Lore-Roman 37 - Yvonne Uhl - E-Book

Lore-Roman 37 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Ihr großer Schwarm - Wenn ein Mädchen von Liebe träumt


Nikolaus Graf Holl sieht aus wie ein junger Gott. Er, der vielbewunderte und einzige Sohn des Grafen Holl, dessen Gestüt in ganz Europa bekannt ist, ist ein begnadeter Turnierreiter und der Traum eines jeden Mädchens. Auch die kleine Petra Baroness von Reckenbach träumt von ihm. Ihre geheimsten Wünsche ranken sich um den schönen Grafen, nachts liegt sie stundenlang in ihrem Zimmer wach, und in Gedanken sieht sie sein Bild vor Augen. Petra ist sich sicher, eines Tages wird er Notiz von ihr nehmen. Doch bis jetzt beachtet er die jüngste Tochter des Nachbarn kaum. Für ihn ist die siebzehnjährige Baroness noch ein Kind. Er hingegen genießt die Aufmerksamkeit der rassigen Ruth von Trimbach.

Petra hasst diese schöne Frau aus tiefster Seele. Sie weiß, dass Nikolaus nicht ihr einziger Verehrer ist, sie hat es mit ihren eigenen Augen gesehen! Eifersucht kocht in ihr hoch. Ruth hat ihn nicht verdient! Er rennt doch in sein Unglück. Und so beschließt die kleine Baroness, dass sie Nikolaus diese Ruth von Trimbach madigmachen muss. Sie weiß auch schon wie, doch damit löst sie eine Katastrophe aus ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ihr großer Schwarm

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Hrecheniuk Oleksii/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7099-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ihr großer Schwarm

Wenn ein Mädchen von Liebe träumt

Von Yvonne Uhl

Nikolaus Graf Holl sieht aus wie ein junger Gott. Er, der vielbewunderte und einzige Sohn des Grafen Holl, dessen Gestüt in ganz Europa bekannt ist, ist ein begnadeter Turnierreiter und der Traum eines jeden Mädchens. Auch die kleine Petra Baroness von Reckenbach träumt von ihm. Ihre geheimsten Wünsche ranken sich um den schönen Grafen, nachts liegt sie stundenlang in ihrem Zimmer wach, und in Gedanken sieht sie sein Bild vor Augen. Petra ist sich sicher, eines Tages wird er Notiz von ihr nehmen. Doch bis jetzt beachtet er die jüngste Tochter des Nachbarn kaum. Für ihn ist die siebzehnjährige Baroness noch ein Kind. Er hingegen genießt die Aufmerksamkeit der rassigen Ruth von Trimbach.

Petra hasst diese schöne Frau aus tiefster Seele. Sie weiß, dass Nikolaus nicht ihr einziger Verehrer ist, sie hat es mit ihren eigenen Augen gesehen! Eifersucht kocht in ihr hoch. Ruth hat ihn nicht verdient! Er rennt doch in sein Unglück. Und so beschließt die kleine Baroness, dass sie Nikolaus diese Ruth von Trimbach madigmachen muss. Sie weiß auch schon wie, doch damit löst sie eine Katastrophe aus …

Nikolaus Graf Holl sah aus wie ein junger Gott, als er auf seinem rassigen Schimmelhengst über die Hürden setzte.

Er trug ein langärmeliges weißes Hemd, knappe Reithosen und enge Stiefel. Sein dichtes Haar wehte im Wind, und das markante Gesicht war angespannt. Er trainierte für das Derby in Aintree bei Liverpool im März.

Der junge Graf ahnte nicht, dass er einen heimlichen Zaungast hatte, der jede seiner lässigen Bewegungen mit Argusaugen registrierte.

Petra Baroness von Reckenbach stand in einem Holundergebüsch und beobachtete Nikolaus. Ihr Atem ging hastig. Er war einfach wundervoll. Er war der größte Reiter aller Zeiten.

Die reizend geschwungene Nase der kleinen Baroness bebte vor Bewunderung. Eines Tages würde er Notiz von ihr nehmen, dessen war sie sicher. Bis jetzt beachtete er die jüngste Tochter des Nachbarn kaum. Für ihn, den vielbewunderten einzigen Sohn des Grafen Holl, dessen Gestüt in ganz Europa – und sogar in Übersee – bekannt war, war die siebzehnjährige Baroness noch ein Kind, kaum den Babyschuhen entwachsen.

Während der Blick der Baroness an seiner unnachahmlich sportlichen Gestalt hing, sah sie ihn im Frack vor sich, wie er sich vor ihr verneigte. Gehört der nächste Tanz mir, Petra?, hörte sie ihn in Gedanken fragen. Wie schön du bist, Petra! Und wie dir das Abendkleid steht … Himmlisch!

Oh, wenn doch meine Träume eines Tages Wahrheit würden!, flehte die kleine Baroness.

Niemand wusste, wie ihre geheimsten Wünsche sich um den schönen Grafen rankten. Wie sie nachts stundenlang in ihrem Zimmer lag und in Gedanken sein Bild vor Augen sah.

Immer galt in ihren Träumen sein Lächeln ihr. Immer sah er sie dann an wie eine Königin, deren Schönheit er gerade erst bemerkt hatte.

Petra seufzte bitterlich.

Gerade sprang der Schimmelhengst über eine hohe Hürde. Und wie elegant Graf Holl im Sattel saß. Wenn ich doch auch so reiten könnte wie er!, dachte Petra atemlos. Vielleicht würde er mich dann beachten und bewundern und überhaupt bemerken, dass ich existiere.

Dann hörte sie andere Hufschläge, die einen völlig anderen Rhythmus hatten als die des Schimmelhengstes.

Der Kopf der Baroness fuhr herum. Eine blonde Locke fiel ihr in die Stirn.

Petra sah die rothaarige Ruth von Trimbach näher reiten. Am Rande des Hürdenplatzes blieb sie stehen. Sie hob winkend die Hand.

„Wie lange brauchst du noch, Nick?“

Petra duckte sich unwillkürlich. Sie hasste dieses schöne Mädchen aus tiefster Seele. Wie die sich bei dem Grafen anbiederte! Wirklich widerwärtig. Dabei konnte sie ihm doch nie das Wasser reichen! Sie gab zwar mächtig an mit Ihrer ausgefallenen Kleidung und trug jeden Tag eine neue Frisur, aber eines Tages würden dem jungen Grafen sicher die Augen über sie aufgehen.

Nikolaus Graf Holl aber schien anderer Meinung zu sein. Er riss an den Zügeln seines Hengstes und sprang noch im Lauf ab. Lachend hielt er die Balance und lief zu Ruth hinüber, die aus dem Sattel gesprungen war.

Empört beobachtete Petra, wie er das schöne Mädchen bei den Schultern fasste und es an sich zog.

Was sie miteinander sprachen, konnte Petra nicht hören, aber die Haltung der beiden war unmissverständlich. Und jetzt küssten sie einander sogar. Und Ruth von Trimbach legte ihre Arme um Nikolaus Graf Holls Hals.

Petras Augen verdunkelten sich.

Genauso hatte Ruth von Trimbach auf dem letzten Sommerfest den jugendlichen Biologieprofessor Dr. Carl Arendt geküsst. Und das war erst zehn Tage her.

Die treibt es doch mit jedem, dachte Petra eifersüchtig. Warum sagt es eigentlich niemand dem Grafen?

Er rennt doch in sein Unglück, der Arme … Petra atmete zitternd, konnte aber den Blick nicht von dem verliebten Paar wenden. Natürlich beneidete sie Ruth von Trimbach. Sie durfte in Nicks Armen liegen. Sie durfte die Arme um seinen Hals schlingen und seinen Kuss erwidern!

Endlich wandte Petra ihren Kopf.

Ich muss es ihm sagen! Ich muss ihn vor der Gefahr warnen, dieser Person auf den Leim zu gehen! Sie nahm es sich fest vor.

Unauffällig begann sie ihren Rückzug. Niemand achtete auf diese Stelle des Gebüsches. Nikolaus Graf Holl und Ruth von Trimbach waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Als sie sich unbemerkt wusste, richtete Petra sich auf und lief ein Stück durch den Wald. Jetzt befand sie sich bereits auf dem Gebiet, das den Reckenbachs gehörte.

Sie atmete auf. Sie schwang sich auf den Rücken des ungesattelten Fuchshengstes, den sie vorhin angepflockt hatte und der auf den Namen Sirius hörte.

Schwer atmend ritt sie in Richtung des heimatlichen Gutshofes. Wenn sie diese Ruth von Trimbach bloß bei Graf Holl madig machen könnte!

***

„Darf ich heute Nacht wieder zu dir kommen?“, raunte Nikolaus Ruth zu.

„Du weißt, dass ich nur dich liebe, Nick – nur dich“, sagte sie. Aber dann wurde sie ernst. „Ich muss dir etwas anvertrauen. Wirst du wenige Minuten Zeit haben, um mir zuzuhören?“

Nikolaus Graf Holl starrte in das erregte, in seiner Unregelmäßigkeit sehr reizvolle Gesicht seiner Geliebten.

„Ja, sprich …“, sagte er lächelnd. „Willst du mir das Geständnis machen, dass du ohne mich nicht leben kannst?“

Ruth von Trimbach sah an ihm vorbei.

„Ich bekomme ein Kind, Nick. Unser Verhältnis hatte Folgen.“

Nikolaus Graf Holl versteinerte.

„Hörst du nicht?“, rief Ruth zitternd. „Mein Vater erschlägt mich, wenn er es erfährt. Ich muss ihm, ehe er es weiß, sagen, dass wir an dem und dem Tag heiraten, sonst …“

„Willst du mich erpressen, Ruth?“ Nikolaus’ Augen verengten sich. „Wer sagt mir, dass das Kind von mir ist?“

„Aber Nick …“ Ruth riss die grüngrauen Augen auf, und in ihrem Blick stand blankes Entsetzen. „Das kann doch nicht dein Ernst sein!“

„Mein voller Ernst“, versicherte Graf Holl. „Ich kann mir eine Heirat im Augenblick nicht leisten. Ich bin noch zu jung zum Heiraten. Ich brauche meine Freiheit, Ruth. Und die wirst du mir nicht nehmen.“

Ruth taumelte zurück. „Nick, du weißt doch, dass du der Einzige bist.“

„Weiß ich das wirklich? Du hast viele Verehrer.“

„Mag sein. Aber keinen habe ich erhört – außer dir.“

„Wer beweist mir das?“

„Du machst doch nur Spaß?“, stammelte Ruth von Trimbach. „Sag doch, dass du mich liebst und mich nur foppen willst. So sag es doch endlich!“

Das Gesicht des jungen Mannes verschloss sich.

„Tut mir leid, Ruth.“

„Aber du hast doch gesagt, dass du mich liebst, dass du dich nie mehr von mir trennen willst.“

„Ich weiß, dass ich das gesagt habe. Doch da wusste ich noch nicht, dass du ein Kind bekommst.“

„Willst du mich etwa dafür bestrafen?“, stammelte sie.

Nikolaus Graf Holl zuckte die Schultern.

„Was heißt bestrafen?“, murmelte er. „Seitdem ich das weiß, finde ich dich nicht mehr so begehrenswert wie vor zehn Minuten.“

„Du bist gemein, Nick!“ Das schöne Mädchen schluchzte auf.

Mitleidlos sah er über sie hinweg.

Ihr Weinen schnitt ihm ins Herz.

„Gib mir Bedenkzeit“, bat er. „Herrje, du kannst doch nicht so mit der Tür ins Haus fallen und mich derart überraschen! Hab doch gefälligst Mitleid mit mir.“

„Oh, jetzt bist du wieder mein alter, vertrauter Nick“, stöhnte Ruth von Trimbach auf. „Es wird alles gut, ja? Sag’s doch.“

„Ich bat dich um Bedenkzeit.“ Er schwang sich wieder in den Sattel seines Hengstes.

„Du reitest nach Hause, Nick?“, rief Ruth.

„Ja.“

„Aber – wann sehen wir uns wieder?“

Lässig hob Nikolaus Graf Holl die Hand mit der Reitgerte.

„Ich rufe dich an, Ruth! Wiedersehen!“ Er preschte davon.

Ruth trat zu ihrer Fuchsstute und presste ihr heißes Gesicht an das weiche Fell des Tieres. Ihr saß jetzt noch die Panik im Nacken. Aber es würde alles gut werden, bestimmt! Er liebt mich doch, dachte sie.

***

Petra Baroness von Reckenbach hatte die Tür ihres Zimmers zugesperrt und saß auf dem Fußboden. Sie hielt eine Schere in der Hand und schnitt aus alten Zeitungen Buchstaben von Überschriften aus.

Dann nahm sie ein großes Stück Packpapier und begann, die Buchstaben in der richtigen Reihenfolge aneinanderzulegen,

Zufrieden las sie dann den Text:

Vorsicht vor Ruth von Trimbach. Sie sind nicht der Einzige. Da ist auch noch Professor Dr. Arendt, den sie küsst. Vielleicht auch noch mehr?

Eine es gut meinende Person.

Ja, dachte Petra, wenn er das liest, wird er nachdenklich werden. Hauptsache, ich kann die beiden trennen. Sie passen ja gar nicht zueinander.

Vorsichtig klebte Petra einen Buchstaben nach dem anderen auf das Papier, dann schnitt sie den beklebten Bogen in Größe eines Briefpapierblattes aus und wartete, bis er trocken war. Nun bemalte sie mit Druckbuchstaben den Briefumschlag. Sie gab sich sehr viel Mühe damit. Endlich war ihr Brief fertig. Sie klebte den Umschlag zu, frankierte ihn und steckte ihn vorn in ihre Bluse. Dann stopfte sie die Papierfetzen, die auf dem Teppich lagen, in den Papierkorb, machte flüchtig Ordnung im Raum und sperrte die Tür auf.

Von unten her drang Klavierspiel an ihr Ohr. Ihre Schwester Frauke spielte Chopin.

Petra trug lange Farmerhosen und einen Blouson. Wie spät ist es?, dachte sie, ob ich vor dem Abendessen noch mal rasch zum Briefkasten laufen kann?

Als sie aber merkte, dass es schon kurz vor sechs Uhr war, rannte sie über den Gutshof zur Garage, warf ihr Kleinmotorrad an und fegte davon.

Kopfschüttelnd sah Curd Baron von Reckenbach ihr nach. Er stand im Fenster des Wohnzimmers und wandte sich nun zu seiner Frau um.

„Was geht eigentlich in Petra vor? Sie ist weggefahren, als ob tausend Furien hinter ihr her wären.“

Gerty Baronin von Reckenbach lächelte. Sie legte ihren Stickrahmen zur Seite.

„Sie ist eben ein junges Mädchen mit Illusionen. Keine Ahnung, was in ihrem hübschen Köpfchen vorgeht. Aber hübsch ist sie, nicht wahr?“

„Alle unsere Töchter sind hübsch“, brummte der Baron. „Jede auf ihre Art. Aber bei Petra habe ich manchmal das Gefühl von einer mühsam unterdrückten Wildheit, die mich ängstigt.“

„Ja, du hast recht.“

„Ich habe so eine dumpfe Ahnung, als ob wir mit ihr noch einmal unser blaues Wunder erleben werden.“

„Ihr Kern ist gut.“

„Aber sie hat einen Dickkopf. Ich bedauere jetzt schon den Mann, den sie sich zum Heiraten erkürt, wenn er mit ihrem Dickkopf Bekanntschaft macht.“ Er räusperte sich. „Auch wenn unsere Jüngste nicht da ist zum Essen, fangen wir an“, bestimmte er ärgerlich. „Sie hat nicht kurz vor sechs Uhr noch einmal wegzufahren. Das gehört sich einfach nicht.“ Er hob den Kopf und lauschte Fraukes Klavierspiel. „Sie wird mir fehlen, wenn sie Gustl geheiratet hat“, seufzte er. „Sie ist so ein musisches Mädchen, nicht wahr, Gerty?“

„Frauke ist dann unsere dritte Tochter, die aus dem Haus geht, weil sie heiratet“, sprach die Baronin versonnen. „Dann bleibt uns nur noch unser Nesthäkchen Petra. Und wie schnell werden die Freier sich bei ihr einstellen.“

„Wie ich dich kenne“, brummte der Baron, „bist du, sobald Enkel da sind, sowieso dauernd unterwegs, um sie zu betreuen! Ich fürchte, dann habe ich überhaupt nichts mehr von dir.“

„Ach, so übertreib doch nicht“, schmunzelte die Baronin. Sie nahm seinen Arm. „Gehen wir zum Essen.“

„Wenn Petra unpünktlich ist, kriegt sie nichts mehr.“

Die Baronin blieb stehen und lachte. „Diese mittelalterlichen Methoden wollen wir doch lieber streichen“, scherzte sie. „Immerhin ist Petra kein Kind mehr mit ihren siebzehn Jahren.“

„Schade, dass es keine weibliche Form von Lausbub gibt“, knurrte der Baron. „Auf Petra träfe das nämlich zu. Sie ist ein ausgemachtes Lausemädchen.“

Die Baronin eilte zum Fenster.

„Na, bitte, da ist sie ja schon wieder! Wir haben dem Kind unrecht getan. Schau nur, sie stellt ihr Motorrad brav in die Garage …“

„Dieser kleine Schlingel …“ Der Baron zog seine Gattin aus dem Wohnzimmer. „Da ist Petra wieder einmal um eine Standpauke herumgekommen. Sie hat es doch wirklich faustdick hinter den Ohren!“

***

Beim Frühstück einen Tag später brachte der Diener Friedrichs die Post. Die beiden Grafen Holl – junior und senior – griffen eifrig danach.

Da sie beide Nikolaus Graf Holl hießen, kam es mitunter zu Verwechslungen, was die Post anbetraf.

Der ältere Graf wog den großen Briefumschlag in der Hand.

„Nikolaus Graf Holl“, las er. „Komischer Brief. Fühlt sich so steif an – die Adresse ist mit Druckbuchstaben geschrieben.“

„Für mich kann er aber auch nicht sein.“

Der Ältere lächelte und riss den Umschlag auf.

„Dann wird er wohl für mich bestimmt sein“, scherzte er. Er hob die Brauen, als er die aus Zeitungsbuchstaben zusammengesetzten Worte las, und schüttelte den Kopf. „Der Brief ist für dich! An deiner Stelle würde ich ihn postwendend in den Papierkorb befördern.“

Stirnrunzelnd griff Nick nach dem Brief, den der Vater ihm hinschob, und las erstaunt den seltsamen Text.

Doch er nahm den Wortlaut ernst – im Gegensatz zu seinem Vater.

„Das ist hoch interessant“, meinte er.

„Anonyme Zuschriften sind schmutzig“, erklärte der Ältere heftig. „Wer mag der Absender sein?“ Er untersuchte den Briefumschlag. „Er wurde hier in Buchenhaide in den Briefkasten gesteckt und gestempelt. Merkwürdig! Es muss also jemand sein, den wir kennen.“

„Natürlich, Papa. Nur jemand, den wir kennen, hat ein Interesse daran, mich vor einer Riesendummheit zu warnen.“

„Mir gefällt Ruth von Trimbach ausnehmend gut. Sie hat Rasse“, erklärte Nikolaus, der Ältere heftig. „Außerdem bist du noch nicht verlobt mit ihr. Warum soll sie dann diesen Professor Doktor Arendt nicht einmal küssen? Wenn du jetzt an sie gebunden wärst, dann …“

„Das wird nicht geschehen. Ich verlobe mich nicht mit ihr. Ich mache Schluss.“

„Nick!“

„Doch, Papa. Ich hab’s sowieso schon bis hierhin satt! Sie ist mir zu hündisch ergeben. Und außerdem ist sie auch noch unehrlich, was dieser Brief ja beweist.“

„Du wirst doch diesem lächerlichen Geschreibsel keine solche Beachtung schenken?“

Doch der junge Graf gab keine Antwort. Für ihn war dieser Brief der willkommene Anlass, mit Ruth zu brechen und sämtliche Beziehungen zu ihr zu lösen.

***

„Nein, das kannst du doch nicht tun!“, schrie Ruth auf. Sie hing sich jammernd an Nicks Hals. „Wir lieben uns doch. Wie kannst du behaupten, ich wäre dir untreu gewesen?“

„Ich weiß es. Gib dir keine Mühe, zu verschleiern, dass du auch dem Professor Doktor Arendt deine Gunst geschenkt hast.“

Ruths Kopf sank nach vorn. Woher weiß Nick das? Woher?, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Ihr Herz jagte.

„Das Kind ist von dir, von dir allein“, flüsterte sie. „Ich nehme es auf meinen Eid, Nick.“

Aber Nick lachte nur spöttisch auf.

„Danke. Ich habe es nicht nötig, die Frau, die ich einmal heiraten will, mit einem anderen zu teilen.“

„Aber – was hast du vor?“

„Du hast dich verraten. Es gab zwischen dir und diesem Professor doch etwas in deinem Leben … Danke, Ruth. Mach, was du willst, aber zwischen uns ist es aus.“

„Und – und das Kind?“

„Sieh zu, dass du es dem Professor andrehst.“

Ruth erstarrte. Sie wich vor Nick zurück.

„Das also ist dein wahres Gesicht. Du bist hart, egoistisch und erbarmungslos“, stammelte sie.

„Ich habe als Turnierreiter eine große Karriere vor mir. Ich werde einmal das berühmte Gestüt Holl besitzen – und leiten. Und eines Tages werde ich einen Sohn haben, von dem ich genau weiß, dass nur ich sein Vater sein kann und nicht etwa ein gewisser Professor. Nur so einen Sohn kann ich später auf sein Erbe vorbereiten. Nicht einen Sohn von dir, den ich vielleicht nur aus Anständigkeit als meinen Sohn anerkenne.“

„Großer Gott, wieso bist du so misstrauisch!“

„Ich bin hier und bin eine gute Partie“, spottete Nick. „Der Professor ist, soviel ich weiß, nach Paris abgereist, wo er einen Lehrstuhl an der Sorbonne hat. Ich war greifbar, er nicht. Ich bin reicher als er. Also redest du mir ein, das Kind wäre von mir. Hör auf, dich und mich zu belügen, Ruth. Zwischen uns ist es aus.“

Ruth presste sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm.