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Luna-Lila ist unsichtbar und außerdem eine waschechte Prinzessin. Aber leider benimmt sie sich überhaupt nicht so. Rosa kann sie zum Beispiel nicht ausstehen, und meistens hat sie grottenschlechte Laune. Trotzdem ist sie die allerbeste Freundin, die Wilma sich nur vorstellen kann. Denn Luna-Lila ist immer für sie da und steht ihr mutig und unerschrocken bei. Nur jetzt gerade schlottern ihr zum ersten Mal die unsichtbaren Knie. Klarer Fall von Lampenfieber, denn beim großen Schulfest betritt Luna-Lila endlich die Bretter, die die Welt bedeuten, und vielleicht kommt sie dabei sogar ganz groß raus. Dass niemand außer Wilma sie sehen kann, ist für Luna-Lila kein Problem. Hören können sie nämlich alle! Der dritte Band der frechen Mädchenserie von Anu und Friedbert Stohner - für beste Freundinnen mit und ohne Rosa-Allergie! Und natürlich wieder mit vielen zweifarbigen Bildern: Alles, was unsichtar ist, erscheint lila.
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Seitenzahl: 155
Veröffentlichungsjahr: 2017
Friedbert Stohner | Anu Stohner
Das allerverrückteste Schulfest
Luna-Lila ist unsichtbar und außerdem eine waschechte Prinzessin. Aber leider benimmt sie sich überhaupt nicht so. Rosa kann sie zum Beispiel nicht ausstehen, und meistens hat sie grottenschlechte Laune. Trotzdem ist sie die allerbeste Freundin, die Wilma sich nur vorstellen kann. Denn Luna-Lila ist immer für sie da und steht ihr mutig und unerschrocken bei. Nur jetzt gerade schlottern ihr zum ersten Mal die unsichtbaren Knie. Klarer Fall von Lampenfieber, denn beim großen Schulfest betritt Luna-Lila endlich die Bretter, die die Welt bedeuten, und vielleicht kommt sie dabei sogar ganz groß raus. Dass niemand außer Wilma sie sehen kann, ist für Luna-Lila kein Problem. Hören können sie nämlich alle!
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Anu Stohner wurde 1952 in Helsinki geboren und lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Altlußheim am Rhein. Für ihre Übersetzungen aus dem Finnischen, Schwedischen und Englischen wurde sie mehrfach ausgezeichnet – und ihre Bücher, u.a. ›Der kleine Weihnachtsmann‹ und ›Robert und die Ritter‹, sind einfach Kult!
Friedbert Stohner, 1951 geboren, lebt als Autor und Lektor in Altlußheim am Rhein. Nach dem Philosophiestudium schlug er zunächst eine akademische Laufbahn ein. Dann war er in leitenden Positionen in verschiedenen Kinder- und Jugendbuchverlagen tätig und baute ab 1993 das Hanser Kinderbuchprogramm auf.
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Widmung
Das 1. Kapitel
Das 2. Kapitel
Das 3. Kapitel
Das 4. Kapitel
Das 5. Kapitel
Das 6. Kapitel
Das 7. Kapitel
Das 8. Kapitel
Das 9. Kapitel
Das 10. Kapitel
Das 11. Kapitel
Das 12. Kapitel
Das 13. Kapitel
Das 14. Kapitel
Das 15. Kapitel
Das 16. Kapitel
Das 17. Kapitel
Das 18. Kapitel
Das 19. Kapitel
Das 20. Kapitel
Das 21. Kapitel
Das 22. Kapitel
Das 23. Kapitel
Das 24. Kapitel
Das 25. Kapitel
Das 26. Kapitel
Das 27. Kapitel
Das 28. Kapitel
Das 29. Kapitel
Das 30. Kapitel
Das 31. Kapitel
Das 32. Kapitel
Das 33. Kapitel
Das kleine Luna-Lila-Lexikon
Dieses Buch ist den Kindern der schönen Albert-Schweitzer-Schule in Altlußheim gewidmet und ganz besonders denen der Lesewolke
»Vergiss es!«, sagte Wilma. »Du kannst mit auf die Bühne kommen und meinetwegen auch tanzen, aber mitsingen kannst du nicht!«
»Und warum nicht?«, fragte Luna-Lila.
»Hast du was mit den Ohren? Das hab ich dir doch schon hundertmal erklärt!«
»Hundertfünfmal – ich hab mitgezählt.«
»Umso schlimmer!«
»Wieso? Was ist denn am Mitzählen so schlimm?«
Es war zum Haareausraufen. Luna-Lila wollte es nicht kapieren, und wenn sie was nicht kapieren wollte, wurde sie entweder pampig, oder sie stellte sich dumm. Jetzt gerade stellte sie sich dumm und machte auch noch das passende Gesicht dazu. So mit weit herausgeschraubten Augen und Schmollmund, als wäre sie die letzte kleine Trulla. Dass sie Wilma damit auf die Palme bringen konnte, wusste sie ganz genau.
»Mach – nicht – dieses – Gesicht!«
Wilma redete überdeutlich und mit Pausen zwischen den Wörtern wie Mama, wenn man merken sollte, dass sie es ernst meinte. Bei Mama funktionierte der Trick auch immer, und alle anderen in der Familie überlegten sich erst mal, ob es nicht besser war, wenn man den Mund hielt oder machte, was sie sagte. Aber bei Wilma funktionierte der Trick leider nicht. Oder sie probierte ihn einfach bei der Falschen.
»Was denn für ein Gesicht?«, fragte Luna-Lila.
Zu den weit herausgeschraubten Augen und dem Schmollmund kam jetzt auch noch eine piepsige Kleinmädchenstimme, und da hatte Wilma genug.
»Hör – auf!«, sagte sie und haute mit der Faust auf die Pony-Silbermähne-Decke, dass Luna-Lila, die neben ihr auf dem Bett saß, einen unfreiwilligen Hopser machte.
Das war aber leider nicht alles. Dummerweise lag nämlich da, wo Wilma hinhaute, noch die Haarbürste, mit der die beiden sich vor ihrem Streit die Haare gekämmt hatten. Zum Glück traf Wilma nur den Stiel, das tat nicht so weh, aber dafür flog die Bürste durchs Zimmer.
Es war gleich noch mal Glück, dass die Bürste in Richtung Tür und nicht in Richtung Fenster flog. Pech war nur, dass genau da Wilmas kleiner Bruder Nils ins Zimmer kam. Er klopfte nämlich nicht an, sondern riss einfach die Tür auf, und die Bürste traf ihn genau auf die Unterlippe. Er blieb vor Schreck wie angewurzelt stehen und schlug die Hände vor den Mund. Dann begann er, wie am Spieß zu schreien. Was er schrie, konnte man wegen der Hände vorm Mund nicht verstehen, aber es klang fürchterlich.
Nils schrie auch noch, als Wilma kam und vorsichtig nach seinen Handgelenken griff.
»Zeig mal her!«, sagte sie.
»Nein, laff mif!«, schrie er.
Dann nahm er die Hände selbst vom Mund, aber nur, um Wilma wegzuschubsen, die davon aus dem Gleichgewicht geriet und ein paar Schritte rückwärtstaumelte. Dummerweise lag genau da, wo sie hintrat, die von Nils’ Lippe abgeprallte Haarbürste.
Wilma hörte, wie es kracks machte, und spürte im selben Augenblick einen ekligen Schmerz genau in der Mitte der Fußsohle, dort, wo auch Legosteine am fiesesten weh tun – jedenfalls wenn man nur Socken anhat. Die Haarbürste war aus einem ganz ähnlichen Plastik wie Legosteine. Sie war nur nicht so unzerstörbar und zerbrach unter Wilmas Fuß in zwei Hälften.
»Aua, Kacke!«, schrie Wilma.
»Daf gefieht dir reft!«, schrie Nils, der wieder die Hände vor den Mund geschlagen hatte.
»WAS? Was hast du gesagt?«
Wilma humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht durchs Zimmer und schaffte es trotzdem, die zwei Hälften der zerbrochenen Haarbürste aufzuheben und ihren kleinen Bruder wütend anzufunkeln. Die Haarbürste war nämlich nicht irgendeine x-beliebige, sondern die rosa Pony-Silbermähne-Haarbürste, die sie zusammen mit dem neuesten Pony-Silbermähne-Buch von ihrer allerbesten Freundin Aylin letztes Jahr zum Geburtstag bekommen hatte. Und jetzt war das schöne Geburtstagsgeschenk kaputt. Nur wegen Nils, der nicht anklopfen konnte, bevor er ins Zimmer kam. Und der Nervbolzen wurde auch noch frech!
Wilma war so wütend, dass sie ihm am liebsten auch noch die zwei halben Bürsten an den Kopf geschmissen hätte. Sie hob sogar schon die Hand, in der sie die Hälfte mit den Borsten hatte.
Und da stand plötzlich Mama hinter Nils und fragte: »Kann mir bitte jemand sagen, was hier los ist?«
Das waren genau ihre Worte, aber am Ton konnte man hören, was sie eigentlich sagen wollte, nämlich: Habt ihr sie noch alle, euch in eurem Alter aufzuführen wie zwei Sandkastenpupsis, die sich gegenseitig die Schäufelchen auf den Kopf hauen?
»Fie hat …«
»Er hat …«
Die beiden fingen genau gleichzeitig an zu reden und waren genau gleichzeitig wieder still, als sie Mamas hochgezogene Augenbrauen sahen.
»Lass mal sehen!«, sagte Mama, und Nils nahm brav die Hände vom Mund.
»Aufmachen!«, sagte Mama, und Nils gehorchte wieder.
»Nichts passiert«, sagte Mama mit einem Blick in Richtung Wilma, die mit den beiden Bürstenhälften in den Händen dastand und nicht wusste, was Mamas Blick zu bedeuten hatte. Oder jedenfalls nicht genau.
»Die Lippe tut aber trotfdem fief weh«, sagte Nils.
»Ich rede von den Zähnen«, sagte Mama. »Dicke Lippen sehen nicht schön aus, aber man muss nichts dagegen machen. Sie heilen von allein.«
Und kaputte Pony-Silbermähne-Haarbürsten, was ist mit denen?, hätte Wilma gern gefragt. Sie verkniff es sich aber vorsichtshalber. Mama konnte schließlich nicht wissen, was genau passiert war. Vielleicht dachte sie ja, Wilma hätte die Bürste absichtlich nach Nils geworfen, und war sowieso schon sauer auf sie.
»Und kaputte Haarbürsten kann man kleben«, sagte Mama.
»Ehrlich?«, fragte Wilma.
Darüber, dass Mama offenbar Gedanken lesen konnte, wunderte sie sich kein bisschen. Das war sie gewöhnt.
»In der Praxis haben wir Kleber, damit hält sie besser als zuvor«, sagte Mama.
Mit der Praxis meinte sie ihre eigene. Mama war Zahnärztin, und dass sie sich heute Nachmittag um Nils’ dicke Lippe und Wilmas zerbrochene Haarbürste kümmern konnte, lag daran, dass Mittwoch war, wo sie nur vormittags Sprechstunde hatte.
»Wenn du sie mir gibst, nehm ich sie morgen früh mit«, fuhr sie fort. »Ist übrigens was mit deinem Fuß?«
Seit Mama gekommen war, hatte sich Wilma keinen Millimeter vom Fleck bewegt. Wie konnte sie da wissen, dass was mit Wilmas Fuß war?
»Du rollst so komisch die Zehen ein«, beantwortete Mama jetzt schon die zweite ungestellte Frage.
»Ist nicht schlimm«, sagte Wilma.
Aber Mama wollte auf Nummer Sicher gehen.
»Setz dich trotzdem mal aufs Bett und zieh die Socke aus!«, sagte sie. »Nicht dass du dir einen Plastiksplitter eingetreten hast …«
Auch dass Mama Sachen wusste, die in ihrer Abwesenheit passierten, war für Wilma nichts Neues. Auch das kam öfter vor.
Zum Glück hatte Wilma sich keinen Plastiksplitter eingetreten. Da war nur ein roter Fleck auf ihrer Fußsohle, der bald blau werden würde und von dem Mama meinte, er werde beim Gehen wohl ein bisschen zwacken.
»Aber Strafe muss sein«, sagte sie, während Wilma wieder ihre Socke anzog.
»Strafe wofür?«, fragte Papa, der plötzlich hinter Nils aufgetaucht war.
»Fürs Streiten«, sagte Mama. »Und wahrscheinlich wegen nichts und wieder nichts. Wenn’s dich genauer interessiert, lass es dir beim Abendessen erzählen.«
»Zu dem wollte ich euch sowieso gerade rufen«, sagte Papa, der heute mit dem Kochen an der Reihe war.
»Und waf gib’f?«, fragte Nils, dessen Unterlippe inzwischen einem halben Schwimmring ähnelte.
Man sah Papa an, dass er einen Moment mit der Antwort zögerte, aber dann konnte er anscheinend nicht anders und sagte:
»Glück gehabt, Fohnemännfen – ef gibt Fuppe!«
Dabei nahm er Nils in den Arm und drückte ihn, damit er merkte, dass es ein Scherz sein sollte. Aber so richtig lachen konnte Nils trotzdem nicht.
Und ausgerechnet da kam auch noch William aus seinem Zimmer, Nils’ und Wilmas großer Bruder, der genauso ein Witzbold war wie Papa.
»Siehst du, das kommt davon, wenn man dauernd einen Flunsch zieht«, sagte er zu Nils.
»Hä?«, fragte Nils mit großen runden Augen.
»Dann tritt man sich irgendwann auf die Lippe«, sagte William.
Was jetzt kam, war fast das große Schönberglachen. Schönberg – so hießen Mama, Papa, William, Wilma und Nils mit Nachnamen, und das große Lachen, wenn sie alle gleichzeitig loströteten, hatte Mama so getauft. Dass es jetzt nicht ganz dazu reichte, lag an Nils, der nur ein gequältes Lächeln zustande brachte. Aber das konnte man verstehen.
Wenigstens war die Suppe, die unten im Wohnzimmer schon auf dem Esstisch stand, Linsensuppe mit Würstchen. Es hätte schließlich auch gelbe Erbsensuppe mit glitschigem Speck sein können, und die wäre für den armen Nils fast genauso schlimm gewesen wie eine dicke Lippe. Papa hatte sie angeblich schon als Kind gern gegessen, aber Nils kriegte sie kaum runter, obwohl er den Glitschespeck rausfischen und Papa oder William geben durfte.
Und Luna-Lila? Die blieb in Wilmas Zimmer, weil sie erst mal nachdenken musste. Papas und Williams Witzeleien hatte sie auch lustig gefunden, vor allem das mit dem Flunsch. Wilmas großen Bruder William fand sie sowieso unglaublich witzig. Aber sie war eben auch noch ein bisschen sauer auf Wilma, die sie bei ihrem Auftritt beim Schulfest nicht dabeihaben wollte. Oder ja, schön, sie sollte mit auf die Bühne dürfen – aber was sollte sie da, wenn sie nicht mitsingen durfte? Tanzen, hatte Wilma gesagt – aber wozu, wenn es außer Wilma sowieso niemand sah?
Die komplizierte Sache war nämlich die, dass Luna-Lila eine Geheimprinzessin war, die außer Wilma niemand sehen konnte. Und eigentlich durfte auch niemand wissen, dass es sie überhaupt gab. Darum hatte sie sich vorhin aus allem herausgehalten und war nur, als Wilma sich aufs Bett setzte, vorsichtig zur Seite gerutscht. Früher, als Wilma noch nicht zur Schule ging, war das noch nicht so kompliziert gewesen. Da dachten alle, sie hätte Luna-Lila nur erfunden, und fanden es süß, wenn sie mit ihr redete und spielte. Aber für ein Schulmädchen war das angeblich zu kindisch, und darum war Luna-Lila jetzt geheim. Oder fast geheim. Ihrer allerbesten Freundin Aylin hatte Wilma nämlich verraten, dass Luna-Lila noch da war, und seitdem waren sie drei allerbeste Freundinnen statt nur zwei.[*] Sie machten fast alles zusammen und hatten viel Spaß dabei, und nur bei diesem blöden Auftritt sollte Luna-Lila auf einmal nicht mitmachen dürfen. Es war echt nicht fair.
Dabei war das mit dem Singen sogar Luna-Lilas Idee gewesen! Wilma und Aylin hatten tagelang hin und her überlegt, womit sie auf dem Schulfest zusammen auftreten könnten, und ihnen war nichts eingefallen. Wilma und Aylin machten seit neuestem beide bei der Lesewolke mit, so hieß die Lesegruppe in der Schule, und Wilma war eins von den vier Kindern, die ihr Lieblingsgedicht aufsagen durften. Dafür durfte Aylin bei der Vorführung ihres Judoclubs einen Hüftwurf zeigen, mit dem sie einen anderthalb Köpfe größeren Viertklässler auf die Matte donnerte. Aber zusammen machten Wilma und Aylin nichts. Ans Jonglieren mit Glitzerkeulen, die sie sich gegenseitig zuwarfen, hatten sie gedacht, aber das gab’s schon bei der Zirkusgruppe Spirelli, und außerdem hätten sie’s erst noch lernen müssen.
Als sie irgendwann nur noch traurig vor sich hin gebrütet hatten, hatte Luna-Lila ihnen aus der Patsche geholfen.
»Wie wär’s mit Singen?«, hatte sie gefragt.
»Wow!«, hatte Aylin gerufen. »Das ist es! Wir singen a cappella, das finden immer alle klasse.«
»Manchmal will ich einfach klein sein!«, hatte Wilma gerufen.
Erst hatte Luna-Lila gar nicht gewusst, dass das ein Lied war, und gefragt: »Wieso das denn auf einmal?«
Da hatten die beiden anderen sich schlapp gelacht und ihr das Lied vorgesungen, und es hatte ihr zwar nicht so gut gefallen wie die Musik, die man manchmal aus Williams Zimmer hörte, aber die wäre auch schwerer nachzusingen gewesen. William hörte am liebsten Heavy Metal.
»Wenn wir üben, kriegen wir den Refrain vielleicht zweistimmig hin«, hatte Aylin gesagt.
»Wir fragen Frau Werner, vielleicht probt sie’s mit uns«, hatte Wilma vorgeschlagen.
Frau Werner war Wilmas und Aylins Lehrerin, und von ihr wussten sie auch, dass man a cappella dazu sagte, wenn Sänger ohne Begleitung von irgendeinem Instrument oder Ortchester sangen.
Luna-Lila hatte erst geschluckt und dann gefragt: »Wieso zweistimmig?«
»Weil es besser klingt als nur einstimmig«, hatte Aylin geantwortet.
Luna-Lila sagte danach erst mal nichts mehr, aber das musste sie auch nicht. Wilma wusste auch so, was los war.
»Aber …«, begann sie.
»Aber was?«, fiel ihr Luna-Lila ins Wort.
»Du kannst nicht mitsingen«, sagte Wilma.
»Und warum nicht?«, wollte Luna-Lila wissen.
»Weil …«
Wilma zögerte, aber Aylin kam ihr zu Hilfe:
»Weil die Leute dann zwei Mädchen auf der Bühne sehen, aber drei Stimmen hören.«
Das stimmte. Luna-Lila war für alle Menschen außer Wilma unsichtbar, aber nicht unhörbar.
»Und das geht nicht«, sagte Wilma.
»Und warum nicht?«, fragte Luna-Lila.
»Weil dann der letzte Dödel merkt, dass da was nicht stimmt«, sagte Aylin.
»Na und?«, fragte Luna-Lila.
»Vergiss es!«, sagte Wilma. »Du kannst mit auf die Bühne kommen und meinetwegen auch tanzen, aber mitsingen kannst du nicht!«
So hatte es angefangen, und so ging es jetzt seit über einer Woche jeden Tag und immer wieder von vorn. Das Schulfest war am Samstag, aber dass sie Wilma noch umstimmen konnte, glaubte Luna-Lila selbst nicht. Und wenn sie ganz ehrlich war: Irgendwie hatte Wilma ja recht. Schließlich kamen auch die Eltern zum Schulfest. Also auch Wilmas Eltern. Und wenn die was merkten, was dann?
Luna-Lila seufzte. Verflixt noch mal, da musste es doch einen Ausweg geben! Wie konnte sie mit Wilma und Aylin mitsingen, ohne dass die Leute was merkten?
Oder Moment mal: Eigentlich machte es ja nichts, wenn die Leute was merkten – sie durften sich nur nichts dabei denken! Und wann würden die Leute sich nichts dabei denken? Wenn ihnen zwei Mädchen mit drei Stimmen gar nicht weiter auffielen. Wenn sie ihnen vollkommen normal vorkamen.
Genau! Es war so einfach, dass Luna-Lila sich wunderte, warum ihr das nicht schon viel früher eingefallen war. Sie brauchte nur dafür zu sorgen, dass den Leuten auf dem Schulfest zwei Mädchen mit drei Stimmen vollkommen normal vorkamen, dann war alles in Butter. Die Frage war nur, wie sie das anstellen sollte.
Luna-Lila überlegte lange. Sehr lange. So lange, bis sie schon Wilmas Schritte auf der Treppe hörte.
Und auf einmal wusste sie die Antwort!
Ja, so würde sie es machen.
Die Idee war genial.
Luna-Lila klatschte in die Hände und rief: »Wow!«
[*]
Wer genau wissen will, wie es dazu gekommen ist, kann es in »Luna-Lila – Das allergrößte Beste-Freundinnen-Geheimnis« nachlesen.
Wilma hörte das »Wow!«, als sie die Klinke herunterdrückte, und wunderte sich. Eigentlich hatte sie erwartet, dass Luna-Lina noch beleidigt war. Oder wenigstens pampig. Und jetzt, als Wilma ins Zimmer kam, saß sie auf dem Bett und sah aus, als freute sie sich wie eine Schneekönigin. Oder gut: wie eine Schneeprinzessin, falls es so was gab.
»Mach den Mund zu, es zieht!«, sagte sie, während Wilma sie immer noch ungläubig anstarrte.
Der Uraltwitz hätte von Papa oder William sein können. Es war nicht zu fassen.
»Und wo du schon dabei bist, vielleicht auch gleich die Tür!«
Wilma war so verdattert, dass sie tatsächlich machte, was Luna-Lila sagte.
»Braves Mädchen!«, gluckste Luna-Lila.
Wilma hätte eine erstklassige Antwort auf die kleine Unverschämtheit gewusst, nämlich: Stets zu Diensten, Prinzessin Luna-Rosa!
Luna-Rosa, so hieß Luna-Lila richtig, und den Namen hasste sie, weil sie die Farbe Rosa hasste. Zu Hause auf ihrem Schloss glaubten alle, sie müsse Rosa lieben, weil es nun mal die Prinzessinnenfarbe war, und sie bekam auch alles immer nur in Rosa, obwohl sie die Sachen dann gar nicht anzog: Kleider, Schuhe, Spielsachen – sogar ihre Klobrille sei rosa, behauptete sie, und der Name sei überhaupt das Allerletzte. Sie trug immer nur Lila und hatte sich selbst in Luna-Lila umgetauft, und wenn jemand sie bei ihrem richtigen Namen nannte, kriegte sie die Krise.
Wilma war aber nur kurz in Versuchung, sich für das brave Mädchen zu revanchieren. Sie war ja froh, dass Luna-Lina nicht mehr so schlechte Laune hatte, und ihr selbst machten kleine Frotzeleien nicht wirklich was aus. Das war der Vorteil, wenn man eine große Familie hatte.
Wilma konnte sich nur überhaupt nicht vorstellen, woher Luna-Lilas plötzlicher Stimmungsumschwung kam. Wenn die sich was in den Kopf gesetzt hatte, gab sie normalerweise keine Ruhe, bis sie ihren Kopf durchgesetzt hatte. Wie eine Prinzessin eben. Und jetzt das.
»Willst du dort Wurzeln schlagen?«, fragte Luna-Lina.
Wilma war gar nicht bewusst, dass sie immer noch an der Tür stand. Jetzt ging sie zum Bett und setzte sich neben Luna-Lila, die ihr eins von ihren Pony-Silbermähne-Kissen aufklopfte, damit sie es schön bequem hatte.