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Als Helmut Preißler Vietnam kennen lernte, war der Krieg der USA-Aggressoren beendet. Er erlebte ein Land, dem unvorstellbares Leid widerfahren war und das einen mutigen Aufbruch wagte. Im Alltag stieß er immer wieder auf die finsteren Spuren, die der Krieg hinterlassen hatte — Bombentrichter, verseuchte Erde, zerstörte Häuser, die schmerzliche Erinnerung an die Toten. Aber er sah auch die wieder mit Radfahrern belebten Straßen Hanois, die grünenden Reisfelder, das Kind, das seine Aufgaben auf dem Rücken des Büffels schreibt, erfuhr die Zuversicht und Kraft der Menschen, die wiedererstehende Schönheit des Landes. Der Traum im Bambus ist ein Kinderbuch, das Preißlers Begeisterung für das ferne Land und seine Menschen Kinder und Erwachsene in einer wunderschönen Geschichte nacherleben lässt. Das Buch "Lotoskerne" erschien erstmals 1984 beim Verlag Neues Leben, Berlin, "Der Traum im Bambushaus" 1986 in DER KINDERBUCHVERLAG Berlin.
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Seitenzahl: 38
Helmut Preißler
Lotoskerne – Der Traum im Bambushaus
Gedichte
ISBN 978-3-86394-758-3 (E-Book)
Das Buch "Lotoskerne" erschien erstmals 1984 beim Verlag Neues Leben, Berlin, "Der Traum im Bambushaus" erschien 1986 in DER KINDERBUCHVERLAG Berlin.
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
© 2012 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected]
Der Kern der Lotosblüte
ist wie ein Nusskern hart;
in ihm sind berauschende Düfte
für immer aufbewahrt.
Zart ist die Lotosblüte,
ihr Leuchten verglüht und verblasst;
der Lotoskern lebt tausend Jahre,
wenn ihr die Erde leben lasst.
Die ihr noch wisst — vergesst es nicht zu bald,
wie Mauern bersten, Fensterglas zerklirrt!
Das Haus schlag' auf euch ein, lässt es euch kalt,
wenn noch so fern ein Haus zertrümmert wird!
Wer aus dem Hause ging, kehrt nie mehr heim.
Die drinnen war, liegt tot nun auf der Tür.
Hörst du die Steine? Hör, die Steine schrein:
Wir sind nicht schuldig? Schuldig sind nicht wir!
Sie morden jetzt in andren Dschungelkriegen.
Helft den Bedrängten, wie ihr halft in Vietnam,
bis auf dem Erdenrund die Völker siegen
und jeder Söldner wieder ist, woher er kam.
Seht sie euch an! Lest in Gesichtern! Seht!
Fünf Menschen und ein Unmensch. Nie vergesst,
wie groß der kleine Mensch in Tod und Folter geht.
Vergesst den Ranger nicht, der sie nicht leben lässt!
Was denkt der Mensch, der er doch war? Empfindet
er Schuld? O nein, ihm zittert nicht die Hand.
Er hat nur ein paar Hütten angezündet;
sein Chef steckt ganze Erdteile in Brand.
Tief in die Grube fällt durch Gitter Licht.
Die Sonne glüht, die Wolken ziehn vorbei.
Vom Grund des Käfigs: Hell das Menschenangesicht
und oben sind die Bestien frei.
Hier kann der große Boss aus Übersee
mit seiner Schlächterschar zufrieden sein.
Starrt nicht verstört! Erinnert Lidice!
Ein gleicher Boss — die gleichen Schlächterein.
Vor Wolken Angst? Nein. Regen ist doch schön.
So ein Taifun, ja, der ist fürchterlich,
doch kann man ihm mit vielen widerstehn.
Nur vor dem Bombenregen fürcht' ich mich.
Was wäre von Venedig noch zu sehn,
wär solche Bombenlast dort explodiert.
Auch diese Straße am Kanal war schön.
Ein Bomber hat die Schönheit ausradiert.
Ihr, die ihr Bomben ausklinkt über Städten,
seht Planquadrate. Männer, habt den Mut:
Stellt euch den Gegner vor: Er flieht aus Kinderbetten
zum Unterstand. Sein Schutz: ein Reisstrohhut.
Dreitausend Kinder in Haiphong sind kriegsversehrt.
Sie haben keine Schlacht geschlagen.
Sie haben keine Waffe getragen.
Sie haben sich nicht gewehrt.
Das ist mein Bunkerloch. Wenn Bomber kommen,
spring ich hinein. Mein Büffel weiß Bescheid:
Er taucht ganz tief, ist noch nie fort geschwommen
und nie herausgekommen vor der Zeit.
Dreitausend Felsen ragen aus dem Meer.
In Heiterkeit gebadet ist der Strand.
In dieser Bucht stand keine Hütte mehr.
In Felsenhöhlen wuchs der Widerstand.
Fern von daheim kämpf ich für's Vaterland.
Ich fiel vom Himmel. Bitte, mich zu schonen!
Hier steht's in Ihrer Sprache auch: Die mich gesandt
mit meinem Bomber, werden Sie belohnen!
Erfolg beweisend, hat er vor dem Steigen
noch rasch den eignen Schatten aufgenommen.
Die Brücke ist zerstört. — Es wird sich zeigen,
wie weit am Ende die Zerstörer kommen.
So groß und mächtig sehen Helden aus.
So zierlich sie, die ihn gefangennahm.
Er weiß: Wär's umgekehrt, wär's mit ihr aus!
Angst senkt den Blick; glaubt nicht, es wäre Scham!
Er sagt, es war sein Job, war Brot und Lohn.
Er sei Familienvater und ein guter Christ.
Viel hat er nicht gelernt, doch weiß er schon,
dass es ein mörderischer Job gewesen ist.
Das war ein Tag: Saigon ist frei! Befreit
ganz Vietnam! Vorbei das Blutvergießen!
Das war ein Tag! - Die Wunden brauchen Zeit!
Übt Solidarität, dass sie sich schließen!
Als in der ersten Hälfte
des Jahres neunzehnhundertfünfundvierzig,
im letzten Halbjahr
des Marionettenkaisers Bao Dai,
zwei Millionen Vietnamesen
verhungert waren,
schlug der erste Präsident
der Volksregierung vor:
Wer noch Reis hat, ihn zu essen,
der faste jeden zehnten Tag,
dass so immer neun Hungernde
einen Verhungernden retten!
Und Ho Chi Minh
aß nichts an diesem Tag
und nichts am zehnten Tag
und nichts an jedem zehnten Tag
des ersten Jahres
der freien Republik Vietnam.
Ausgeraubt durch Jahrhunderte,
zerbombt und zerschunden —
und dennoch
verhungert heut keiner mehr.
Der Mangel jedoch
ist groß wie das Mühen,
aus grauem Vergangenen
auf sich zu schwingen
in heiteres Blau.
Auf den Flügeln
lastet noch Asche,
schwer von Tränen
und Morgentau.
Wie Arme mächtiger Kraken: