Lust - Kitty Darling - E-Book

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Kitty Darling

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Beschreibung

Verlangen, Begehren und Leidenschaft mit anschaulich beschriebenen Szenen. Ein Kopfkino-Oscar für „Der Salon“ Die Friseurin Amelie ist hübsch, aber mollig, und darunter leidet sie. Seit der Trennung von ihrem Freund hat sie jeglichen Gedanken an Liebe, Sex und Zärtlichkeit aus ihrem Leben verbannt. So ist die Welt zwar nicht rosarot, dafür ruhig, einfach und frei von unerfreulichen Überraschungen. Zumindest beruflich wagt sie einen Neuanfang. Ausgerechnet in dem sagenumwobenen BeautySinn, das männlichen Kunden zu astronomischen Preisen den Kopf wäscht. Oder massiert. Und so einiges mehr. Doch davon ahnt sie nichts, bis sie ihren ersten Kunden begrüßt, der ist zum Dahinschmelzen und Niederknien sexy. Dieser ist kein anderer als der attraktive Showmaster Dan Moran. Er will sich in dem legendären Spa nur mal eben die Haare schneiden lassen und ahnt nicht, wie sündig sexy so eine Kopfmassage sein kann. Zumindest dann, wenn sie von der sinnlichen Amelie kommt, die zwar äußerlich überhaupt nicht sein Typ ist, innerlich dafür aber umso mehr. Dass er von ihr wie besessen ist und sie nicht vergessen kann, bringt ihn in ein Dilemma. Denn so sehr er auf sie, ihre Kurven und Sex steht, so wenig steht er auf Komplikationen. Und die scheinen vorprogrammiert.

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Amelie

Dan

Amelie

Dan

Amelie

Dan

Amelie

Dan

Amelie

Dan

Amelie

Dan

Amelie

Zwei Monate später

Leseprobe aus „Verbotenes Verlangen“

1 Lucas

2 Allegra

 

 

 

 

Auflage 1, Januar 2019

Copyright: Kitty Darling, 2019, Deutschland

R.O.M Autorenclub, R.O.M. logicware, Pettenkoferstr. 16-18, 10247 Berlin

Kitty Darling unter C.R. Sterling

Copyright Cover: Unter Verwendung eines Motivs von www.depositphotos.com

Korrektorat: Korrekturelfe Kerstin Guzik

 

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung undVervielfältigung, auch auszugsweise, ist nur nach schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Alle Rechte liegen bei der Autorin.

Alle Personen und Handlungen dieser Geschichte sind frei erfunden. Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

Amelie

 

Wenn Blicke vergiften könnten, würde ich jetzt anfangen, zu verrecken.

Denn so wie Sybille und Evi mich ansehen, braucht man keine Worte mehr. Dennoch zischt die eine der anderen zu: „Na, da hat unsere Neue über die Feiertage aber noch mal ordentlich Pfunde zugelegt.“ Dann kichern beide.

Ich zucke zusammen und ziehe die Arme vor die Brust. Mit gesenktem Kopf schleiche ich weiter in das Büro von Holly, unserer Chefin, die mich bereits erwartet.

„Hallo und herzlich willkommen in unserem Team, Amelie! Und nachträglich ein gutes neues Jahr“, begrüßt sie mich freudig, erhebt sich von ihrem Schreibtisch und kommt mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Noch nie in meinem Leben habe ich eine Frau gesehen, die schöner, weiblicher, erotischer und herzlicher ist als Holly Sinn. Wenn ich mir jemanden als beste Freundin und Vorbild aussuchen könnte, dann wäre sie es.

„Hallo Holly, das wünsche ich dir auch. Und vielen Dank nochmal für die tolle Chance, dass ich hier anfangen kann.“ Ich versuche, aufrichtig zu lächeln, muss aber dennoch schlucken, weil ich so aufgeregt und schwer gekränkt bin.

Holly hält inne, neigt den Kopf zur Seite und legt einen Finger unter mein Kinn. „Nanu?“, fragt sie leise und sieht mich einfühlsam an. „Was ist passiert? Du wirkst verunsichert. Oder verletzt.“

Die Frau hat einen siebten Sinn, oder alle Sinne offen, wie meine Oma sagen würde, das habe ich beim Probearbeiten schon bemerkt, und Melanie, die auch hier arbeitet, hat es ebenfalls bestätigt. Lügen ist bei Holly nicht nur zwecklos, weil sie alles durchschaut, sondern auch vollkommen sinnlos, denn ich habe das Gefühl, dass nichts, was ich ihr von mir zeige, schlimm sein könnte. Sie ist der einzige Mensch, den ich kenne, der über niemanden urteilt, und das schafft Vertrauen.

Folglich fällt es mir nicht schwer, ihr zu gestehen, dass ich verletzt bin. „Weißt du, wenn ich mir meine Kolleginnen anschaue, dann bin ich die Hummelkönigin neben all den Wespen.“ Wie ich bei zwei Grad unter Null auf diesen Vergleich komme, weiß ich nicht, aber er trifft den Nagel auf den Kopf, weil alle anderen mit einer Wespentaille durchs Leben schwirren, während ich mehr brumme als summe.

Holly lacht. Aber sie lacht nicht mich aus, sondern über den Vergleich. „Amelie, Süße – vergiss das mal ganz schnell. Du siehst fantastisch aus. Schau dich doch an!“ Sie legt beide Hände auf meine Schultern und dreht mich zu einem fast raumhohen Spiegel. Sanft schiebt sie mich näher hin. „Schau dir mal dein Gesicht an. Du bist unglaublich hübsch, findest du nicht? Du hast so reine, feine Haut und ganz weiche, weibliche Züge.“ Sie hält inne und streicht mir mit den Fingerspitzen über meine Wange. „Deine Haare sind ein Traum. Wie aus Seide.“ Sie lässt ihre Finger hindurchgleiten und lächelt bewundernd. „Und deine Rundungen ...“ Sie sieht an mir herab und schüttelt leicht den Kopf. „Die sind einfach nur sexy. Total verführerisch. Was bitte soll an dir nicht vollkommen sein?“

„Ähm ...“, stammle ich verlegen und ringe nach Atem, weil ich so etwas nicht gewohnt bin. Dennoch fühle ich mich besser, da ich spüre, dass sie es ernst meint. Zudem ist es nicht so, dass ich mich grundsätzlich nicht attraktiv finde oder nicht mag. Ich finde mein Gesicht hübsch, ich mag meine grünen Augen und meine braunen Haare, die mir bis zur Taille reichen. Aber Konfektionsgröße 38-40 bei 162 cm Körpergröße ist – drall. Zumindest wenn man in einem Laden wie diesem arbeitet.

„Weißt du, nicht alle Männer stehen auf Hungerhaken. Du wirst schnell Stammkunden gewinnen, da bin ich mir sicher. Die meisten Männer sehnen sich nach Weiblichkeit und Weichheit. Lass dir von den anderen Mädels nichts einreden, ja?“ Zur Bekräftigung ihrer Worte lächelt sie und drückt meine Schultern, bevor sie mich loslässt und sich umdreht.

Von einem Sessel nimmt sie einen Stapel Kleidung. „Hier, zieh dich gleich mal um“, fordert sie mich auf und zeigt auf einen Paravent, hinter dem ich in meine Berufskleidung schlüpfen soll. Diese besteht aus einem anthrazitfarbenen Kleid mit Dreiviertelärmeln, das mir bis knapp über die Knie reicht und meinen Körper sanft umfließt. Dazu kommen schwarze halterlose Strümpfe (ich hätte auch Strumpfhosen wählen können, aber die Dinger kann ich auf den Tod nicht leiden) und weinrote Lackpumps bzw. moderne Sneakers zum Wechseln, wenn mir die Pumps weh tun. Ich komme mir in dem Outfit mit den High Heels vor wie eine erfolgreiche, sexy Geschäftsfrau und nicht wie eine Herren-Friseurin. Genau darin liegt Hollys Absicht, vermute ich: Sie will nicht nur, dass wir alle gleich angezogen sind, sondern auch, dass wir uns als was Besonderes fühlen und „nach was ausschauen“, denn das BeautySinn ist der exklusivste Friseur- und Beauty Salon von Berlin.

„Wow, du siehst umwerfend aus“, ruft Holly fasziniert und begutachtet mich mit einem anerkennenden Lächeln von Kopf bis Fuß. „Einen kleinen Moment nur noch“, meint sie dann leise und kommt zu mir. Seelenruhig zupft sie an dem Ausschnitt des Kleides, sodass man den Saum meines BHs sehen kann. Ein Glück, dass ich den neuen mit der hübschen Spitze angezogen habe.

„Ähm ...“, versuche ich zu widersprechen und sehe sie fragend an. Ist das nicht zu viel des Guten? Holly jedoch scheint da anderer Meinung zu sein.

„Fabelhaft“, flüstert sie nämlich. „Nicht zu viel und nicht zu wenig, was du da zeigst. Trau dich nur. Du hast ein Dekolleté um das dich alle beneiden. Aber lass auch den Neid nicht an dich ran, versprochen?“

Ich nicke, obwohl ich nicht ganz verstehe, was sie damit meint. Ich will fragen, aber sie spricht schon weiter: „Wann immer etwas ist, wo du dir unsicher bist, wo du Fragen hast, egal was – ich bin immer für dich da, das weißt du, oder?“

„Okay, danke“, flüstere ich, weil ich von ihrer aufrichtigen Fürsorge ergriffen bin.

„Wenn dir die Schuhe wehtun, ziehst du Dir die flachen an, okay? Im Pausenraum liegen Tennisbälle und andere Geräte, damit du zwischendrin die Füße entspannen kannst. Das ist total wichtig, hörst du? Übungen stehen an der Wand.“

Wieder nicke ich nur, dann bringe ich „Danke, Holly. Du denkst wirklich an alles.“ hervor.

„Ich versuche es zumindest.“ Sie lächelt mich aufmunternd und warm an. Wieder muss ich denken, wie toll sie aussieht. Sie trägt Schuhe mit mindestens zehn Zentimeter Absatz. Ohne die Dinger ist sie nur unwesentlich größer als ich. Ihre blauen Augen strahlen aus ihrem wunderschönen, ebenmäßigen Gesicht, das von hell- bis mittelblonden Wellen anziehend eingerahmt wird. Sie trägt eine knallenge, zerrissene Blue Jeans mit Steinchen und eine weiße Bluse, deren obersten Knöpfe offen stehen. Sie ist schlank, hat einen festen Po, tolle Hüften und, wenn ich als Frau das sagen kann, richtig tolle Möpse.

„Und wie gesagt, du tust nur, was du wirklich willst“, bläut sie mir ein.

„Ja, natürlich ...“, erwidere ich bang, denn mir schwant, dass Sybille und Evi mich so schikanieren werden wie meine frühere Kollegin Monika die Azubine Mandy. Sollte ich mit meiner Befürchtung richtig liegen, liegt keine schöne Zeit vor mir. So ein Mist! Dabei hatte ich mich so auf die Stelle gefreut.

„Wenn irgendetwas ist, kommst du sofort zu mir. Und zu den Kunden bist du immer höflich und freundlich, das hast du verstanden, oder?“

„Ja, hab ich“, versichere ich ihr.

„Gut. Das freut mich. Dann wünsche ich dir viel Erfolg und dass du dich bei uns wohlfühlst.“ Noch einmal berührt sie meinen Arm und lächelt mich an, dann nehme ich meine Sachen und gehe aus dem Raum.

Nach der Begegnung mit Holly geht es mir deutlich besser. Ich bin wieder ich selbst. Ich fühle mich wohl in meiner Haut und weiß, dass ich nicht nur okay, sondern attraktiv bin. Auf meine eigene Art, mit ein paar Pfunden mehr.

Ich verschließe die Sachen in meinem Spind und mache mich auf den Weg zur Rezeption, um nachzusehen, ob ich überraschenderweise schon einen Termin bekommen habe. Man weiß ja nie – es kann immer jemand kurzfristig buchen, denke ich. Dabei ist es gerade mal neun Uhr, am zweiten Januar und Berlin erwacht gerade erst aus seinem kollektiven Neujahrs-Kater. Auf meinem Arbeitsweg von Moabit hierher, in die Friedrichstraße, waren die Straßen in jenes trübe, winterliche Grau getaucht, das für mich so untrennbar zu Berlin gehört wie der Alex, die Spree und die Alleen.

 

Im Dezember habe ich zwei Tage Probe gearbeitet. Das BeautySinn ist ein Jahr nach seiner Gründung schon legendär und zahlreiche Mythen ranken sich um den Schönheitssalon, der neben einem Friseur auch sämtliche Kosmetikanwendungen und Massagen anbietet. Der größte Mythos betrifft aber die Tatsache, dass Männer und Frauen strikt getrennt behandelt werden. Während die Frauen beim Haupteingang nach rechts abbiegen und dort in eine balinesische Wohlfühllandschaft mit Orchideen, Buddha-Statuen, Springbrunnen und viel Gold eintauchen, sieht es in dem Bereich, in dem ich arbeite, anders aus. Meine Kundschaft besteht ausschließlich aus Männern und biegt am Haupteingang links ab. Die Räume hier sind in einem dunkelgrün-anthrazit farbenen Mamor-Imitat gehalten, kühler, kantiger, minimalistischer – maskuliner eben. Die Wasserhähne bestehen aus mattem Gold, oder Messing, so genau weiß ich das nicht, aber es sieht sehr edel und antik, oder Vintage, aus. Holly hat sich die Ausstattung einiges kosten lassen, ebenso wie die Gehälter der Angestellten. Ich arbeite zunächst nur als Friseurin, obwohl ich auch Mani- und Pediküre anbieten könnte. Holly hat mir in Aussicht gestellt, dass ich damit beginnen kann, wenn ich mich eingelebt habe und „soweit bin“. So ganz habe ich das nicht verstanden, aber das ist mir nicht so wichtig. Man muss nicht immer alles verstehen. Bis es so weit ist, werde ich Haare waschen, schneiden, föhnen und gelegentlich färben. Und – darauf freue ich mich besonders: rasieren. Es gibt nicht viele Frauen, die diese Kunst beherrschen, aber ich gehöre dazu, weil ich mein Handwerk in Österreich, genauer gesagt im wunderschönen Graz, gelernt habe. In meinem früheren Salon in Tiergarten wurde dieser Service nicht angeboten, und ich bin gespannt, ob und wer sich hier von einer Frau rasieren lässt.

Aber zurück zum Gehalt und Hollys Großzügigkeit: Sie bezahlt nicht nur das Doppelte des üblichen Stundenlohns. Nein, ich kann auch das komplette Trinkgeld behalten. Dafür muss ich, wie alle anderen, immer wie aus dem Ei gepellt aussehen, gut riechen, freundlich und zuvorkommend sein. Große Klappe, Besserwisserei, abgeblätterter Nagellack, Kaugummi oder dergleichen? Das sind hier absolute No Gos, was ich auch im Vertrag unterschrieben habe.

„Die Männer kommen nicht nur hierher, um sich verschönern und pflegen zu lassen, sondern auch, um ihre Sorgen zu vergessen und um sich zu entspannen“, hat Holly mir vor Weihnachten erklärt und mich dabei ein wenig eigenartig angeschaut. So ganz bin ich noch nicht hinter das Geheimnis des durchschlagenden Erfolgs von BeautySinn gekommen. Holly hat mir gesagt, dass ich „erstmal ganz normal anfange, so wie ich es kenne.“ Ich frage mich, wie denn sonst. Doch als ich meine Kollegin Melanie, mit der ich mich sehr gut verstanden habe, gefragt habe, was Holly damit meint, hat sie nur die Schultern gezuckt, gegrinst und gesagt, dass ich das schon sehen würde. Als ich sie daraufhin verwirrt angeblickt habe, hat sie gelacht. „Es hängt mit dem Grad der Entspannung zusammen, aber das ist für dich nicht wichtig.“ Dann wurde sie weggerufen und ich blieb genau so schlau wie davor zurück.

Holly hat mir auch gesagt, dass ich mich an eine Frau mit einer goldenen Brosche wenden soll, wenn etwas passieren sollte, bei dem mir nicht wohl ist. Auf mein Nachfragen hin, hat sie mir versichert, dass es vorkommen könnte, dass der ein oder andere Kunde vielleicht Bemerkungen macht, die mir nicht gefallen, oder dass er mich berührt, was mir vielleicht ebenfalls nicht gefällt. Ob ich generell ein Problem damit hätte?

„Mit Grapschern?“, habe ich gerufen und meine Arme angezogen. „Natürlich!“

„Gut“, war alles, was Holly darauf geantwortet hatte. „Also, wenn das passieren sollte, gehst du sofort zu einer Frau mit einer goldenen Brosche und übergibst den Kunden ohne jede Diskussion sofort an sie, okay? Wir behandeln solche Fälle diskret.“

Ich habe nur genickt. Natürlich will sie keine Kunden verlieren. Viele hier sind aus dem Ausland. Dort herrschen oft andere Regeln und Gesetze und Männer probieren einfach gern aus, wie weit sie gehen können. Na ja, unsere knappen, figurbetonten Outfits werden dem Grapschen zuträglich sein, denke ich und gehe in die Warte-Lounge fürs Personal, da ich keine spontane Buchung habe.

Von dort aus habe ich einen guten Blick auf die Rezeption, sodass ich jederzeit zur Verfügung stehen kann, wenn jemand kommt und meine Dienste in Anspruch nehmen will. Außerdem sehe ich in den Friseurbereich, wenn ich mich umdrehe. Die Räume für Mani- und Pediküre, für Massagen und Kosmetikbehandlungen liegen weiter hinten, und ich habe sie bisher nur bei einem Rundgang kurz gesehen.

Anders als erwartet, ist um diese Zeit viel los. Gut gekleidete Männer in Anzügen oder lässiger Marken-Kleidung kommen herein, wünschen uns allen ein gutes neues Jahr und einige von ihnen haben sogar kleine Geschenke dabei. Jedes Mal stehe ich auf und grüße freundlich. Doch alle haben feste Termine und eine nach der anderen meiner Kolleginnen führt ihren Kunden lächelnd von der Rezeption zu dem jeweiligen Behandlungsraum. Bis auf den Friseurbereich sind alles Einzelkabinen, was ein seltener Luxus ist, aber von der High Society gern in Anspruch genommen wird. Schließlich bezahlen sie für unsere Dienste astronomische Summen, soweit ich das erkennen kann.

Unsere Kundschaft ist erfolg- und meist auch einflussreich, was in einer Hauptstadt wie Berlin bedeutet: Politiker, Lobbyisten, Diplomaten, Schauspieler, Musiker, Sportler, Models, erfolgreiche Start-Upper sowie Unternehmer im traditionellen Sinn etc. pp. Sie stammen sie aus allen möglichen Ländern, wenngleich ich bislang fast keine Asiaten, Afrikaner oder Araber ausmachen konnte. Das wundert mich nicht, denn die meisten ethnischen Gruppen haben in Berlin so große Gemeinden, dass sie immer unter sich bleiben können, was viele von ihnen gern tun.

„Hi, da bist du ja wieder!“, höre ich da eine vertraute Stimme und blicke in Melanies strahlendes Gesicht. „Dein erster richtiger Tag? Willkommen!“, sagt sie und setzt sich zu mir auf die Couch.

„Hi, Melanie! Schön dich zusehen. Wie geht’s dir denn?“

„Gut, gut. Bin nur schon seit sechs Uhr hier. Man glaubt ja nicht, wie eitel die Männer heutzutage sind!“ Sie blinzelt mich übermütig an und ich freue mich, mit ihr ein paar Takte plaudern zu können.

 

 

Dan

 

Offiziell ist heute der zweite Tag im neuen Jahr, für mich jedoch ist es der erste, was daran liegt, dass ich gestern erst um zwei Uhr ins Bett gegangen bin. Am Nachmittag, wohl gemerkt, nicht in der Nacht, und dass ich folglich am zweiten Januar zum ersten Mal in diesem Jahr aufgewacht bin.

Mit 18 ist das schon hohe Kunst, aber mit 38 grenzt es an versuchten Selbstmord. Dementsprechend geht es mir nach einer Stunde auf dem Laufband, bei dem ich zwar eine gehörige Portion übel-stinkendem Alkohol ausgedünstet, aber wenig neue Lebensgeister gefunden habe.

Aber was soll’s – nur die Harten kommen in den Garten. Immerhin habe ich mir bei der langen Feier bewiesen, dass ich noch lebe. Dass ich über Steffi hinweg bin. Dass ich sie nicht mehr brauche, nicht mehr vermisse, dass Berlin auch ohne sie und sogar im tiefsten, kältesten, dunkelsten Winter cool sein kann. Na gut, angeblich gab es schon kältere Winter in der Stadt, aber seitdem ich hier bin noch nicht.

Neues Jahr, neues Glück, denke ich unter der heißen Dusche und stelle das Wasser auf eiskalt. Entsetzt halte ich die Luft an, aber was sein muss, muss sein – ich bin kein Warmduscher.

Dann rubble ich mich mit einem weißen, flauschigen Handtuch trocken und betrachte mich in dem raumhohen Spiegel. Klar sieht man, dass ich 38 bin – aber ganz ehrlich? Find ich gut. Sieht männlich aus. Reif. Interessant. Ich meine – da ist kein Gramm Fett, nichts, außer wohldefinierten Muskeln. Lange Beine, ein ordentliches V, ein kleiner Sixpack. Ein echter Mann, denke ich und grinse mir selbst zu. Nur die Haare – die stören mich mit einem Mal. Ich nehme eine Strähne zwischen zwei Finger und ziehe daran. Sie sind zu lang.

---ENDE DER LESEPROBE---