MAD JERRY - der postapokalyptische umherziehende Krieger - Ben Wallace - E-Book

MAD JERRY - der postapokalyptische umherziehende Krieger E-Book

Ben Wallace

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Beschreibung

Mad Max meets Monty Python … Die postapokalyptische Welt ist gar nicht so schlimm. Sicher, es gibt Mutanten. Aber für die Menschen in New Hope besteht der tägliche Überlebenskampf nicht so sehr aus der Suche nach Nahrung oder Medizin, viel schwieriger ist es, neue Spieler für ihre Kickball-Teams zu finden. Dies macht es einem postapokalyptischen Krieger nicht einfach, Arbeit zu finden. Gott sei Dank ist da eine Armee von Mördern und Brandschatzern auf dem Weg in die friedliche Stadt, um sie dem Erdboden gleichzumachen. Nur eine Handvoll ausgebildeter postapokalyptischer umherziehender Krieger kann sie aufhalten. Gleich zwei haben ihre Dienste angeboten. Einer von ihnen ist eingeladen, zu helfen. Der andere wird zurück in die Einöde geschickt. Doch haben die Stadtbewohner die richtige Wahl getroffen? Werden sie gerettet werden? Und was hat es eigentlich mit den SSB's, den superschlauen Bären, auf sich? Finden Sie es heraus, in MAD JERRY, einem rasanten Action- und Abenteuerroman, der in einer erschreckenden Zukunft spielt, die man allerdings nicht zu ernst nehmen sollte. Fans von Terry Pratchett, Douglas Adams und Monty Python werden ihren Spaß an dieser Apokalypse haben. Inklusive Bonusgeschichte DAS DILEMMA ---------------------------------------------------------- "Ich will mehr davon! Die Story ist einfach nur cool." [Lesermeinung] "… eine absolut gelungene Parodie auf Postapokalypse-Romane mit einem ganz eigenen Humor, den man richtig gut finden kann. Alles ist ziemlich übertrieben und abgedreht, macht großen Spaß." [Lesermeinung] "Apokalypse kann auch verdammt lustig sein - nur echt mit dem postapokalyptischen umherziehenden Krieger!" [Lesermeinung] "Flüssig geschrieben und amüsant. Ein Action-Endzeit-Abenteuer, dass dieses Genre mit schrägen Einlagen vermischt und überspitzt." [Lesermeinung]

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Inhalte

Mad Jerry

Lesermeinungen

Anmerkung

Widmung

Impressum

Prolog

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Das Dilemma (Bonusgeschichte)

Der Autor

Leseproben

Der LUZIFER Verlag

MAD JERRY

der postapokalyptische umherziehende Krieger

Ben Wallace

übersetzt von

Peter Mehler

Lesermeinungen:

»Ich will mehr davon! Die Story ist einfach nur cool.« [Amazon Leser]

»… eine absolut gelungene Parodie auf Postapokalypse-Romane mit einem ganz eigenen Humor, den man richtig gut finden kann. Alles ist ziemlich übertrieben und abgedreht, macht großen Spaß.« [Null, leserkanone.de]

»Apokalypse kann auch verdammt lustig sein - nur echt mit dem postapokalyptischen umherziehenden Krieger!« [JanaOltersdorff, lovelybooks]

Dieser Roman ist ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entspringen der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Ereignissen, Schauplätzen oder Personen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.

Für meine Frau und meine Kinder.

Danke für euer Verständnis.

Impressum

Deutsche Erstausgabe
Titel der Originalausgabe: THE POSTAPOCALYPTIC NOMADIC WARRIOR
Copyright Gesamtausgabe © 2015LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Peter Mehler

ISBN E-Book: 978-3-95835-080-9

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Prolog

Auch auf sauren Regen folgt Sonnenschein.  Kaum jemand sieht das Gute in der Apokalypse. Was verständlich ist. Es passieren eine Menge schrecklicher Dinge, wenn die Welt explodiert. Und dann herrscht überall Wehklagen, über den Verlust der Familie und Fehler unserer Gesellschaft. »Wääh, wäh, wääääh, was haben wir nur getan?«   Sicher, das ist die eine Seite, aber was ist mit all den guten Dingen, die uns das Ende der Welt gebracht hat? Erderwärmung? Ist kein Problem mehr. Und ohne Erderwärmung gibt es auch keine weinerlichen Hippies mehr.   Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein und tote Hippies. Da draußen lauern echte Gefahren: Gifte, Krankheiten, große furchterregende Bären, die zu noch größeren und furchterregenderen Bären mutiert sind.   Aber hier – hier innerhalb der Mauern unserer Stadt – liegt Hoffnung. Seht euch um! Was habt ihr nicht alles überstanden! Ihr habt den Elementen getrotzt. Ihr habt genügend Nahrung für eine ganze Gemeinschaft bereitgestellt. Ihr habt es geschafft, miteinander auszukommen, ohne euch gegenseitig über den Haufen zu schießen oder euch allzu sehr von dem Gestank belästigt zu fühlen, den die meisten von euch verbreiten.   Und in der Bereitschaft, nicht hochnäsig zu sein, sondern eben diese Nase euren merkwürdig riechenden Brüdern zuzuwenden, liegt Hoffnung. Die Hoffnung, dass wir diese Welt neu aufbauen können. Zu einer unerschrockeneren Welt, einer vernünftigeren Welt – einer unerschrockeneren Welt, die sehr viel vernünftiger ist.   Eine Welt, in der kein Kind mehr nach seinem Essen weinen muss. Eine Welt, in der kein Kind weinen muss, weil es Angst hat. Eine Welt, in der kein Kind weinen muss, weil ihr ihm an der Kasse nicht diesen Fingerring-Lutscher gekauft habt, obwohl ihr wisst, dass es ihn nicht aufessen wird und er als klebrige Masse aus Teppichflusen und Haaren irgendwo unter dem Fahrersitz enden wird. Eine Welt, in der kein Kind nach einem Zuhause oder nach Liebe schreien muss. Eine Welt, in der das Kind endlich einfach die Fresse halten wird.   Das ist Eure Chance, diese Welt neu aufzubauen, so wie Ihr sie haben wollt. Eine liebevolle Welt. Eine freie Welt.   Wollt ihr diese Chance ungenutzt lassen? Gott, die Russen oder wer auch immer haben gezeigt, dass sie reinen Tisch machen können. Jetzt können wir zeigen, was wir gelernt haben, um diese Welt zu einem besseren Ort für unsere Kinder zu machen – für deren Kinder, und deren Kinder, und vielleicht noch ein paar weitere Generationen.   Ihr habt bereits das Recht ergriffen, Euch selbst zu regieren. Eigenverantwortlich nach eigenen Regeln zu leben, welche ein regelmäßiges Bad offensichtlich nicht einschließen.   Jetzt seid ihr freie Männer und Frauen. Wollt Ihr euch dieses Recht von denen nehmen lassen, die sich vor unseren Toren zusammenrotten? Nur weil sie stärker sind? Nur weil sie eine Armee gnadenloser Killer haben? Nur weil sie diese Armee mit Ketten und Klingen bewaffnet haben und die Kraft des mächtigen und edlen Bisons eingefangen haben, den sie nun als bedrohlichen Kriegs-Büffel auf euch hetzen? Wollt ihr das? Oder seid ihr bereit, diese Verantwortung, diese ruhmreiche Last auf euch zu nehmen, um aus der Asche der Menschheit als eine bessere Art von Mensch hervorzugehen?   Steht auf! Widersetzt euch dieser Bedrohung! Steht auf, mit stolz erhobenem Haupt. Denn ihr seid die wahren Erben dieser Welt und ihrer Zukunft. Kämpft! Ich werde mit euch kämpfen.   Das ist unsere Welt, die wir hier neu errichten. Nicht ihre. Unsere. Also lasst es uns nicht vermasseln.   

1

Jimmy Edwards berührte seine erste Brust in der großen stählernen Scheune, die inmitten der Prärie des nördlichen Texas stand. Es war die Brust eines Mädchens, sie gehörte Susan Gilmore, und die Berührung selbst war ein Unfall gewesen.  Die beiden hatten auf einer Geburtstagsparty Fangen gespielt. Jimmy war der Fänger und Susan rannte in die Scheune, der Junge dicht hinter ihr. Rennend und kichernd versuchte sie sich zu entscheiden, ob sie sich von dem Jungen fangen lassen sollte oder nicht. Sie fand ihn süß, und ihr Plan bestand darin, sich in die Enge treiben zu lassen und dann vielleicht, nur vielleicht, hier und da ein wenig „fangen“ zu lassen.   Sie hatte ihren Plan ohne die Wespe gemacht. Als sie um die Ecke in die Scheune abbog, flog diese so nah an ihr Gesicht heran, dass sie hätte schwören können, den Luftzug der Flügel an ihrer Nase gespürt zu haben.   Kreischend machte sie kehrt, um der gelbschwarzen Gefahr zu entkommen.   Jimmy, der mit ausgebreiteten Armen dastand, war auf die plötzliche Kehrtwende nicht gefasst. Seine junge Hand füllte sich mit Brust. Er lächelte kurz, als er begriff, was gerade passiert war, dann prallte sein Kopf gegen Susan Gilmores Gesicht. Sie schlug sich die Nase blutig und knallte auf den Zementboden der Scheune.   Die Entschuldigungen sprudelten nur so von seinen Lippen, als er versuchte, ihr aufzuhelfen, aber Susan Gilmore hatte entschieden, dass sie Jimmy nun doch nicht mehr leiden konnte, und schlug seine Hilfe aus. Mit den Händen vor der blutenden Nase und dem Kopf im Nacken rannte sie zurück zu ihrer Mutter.   Jimmy starrte voller Erstaunen auf seine Hände und schwor, sie niemals wieder zu waschen.   Susan erzählte ihrer Mutter plappernd und keuchend von der Wespe und dem Zusammenprall, der ihre Nase blutig geschlagen, wahrscheinlich ihre Schönheit zerstört und ihr künftiges gesellschaftliches Leben gefährdet hatte.   Jimmy suchte seine Freunde auf und erzählte ihnen von der Brust.   Für viele, viele Jahre waren jenes Begrapschen weiblicher Brüste und die gebrochene Nase die einzig nennenswerten Dinge gewesen, die sich in der großen stählernen Scheune abgespielt hatten. Dann war die Welt in die Luft geflogen.   Nach der Apokalypse jedoch vollzog die Scheune eine wundersame Wandlung: vom berüchtigten Tummelplatz, dessen Ruf ihm vorauseilte, zum Verwaltungsgebäude der Stadt New Hope.   Sehr bald hatten Hochzeiten, Taufen, Wahlen, Chili-Wettessen und vieles mehr das unglückliche Ereignis beim Fangenspielen als wichtigste Begebenheit abgelöst.   In ihren nunmehr heiligen vier Wänden wurde der Grundstein für eine Demokratie gelegt und eine Verfassung unterzeichnet. Das Vertragswerk der drei Dutzend Einwohner hatte man gedruckt, gerahmt und an einer der Wände aufgehängt. Freundlicherweise so, dass es das Graffiti überdeckte, welches lautete:   Jimmys flinke Finger, grapschten pralle Dinger. Susan aber kriegt 'nen Knall, findet das nicht ganz so prall.   Von diesem Tag an wurden alle Geschäfte der Stadt aus der großen Scheune geleitet.

***

  »Beruf?«  »Postapokalyptischer umherziehender Krieger.«   »Herumtreiber also«, sagte der Mann mehr zu sich selbst und kratzte mit einem Bleistift-Stummel auf einem Stück Papier herum.   »Entschuldigung, ich sagte nicht »Herumtreiber“. Ich sagte postapokalyptischer umherziehender Krieger.«   »Ist da ein Unterschied?«   »Da besteht ein ganz gewaltiger Unterschied!«   Roy Tinner wurde zusehends kahl, weigerte sich aber, es zuzugeben. Er saß im Stadtrat und hatte sich vor einer Ewigkeit freiwillig dafür gemeldet, alle Neuankömmlinge zu befragen, die beabsichtigten, ihren Fuß in diese schöne Stadt zu setzen. Und obwohl er untersetzt und deutlich übergewichtig war, sah er sich selbst als einzige und wichtigste Verteidigungslinie der Stadt New Hope gegenüber Bedrohungen wie Einwanderern, Idioten oder der Mischung aus beidem.   »Gut, dann schreibe ich »umherziehender Krieger“.«   »Das trifft es aber nicht. Es muss postapokalyptischer umherziehender Krieger heißen.«   Roy schaute von seinem handgeschriebenen Formular auf. «Hören Sie, Ihre Berufsbezeichnung kann keinen zeitlichen Bezug enthalten.«   »Doch, kann sie.«   »Wer tut so etwas? Niemand. Farmer nennen sich doch auch nicht Prä-Winter-Erntehelfer. Das macht keinen Sinn! Ein Farmer ist ein Farmer, zu jeder Zeit. Das gilt auch für umherziehende Krieger oder … was auch immer.«  »Guter Mann, ich bin kein Farmer. Ich hätte einer werden können – ich hätte alles Mögliche werden können; beispielsweise jemand, der Wasser reinigt. Ich hätte bei einer Raffineriegesellschaft anfangen können. Ich hätte Plünderer werden können, Jäger, Sammler, postapokalyptischer Zahnarzt … Aber ich habe mich dafür entschieden, postapokalyptischer umherziehender Krieger zu werden. Und um das werden zu können, habe ich mir Fähigkeiten angeeignet, die notwendig sind, um gegen Mutanten, Gifte, Banden und all die anderen Gefahren der Ödnis bestehen zu können. Ich kann in der Großen Wüsten des Westens überleben, am vergifteten Pazifik im Nordwesten oder in Detroit. Ich habe Waffenkunde studiert, Mechanik, Elektronik und Maschinenbau. Ich kann geradliniger schweißen und schießen als die meisten anderen Männer. Ich habe mich eingehend mit Psychologie, Strategie und positivem Denken befasst. Und aus diesen und vielen weiteren Gründen möchte ich Sie bitten, mich unter der Berufsbezeichnungpostapokalyptischer umherziehender Kriegerzu führen.«  Die Apokalypse hatte eine enorme Menge an Verrückten hervorgebracht und Roy Tinner hatte genügend von der Sorte kennengelernt. Viele waren angesichts der Zerstörung und des Verlustes von Familienmitgliedern oder Freunden einfach durchgedreht. Andere hatten das Ende der Welt zum Anlass genommen, neu anzufangen, sich selbst neu zu erfinden und ein Leben zu leben, das in einer zivilisierten Gesellschaft undenkbar gewesen wäre.   Eine ganze Menge Leute behaupteten, sie seien berühmte Persönlichkeiten. Wenn ihr Äußeres nicht ganz der jeweiligen Berühmtheit entsprach, gaben sie vor, einer der unzähligen Kampfstoffe aus den Raketen hätte sie entstellt.   Ein paar meinten, sie wären blaublütiger Abstammung. Sie ernannten sich selbst zu Königen oder Königinnen weiter Landstriche oder Bundesstaaten, wenn nicht sogar des Landes oder des Kontinents.   Der Mann, der nun vor ihm saß, behaupte das zumindest nicht. Dieser Herumtreiber glaubte aber jedes Wort, dass er sagte.   Die Verätzungen an seinem Mantel belegten, dass er zahllose Tage im Ödland zugebracht hatte. Abgewetztes Leinen zeugte von Nächten auf Felsen und hartem Boden. Schwielige Hände berichteten von einem Leben voll schwerer körperlicher Arbeit. Und die Gerissenheit in den Augen des Wanderers überzeugten den Statthalter, dass sein Gegenüber nicht verrückt war.   Nicht Stolz, sondern innere Überzeugung hatte den Mann vor ihm dazu angespornt, diesen Titel einzufordern. Das konnte der Statthalter sehen. Diesem Mann ging es um Respekt, wie dem Meister einer Freimaurer-Loge oder einem hochdekorierten Soldaten. Respekt vor dem Handwerk, das er gelernt hatte. Anerkennung für die Hingabe, mit der er in den abertausend Stunden die Fähigkeiten erlernt hatte, die seinesgleichen ausmachten, war alles, wonach er verlangte. Anerkennung nicht nur für ihn selbst, sondern auch die anderen, die wie er waren.  Der Stadtrat griff nach einem schmutzigen Taschentuch auf dem Schreibtisch und tupfte sich den Schweiß von der Augenbraue, während er den Mann studierte. Roy könnte dem Herumtreiber Respekt dafür entgegenbringen, einen solchen Aufstand wegen des Eintrags in dem Formular gemacht zu haben – aber ermusstees natürlich nicht.  Roy schnappte sich den Bleistift und begann zu schreiben: Umherziehender Krieger.  »Sie könnenapokalyptischernicht schreiben, ist es das?«  »Natürlich kann ichapokalyptischerschreiben! Wir alle leben jetzt seit sieben Jahren in einer postapokalyptischen Welt. Glauben Sie, ich muss nicht alle nasenlangapokalyptischschreiben?« Er sah zurück auf sein Dokument und hielt inne.  »A-p-o-k-a-l-y-p-t-i-s-c-h-e-r.«  Der Stadtrat atmete geräuschvoll ein, vervollständigte wütend: »-lyptischer umherziehender«, und schrieb dann wie gewünscht die vollständige Beschreibung der Erwerbstätigkeit, wobei er die letzten Buchstaben des WortesKriegerleicht nach oben ziehen musste, damit sie auf das Formular passten.  »Name?«   »Suchen Sie sich einen aus.«   »Wie bitte?«   »Nun, natürlich nicht Sie allein. Die Stadt.«   »Wovon reden Sie eigentlich?«   »Die erste Regel im Leben eines postapokalyptischen umherziehenden Kriegers lautet, keinen Namen zu haben. Die Menschen, denen ich helfe, geben mir am Ende einen Spitznamen, ohne nach dem eigentlichen Namen zu fragen.«   »Was?«   »Das ist in Ordnung. Legenden schreiben sich auf diese Art einfacher.«   »Das ist lächerlich.«   »Nein, ist es nicht. Kein postapokalyptischer umherziehender Krieger hat einen Namen.«   »Doch, natürlich.«   »Nein. Hatte der Mann-ohne-Namen einen Namen? Nein, hatte er nicht. Der große Unbekannte trug auch keinen Namen. Und der mysteriöse Fremde ebenso wenig.«   Früher litt Roy Tinner unter hohem Blutdruck. Die Ärzte in der Zeit vor der Apokalypse führten dieses Leiden auf sein Übergewicht zurück und auf seine Neigung, wegen allem möglichen auszurasten. Die Ärzte (sowie der Großteil der restlichen Weltbevölkerung) waren mittlerweile verdampft, geschmolzen, explodiert, verfault oder gegessen worden, aber Roy hielt es für das Beste, sich weiterhin so zu verhalten, als hätte sich an seinem Zustand seit der beeindruckenden Zerstörung der Menschheit nichts wesentlich geändert.   Sich zu entspannen, war ihm noch nie leicht gefallen. Aber er gab sich alle Mühe, seine Genickmuskeln zu lockern und lächelte den Herumtreiber, der ihn zunehmend zur Weißglut brachte, freundlich an: »Also, was schreibe ich denn dann jetzt?«   »Lassen Sie das Feld einfach frei. Sie können den Namen ja später nachtragen, wenn jemand mit einer guten Idee auf den Plan tritt.«   »Ich hätte da schon so eine Idee«, murmelte der Statthalter, als er eine Linie in das entsprechende Feld malte. »Und warum wollen Sie Einwohner der Stadt New Hope werden?«   »Oh, ich möchte kein Einwohner werden.«   »Was tun Sie dann hier?«   »Also, normalerweise funktioniert das so: Ich helfe ein wenig aus, ich sehe nach den Ernten, repariere das Bewässerungssystem, baue etwas mit auf, solche Dinge. Dann wird irgendjemand krank oder wird verletzt. Doch ich stehe meinem Mann, trotze allen Gefahren, erkämpfe mir das Vertrauen der Menschen, krieg' am Ende das Mädchen und mache mich dann wieder auf den Weg.«   Ein Bild in Roy Tinners Kopf zauberte ein aufrichtiges Lächeln in sein Gesicht – das Bild, wie der Herumtreiber draußen vor den Toren der Stadt mit dem Gesicht zuerst auf dem Boden aufschlug. Das würde sich leicht arrangieren lassen, aber der Bürgermeister bestand nun einmal darauf, den Herumtreiber hierzubehalten.   Missmutig verzog Roy die Lippen. Er nahm das Formular vom Tisch und riss es verärgert auseinander.   »Gibt es ein Problem?«, fragte der Herumtreiber.   Tinner grunzte und schob sich zurück. Es ertönte der quietschende Protest eines kaputten Rades, als der Stuhl ein paar Zentimeter zurückrollte und dann ruckartig anhielt. Der abrupte Halt drohte gemäß dem Trägheitsgesetz, den übergewichtigen Mann aus dem Stuhl zu kippen. Aber Gewicht schlug gängige Physik, der Statthalter landete auf den Füßen und stand auf.   »Das war das Anmeldeformular für neue Einwohner. Jetzt brauche ich ein anderes.«   Sein Ziel war ein ramponierter Aktenschrank, aber er achtete darauf, auf seinem Weg an den beiden Plakaten für die Bürgermeisterwahl an der nahe gelegenen Wand vorbei zu kommen. Diese beiden Wahlplakate repräsentierten die frisch gebackene Demokratie in New Hope. Auch wenn sie so aussahen, als würden sie in den Flur einer High-School gehören und nicht Teil einer funktionierenden postapokalyptischen Gesellschaft sein.   Der amtierende Bürgermeister Wilson sah sich seiner siebten Amtszeit gegenüber und versprach auf seinem Plakat „Hoffnung für jedermann“. Dem gezeichneten Portrait des Volksvertreters fehlte es ganz offensichtlich an einem Gespür für Proportionen, aber im Großen und Ganzen entsprach die Darstellung dem Mann, den der umherziehende Krieger am Stadttor getroffen hatte. Der Kandidat machte eine einladende Geste, ein ebenso einladendes Lächeln lag auf seinen Lippen.   Roy Tinner blieb vor dem Wahlplakat von Bürgermeister Wilson stehen, sodass der umherziehende Krieger nur noch freie Sicht auf das andere Plakat mit der Aufschrift „Wählt Tinner“ hatte.   »Die Hoffnung darf nicht sterben«, lautete der ergänzende Slogan unter einem unbeholfen gezeichneten Strichmännchen, welches wohl allem Anschein nach Statthalter Roy Tinner mit verschränkten Armen darstellen sollte. Dicke schwarze Linien über den Augen deuteten auf einen strengeren Kurs einer möglichen Regentschaft hin. Oder auf buschige Augenbrauen.   Roy hatte den Aktenschrank erreicht, kämpfte mit der obersten Schublade und durchsuchte eine Reihe handgeschriebener Formulare. Der Schrank knarzte und ächzte unter dem Schwergewicht, das sich dagegen lehnte. Der Statthalter atmete so schwer wie er sich konzentrierte.   »Wie läuft der Wahlkampf?« Der umherziehende Krieger sah, wie sich die aus mehreren Filzstift-Strichen bestehende zusammengezogene Augenbraue auf Tinners Gesicht spiegelte.   Tinner grunzte und blätterte weiter durch die Akten.   »Wann ist Wahltag?«   Roy sah kurz auf. »Das ist Sache der Stadt« sagte er. Dann leckte er an seinem Daumen, um weiter nach dem benötigten Formular zu suchen.   Der umherziehende Krieger nickte und gab den Versuch auf, eine ungezwungene Unterhaltung zu führen. Aber als sich Roy der nächsten Schublade zuwendete, verspürte er den deutlichen Drang, die Stille erneut zu durchbrechen.   »In einer Stadt wie dieser gibt es sicherlich jede Menge Papierkram.«   Roy grunzte wieder, dieses Mal als Zeichen erfreuter Zustimmung. Jedes einzelne Formular in diesem Aktenschrank war von ihm entworfen worden. Ein letztes Mal benetzte er seinen Daumen und ging fünf weitere Dokumente durch.   »Ah, da ist es ja.« Roy setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Mit vier geübten Hüftschwüngen bugsierte er sich erneut an den Schreibtisch heran, auf den er das leere Blatt Papier knallte. »Das Formular für Arschlöcher mit extrem geringer Lebenserwartung.«   »Also hören Sie mal! Ich bin nur hier, um zu helfen.«   »Wie denn?«   »Meine Fähigkeiten sind in vielen Bereichen einsetzbar. Benötigen Sie Antibiotika, die sich in einem feindlichen Gebiet befinden?«   »Nein, Medikamente haben wir reichlich; Penicillin, Schmerzmittel in verschiedensten Stärken.« Roy zählte an seinen plumpen Fingern die verschiedenen Medikamente ab.   »Sterben Ihnen die Ernten weg und Sie wissen nicht, warum?«   »Wir haben Rekordernten.«   »Sind in letzter Zeit Einwohner beim Herumspazieren außerhalb der Stadtmauern auf mysteriöse Weise verschwunden?«   Roy schüttelte den Kopf. »Alle Spaziergänger haben sich ordnungsgemäß abgemeldet.«   »Wie ist es mit …«   »Hören Sie, wir brauchen Ihre Hilfe nicht. Wir kommen klar. Wir brauchen weder Pharmazeuten noch Farmer. Wir haben genug Schweißer und Bauern. Es gibt für Sie nichts zu tun, außer vielleicht …«   Zum ersten Mal, seit er den Herumtreiber begrüßt hatte, entkräuselte sich seine Augenbraue. Roy witterte eine Gelegenheit. Mal ganz abgesehen von den eher nervtötenden Qualitäten schien der Herumtreiber in ausgezeichneter körperlicher Verfassung zu sein. Er war fit, nicht nur für jemanden, der durchs Ödland streifte.   Das Tinner-Titans-Kickball-Team spielte gegen das einzige andere Team der Stadt um die Meisterschaft und brauchte noch dringend einen linken Innenverteidiger. Mrs. Ellison hatte man nach einem unglücklichen Unfall während eines Spaziergangs Anfang der Woche auf die Verletztenliste setzen müssen.   Ein Sieg über die Wilson Wild Ones könnte ihm als Trainer einen gewaltigen Vorteil gegenüber dem amtierenden Bürgermeister verschaffen. Und der Herumtreiber vor ihm könnte genau der Ersatzspieler sein, den er brauchte.   Roy beugte sich nach vorn. »Als postapokalyptischer umherziehender Krieger müssen Sie über eine exzellente Hand-Augen-Koordination verfügen.«   Interessiert beugte sich auch der Wanderer nach vorn und nickte bestätigend.   »Sie durchstreifen das Land – Ihre Oberschenkel müssen überaus kräftig sein.«   Damit ließ das Interesse des Wanderers bereits wieder nach. Er rutsche auf seinem Stuhl herum und nickte deutlich weniger enthusiastisch.   Roy lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Das Rad quietschte. Roy lächelte und entblößte dabei den Traum eines jeden Kieferorthopäden. »Spielen Sie Kickball, Mr. Namenlos?«   »Seit der Grundschule schon nicht mehr, nein.«   Roy tippte mit dem Radiergummi gegen den metallenen Tisch und ließ den Bleistift fallen. »Nun, dann sind wir hier fertig, denke ich. Ich fürchte, in New Hope haben wir keinen Bedarf an nicht-Kickball-spielenden postapokalyptischen umherziehenden Kriegern.«   »Jetzt vielleicht nicht. Aber in dem Moment, wo Sie mich bitten zu gehen, werden die Probleme an Ihre Tür klopfen.«   »Probleme? Was denn für Probleme? Ich weiß nicht, ob Ihnen das bei Ihrer Herumzieherei aufgefallen ist, aber die postapokalyptische Welt ist gar nicht so übel. Tatsächlich mögen wir die Dinge, wie sie hier in New Hope sind. Es ist ruhig. Wir sind alle Nachbarn. Es gibt kein Fernsehen, das uns ablenkt, keinen Konkurrenzkampf, der uns frustriert. Und das Wetter war die meiste Zeit sehr angenehm.«   »Wie ein kluger Mann einmal zu sagen pflegte: Selbstgefälligkeit ist der Weg zum Verhängnis«, meinte der Wanderer.   »Von wem ist das?«   »Von mir.«   »Von Ihnen?«   »Ja, von mir.«  »Nun, dann sageichIhnen: Wir sind alles andere als selbstgefällig. Wir haben unsere Felder selber bestellt, um genug Essen für den Winter zu haben. Wir haben medizinische Vorräte, die jede Art von Erkrankung abdecken, und Ärzte, die uns sagen, welche Krankheit uns gerade plagt. Wir haben ein Dach über dem Kopf, einen Brunnen und ein Filtersystem für unendlichen Nachschub an Trinkwasser. Wir züchten Vieh. Wir haben eine Regierung gebildet. Wir sind alles andere als selbstgefällig – wir sind vorbereitet.«  »Deshalb sind Sie in Gefahr.«   Man hatte Roy Tinner in seinem Leben schon vieles genannt: Fett, Bastard, und sehr oft fetter Bastard. Viele der Beleidigungen bezogen sich auf Probleme mit der Körperhygiene, andere auf seinen Kleidungsstil, Musikgeschmack oder seine sportliche Leistungsfähigkeit. Einmal hatte man ihn in einer Sprache einen Arsch geschimpft, während ihn gleichzeitig jemand anderes in einer gänzlich anderen Sprache mit Loch tituliert hatte. Nur für eine Sache war er nicht bekannt: besonders geduldig zu sein. In einer anderen Zeit hätte man sein Gesicht im Lexikon neben ungeduldig abgebildet.   Er musste eine Stadt am Laufen halten, eine Wahl gewinnen und dafür sorgen, dass die Tore für Fremde verschlossen blieben. Dieser Herumtreiber hier war reine Zeitverschwendung. Er hieb auf den Tisch und richtete sich zu voller, vernachlässigenswerter Körpergröße auf.   »Sagen Sie mir eines, Fremder. Wer stellt für uns eine Gefahr dar? Psychopathen mit Hockey-Masken? Kannibalen? Killer-Clowns aus dem Weltraum?«   Der Herumtreiber zögerte kurz, bevor er antwortete. »Einige davon, ja. Also, nicht die Clowns, das wird nicht passieren. Die haben sie erfunden. Aber Kannibalen, Psychopathen und so, durchaus.«   »Dann werden unsere Mauern sie zurückhalten. Und solange mir niemand einen überzeugenden Beweis für eine echte Bedrohung liefert, braucht diese Stadt keinen postapokalyptischen umherziehenden Krieger, der unser Essen vertilgt und unseren Frauen nachstellt. Die einzige wirkliche Bedrohung, die wir hier haben, sind Fremde, die in unsere Stadt kommen und uns für dumm verkaufen wollen.«

2

Anmutig flog der Wanderer durch die Luft, bevor er hart auf dem Boden außerhalb der Tore von New Hope aufschlug.  Kinn voran, mit durchgedrückter Brust und angewinkelten Beinen, die für einen kurzen Moment seine Ohren berührten, ließ sich der Aufprall durchaus als eine der größten, allerdings auch schmerzhaftesten Bauchlandungen der Weltgeschichte bezeichnen.   Er kam mit dem Gesicht zuerst auf und die ganze Wucht des Aufpralls lag in diesen Bereich. Die Luft, die es aus seinen Lungen presste, wirbelte ein wenig Staub vom Boden auf. Nachdem er wieder zu Atem kam, überprüfte er mit der Zunge, ob sich noch alle Zähne in seinem Mund befanden.   Das Tor aus Wellblech rumpelte über den Boden und grub Rillen in den ausgetrockneten nordtexanischen Lehmboden. Dann war das Tor zu. Es klapperte noch ein letztes Mal, als der Holzblock als Riegel das Tor sicherte, und dann hatte man ihn ausgesperrt. Weg von dem ersten frischen Gemüse, Obst und Fleisch, dem er seit Wochen begegnet war.   Der Wanderer rappelte sich in eine sitzende Position auf und brachte seinen Kiefer wieder in die ursprüngliche Position. Die richtige Anordnung für seine Füße zu finden, war schwieriger als gedacht, aber schließlich schaffte er es aufzustehen und schaute zur Stadt zurück. Grober Dreck rieselte von seinen Handflächen, die er aneinanderschlug, dann klopfte er sich den Schmutz von der Jacke.   Das Klingeln in seinem Kopf wurde noch etwas schriller, als er über die Stadtmauern hinweg brüllte: »Früher oder später werdet ihr einen postapokalyptischen umherziehenden Krieger brauchen.«   »Dann suchen wir uns einen anderen«, ertönte sofort die Antwort von der anderen Seite.   Es tat weh, die eigene Stimme zu hören, und für einen Moment fürchtete er, krank zu sein, aber er schrie zurück: »Ach ja? Und wo?«   »Hallo Bücherwurm.« Die Stimme war ruhig, sanft, und ließ den Wanderer zusammenzucken. Er ließ den Kopf hängen, und ein tiefer Seufzer entfuhr seinen Lippen. Dann drehte er sich zu der Stimme um.   »Hallo Logan.«   Das Ödland hatte eine Menge abgebrühter Männer wie Logan hervorgebracht. Männer, die gezeichnet waren von wilden Bestien, brutalen Schlägern und anderen Gefahren. Nur wenige hatten das Kunststück vollbracht, all die Härten, die Prügel und Wunden in einen Look wie diesen umzuwandeln.   Seine Narben waren kaum Schönheitsfehler zu nennen, denn er trug sie eher als Schmuck. Jede einzelne Narbe in seinem wilden und attraktiven Gesicht schien wohlüberlegt platziert, was ihn zum Wunschkandidaten für die Hauptrolle in jedem Action-Film und weniger zu einem Fall für einen Schönheitschirurgen machte.   Und auch seine Kleidung hatte die Auswirkungen des Ödlands zu ihrem Vorteil genutzt. Von der Jacke bis zu den Schuhen verbreitete jeder Riss, jeder Fetzen und jeder Brandfleck das behagliche Gefühl der Lieblings-Jeans mit Abnutzungserscheinungen, die nicht einfach nur Flecken, sondern Geschichten waren. Jeder dieser Flecken war ein wohlgehüteter Schatz, ein Kapitel in einer Biografie.   Logans Stiefel waren aus abgenutztem schwarzen Leder, das noch nie geglänzt hatte und jede Art von Politur verschmähte. Hunderte von Meilen hatten den Sohlen zugesetzt, die bereits mehrere Male geflickt worden waren.   Er lehnte mit übereinandergelegten Beinen an der Seite eines übel zugerichteten Mustang GT, der genau wie sein Besitzer aussah. An vielen Stellen der Karosserie fehlte der verblichene Lack – blankes Metall zeugte von Schrammen, die von unglücklichen Reisen durch Sandstürme, knapp verfehlten Trümmern und unzähligen Kämpfen im ganzen Ödland herrührten.   Trotz der verbeulten Verkleidung drang ein leises Dröhnen aus dem Doppelauspuff. Selbst im Leerlauf machte der aufgemotzte Motor Eindruck. Der Auspuff wirbelte auf bedrohliche Weise Staub auf, und in der Nähe der Räder brachte die Vibration der Maschine kleine Kiesel zum Tanzen.   Ein Hund von unbestimmbarer Rasse und an dem Gespräch nur unwesentlich interessiert, saß auf dem Beifahrersitz.   »Wie ich sehe, hast du noch immer deine Schwierigkeiten, die Menschen davon zu überzeugen, dass du ihnen helfen könntest.«   Logan steckte sich eine handgedrehte Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie mit einem Zippo an. Das Zippo war mit Parfüm gefüllt. Selbst sein Feuerzeug roch männlich.   »Dann eben in der nächsten Stadt«, sagte der Wanderer und klopfte sich weiter den Staub von den Klamotten.   »Gib's auf, Bücherwurm. Für so eine Arbeit bist du nicht gemacht.«   »Ich werde nicht schon wieder Lebensläufe vergleichen, Logan. Ich versuche doch nur, anderen Leuten zu helfen.«  »Das ist der Unterschied zwischen uns beiden. Duversuchst,Menschen zu helfen. IchhelfeMenschen.«  »Nein. Der Unterschied zwischen uns beiden ist diese dämliche Vokuhila-Frisur auf deinem Kopf.«   »Witze über Frisuren? Ist das dein Ernst?«   »Das ist kein Witz, Logan. Kein Sprengkopf dieser Welt könnte uns in eine Zeit zurückbomben, in der dieser Haarschnitt wieder angesagt sein wird.«   »Oh, jetzt werden wir wohl persönlich?«   »Sieh' es als kostenlose Typberatung.«   Logan nahm einen tiefen Zug und ließ sich Zeit, den Rauch auszuatmen, bevor der antwortete: »Ich hab für so was keine Zeit. Ich bin hier, um den anständigen Bürgern von … wo zur Hölle sind wir hier eigentlich?«   »New Hope.«   »Wirklich?«   Der Wanderer nickte. »Den Preis für Einfallsreichtum gewinnen sie damit nicht.«   Logan schüttelte lachend den Kopf. »Noch so eine neue großartige Demokratie?«   »Hab schon bessere gesehen.«   »Na, ist ja auch egal. Ich mache mich dann mal auf den Weg, den Leuten meine Hilfe anzubieten«, sagte Logan.   »Die sagen, sie brauchen keine Hilfe.«  »Irrtum, Bücherwurm. Sie brauchtendeineHilfe nicht. Ich bin sicher, mich werden sie anhören.« Logan griff in den Wagen und holte eine Umhängetasche hervor. Das Leder war mindestens so abgenutzt wie das seiner Stiefel. Er warf sie sich über die Schulter, pfiff nach seinem Hund und lief zum Tor der Stadt.  Es gab ein kratzendes Geräusch, als der Köter aus dem Wagen kletterte und losstürzte, um seinem Herrchen zu folgen. Der Hund hatte ein fleckig-graues Fell, einem seiner Ohren fehlte bereits die obere Hälfte, und überhaupt sah er so aus, als hätte er mindestens genau so viele Kämpfe verloren wie gewonnen. Er schloss zu Logan auf und trottete neben ihm auf das Tor zu.   Als er an dem Wanderer vorbeikam, legte Logan ihm eine Hand auf die Schulter.   »Ich meine es ernst, Bücherwurm. Du solltest dir etwas anderes suchen. Die Art von Arbeit ist nichts für dich. Und das sage ich, weil ich besorgt bin.«   »Du machst dir Sorgen, weil ich dir Konkurrenz mache.«   »Ich mache mir Sorgen wegen Ereignissen wie in Eternal Hope, Colorado! Wie viele Menschen willst du noch in den Tod führen?«   »Das war nicht mein Fehler!« Nun, das war kein Argument, das war kindisches Verhalten, ein Reflex. Er glaubte es ja selber nicht.  »Ich war dabei.Duhast die Verteidigungsanlagen entworfen.Dusagtest, sie würden halten.« Logan nahm die Hand von der Schulter des umherziehenden Kriegers.  »Sie hätten haltenmüssen.«  Logan senkte die Stimme. »Aber das haben sie nicht. Und wir beide wissen, was dann passiert ist.«   Der Wanderer wurde still, sein Blick leer, als ihn die Erinnerung auf den Vorplatz von Eternal Hope, Colorado zurückversetzte. Hunderte schreiende Menschen umringten ihn. Männer und Frauen starben zu seinen Füßen. Kinder schrien um Hilfe, als man sie verschleppte.   Beißender Rauch war ihm an jenem Tag in die Nase gestiegen, als er Befehle geschrien hatte und auf alles schlug, was ihm in die Quere kam. Der Sprengstoff, den die Angreifer benutzten, war zwar plump, aber höchst effektiv gewesen. Er war umgeben von Zerstörung. Ein Splitter hatte sein Bein getroffen und seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Zorn trieb ihn an, weiterzukämpfen, aber all seine Bemühungen konnten das Gemetzel nicht aufhalten.   »Du bist kein Krieger, Bücherwurm. Du bist ein Bibliothekar. Du hast es nicht drauf.« Logan sah sich um. »Und wie es aussieht, hat selbst dein Hund dich verlassen.«   Der Nebel der Erinnerungen lichtete sich. Die Schreie verstummten. Der Blick des Wanderers wurde wieder klar. Er sah sich um. »Wo ist Chewy?«   Ein lauter metallischer Knall drang vom Stadttor heran. Ein Jaulen ertönte. Schreie folgten. Zum Schluss hörte man ein tiefes Bellen. Dann öffnete sich mit ohrenbetäubendem Rumpeln das Metalltor gerade so weit, dass ein großer Hund hindurchschlüpfen konnte, und wurde wieder zugeschlagen.   Es war schwer, zu sagen, ob der 170 Pfund schwere und fast einen Meter große Hund nur ein paar Salatblätter oder gleich einen ganzen Salatkopf im Maul hatte. Jedenfalls schien der Hund mit seiner Beute zufrieden zu sein. Der Vierbeiner marschierte zu dem Wanderer und setzte sich vor ihm hin. Mit großen braunen Augen schaute er zu ihm auf und wartete auf sein Lob.   Chewy war eine Promenadenmischung aus Dogge und irgendetwas Braunem. In Statur und Größe glich sie eher einer Dogge, nur die Kieferpartie war weniger ausgeprägt, als es bei diesen Tieren üblich war.   »Wenigstens hat dein Hund etwas zu Fressen bekommen.«   Chewy fuhr herum und knurrte Logan an – allerdings wirkte die Pose wegen der Salatblätter, die wie eine schlaffe Fahne aus seinem Maul hingen, weitaus weniger bedrohlich.   Logans grauer Köter lief angriffslustig vor sein Herrchen und fletsche die Zähne.   »Chewy, sitz«, befahl der Wanderer.   Die Dogge hörte auf zu knurren und setzte sich, um weiter ruhig und zufrieden auf ihrem Salat herum zu kauen. Er tätschelte ihren riesigen Kopf und achtete darauf, sie insbesondere hinter den Ohren zu kraulen.   »Dein Hund weiß, wann man aufhören sollte, Bücherwurm. Davon solltest du dir eine Scheibe abschneiden. Zieh' Leine, bevor du noch draufgehst.«   Logan lief gemächlich in Richtung Tor und läutete.   Der umherziehende Krieger kehrte New Hope den Rücken zu und lief zusammen mit seiner Dogge zurück in die Ödnis, die einmal Nord-Texas gewesen war.   Logan schaute ihnen nach, während er darauf wartete, dass jemand auf das Läuten reagierte. Der graue Hund knurrte noch immer, doch er machte keine Anstalten, ihn zu ermahnen.   Ein lautes Stöhnen lenkte seine Aufmerksamkeit wieder dem Eingang zu. Roy Tinner spähte durch ein Loch im Tor. »Dieses Tor ist nicht gerade leicht. Sie werden einen verdammt guten Grund brauchen, damit ich es noch einmal öffne.«   »Ich habe etwas, dass Sie sich gerne ansehen würden«, sagte Logan.   »Das bezweifle ich.«   Logan steckte sich eine Zigarette in den Mund und sagte nichts. Der Blick des Statthalters wurde ernst. Er kniff seine Augen zusammen und versuchte, gleichzeitig durch das Loch zu spähen und dem Blick des Mannes dort draußen standzuhalten.   Logan verzog bis auf ein leichtes Grinsen im Mundwinkel keine Miene.   Eine andere Stimme hinter dem Tor murmelte undeutlich ein paar Worte, und Roy gab das Blicke-Duell auf. »Das ist jemand anderes«, sagte er zu der undeutlichen Stimme.   Es folgte ein heftiges Murmeln, aber Logan verstand nicht, was gesprochen wurde.   »Er ist sicher genau so einer wie der letzte«, antwortete Roy.   Das Murmeln wurde noch etwas heftiger, und Tinners Gesichtsausdruck änderte sich. Der finstere Blick wich dem geübten Lächeln eines Politikers. »Können wir Ihnen behilflich sein?«  »Nein. Aber ich kannIhnenhelfen.«  Geduld war keine Stärke des Statthalters, und alles was er davon besaß, hatte er bereits an den Kerl verbraucht, der gerade davonlief. Das Lächeln verschwand.   »Hören Sie, ich hab so was heute schon mal gemacht.« Roy deutete mit dem Daumen auf die Umrisse des Wanderers in der Ferne. »Was zur Hölle wollen Sie?«   »Ich bin ein postapokalyptischer umherziehender Krieger. Und Sie brauchen meine Hilfe.«   »Okay, ich sage Ihnen dasselbe wie dem letzten umherziehenden Krieger, der hier durchkam. Wir haben keine Probleme. Es gibt keine marodierenden Banden und keinerlei finstere Gestalten, die uns ans Leder wollen. Unser größtes Problem ist wohl, dass diese verdammte Klingel noch immer funktioniert.« Lächelnd griff er durch das Loch und drückte mehrmals auf den Klingelknopf.   Logan grinste. Es erstaunte ihn immer wieder, wie sicher sich die Menschen hinter ihren Mauern fühlten. Grüppchen schlossen sich zusammen, stellten Pfähle auf, schmiedeten Verbindungen und verstärkten die Barrieren, um sich sicher zu fühlen und um sich von denen dort draußen abzugrenzen. Es kam ihnen offenbar nie in den Sinn, dass sie sich ihr eigenes Gefängnis bauten.   Das zu erklären aber würde Stunden dauern und mit einem verrammelten Tor enden. Logan brauchte sich dieses Mal nicht mit ihnen herumstreiten.

3

  »Vita Nova … klingt nett.«  Der umherziehende Krieger hielt die Karte so, dass der Hund sie sehen konnte. Er hatte die abgegriffene Seite aus einem Atlas vor ein paar Wochen bei einem Plünderer gegen eine Flasche Wasserstoffperoxid und eine Ausgabe des MAD Magazins eingetauscht.