Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Explosive Entdeckung - Anja Habschick - E-Book

Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Explosive Entdeckung E-Book

Anja Habschick

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Beschreibung

Unfassbar schlau, unfassbar schnell – und einfach unfassbar!: Lucy Longfinger Nachdem Lucy Longfinger King Ratto, den gefürchtetsten Gangsterboss Kaliforniens, hinter Schloss und Riegel gebracht und die gestohlene Supermaske dem Geheimnisdienst übergeben hat, freut sie sich auf Ferien mit ihrem neuen besten Freund Toni Morelli. Doch da kündigt Großcousine Savanna aus Texas ihren Besuch an und steht schon am nächsten Morgen vor der Tür. Lucy soll für sie den Anzug ihres Onkels, eines legendären Räubers, aus dem hiesigen Polizeimuseum stehlen. Dann erhält Lucy auch noch einen Erpresserbrief von Ratto, der die Familienvilla der Longfingers in die Luft sprengen lassen will. Ruhige Ferien kann Lucy vergessen! Und das ist erst der Anfang einer Reihe äußerst explosiver Entwicklungen. Zum Glück ist Toni an ihrer Seite. Band 2 der spannenden Krimiserie für Mädchen und mutige Jungs Auf der Shortlist zum Goldenen Bücherpiraten Alle Abenteuer von Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Band 1: Gefährliche Geburtstagsgrüße Band 2: Explosive Entdeckung Band 3: Tödliche Täuschung (in Vorbereitung) Serie bei Antolin gelistet

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Ähnliche


Anja Habschick

Lucy Longfinger – einfach unfassbar!

Explosive Entdeckung Band 2

FISCHER E-Books

Inhalt

In einem verlassenen Labor auf einer kleinen Insel, KalifornienKapitel 1 Eine widerspenstige KräheKapitel 2 Blöder Kodex!Kapitel 3 Feuer aus TexasKapitel 4 Drei ist einer zu vielKapitel 5 Der DrohbriefKapitel 6 Wer suchet, der findetKapitel 7 Lucy angelt eine NachrichtKapitel 8 Explosive EntdeckungKapitel 9 Zurück zum FlussKapitel 10 NopeKapitel 11 Das Handbuch zum KodexKapitel 12 GeheimgängeKapitel 13 Vorbereitungen einer GaunerinKapitel 14 Nachts im PolizeimuseumKapitel 15 Die FluchtKapitel 16 Endlich!Kapitel 17 Lucys PlanKapitel 18 Die ExplosionKapitel 19 Parkour im TunnelKapitel 20 Dr. Kyrkas SohnKapitel 21 AbreiseKapitel 22 Eine schlimme NachrichtKapitel 23 Der zweite AntragKapitel 24 Auf Wiedersehen!Zwei Wochen späterLongfinger-Kodex

Für meine Eltern und meine Schwester

In einem verlassenen Labor auf einer kleinen Insel, Kalifornien

Klick. Der Mann mit der schwarzen Strumpfmaske und den schwarzen Handschuhen zog den USB-Stick aus dem Rechner. Es hatte nicht lange gedauert, den Code zu knacken. Er war schlau, sehr schlau. Jetzt konnte er sich endlich den zweiten Teil holen. Und dann kam der letzte Schritt. Der Schritt zu einer unendlich großen Macht. Und die kleine Gaunerin würde ihm helfen. Und wenn nicht … Nein – diese Option gab es nicht!

Kapitel 1Eine widerspenstige Krähe

Lucy trug die Einnahmen der letzten Woche ins grüne Buch ein und pfiff dabei vor sich hin. Es war der erste Tag der Herbstferien. Ratto, der fiese Gangsterboss und Feind der Familie Longfinger, saß endlich im Gefängnis. Und Toni Morelli durfte nach der Kodexänderung jetzt ganz offiziell Lucys Freund sein! Alles super paletti!

So, fertig. Sie machte eine schwungvolle Drehung mit dem Schreibtischstuhl. Blieb noch eine letzte Aufgabe, bevor sie endlich zur Eisdiele flitzen konnte, um mit Toni Pläne für die Ferien zu machen! Leider war diese Aufgabe nicht so schnell erledigt wie das Eintragen der Einnahmen. Denn Lucy musste Miss McPie den neuen Punkt 4 im Kodex beibringen. Der lautete nun endlich nicht mehr: Keine Freunde außerhalb der Familie, sondern: Freunde der Familie müssen schweigen wie ein Grab. Lucy war zufrieden mit dem neuen Punkt. Und auch stolz auf sich, dass sie ihre Eltern und das Longfinger-Gremium davon überzeugt hatte, dass Freunde auch für Gauner wichtig waren. Als sie aufstand, fiel ihr Blick auf die leeren Chips- und Weingummitüten. Gestern Abend hatten sie und Toni sich einen gemütlichen Filmabend zum Ferienstart gemacht. Aber aufräumen in den Ferien? Nö!

»Jetzt zu dir!« Lucy baute sich vor der Krähe auf, die sie samt Stange hoch in ihr Zimmer geschleppt hatte.

Sie hob den Zeigefinger. »Pass auf. Punkt 4. Freunde außerhalb der Familie …«

»Punkt 4. Keine Freunde außerhalb der Familie!«, krähte Miss McPie. »Nicht keine Freunde«, verbesserte Lucy die Krähe. Sie sprach jedes Wort besonders langsam und deutlich aus. »Freunde außerhalb der Familie müssen schweigen wie ein Grab.«

»Punkt 4«, rief Miss McPie. »Ein Grab schweigt außerhalb für die Familie! Obacht!«

Lucy verdrehte genervt die Augen. Warum hatte sie nicht früher damit begonnen? Ihr Vater hatte nach der Kodexänderung gesagt, dass es ihre Aufgabe war, der Krähe den neuen Punkt beizubringen. Und sie selbst hatte in ihrer Freude versprochen, das bis zu den nächsten Ferien zu erledigen.

Lucy wurde etwas lauter: »Noch einmal. Punkt 4. Freunde außerhalb der Familie …« Sie tippte die Krähe mit dem Zeigefinger an. »Jetzt du!«

»Freunde … schweigen im Grab!«, krähte Miss McPie und steckte den Kopf unter den Flügel. Lucy stöhnte. Wie hatte ihr Großvater das damals bloß geschafft, der Krähe sämtliche Regeln des Longfinger-Kodex einzutrichtern?

Nach einem weiteren Fehlversuch entschied Lucy, dass es für heute reichte. Entscheide schnell! Hast du dich entschieden, ist der Fisch schon halb geputzt! Punkt 18 im Kodex war ein ziemlich vernünftiger Punkt. Morgen würde es bestimmt klappen.

»Lucy!« Das war ihr Vater, seine Stimme kam von unten. »Kommst du mal?« Gerade jetzt, wo sie doch loswollte! Lucy schnappte sich ihre schwarze Lederjacke vom Bett, packte die Stange samt Krähe und trug sie die Treppe hinunter in die Küche.

Ihr Vater schob einen vergilbten Plan unter seine Zeitung, als Lucy hereinkam. Aus manchen Sachen hielten ihre Eltern sie noch raus, auch wenn sie die Geschäfte der Familie mal übernehmen sollte.

»Du hast mit der Krähe geübt?«, fragte er. »Lass mal hören, wie weit ihr gekommen seid.«

»Tja … sie hat einen schlechten Tag«, murmelte Lucy.

Ihr Vater zog die Augenbrauen hoch. »So, so, einen schlechten Tag. Lüg mich nicht an, Lucy Longfinger.«

»Obacht!«, krähte Miss McPie. »Ein Longfinger muss lügen, dass sich die Balken biegen. Nur nicht innerhalb der Familie!«

»Das hört sich für mich nicht nach einem schlechten Tag an«, sagte ihr Vater. »Eher danach, dass du es nicht geschafft hast, ihr den neuen Punkt beizubringen.«

Lucy seufzte. »Ja … Aber ich will trotzdem zu Toni in die Eisdiele!« Sie schielte zu ihrem Vater. »Ich mach das noch, versprochen.«

»Weiß ich doch.« Ihr Vater zwinkerte ihr zu. »Nur denk daran: Man muss sein Wort halten.«

»Klar.« Lucy nickte. »Und was wolltest du?« Sie trippelte ungeduldig auf und ab.

»Setz dich mal«, sagte ihr Vater.

Oje! Lucy verzog das Gesicht. Sie wollte doch los! »Ne, ich hab’s echt eilig.«

Ihr Vater nahm die Nickelbrille ab und rieb sich die Augen. »Was habt ihr denn so Wichtiges vor?«

»Ferienpläne machen«, sagte Lucy und wusste im selben Moment, was ihr Vater sagen würde.

»Ein Gauner hat keine Ferien«, brummelte er.

»Ja, ja, aber ein paar freie Tage hab ich mir echt verdient!«, rief Lucy. »Und jetzt sag schon!«

Ihr Vater kratzte sich am Bart. »Du kennst doch deine Großcousine Savanna aus Texas, oder?«

Lucy zuckte mit den Schultern. »Ich hab sie nur einmal gesehen, und da war ich noch klein.«

»Jedenfalls, jetzt ist sie schon fünfzehn.«

»Aha«, sagte Lucy.

Ihr Vater fuhr fort: »Sie will nach Mable Beach kommen und eine Kiste alter Erinnerungsstücke unserer Familie abholen.«

»Warum denn das?«, fragte Lucy. Ein komisches Gefühl machte sich in ihrem Bauch breit.

»Ihre Familie hat in Texas ein kleines Longfinger-Museum aufgebaut und will die Erbstücke dort ausstellen. Natürlich nur familienintern.« Ihr Vater schmunzelte. »Sie wollen ja nicht die Polizei auf die Longfingers aufmerksam machen.«

»Und was hat das mit mir zu tun?« Das Kribbeln in Lucys Bauch wurde stärker.

»Sie kommt morgen«, sagte ihr Vater. »Und sie will nicht nur die Kiste abholen. Sie will auch ein paar Ferientage mit dir verbringen.«

»Mit mir?«, rief Lucy entsetzt. »Ich hab aber keine Zeit für irgendwelche Cousinen! Ich hab Ferien!«

»Lucy!«, ermahnte ihr Vater sie. »Savanna freut sich so, dich endlich mal kennenzulernen.«

»Ich will sie aber nicht kennenlernen!«, rief Lucy. »Sag ihr ab, bitte!«

Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Aber sie kann doch mitkommen, wenn du was unternimmst. Und es ist auch alles schon besprochen. Sie nimmt den Schnellzug. Morgen früh ist sie da.«

»Das ist gemein! Ihr hättet mich fragen müssen!«, rief Lucy.

»Savanna gehört zur Familie. Ich erwarte, dass du nett zu ihr bist! Und wenn du gleich von diesem Toni zurückkommst, dann richte bitte das Turmzimmer für Savanna her. Das wurde lange nicht mehr benutzt. Deine Mutter und ich sind spät zurück heute Abend.«

»Ja, ja. Ihr habt mal wieder keine Zeit!«, grummelte Lucy. »Aber ich, oder was?« Sie drehte sich um und lief aus der Küche.

Von diesem Toni hatte ihr Vater gesagt. Wann akzeptierte er die Freundschaft endlich?

Die fünf Stufen vor der Haustür nahm sie mit einem einzigen Satz. Sie schnappte sich ihr Rad und raste die steile Straße hinunter auf den blauen Pazifik zu. Ein Fußgänger schimpfte hinter ihr her.

Lucy warf ihr Rad vor der Eisdiele Morelli neben den Fahrradständer und schielte auf die Uhr. Nicht mal sieben Minuten. Rekordzeit!

 

Ihr Freund Toni Morelli stand hinter der Theke und erklärte der Aushilfe gerade die neue Sahnespritze. Lucy kannte den Jungen mit den schwarzen Haaren. Er hieß Crick und war Student.

Toni blickte auf und schob sich die Locken aus dem Gesicht. Seine Haut sah noch gebräunter aus als sonst, und seine dunklen Augen strahlten. An den nackten Füßen trug er seine Flip-Flops mit Ananasmuster.

»Du hast es aber eilig, mich zu sehen!« Er klatschte in die Hände. »Mango mit Chili, drei Kugeln?«

»Ja, aber ich bin echt sauer!«

»Auf mich?« Toni riss die Augen auf. »Was hab ich denn jetzt schon wieder gemacht? Hey, du meinst doch nicht etwa wegen dem Film gestern Abend? Ich hätte ja auch den anderen mit dir geschaut, aber du hast doch gesagt, dass wir …«

»Toni! Halt mal die Luft an! Es ist nicht wegen dir.«

Toni atmete erleichtert aus. »Puh, da bin ich aber echt froh!« Er kam mit zwei Eisbechern hinter der Theke hervor und tanzte zu einem der Tische. Lucy musste über seinen Hüftschwung lachen. Sie ließ sich auf einen Stuhl plumpsen und zog ihren Eisbecher zu sich rüber. »Stell dir vor! Meine Großcousine aus Texas kommt morgen! Sie will mit mir ein paar Ferientage verbringen. Und meine Eltern haben ihr einfach zugesagt, ohne mich zu fragen!«

»Ja, und? Was ist daran so schlimm?«, fragte Toni.

»So schlimm? Ich dachte, wir beide wollten zusammen was unternehmen.«

»Können wir doch auch. Dann kommt sie halt mit. Bestimmt ist sie ganz nett.« Toni zwinkerte Lucy zu. »Sie ist schließlich eine Longfinger!«

»Mitkommen? Geht’s noch?«, rief Lucy und starrte Toni entgeistert an. Jetzt redete er schon so wie ihr Vater. »Aber ich hab keine Lust, die Ferien zu dritt zu verbringen!« Lucy schob den noch halbvollen Eisbecher von sich weg. »Und ich soll auch noch das Turmzimmer für sie putzen!«

»Turmzimmer! Wie romantisch!«, rief Toni. »Da wäre ich auch gerne euer Gast, das ist bestimmt …«

»Mensch, Toni. Ich hab einfach keine Lust auf die!«

»Reg dich doch nicht auf!«, sagte Toni. »Lass uns lieber überlegen, was wir morgen machen.«

»Morgen? Wir brauchen einen Plan für alle Tage«, brummte Lucy.

»Och ne!«, maulte Toni. »Doch nicht Ferien nach Stundenplan! Lass uns spontan entscheiden, was wir wann machen.«

»Nö«, sagte Lucy. »Wir machen einen Plan für jeden Tag.«

»Du bist ja nur sauer wegen deiner Cousine«, murrte Toni. Er zwinkerte Lucy zu. »Kommt die Cousine, sind sie hin, deine schönen Termine.«

»Großcousine«, sagte Lucy, musste aber grinsen. Er hatte ja recht. Sie war schlecht gelaunt deswegen. »Okay«, räumte sie ein, »wir machen einen Plan für jeden zweiten Tag, und an den anderen unternehmen wir was spontan.«

Toni strahlte schon wieder. »Morgen machen wir den Ausflug ins Aquarium. Nach Plan natürlich.« Er stieß Lucy an. »Komm schon, ich will schon so lange mal wieder ins Aquarium!«

»Morgen geht nicht«, brummte Lucy. »Da kommt Savanna an. Mein Vater will, dass wir sie begrüßen und so.«

»Savanna? Das ist aber ein schöner Name«, rief Toni.

»Der Name ist doch völlig unwichtig!« Lucy kramte in ihrer Hosentasche und legte Geld auf den Tisch. »Ich muss los. Hab noch was zu tun.«

Toni verdrehte die Augen. »Dein Geld kannst du behalten. Das geht aufs Haus.« Er zwinkerte Lucy zu. »Gute Freunde essen hier umsonst, schon vergessen?«

 

Als Lucy die Haustür aufschloss und den Alarm ausstellte, kam Cash ihr verschlafen aus dem Wohnzimmer entgegengetrottet.

»Hallo, mein Großer«, begrüßte Lucy ihn. »Sag nicht, du warst auf der Couch!«

Cash legte den Kopf schief.

»Tja«, sagte Lucy, »was lassen sie uns auch so oft alleine.« Sie streichelte sein schokobraunes Zottelfell, und wie immer ging es ihr gleich besser. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel ihrer Mutter.

Denk bitte an das Turmzimmer! Dafür darfst du dir morgen auch was zum Abendessen wünschen!

Kuss Mum

Lucy zog eine Schnute. Aber sie war immer froh, wenn es nichts Fischiges oder Krabbeliges gab! Sie würde sich was ganz Leckeres wünschen. Vielleicht einfach mal Spaghetti Bolognese. Hmm!

Seufzend schleppte Lucy den Staubsauger und frische Bettwäsche die schmale Treppe hoch ins Turmzimmer. Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen. Punkt 19 im Kodex und ein allseits bekanntes Sprichwort. Allerdings hielt sie sich nicht immer dran …

Als Lucy die Tür öffnete, musste sie dreimal hintereinander niesen.

Millionen Staubkörnchen tanzten in den Sonnenstrahlen, die durch die vielen kleinen Fenster hereinfielen. In den alten Holzboden war in der Mitte ein zweifarbiges Mosaik eingelassen, das sechseckig war wie das Turmzimmer selbst. An der Wand stand eine alte Standuhr, die einmal dem dritten Earl of Wichester gehört hatte. Lucy trat an ein Fenster und schaute hinaus. Wow! Was für eine Aussicht! Die hatte sie gar nicht so schön in Erinnerung. Sie konnte weit hinüber ins St.-Vincent-Viertel mit der kleinen Kirche sehen. Warum war sie nicht schon längst ins Turmzimmer gezogen? Als kleines Kind hatte sie das nicht gewollt, weil es weiter weg von ihren Eltern gewesen war – aber jetzt wäre es doch cool! Sie schaute sich zu dem gemütlichen Kojenbett um. Darin würde sie schlafen wie ein Murmeltier. Und sie hätte sogar ihr eigenes Bad hier oben. Hinter einer Holzwand gab es ein kleines Waschbecken und eine Badewanne mit verschnörkelten Füßen. Lucy sah sich schon im warmen Wasser liegen und lesen. Um sie herum türmten sich duftende Schaumberge …

Sie bezog das Bett und kam sich vor wie ein Zimmermädchen in einem Hotel. Dann machte sie sich Musik an, saugte einmal in der Zimmermitte im Kreis, ließ den Wasserhahn am Waschbecken kurz laufen und wischte flüchtig über den goldenen Rahmen, in dem ein vergilbtes Exemplar des Longfinger-Kodex an der Wand hing. Es war natürlich noch die alte Version … aber für Savanna reichte die ja.

So, genug geputzt. Aber Moment … etwas fehlte noch! Grinsend sprang Lucy die Treppe zu ihrem Zimmer hinunter. Sie griff in den Käfig und zog vorsichtig eine ihrer sieben Mäuse heraus. Betty (benannt nach einer von Lucys berüchtigten Vorfahrinnen) war die Älteste ihrer kleinen Mäusefamilie. Und sie liebte Bettdeckenhöhlen!

Mit der Maus in der Hand lief Lucy hoch ins Turmzimmer und setzte Betty unter Savannas Bettdecke.

»Bleib!«, flüsterte sie der kleinen Maus zu und strich ihr noch einmal über das weiche Fell. Lucy übte oft mit Cash und den Mäusen. Und diesen Befehl würde Betty gern befolgen. Sollte ihre Großcousine doch kommen. Mal sehen, ob Savanna cool drauf war – oder eine Zicke mit Angst vor Mäusen!

Kapitel 2Blöder Kodex!

Lucy und ihre Eltern frühstückten gemeinsam. An jedem anderen Tag hätte Lucy sich riesig gefreut. Aber sie wusste ganz genau, warum ihr Vater sie geweckt hatte: weil Savanna gleich kam.

»Savanna, Savanna, Savanna«, murmelte Lucy, als sie sich das Brötchen extradick mit Schokocreme bestrich. Seit Rattos Ultimatum im Sommer hasste sie Knäckebrot mit Honig, ihr früheres Lieblingsfrühstück. Rein zufällig waren genauso viele Knäckebrotscheiben in der Packung gewesen wie verbleibende Tage bis zum Ablauf des Ultimatums, und Lucy hatte diese Tage in Knäckebrotscheiben heruntergezählt. Knäckebrot? Nie wieder!

Lucy drehte sich zu der Krähe um, die auf ihrer Stange saß. Sie hob den Zeigefinger. »Punkt 4. Freunde außerhalb der Familie müssen schweigen wie ein Grab.«

»Punkt 4. Außerhalb der Familie schweigt ein Grab!«, krähte Miss McPie.

»So schwer ist das doch nicht!« Lucy stopfte sich das halbe Brötchen auf einmal in den Mund. »Scho macht esch keinen Schpasch«, murmelte sie mit vollem Mund.

»Versuch es später noch mal in Ruhe«, schlug Lucys Mutter vor.

»Hört euch das mal an!« Ihr Vater schlug mit der Hand auf die aufgeschlagene Zeitung. »Die wollen tatsächlich mit dem großen Bauprojekt beginnen, das Masso auf dem Gangstertreffen vorgestellt hat. Im Diamond-Creek-Sumpf! So eine Sauerei! Das ist doch alles Naturschutzgebiet da!«

»Bald nicht mehr.« Lucys Mutter zuckte mit den Schultern. »Sie haben es irgendwie geschafft, dass das geändert wurde. Masso halt. Für Ratto boxt dieser schmierige Anwalt alles durch.« Lucy ballte die Fäuste. Ratto, dieser Mistkerl! Selbst aus dem Knast schaffte er es, Menschen und Tieren zu schaden. Sie brauchte eine Idee, wie sie das Bauprojekt verhindern konnte!

»Wo ist eigentlich Massos Büro?«, fragte Lucy, doch in diesem Moment klingelte es an der Tür, lang und stürmisch. Sofort ging der Alarm los, das feine Summen, das Lucy wohl bis an ihr Lebensende an Scirpone und Froschauge in ihrem Flur erinnern würde. Rattos Handlanger hatten sie damals ganz schön überrumpelt.

»Victor!«, rief ihre Mutter. »Du wolltest den Alarm doch ausstellen!«

Lucys Eltern sprangen auf und eilten zur Tür. Lucy blieb sitzen und zählte die Sekunden runter. … einundzwanzig, zweiundzwanzig. Jetzt war die Falltür im Wohnzimmer wieder zu, und das Klavier wieder darüber gerollt. Klick. Auch die Türen ließen sich jetzt wieder öffnen.

»Lucy!«, rief ihr Vater aus dem Flur. »Wo bleibst du denn?«

Seufzend stand Lucy auf. Es klingelte ein zweites Mal. Dem Klingeln nach musste ihre Großcousine wild, laut und ungeduldig sein.

Die Türkamera zeigte ein Mädchen mit langer roter Lockenmähne, das die geschlossene Haustür anstrahlte. Lucys Vater hakte die Kette aus.

»Obacht!«, krähte Miss McPie aus der Küche. »Lass niemanden rein, der nicht Longfinger heißt oder sich für einen Longfinger das Ohr abschneiden ließe. Punkt 12 im Longfinger-Kodex!«

»Ist ja eine Longfinger!«, rief Lucys Mutter zurück.

Ihr Vater öffnete die Tür.

Lucy zog die Augenbrauen hoch. Die sollte erst fünfzehn sein? Savanna warf ihre rote Lockenmähne über die Schultern. Sie hatte lange rote Fingernägel! Dabei sagte der Kodex in Punkt 20: Ein Longfinger trägt die Fingernägel stets ganz kurz.

Die hellgrüne Häkelmütze und der dünne grüne Schal passten perfekt zu ihrer leicht gebräunten Haut und den grünen Augen, das musste Lucy zugeben. Und die Cowboystiefel waren echt cool. Über ihrer Schulter hing ein grüner Rucksack, und ein riesiger Koffer stand neben ihr. Alles in allem ziemlich besorgniserregend.

»Hi guys! Da bin ich schon!«, rief das texanische Feuer mit ziemlich tiefer Stimme.

»Willkommen in der Villa Longfinger«, sagte ihr Vater und streckte die Hand aus. »Coole Stiefel!«

Lucy trat einen Schritt zurück.

»Du bist ja eine junge Dame geworden!« Lucys Mutter zog Savanna in den Flur. »Lass dich mal ansehen!«

»Lucy, stimmt’s?« Savanna strahlte Lucy an.

»Hi, was geht«, sagte Lucy.

»Lass mich raten. Du bist jetzt schon zwölf, oder?«, erwiderte Savanna.

Zwölf? Lucy war dreizehn! Und sah nicht aus wie zwölf! Sie machte eine Kaugummiblase und ließ sie platzen.

»Lucy ist schon dreizehn«, sagte ihre Mutter.

»Ach, ja, dein Koffer«, rief Lucy Vater. Er zog den riesigen Koffer herein. »Ist der schwer. Willst du drei Monate bleiben?«

Savanna lachte. »Das würde ich wirklich gerne, glaubt mir!«

Lucy verdrehte die Augen.

Lucys Mutter lächelte Savanna an. »Wir haben das Turmzimmer für dich hergerichtet. Lucy, sei so nett und zeig es ihr. Victor, kannst du den Koffer hochtragen? Dann kann Savanna sich kurz frisch machen, wenn sie möchte, und dann trinken wir einen Kakao zusammen und reden erst mal.«

Wir haben das Turmzimmer hergerichtet? Das hatte sie doch ganz alleine gemacht! Lucy ging vor. Sie spürte, wie Savanna hinter ihr die Treppe hochtänzelte.

»Wow, die Villa ist ja noch aufregender, als ich dachte!«, rief sie. Sie beugte sich über das Geländer, sie starrte hoch an die Decke, und dann zeigte sie auf die vielen Gemälde an den Wänden. »Sind das alles Longfinger? Klar, was denn sonst, oder?«

Ganz oben drückte Lucy die Klinke zum Turmzimmer herunter und stieß die Tür auf. Mann, warum hatte sie das Zimmer nicht längst schon in Beschlag genommen!

»Einmal einchecken, bitte«, sagte sie.

»Dafür, dass du noch so klein bist, bist du echt witzig!« Savanna drängte Lucy zur Seite. »Wow!«, rief sie. »Wie in einem Ritterturm! Diese kleinen Fenster! Und was für ein süßes Bett! Mit Vorhang! Wie in einem Leuchtturm!«

Lucy knurrte. Sobald Savanna weg war, würde sie ins Turmzimmer ziehen, ganz sicher!

»Lucy, hilf mir doch mal!« Ihr Vater stand auf der steilen Treppe, hinter sich den riesigen Koffer. Mit einem Satz sprang Lucy auf das Geländer und balancierte an ihrem Vater und dem Riesenkoffer vorbei.

»Lucy!«, rief ihr Vater, als sie schon wieder auf die Treppe sprang. »Das war viel zu gefährlich.«

»Du solltest mich mal beim Parkour sehen!« Lucy grinste.

»Lieber nicht!«, sagte ihr Vater.

Er zog und Lucy schob, und polternd bewegte sich der Koffer Stufe für Stufe die Treppe hoch, bis er endlich im Turmzimmer stand. Lucys Vater rieb sich stöhnend den Rücken. »Wenn du noch was brauchst, wir sind unten.«

»Da-a-a-nke schö-ö-ö-n!«, trällerte Savanna, während sie sich prüfend in dem kleinen Spiegel über dem Waschbecken betrachtete. »Ich mach mich nur kurz frisch.«

Lucy lief runter in ihr Zimmer und stellte sich vor den Spiegel. Sie sah doch nicht jünger aus als sie war! Dann ließ sie sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen und griff zum Telefonhörer, legte ihn aber gleich wieder weg. Sie konnte Toni auch in der Eisdiele noch erzählen, wie aufgedreht ihre Großcousine war. Am besten, sie machte eben den Mäusekäfig sauber, dann war das schon mal erledigt. Dann konnte sie zum Parkour fahren und danach zu Toni.

Sie ließ die Mäuse an der Zimmertür Wache schieben (bis auf Betty, die saß ja oben bei Savanna unter der Bettdecke). Als Lucy die dreckige Streu gegen frische ausgetauscht hatte und die Mäuse wieder im Käfig waren, rief ihre Mutter von unten. »Savanna! Lucy! Kommt ihr dann?«

»Huuuch?!«, quietschte Savanna oben im Turmzimmer.

Aha, sie hatte das Bett ausprobiert. Lucy lief zur Treppe. Sie musste unbedingt Savannas Gesicht sehen!

»Wie süüüüß!«, quietschte ihre Großcousine.

»Mist«, fluchte Lucy. Savanna fand Mäuse süß?

Statt hochzugehen rutschte Lucy das Geländer runter. In der Küche goss ihre Mutter gerade Kakao in Lucys Becher.

»Savanna will vielleicht lieber einen Kaffee mit mir trinken.«

»Klar trinkt sie schon Kaffee«, murmelte Lucy. »Und ich bin noch ein Baby.« Sie ließ sich auf ihren Stuhl plumpsen. »Dauert das jetzt lange? Ich will noch zum Parkour.«

Sie hörten Savanna oben laut singen. Der Gesang kam die Treppe herunter, und die Küchentür flog auf. Savanna und Lucy Mutter begannen gleichzeitig zu reden.

»Hey! Stellt euch mal vor, ich hatte …«

»Du trinkst doch …«, rief Lucys Mutter.

Beide stoppten und lachten.

»Du zuerst«, sagte ihre Mutter.

Savanna zog sich einen Stuhl vom Tisch. »Ich hatte eine Maus unter der Bettdecke!«

»Nein!«, sagte ihre Mutter. Sie warf Lucy einen strengen Blick zu.

»Ganz normal in alten Häusern«, sagte Lucy.

»Ach, nicht so schlimm, ich hab mich kurz erschrocken, aber …«, Savanna warf ihre Haare zurück, »… sie war total süüüüß!«

»Aber im Bett? Oh, ich bin sicher, dass das nicht noch einmal vorkommt!« Lucys Mutter lächelte. »Trinkst du einen Kaffee mit, Savanna? Du bist ja schon fast erwachsen.«

»Klar«, nickte Savanna. »Schwarz bitte.« Sie lachte. »Mit zwölf hab ich natürlich auch noch keinen Kaffee getrunken.«

»Lucy ist dreizehn«, sagte ihre Mutter und lächelte.

Lucy schlürfte laut ihren Kakao. Ihr Vater kam in die Küche, nahm sich auch einen Kaffee und setzte sich an den Tisch. »Erzähl uns doch mal, was du so machst. Du bist jetzt auf der Highschool, oder? Wir haben dich ja lange nicht gesehen.«

Lucy runzelte die Stirn. Wieso hatten ihre Eltern plötzlich so viel Zeit?

»Tja, was mach ich so? Ich mach so viel!«, rief Savanna und lachte. »Ich nehme Gesangsunterricht, das hört man bestimmt an meiner Stimme, oder?« Sie lachte wieder. »Ich will Sängerin werden. Oder Schauspielerin.« Sie zwinkerte ihnen zu. »Natürlich nur im Zweitjob, ich bin ja eine Longfinger.«

Sie sprang auf, legte eine Hand auf die Brust und sang.

»Ma un altro sole più bello non c’è. Il sole mio, sta in fronte a te! Il sole, il sole mio, sta in fronte a te!«

»Wie wunderschön!«, rief Lucys Mutter. Savanna verbeugte sich. Lucy verdrehte die Augen.

»Talent hast du auf jeden Fall!«, sagte Lucys Vater.

»Oh, vielen Dank, das sagen alle.« Savanna lachte.

Lucy gähnte. »Ach, übrigens«, sagte sie. »Ein Longfinger trägt die Fingernägel stets …«

»Punkt 20«, krähte Miss McPie. »Ein Longfinger trägt die Fingernägel stets ganz kurz.«

»Sind doch nur aufgeklebt«, sagte Savanna und lächelte Lucy an. Die war echt überheblich, diese tolle Großcousine!

»Und was hast du so für die Ferien geplant, ich meine, außer deinen Tagen bei uns?«, fragte Lucys Vater. »Obwohl …«, er schmunzelte, »eine Gaunerin hat ja keine Ferien.«

»Da hast du natürlich recht«, pflichtete Savanna ihm bei. »Ich helfe meinen Eltern gerade bei unserem neuen Longfinger-Museum. Deshalb bin ich ja hier.«

»Die Kiste ist auch schon gepackt«, sagte Lucys Vater. »Ihr werdet staunen, was für tolle Stücke wir noch gefunden haben! Sogar der alte Dolch von Ururgroßvater Jim, mit dem er Blutsbrüderschaft mit dem Häuptling der Kayuten geschlossen hat, ist wiederaufgetaucht. Der ist sogar noch richtig scharf. Und wenn ihr das Museum so weit eingerichtet habt …«

»Genau darüber muss ich mit euch reden!« Savanna strahlte in die Runde. »Also, ich soll die Kiste abholen. Und natürlich will ich auch noch ein paar Ferientage mit Lucy und Toni verbringen.«

Sie wusste von Toni? Was hatten ihre Eltern denn alles erzählt?

»Ich habe nicht vor …«, begann Lucy. Aber Savanna unterbrach sie. »Es gibt noch was ganz Wichtiges, wegen dem ich hier bin! Wichtiger als die Kiste!« Sie zwinkerte ihnen zu und flüsterte: »Wir haben einen Tipp bekommen, dass hier im Polizeipräsidium ein Anzug ausgestellt wird, den wir seit Jahren suchen! Mein Onkel Jeffrey hat ihn bei seinen spektakulären Beutezügen getragen.«

»Onkel Jeffreys Anzug? Sagt mir nichts«, sagte Lucys Vater.

Lucys Mutter schüttelte den Kopf. »Mir auch nicht. Aber wir kennen deinen Onkel Jeffrey ja kaum.«

»Er war auch nicht weltberühmt, der gute alte Jeffrey«, sagte Savanna und lachte. »Aber Mum und Dad möchten den Anzug trotzdem unbedingt für das Museum haben!«

»Das verstehe ich!« Lucys Mutter nickte. »Was man macht, muss man gründlich machen.«

»Und was hat das mit uns zu tun?«, fragte Lucy.

Savanna zuckte mit den Schultern. »Na ja, ich brauche eure Hilfe.«

»Hilfe wobei?«, fragte Lucys Vater.

»Da ist gerade eine Waffenausstellung im Polizeimuseum. Und in der Ausstellung trägt eine Gangsterpuppe den Anzug. Und, na ja, wegen der Waffen ist da alles besonders gut gesichert.«

»Aha«, sagte ihr Vater.

»Verstehe.« Lucys Mutter nickte.

»Du bist doch eine Longfinger!«, rief Lucy.

Ihre Mutter warf Lucy einen strengen Blick zu. »Lucy! Du kennst den Kodex doch. Und der sagt in Punkt 32 …«

»Ein Longfinger gewährt einem Longfinger stets Unterschlupf und Hilfe«, krähte Miss McPie. »Punkt 32!«

Lucys Vater lächelte. »Danke, Miss McPie. So ist es.«

»Natürlich helfen wir dir, Savanna«, sagte Lucys Mutter. »Nicht wahr, Lucy?«

Lucy zuckte mit den Schultern.

Savanna strahlte. »Also, wenn ihr mir helft, … toll!«

»Ich verlass mich auf dich, Lucy.« Ihre Mutter schaute Lucy eindringlich an. »Du holst mit Savanna den Anzug da raus.«

»Ich?«, rief Lucy entgeistert. »Wieso denn ich?«

Lucys Mutter legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Na, weil du unsere beste Diebin bist. Und weil dein Vater und ich keine Zeit haben, weil wir bei dem fiesen Fairclufter zuschlagen.«

Schon wieder Fairclufter? Na gut, der hatte es ja auch verdient! Aber deshalb konnten sie Lucy nicht einfach ihre Großcousine aufs Auge drücken!

»Ich hab auch keine Zeit!«, rief Lucy und verschränkte die Arme vor der Brust. Schon wieder ein Punkt im Kodex, der in ihr Leben pfuschte!

»Keine Widerrede!«, sagte ihre Mutter streng. »Gewährt einem Longfinger stets Unterschlupf und Hilfe. So sagt es der Kodex.«

Und wenn dieser Longfinger einem damit die eigenen Ferienpläne kaputtmacht?

»Ich hab eine Idee!«, rief Lucy. »Jacky kann das doch machen!« Lucys Cousin Jacky half manchmal und fischte Beute aus einem Papierkorb oder stand Schmiere.

»Auf keinen Fall! Savanna hat uns gefragt. Jacky halten wir da raus.« Lucys Vater stand auf. »Komm, Geraldine, wir müssen noch mal raus zu Fairclufter.«

Lucys Mutter nickte. »Stimmt. Wir sind in zwei Stunden zurück. Ihr könnt euch heute Mittag die Lasagne warm machen.« Sie beugte sich zu Lucy und sagte leise: »Über die Maus im Bett sprechen wir noch.«

»Ich leg mich erst noch mal hin«, erklärte Savanna. »Die Zugfahrt war anstrengend. Wir können danach zusammen essen, ja, Lucy?« Lucy nickte. Aber wenn Savanna noch schlief, würde sie sie schlafen lassen.

»Komm, Cash.« Lucy lief hoch in ihr Zimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Sie hatte doch auch Ferienpläne! Wann sollte sie da noch diesen blöden Anzug klauen? Musste man einem Verwandten denn bei jedem Mist helfen? Schließlich ging es nicht um Leben und Tod, sondern nur um ein olles Kleidungsstück!

Cash sprang aufs Bett und legte sich neben sie. Lucy drückte ihr Gesicht in sein Fell. Sie liebte diesen leicht muffigen Geruch, der ihr so vertraut war. Sie seufzte tief, und Cash leckte ihr schnell übers Gesicht.

Gestern war alles noch super paletti gewesen. Nur sie und Toni und die Ferien! Und heute hatte sie eine nervige Großcousine und eine schwierige Aufgabe an der Backe. Das war gemein!

Kapitel 3Feuer aus Texas

Lucy saß in der Küche und aß Lasagne. Dabei spielte sie ihr Lieblingsdetektivspiel. Ihr Handy plingte. Es war eine Nachricht von Toni.

Mango mit Chili versüßt dir den Nachmittag! Ich lad dich ein! Toni

Lucy grinste und schrieb zurück.

Komme nach Parkour und bringe Hunger auf 20 Kugeln mit! LL

So mussten Ferien sein! Parkour und Toni und Mango-mit-Chili-Eis!

Ihr Vater trug ein kleines Päckchen in die Küche. »Die Post war da!«

Lucy rutschte zur Seite. Bei Päckchen war sie vorsichtig geworden.

»Schon zurück von Fairclufter?«, fragte sie.

Ihr Vater nickte. Er riss das Päckchen auf und zog einen winzig kleinen Koffer heraus. »Schau mal, was ich im Internet bei Gaunerparty gekauft habe! Eine Uhr in Form einer kleinen Kofferbombe!« Ihr Vater hielt Lucy den Minikoffer vor die Nase. Er war ungefähr so groß wie ein Handy. Auf der Vorderseite waren zwei Zeiger für die Uhrzeit, und oben hing eine Zündschnur raus.

»Wie originell.« Lucy verdrehte die Augen. Ihr Vater hatte in der Bibliothek schon einen Brieföffner in Brecheisenform, und im Bad stand eine Toilettenbürste mit Messergriff.

»Ich finde sie großartig!«, schwärmte ihr Vater und stellte die Uhr auf das Klavier im Wohnzimmer. »Hör doch mal, dieses drohende Ticken! Ticketacke Ticketacke …«

Die Küchentür flog auf. Savanna und Lucys Mutter kamen lachend in die Küche.

»Ich bin wirklich sofort eingeschlafen«, rief Savanna. »Hinter dem Vorhang war es dämmrig und so gemütlich! Da würde ich am liebsten für immer schlafen!«

Bloß nicht! Lucy schob ihren Teller weg. »Ich bin fertig.«

»Hey, du hast mich gar nicht geweckt! Wir wollten doch zusammen essen!«, rief Savanna und zeigte auf Lucys leeren Teller. Lucy fiel auf, dass Savanna keine roten Fingernägel mehr hatte.

»Das hab ich auch gedacht«, sagte Lucys Mutter.

»Tut mir leid.« Lucy zuckte mit den Schultern. »Ich muss los.«

»Sag mal, Lucy, du denkst doch an den Anzug für Savanna? Wo willst du denn hin?«, fragte Lucys Mutter.

»Zum Training. Hab ich doch gesagt.« Hatte ihre Mutter ihr nicht zugehört? Oje, hoffentlich wollte Savanna nicht …

»Das ist ja toll!«, rief ihre Mutter. »Da kannst du Savanna mitnehmen!«

»Nein!«, sagte Lucy schnell. »Das geht nicht!«

Ihre Mutter runzelte die Stirn. »Und warum nicht?«

»Ich will danach weiter … zu Toni«, sagte Lucy. »Und das dauert halt zu lange … für Savanna, nehme ich an.«

»Quatsch«, rief Savanna. Sie lachte. »Ich muss Toni kennenlernen!«

Lucy sah ihre Mutter an. »Savanna hat ja auch kein Rad, und ich kann nicht den Bus nehmen, das dauert viel zu lange und …«

»Savanna kann doch mein Rad nehmen!«, rief Lucys Mutter.

»Dein neues E-Bike?«, fragte Lucy entgeistert. »Aber das … mir wolltest du es letzte Woche nicht leihen!«

»Weil du ein tolles Rad hast, ganz einfach. Aber Savanna hat keins.«

Lucy stand auf und tippte auf ihre Uhr. »Ich fahr in genau drei Minuten.«

 

»Lucy, wo bleibst du denn?«, rief Savanna zehn Minuten später. Sie fuhren in einem Affentempo die Pickford Street hinunter, Savanna voran. Ihre langen Locken flatterten im Wind hinter ihr her. Natürlich waren sie erst losgefahren, als Savanna mit Essen fertig gewesen war. Lucy trat in die Pedale, so fest sie konnte! Keiner – war – schneller – als – sie! Sie zog an Savanna vorbei. Sie ließ sich doch nicht ihren Rekord klauen!

Keuchend bremste Lucy eine Viertelstunde später vor der Parkourhalle im Hafen. Savanna war kaum außer Atem.

»Hey, brauchst du eine Sauerstoffmaske?«, rief ihre Großcousine.

Lucy warf ihr Rad auf den Boden. »Stell das Rad von meiner Mutter aber in den Fahrradständer«, sagte sie. Und tatsächlich hörte Savanna auf sie. Ging doch!

»Hi guys«, rief Savanna, als sie die Halle betraten. Sofort sahen alle zu ihnen herüber. Lucy fühlte sich unwohl. Sie machte lieber still ihr Ding.

Während Lucy nach dem Aufwärmen ein paar Flickflacks sprang, im Handstand die Arbeitsbühne hochlief, mit ausgestreckten Armen von der Bühne auf das Trapez sprang wie ein Flughörnchen, sich fallen ließ und nur mit den Füßen an der Stange hing, flirtete Savanna mit dem Trainer. Bei Bob, dem Muskelprotz, schien sie gut anzukommen. Gerade half er ihr bei einem einfachen Handstand. Mann, hatte ihre Großcousine aber große Füße! Die anderen Kinder, die sonst immer Lucy zuschauten, sahen den beiden zu. Vermutlich weil Savanna ständig so laut lachte. Umso besser, so hatte Lucy ihre Ruhe.

Nach einer Dreiviertelstunde (die reichte ihr heute) zog Lucy sich wieder um. Aber ihre Großcousine nahm sich viel Zeit zum Verabschieden. Obwohl sie wusste, dass Lucy noch zu Toni wollte!

Als sie endlich losfuhren, trat Lucy kräftig in die Pedale. Sie freute sich jetzt auf das Eis!

 

»Hi guys«, rief Savanna, obwohl sie hinter Lucy die Eisdiele betrat. »Oho!« Toni kam eilig um die Theke herum, wischte seine Finger an der Schürze ab und streckte Savanna die Hand entgegen. Sein Gesicht war ein einziges Strahlen. »Ich bin Toni Morelli! Freut mich total, dich kennenzulernen!«

»Mich aber auch!«, rief Savanna. »Lucys Vater hat mir schon von dir erzählt! Du bist also der Junge, wegen dem die Kodexänderung durchgesetzt wurde! Jetzt, wo ich dich sehe, verstehe ich das!«

Toni strahlte noch mehr. Lucy verdrehte die Augen.

»Und, bist du genauso alt wie Lucy?«, fragte Savanna.

Toni nickte. »Ja. Genau genommen bin ich sogar …«

»Dann bist du auch erst dreizehn?«, rief Savanna. »Du siehst viel älter aus!«