Lust de LYX - Kuss des Verlangens - Jen McLaughlin - E-Book

Lust de LYX - Kuss des Verlangens E-Book

Jen McLaughlin

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Beschreibung

Als Ashley Hanes in der Silvesternacht ihrem ehemals besten Freund Ethan Pierce das erste Mal seit vielen Jahren wieder gegenüber steht, weckt diese Begegnung lang vergessen geglaubte Gefühle in ihr. Heimlich in Ethan verliebt verschwand dieser damals ohne ein Wort des Abschieds ans College, und der Kontakt zwischen ihnen brach ab. Doch ein einziger Moment genügt und alle Missverständnisse der Vergangenheit sind vergessen. Ethan und Ashley verbringen ein Wochenende voller Leidenschaft miteinander - doch was wird aus ihren Gefühlen, wenn die Feiertage vorbei sind und jeder in sein normales Leben zurückkehren wird? (ca. 120 Seiten)

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

1

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Epilog

Die Autorin

Jen McLaughlin bei LYX

Impressum

JEN MCLAUGHLIN

Kuss des Verlangens

Ins Deutsche übertragen von

Michaela Link

Zu diesem Buch

Als Ashley Hanes in der Silvesternacht ihrem ehemals besten Freund Ethan Pierce das erste Mal seit vielen Jahren wieder gegenüber steht, weckt diese Begegnung lang vergessen geglaubte Gefühle in ihr. Heimlich in Ethan verliebt, verschwand dieser damals ohne ein Wort des Abschieds ans College, und der Kontakt zwischen ihnen brach ab. Doch ein einziger Moment genügt und alle Missverständnisse der Vergangenheit sind vergessen. Ethan und Ashley verbringen ein Wochenende voller Leidenschaft miteinander – Doch was wird aus ihren Gefühlen, wenn die Feiertage vorbei sind und jeder in sein normales Leben zurückkehren wird?

1

Ashley Hanes strich sich den Rock glatt und betrachtete sorgenvoll ihr Spiegelbild. Sie hatte ein höllisches Jahr hinter sich, sich ganz ihrem Studium gewidmet und nichts sonst. Sie war noch nie zuvor so erschöpft gewesen. Natürlich war sie auch noch nie zuvor so glücklich gewesen, und das eine hing mit dem anderen zusammen.

Sie hatte auch die Unabhängigkeit genossen, die das Singledasein mit sich brachte. Und heute war es definitiv wieder einmal so weit.

Denn heute Abend war sie wirklich, wirklich geil, und sie hatte ein einziges Ziel: einen Mann aufzugabeln und zu einem vollkommen zügellosen One-Night-Stand mit nach Hause zu schleppen. Seit Monaten war nichts mehr gelaufen. Sie musste das Verlangen befriedigen, bevor sie jeden Monat ein ganzes verdammtes Päckchen Mignonbatterien verbrauchte.

Das Ziel war klar. Und sie wusste genau, was sie wollte.

Also musste sie cool bleiben und sich darauf konzentrieren, einen Mann aufzureißen. Aber sie konnte sich nicht einmal aufraffen, die Toilette der Bar zu verlassen, ohne ein wenig in Panik zu geraten.

Sie hörte eine Toilettenspülung rauschen und drehte den Wasserhahn auf, um nicht den Eindruck zu erwecken, sie lungere grundlos hier herum. Die Damentoilette war eigentlich nicht groß genug, um darin abzuhängen. Sie war winzig, genau wie die Bar. The Green Frog war ein Lokal mit einer guten Mischung aus Einheimischen und Touristen, perfekt für ihre Absicht, sich heute Nacht flachlegen zu lassen.

Aber die Rückkehr nach Rehoboth Beach – ihrer Heimatstadt – weckte viel zu viele Erinnerungen an ihn. Ethan Pierce. Er war ihr bester Freund gewesen – bis zum Silvesterabend des Abschlussjahres, als er plötzlich nicht mehr mit ihr redete. Sie hatte ihn seit dem Abschluss nicht mehr gesehen, aber sie wusste, dass er über die Ferien in seinem Elternhaus in der Stadt war.

Aber war es … vielleicht … möglich, dass er hierherkommen würde?

Ihr Herz schlug schneller in der Erwartung, ihn wiederzusehen. Was würde sie dann tun? Wie würde sie reagieren? Sie wusste nicht, warum er nach all dieser Zeit immer noch eine solche Wirkung auf sie hatte. Sie wusste nur, dass er eines Tages aufgehört hatte, mit ihr zu reden.

Aufgehört hatte, sie anzusehen.

Einfach aufgehört hatte.

Jeden Tag war er mit abweisendem Gesicht im Schulflur an ihr vorbeigegangen, als seien sie nicht noch kurz vorher die besten Freunde gewesen. Sie hatte monatelang jeden Tag versucht, sich mit ihm in Verbindung zu setzen – Anrufe, E-Mails, war ihm sogar nachgeschlichen –, bis sie endlich kapiert und aufgegeben hatte. Ohne die geringste Ahnung, warum, aber in dem sicheren Wissen, dass er sie hasste. Selbst jetzt, auf den Tag genau neun Jahre später, wusste sie nicht, womit sie sich seine Abwendung von ihr verdient hatte.

Es spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Sie würde nicht zulassen, dass ein einziger Mistkerl aus ihrer Vergangenheit eine möglicherweise hemmungslose Nacht mit Mr Tonight verdarb. Wer immer das auch sein mochte. Es war Silvester, Herrgott noch mal, und sie würde flachgelegt werden. F-L-A-C-H-G-E-L-E-G-T. Und Ethans kaltes, distanziertes Verhalten – vorausgesetzt, er tauchte überhaupt auf – würde sie nicht daran hindern, genau das zu bekommen.

Sein Problem mit ihr war genau das: sein Problem.

Sie schüttelte die Vergangenheit ab, strich sich übers Haar, schnappte sich ihre Handtasche und trat zurück in die Bar. Es war dort so voll, dass man schreien musste, um sich zu verständigen. Es dürfte kein Problem sein, jemanden aufzureißen, der scharf war und bereit für ein bisschen unverbindlichen Sex.

Als sie an der Theke vorbeikam, hielt ihre Freundin Rhiannon ihr eine rote Tiara vors Gesicht. »Setz die auf. Alle müssen eine Tiara oder einen lächerlichen Hut tragen, wenn sie Dollar Drinks trinken wollen, also habe ich uns die letzten geschnappt.«

Ashley verzog das Gesicht. Die Farbe würde sich schrecklich mit ihrem rotblonden Haar beißen, aber sie setzte sich die Tiara trotzdem auf. »Okay, für die billigen Drinks werde ich die Demütigung ertragen. Apropos … wo ist meiner?«

»Hier.« Rhiannon reichte ihr ein Gebräu in einem festlichen Glas, und ihr braunes Haar streifte den Rand, als sie sich umdrehte. »Also, siehst du ihn?«

Ashley verschluckte sich. Kein gutes Zeichen dafür, wie die heutige Nacht verlaufen würde. Als sie wieder Luft bekam, brachte sie heraus: »Ähm, tut mir leid. Wen habe ich gesehen?«

»Oh, ich bitte dich. Ich weiß, du hast gehört, dass Ethan hier sein könnte, und ich weiß, dass das der Grund ist, warum du plötzlich kommen musstest, obwohl du heute Abend zu Hause bleiben wolltest, um zu lernen – ausgerechnet heute.« Rhiannon deutete mit einem manikürten Finger auf sie. »Ich weiß, dass du flachgelegt werden willst und so, aber der Sinneswandel kam zu plötzlich. Das kann kein Zufall sein. Niemand ist so geil.«

Ashley schüttelte den Kopf und versuchte, unschuldig auszusehen. »Ich habe keine Ahnung –«

»Ashley«, unterbrach Rhiannon sie. »Versuch erst gar nicht, mich anzulügen.«

Ashley seufzte frustriert. »Oh, na schön. Ich hatte – von Sharon, die es von Alex hat – gehört, dass er vielleicht kommen würde. Aber ich habe immer noch vor, heute Nacht mit einem Mann nach Hause zu gehen. Ich habe mir extra die Beine rasiert und alles.«

Rhiannon stieß Ashley mit dem Ellbogen an. »Vielleicht ziehst du ja Ethan in Betracht?«

»Bitte. Er kann mich nicht ausstehen. Und ich bin nicht auf einige Runden Hass-Sex aus, selbst wenn das die längste Durststrecke in der jüngeren Geschichte beenden würde.« Ashley ließ den Blick über die Menge schweifen und nahm vorsichtig einen Schluck. »Aber egal, es spielt keine Rolle. Ich sehe ihn nicht.«

War er immer noch magerer als sie? Trug er immer noch eine Brille, die zwei Nummern zu groß für sein Gesicht war? Lehnte er immer noch Kontaktlinsen ab? Sie hatte keine Ahnung. Und es war ihr auch egal.

Wirklich?

»Vielleicht ist er geschrumpft oder fett geworden oder sonst was.« Rhiannon kippte ihren Drink herunter und stellte das leere Glas beiseite. »Es ist neun Jahre her.«

»Das bezweifle ich«, sagte Ashley. »Ich bin mir sicher, dass er genauso bekloppt und süß ist wie eh und je.«

»Findest du nicht, dass es Zeit ist, das Noch-mal-davongekommen-Syndrom zu überwinden? Ich meine, du hast ihn in der Highschool ja niemals angemacht, obwohl es weiß Gott leicht genug gewesen wäre. Er wollte dich so sehr, dass ihm einer abgegangen wäre, sobald du ihn geküsst hättest.«

Ashley schnaubte. »Das ist nicht fair. Witzig, aber nicht fair.« Sie zuckte mit den Achseln. »Und keine Sorge. Ich mache ihn nicht an, sollte er herkommen. Höchstens landet meine Faust in seinem Gesicht, wenn ich ihm die Hölle heiß mache, weil er mich in der Highschool so beschissen behandelt hat.«

Ihre Freundin drückte ihr die Schulter. »So sauer wie du bist, dass er dich ignoriert hat, ist klar, dass du nie über ihn hinweggekommen bist.«

»Vor allem bin ich niemals unter ihn gekommen«, murmelte sie.

Und vielleicht war das das Problem. Warum konnte sie niemals aufhören, an ihn zu denken – selbst wenn sie sauer war? Sie hatte nie die Chance gehabt, festzustellen, ob ihre Freundschaft mehr hätte sein können. Ob sie zusammen hätten glücklich sein können.

Sie war schüchtern gewesen und hatte sich auf die Schule konzentriert. Er war schüchtern gewesen und total unsicher. Sie hatten sich niemals auch nur geküsst, um Himmels willen.

Und sie würden es niemals tun, verdammt noch mal, denn Ashley würde heute Nacht mit jemand anderem heißen und schweißtreibenden Sex haben. Jemandem, der nicht wusste, wer zum Kuckuck sie war und womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Jemandem, der sie überhaupt nicht kannte.

Ja. Das wäre perfekt.

Dann wäre sie bereit, am vierten Januar ihren neuen Job als Ärztin in der Stadt in Angriff zu nehmen. Bis dahin würde sie mit ihrem Neujahrsvorsatz loslegen …

Um ihre unerträglich lange Durststrecke zu beenden.

Und Ethan ein und für alle Mal zu vergessen.

Als Ethan Pierce die überfüllte Bar betrat, musste er sich zwingen, nicht auf dem Absatz kehrtzumachen und wieder zu gehen. Laute Musik und exzessiver Alkoholkonsum waren nie sein Ding gewesen, nicht einmal als Teenager. Er bevorzugte, wenn alle anderen damit beschäftigt waren, sich zu betrinken und gesellig zu sein, die stille Abgeschiedenheit des Strandes bei Nacht.

Aber es war Silvester, und obwohl er diese Stadt mit einer beispiellosen Leidenschaft verabscheute, würde er in der Bar bestimmt irgendjemanden finden, mit dem er den Abend verbringen konnte. Jemanden, der nicht mehr von ihm erwartete, als er zu geben bereit war.

Und er war nur bereit, die nächsten paar Stunden zu geben.

Er hatte Regeln. Pläne. Und dazu gehörte nicht, sich häuslich niederzulassen.

Verliebe dich nie. Heirate nie. Bekomme nie Kinder. Und bleibe nie, niemals länger als eine Woche in dieser gottverdammten Stadt.

Immer wenn er nach Hause zurückkam, hatte er das Gefühl, als betrete er eine verfluchte Zeitkapsel, zurück in eine Zeit, die er nie wieder durchleben wollte. Eine Zeit, da er ein stotterndes, mageres, schüchternes und unsicheres Kind gewesen war. Aber das war damals. Jetzt war es anders.

Er ging zur Theke hinüber und schaute sich nach einer potenziellen Partnerin für den Abend um. Er hasste es, Silvester allein zu verbringen – zu viele Erinnerungen an eine alte Zurückweisung auf der Highschool –, daher musste er sich beeilen, wenn er bis Mitternacht jemand in den Armen halten wollte.

Eine Blondine an der Theke sah vielversprechend aus, aber sie hatte bereits mit einem Mann geflirtet, der Ethan vage bekannt vorkam. Die Brünette war einige Male mit seinem Bruder ausgegangen, daher kam sie nicht infrage, und die Schwarzhaarige hatte ihn in der Highschool angezickt.

Auch wenn er nicht mehr der stotternde Streber von früher war, hatte er kein Interesse daran, ihr das zu beweisen, schönen Dank auch.

Er seufzte und ging ans andere Ende der Bar. Er hasste diese Stadt und fast jeden, der hier wohnte. Er musste diesen Feiertag überstehen, ein wenig mehr Zeit mit seiner Familie verbringen und dann zusehen, dass er aus Dodge wegkam – und nächsten Montag wieder in Kalifornien war.

Aber zuerst … eine Frau.

Ethan zog an seinem Hemdkragen. Warum hatte er zu diesem verdammten Anlass nicht eine Jeans und ein T-Shirt angezogen statt Khakihosen und ein Anzughemd? Es gab Sachen, die passten nicht zu einem Mann wie ihm – zum Beispiel eine Krawatte. Nicht umsonst war er IT-Mitarbeiter in einem coolen Unternehmen.

Sein Blick landete auf einer rotblonden jungen Frau, die ihm den Rücken zukehrte. Etwas an ihr erinnerte ihn an eine Zeit vor vielen Jahren – und die unwillkommene Erinnerung traf ihn härter als ein Tritt in die Eier.

Er umklammerte die Blumen in seiner Hand so fest, dass es wehtat. Weiße Nelken, genau wie Ashley sie liebte. Sie waren so rein und sauber. Wie sie. Er war gerade achtzehn geworden, und es war Zeit, zum Mann zu werden. Etwas zu unternehmen. Er würde sie heute Abend küssen, an Silvester.

Er hatte es monatelang geplant. Er hatte ihr einen Brief geschrieben.

Sie würde hier sein und warten. Und er würde ihr sagen, dass er sie liebte.

Er wuchs über sich hinaus und wischte sich seine verschwitzten Hände an seinen Jeans ab. Seine Brille rutschte auf seiner Nase hinab, und er schob sie ungeduldig wieder hoch. Er hatte versucht, heute Abend für sie Kontaktlinsen einzusetzen, aber er hatte die verdammten Dinger mit seinen ungeschickten Fingern kaputt gemacht.

Er war so ein Tollpatsch … aber sie kümmerte das nicht. Sie mochte ihn trotzdem.

Er konnte es immer noch nicht glauben. Genauso wenig wie er glauben konnte, dass er heute Nacht das eine tun würde, vor dem er immer so große Angst gehabt hatte …

Er blieb wie angewurzelt stehen, und sein Herz hörte auf zu schlagen.

Hörte buchstäblich auf zu schlagen.

Ashley war tatsächlich da, aber sie war nicht allein. Sie küsste an ihrem gemeinsamen Platz Roger Hampton. An ihrem ganz besonderen Platz, am Silvesterabend. Sein Herz zersprang in tausend Stücke. Er taumelte rückwärts und stolperte über seine zu großen Füße. Dann fiel er flach auf den Hintern und blinzelte gegen die Tränen in seinen Augen an, bevor er die blütenweißen Blumen in den nassen Sand fallen ließ.

Die ganze Zeit über hatte sie gelogen. Gelogen, dass sie keinen Freund wollte. Sie wollte einen, und ob. Es war nur nicht Ethan. Er schüttelte den Kopf über seine Naivität, stand auf und rannte vor dem Schmerz davon, der durch seine Brust schoss.

Er rannte vor ihr weg, und das Bild von ihr und Roger brannte sich in sein Gehirn ein.

Er war fertig.

Fertig.

Er schüttelte die Erinnerung ab und ließ die Schultern kreisen. Das war eine Zeit, die er besser in der Vergessenheit ließ. Er war achtzehn gewesen und dumm. Anschließend hatte er sie schlecht behandelt und sich geweigert, mit ihr zu reden, obwohl sie nichts falsch gemacht hatte. Sie war verständlicherweise gekränkt und zornig gewesen.

Nach einer Weile hatte sie den Versuch aufgegeben, mit ihm zu reden, und er hatte sich niemals entschuldigt. Er war ein Arschloch ersten Grades gewesen. Jahre später, als er erwachsen war, hatte er daran gedacht, sie aufzuspüren und sich bei ihr zu entschuldigen. Aber damals schien es ihm zu spät dafür zu sein.

Und jetzt konnte er nichts mehr gerade biegen, oder?

Aber er konnte eine Frau finden, die ihn das alles wieder vergessen ließ … und die Frau, die ihn auf unheimliche Weise an Ashley erinnerte, schien gut dafür geeignet zu sein.

Schließlich liebte er rotblonde Frauen.

Er näherte sich der Frau, musterte ihr graues Baumwollkleid und die schwarzen Hosen. Sie trug super rote High Heels, und das Haar fiel ihr in sanften Wellen über den Rücken. Sie sah aus, als sei sie aus dem gleichen Grund hier wie er. Jedenfalls drehte sie den Kopf hin und her und betrachtete die Menge, während sie ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden klopfte und an ihrem Drink nippte.

Sie beobachtete alle Männer eingehend, bevor sie den nächsten ins Auge fasste. Als schätze sie sie auf die gleiche Weise ab, wie er die Frauen abschätzte. Und das war das Zeichen, nach dem er suchte.

Als er näher kam, verkrampften sich seine Schultern. Sie erinnerte ihn wirklich an Ashley. Als er das letzte Mal etwas von ihr gehört hatte, war sie irgendwo in D. C. gewesen und hatte ihren Traum verfolgt, Ärztin zu werden. Genau wie sie es immer gewollt hatte. Warum also sollte sie hier sein, in derselben Bar?

Immer mit der Ruhe. Sie würde nicht hier sein.

Er wurde vom Geist eines früheren Silvesters verfolgt oder irgend so einem Scheiß. Schließlich schob er das Gefühl einer bösen Vorahnung, das ihm das Rückgrat hinaufkroch, beiseite und klopfte ihr mit einem Lächeln im Gesicht auf die Schulter. Dann beugte er sich zu ihr vor, ließ seine Brust den Rücken der Frau streifen und senkte den Kopf auf Ohrhöhe. »Entschuldigung, aber darf ich Ihnen einen Drink spendieren?«

Sie erstarrte und drehte sich langsam um, und ihr Haar kitzelte ihn an der Nase. Sie roch nach Blumen und wie … wie … sie. Mit Wucht krachte das Verlangen in seinen Unterleib und ließ ihn beinahe einen Schritt zurücktaumeln. In dem Moment, in dem er sie berührte, wusste er es.

Bevor er ihr Gesicht sah, wusste er es.

Nur eine einzige Frau setzte ihn derart in Brand, und ihr Name war Ashley.

Und nach Jahren, in denen er sich ihr gegenüber wie ein vollkommenes Arschloch benommen hatte …

… war er einfach zu ihr hingeschlendert und hatte ihr auf die Schulter geklopft, verdammter Idiot, der er war.

2

Aller Atem wich aus Ethans Brust, während sein Magen sich vor Verlangen zusammenkrampfte. Sie musterte sein Gesicht aus leuchtend grünen Augen und senkte den Blick, um ihn von Kopf bis Fuß zu betrachten. Dann blickte sie mit herausfordernder Miene wieder auf. Die Art, wie sie ihn ansah, ihr Mund weich und ihre Augen kühn auf seine gerichtet, sagte ihm, dass sie sich ebenso verändert hatte, wie er es getan hatte.

Sie strotzte vor …

Selbstbewusstsein. Ja, das war es. Sie war selbstbewusst, heiß und sexy. So würde er sie jetzt beschreiben. In der Highschool war sie süß und ein wenig still gewesen – nicht so ein Mega-Außenseiter wie Ethan, aber auch nicht die Homecoming Queen. Sie war allgemein beliebt gewesen, aber nicht die Art von Mädchen, die sich ständig in Szene setzten.

Aber heute Abend gab es verdammt noch mal gar nichts an ihr, das keine Aufmerksamkeit erregte.

Alles, angefangen vom Scheitel bis hin zu diesen spitzen, roten High Heels, die sie trug, schrie nach der Aufmerksamkeit eines Mannes. Und zur Hölle, er war mehr als bereit, der Mann zu sein, der ihr diese bot. Ihre üppigen Lippen glänzten rosa und flehten darum, geküsst zu werden. Und ihr Körper …

Kurven, die einst unter schlabbrigen T-Shirts und unförmigen Jacken versteckt gewesen waren, schmiegten sich jetzt in den weichen Kaschmir ihres Kleides. Sie neckte ihn, forderte ihn heraus, erinnerte ihn daran, was genau er in all diesen Jahren in der Highschool verpasst hatte. Verdammt, er wollte mit den Händen über all diese Kurven streichen. Jähes Begehren schoss ihm in den Unterleib. Sie sah verlockend aus.

Und er wollte spielen.

Sein Blick fiel auf den Ringfinger ihrer linken Hand. Kein Ring. Gott sei Dank, sie war nicht verheiratet oder verlobt. Vielleicht konnte er endlich diesen Silvesterkuss bekommen, auf den er damals in der Highschool gehofft hatte. Vielleicht konnte er sogar noch eine ganze Menge mehr bekommen. Andererseits würde sie ihn vielleicht ohrfeigen und ihm ihren Drink ins Gesicht kippen, weil er so ein Mistkerl gewesen war.

Irgendwie verdiente er auch das.

»Hi, Ethan«, murmelte sie, leckte sich ihre rosa Lippen und beobachtete ihn aus halb geöffneten Augen. »Na so was, dass ich dich hier treffe.«

Dann biss sie sich auf die Unterlippe und warf einen verstohlenen Blick auf die Frau, die neben ihr stand. Er kannte sie nicht, aber sie war offensichtlich Ashleys Freundin.

Er lächelte breiter, entschlossen, irgendeinen Scheiß zu erzählen, als hätte er die ganze Zeit über gewusst, dass es Ashley war. Als hätte er ihr absichtlich auf die Schulter geklopft und würde jetzt nicht darauf brennen, sich umzudrehen und vor Peinlichkeit im Boden zu versinken.

»Hi.« Er rieb sich das Kinn und musterte sie, nicht sicher, was zur Hölle er sagen sollte. »Wie geht es dir?«

»Komisch, dass du danach fragst, wenn man bedenkt, dass du mich am Ende der Schulzeit ignoriert hast. Und zwar bis heute.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und schaute ihn über ihre Schulter an, während sie eine abschätzige Handbewegung machte. »Aber hey, es war schön, dich wiederzusehen.«

Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. Selbst eine solch unschuldige Berührung weckte in ihm den Wunsch, sie hochzuheben und sie nach Art der Höhlenmenschen in seine Wohnung zu tragen, damit er ihr zeigen konnte, was sie in all diesen Jahren verpasst hatte. Was er verpasst hatte. Und nach dem überraschten Auflodern von Interesse, das er in ihren Augen sah, empfand sie genauso.

»Okay. Das habe ich verdient«, gab er zu.

Sie wirbelte wieder herum und verdrehte die Augen, aber sie funkelten. »Wie großzügig von dir. Und ich dachte schon, du seist wie alle anderen Männer auf der Welt und hättest keine Ahnung, dass du etwas falsch gemacht hast.«

»Ich war nie ›einer von diesen Typen‹.« Er nahm die Hand von ihrer Schulter. »Aber das wusstest du doch, oder?«

»Ja.« Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß, und ihr Blick versengte seinen ganzen Körper. »Aber irgendetwas sagt mir, dass du es nicht mehr so schwer hast, dazuzugehören. Nicht mit diesen Muskeln.«