie, ihr wäret nur auf Versuchsbasis befreundet. Du musst dich immer noch bewähren.

Da das Kino nicht weit entfernt ist, legten wir einen weiteren Spaziergang ein. (Hyrrokkin war mit Nachdruck für diesen Plan. Sie glaubt, wenn man zu Fuß geht, anstatt zu fahren, wäre man ein besserer Mensch. Ich finde allerdings, dass es einen nur zu einem müden Menschen macht.)

Während Balder mit Thor und Valeries Müttern vorausging, hielt ich mich mit meinen Freundinnen Valerie und Georgina ein Stück hinter ihnen.

»Ich wusste gar nicht, dass dein Onkel zu Besuch kommen würde«, sagte Georgina,

»Ich auch nicht«, sagte ich. »Und ich wünschte, es wäre nicht so. Er ist so …« Ich gestikulierte in Balders Richtung.

Georgina: Perfekt? Gut aussehend?

Loki: Ich hatte eher an unerträglich gedacht.

Valerie: Ist er WIRKLICH dein Onkel?

(Valerie und Georgina sind die einzigen Sterblichen, die unsere wahren göttlichen Identitäten kennen. Sie mussten Geheimhaltung schwören, und im Gegensatz zu mir haben sie die Angewohnheit, ihre Schwüre auch zu halten.)

»Er tut so, als wäre er unser Onkel. Aber eigentlich ist er Thors ECHTER Bruder«, sagte ich mit einem Seufzen. »Aber nun genug von ihm. Wer interessiert sich schon für Balder?«

»Thor ganz offenbar«, stellte Georgina fest. »Schaut ihn euch an! Er ist ein echter Fanboy. Finde ich eigentlich ganz süß. Mein kleiner Bruder ist genauso zu mir.«

Thor rückte Balder tatsächlich derartig auf die Pelle, als würde es ihm körperlichen Schmerz bereiten, sich mehr als ein paar Zentimeter von ihm zu entfernen.

Ich verdrehte die Augen. »Alle liiiiiiiiieben Balder.«

»Nur du nicht, wie’s aussieht«, sagte Georgina.

»Ich bemühe mich, nicht das toll zu finden, was alle anderen toll finden«, sagte ich herablassend. »Dafür bin ich viel zu cool.«

»Was andere Leute finden, spielt keine Rolle«, sagte Valerie. Damit stimmte sie mir zu, wie es sich für eine gute beste Freundin gehört. Aber, oh grausamer Betrug, sie hörte an diesem Punkt nicht auf. »Wenn ich etwas darauf geben würde, was andere Leute denken, wäre ich ja auch nicht mit dir befreundet.«

Das brachte Georgina zum Kichern. Ich kicherte nicht.

Während des Films teilte ich meine Süßigkeiten mit den anderen, um Balder zu zeigen, was für ein guter Freund ich bin. Ärgerlicherweise schaute er sich den Film an und achtete nicht auf meine menschenfreundliche Geste. Also räusperte ich mich, bevor ich Thor einen Schluck von meinem Getränk anbot. Thor warf mir einen misstrauischen Blick zu.

Während Thor, Georgina und Valerie sich nach dem Film in die Schlange vor den Toiletten stellten, wies Balder mich zurecht, weil ich während des Films geredet hatte.

Balder: Heimdall hat mich darüber informiert, dass die Sterblichen die Geschichten auf ihren gigantischen, lauten Leinwänden gern in völliger Stille genießen. Vielleicht, damit sie die Kaugeräusche der anderen besser hören.

Loki: Thor hat auch geredet!

»Mit Thors Verhalten habe ich nichts zu schaffen«, sagte Balder. »Du bist derjenige, den Odin hierhergeschickt hat, damit er sich bessert — und als sein treuer und gehorsamer Sohn betrachte ich es als meine Aufgabe, dir dabei Hilfe zu leisten.«