Maddrax 527 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 527 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Verzweifelt versuchen die Gefährten die weitere Verbreitung der Roten Pest zu verhindern, aber sie kämpfen wie gegen Wundmühlenflügel. Auch die Halblinge sind ihnen keine Hilfe. Sie fürchten das "allsehende Auge", von dem aus das Böse über ihre Welt kommt. Und sie ahnen nicht einmal, dass diese Welt einem Drehbuch entspringt, von einem Regisseur verfasst, der im Jahr des Kometen hier in Neuseeland mit seinem Filmteam festsaß. Doch diesmal hilft es nicht, einen Ring in einen Vulkan zu werfen - da sind größere Geschütze gefragt ...

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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Die bionetische Bombe

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: IgorZh/shutterstock

Autor: Ian Rolf Hill

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9318-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Mensch­heit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber etwas geht schief: Areale aus verschiedenen Parallelwelten manifestieren sich plötzlich auf der Erde …

Matt und Aruula ahnen nichts vom Untergang der Kasynari im Ringplaneten-System und dass Colonel Aran Kormak mit seiner Flucht zur Erde die Katastrophe ausgelöst hat. Sie entdecken fünfzig Kilometer durchmessende Parallelwelt-Areale, die von hohen Dornenhecken umgeben sind. Um sie aufzuspüren, nutzen sie ein im Erdorbit installiertes Satelliten-Netzwerk. Mit einem Gleiter des Androiden Miki Takeo überwinden sie den Pflanzenwall, begleitet vom Sauroiden Ydiel aus einer Stadt intelligenter Saurier-Nachfahren in Yucatán, Mexiko.

Eine ihrer Reisen führt sie in ein paralleles Rom, das von einem zeitreisenden Archivar namens Patrem regiert wird, der in Agartha ein neues Machtzentrum errichten will. Doch auch das Königreich im Himalaja wurde in eine Parallelwelt versetzt. Patrem kommt ums Leben; zurück bleiben seine gefährlichen Artefakten. Matt will sie im Hort des Wissens deponieren, einer Enklave befreundeter Retrologen und Wissenschaftler.

Da taucht Kormak auf. Im Kampf gegen ihn wird Ydiel von einer Artefaktwaffe auf Insektengröße verkleinert. Kormak kann entkommen, als ein weiteres Areal erscheint: die Stadt Coellen (Köln) – und mit ihr Rulfan und der irre Professor Dr. Smythe! Die Freude über das Wiedersehen mit dem in ihrer Welt verstorbenen Freund währt nur kurz, denn Smythe kommt frei, kann aber gestoppt werden. Rulfan schließt sich den Freunden an. Kormak nimmt derweil Kontakt zu den Reenschas in Glasgow auf, wird deren Chefexekutor und greift den Hort des Wissens an, scheitert aber und wird von seinen neuen Verbündeten in den Kerker geworfen.

Inzwischen wächst Ydiel langsam wieder zu seiner ursprünglichen Größe heran. Es gelingt ihm, Kontakt zu Matt und Aruula aufzunehmen, die ihn nach Yucatán zurückbringen. Zuvor müssen sie jedoch miterleben, wie Aran Kormak mit einem Ballon aus der Festung der Reenschas flieht – und mit dem Miniaturisierer verkleinert wird! Fast zeitgleich gelingt auch Smythe die Flucht aus Coellen, mit der Hilfe von Rulfans Frau Maleen. Oder stirbt er im Dornenwall? Rulfan schließt sich den Freunden wieder an.

Da empfängt Aruula einen Hilferuf von der Pflanzen-Entität GRÜN, die sie nach Neuseeland lockt, wo ein Volk nach den Büchern von J.R.R. Tolkien lebt. Dort treffen die Freunde auf eine botanische Pest, die aus einer Parallelwelt herübergekommen ist und unsere zu überwuchern droht – und GRÜN, der, wie sich nun herausstellt, für die Dornenhecken rund um die Anomalien verantwortlich war, ist machtlos gegen sie!

Die bionetische Bombe

von Ian Rolf Hill

Jedes Mal, wenn ich das in Leder gebundene Buch zur Hand nehme, bricht es mir das Herz. Martha hatte es mir zum Abschied geschenkt, damit ich meine Gedanken und Gefühle niederschreiben kann. Als sie mir die erste Kladde überreichte, sagte sie, dass man seine Träume festhalten müsse, sonst flögen sie davon und wären verloren.

Zwei Bücher habe ich bereits mit diesen Träumen gefüllt, damit Martha an meinem Glück teilhaben kann. Das dritte jedoch wird sie niemals zu Gesicht bekommen, und das ist vielleicht das Einzige, was ich dieser Tage nicht bereue. Es gibt keine Träume mehr, die ich niederschreiben könnte, höchstens Albträume. Es ist meine persönliche Chronik des Niedergangs.

Als Globusch Burkenbiel erwachte, wusste er, dass das Dorf verloren war!

Ein Blick auf den Chronographen verriet ihm, dass die Sonne längst aufgegangen sein musste. Trotzdem drang kaum Helligkeit durch die kreisrunden Fensteröffnungen. Der Grund dafür waren jedoch keine Wolken.

Vom Bett aus konnte Globusch einen Blick durch das Fenster werfen, das sich direkt neben seinem Nachtlager befand. Im Sommer wurde er häufig von Sonnenstrahlen geweckt, die ihn in der Nase kitzelten. Auch jetzt kitzelte es in seiner Nase, doch es war nicht die Sonne.

Für die Dauer mehrerer Herzschläge blieb Globusch regungslos liegen, beobachtete gebannt den sienafarbenen Himmel, vor dem die Äste des Apfelbaums im seichten Wind auf und nieder schwangen. Sie winkten ihm zu, drängten ihn, aufzustehen und hinaus ins Freie zu gehen.

Komm, Globusch, säuselte der Wind. Komm heraus zu uns. Wir warten auf dich.

Und Globusch Burkenbiel stand auf.

Seine nackten Füße versanken knöcheltief in einem schwammigen Geflecht. Globusch senkte den Kopf und erblickte die Auswüchse jener roten Pest, die die Kürbisfelder seiner Nachbarn überwuchert und verschlungen hatte. Er folgte den flachen Ausläufern bis zur Haustür. Das Zeug musste unter dem Türspalt hindurchgekrochen sein, während er geschlafen hatte.

Globusch beschleunigte seine Schritte und riss die Tür auf. Es scherte ihn nicht, dass ihn seine Nachbarn womöglich im Schlafgewand erblickten; die hatten gewiss ganz andere Sorgen.

Er blieb auf der Schwelle stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Wo er auch hinblickte, überall sah er die Rote Pest!

Sie pulsierte und waberte, überwucherte Zäune und Gebäude, umschlang Bäume und Sträucher und formte auf dem Boden einen dichten Teppich, aus dem sich in unregelmäßigen Abständen kugelförmigen Erhebungen emporwölbten.

Zuerst dachte Globusch an die Kürbisse der Muks, bis er genauer hinschaute. Das Geflecht bildete keine undurchdringliche Masse. Es gab Lücken, durch die er hindurchblicken konnte. Und was er sah, steigerte seine Furcht ins Unermessliche.

Bleiche Haut schimmerte zwischen den Ranken, ein trübes Auge starrte ihn an. Aus einem anderen Hügel ragten eine Nase und ein Ohr, zusammen mit einem Büschel Haare.

Es waren die Köpfe seiner Nachbarn, die von der Roten Pest verschlungen worden waren! Ihre Körper hatten sich bereits aufgelöst, trotzdem schien noch ein Funken Leben in den Muks zu stecken. Einer der Hügel bewegte sich, als sich der Mund des darunter befindlichen Schädels öffnete.

»Hilf uns, Globusch. Nur du kannst uns retten!«

Es war Gretka, Martiins Weib. Globusch schluckte. Diese törichten Narren, hätten sie doch bloß auf ihn gehört! Jetzt bezahlten sie den Preis für ihre Ignoranz.

»Ja, hilf uns, Globusch!«

Er wandte den Kopf und erschrak heftig, als er die drei hochgewachsenen Fremden sah, die vor wenigen Tagen mit einer Flugmaschine gekommen waren und sich als Retter aufgespielt hatten.1) Nun, jetzt konnten ja alle sehen, was Versprechungen von Menschen wert waren.

Der Blonde mit dem grimmigen Gesicht war bis zum Hals von den knotigen Strängen umschlungen worden, nur der Kopf ragte aus dem kegelförmigen Geflecht heraus. Seiner halbnackten Gefährtin mit der bemalten Haut war es nicht anders ergangen. Sie war es auch, die in Gretkas Flehen mit einfiel.

Und dann war da ja noch der Zauberer Rulfan.

Schöner Zauberer, wie er da ohnmächtig im Würgegriff der Roten Pest vor sich hinsiechte. Globusch schnaubte abfällig und vergaß darüber sogar seine Angst. Bis über ihm der Himmel explodierte!

Lauter Donner krachte, gefolgt von einem grellen Blitz.

Eine Sonne erstrahlte in feurigem Licht, das Globusch blendete. Er hob die Hand, um sein Gesicht abzuschirmen. Das Leuchten wurde rasch schwächer, ohne jedoch gänzlich zu erlöschen. Der Rand der Sonne stand in lodernden Flammen.

Globusch glaubte den Verstand zu verlieren, als er den schwarzen Spalt erblickte, der sich lotrecht durch die Sonne zog. In der Mitte wuchs er in die Breite, während er an den Enden spitz zulief.

Wie eine gigantische Pupille.

Und da wusste Globusch, dass die Welt dem Untergang geweiht war, denn es war Saa’rons Auge, das auf ihn herabblickte. Wie in Tolkiins Prophezeiung vorhergesagt.

Globusch wollte sich umdrehen und zurück in sein Haus rennen, um sich dort unter der Bettdecke zu verkriechen, doch er kam nicht von der Stelle. Panisch senkte er den Blick und sah die Rote Pest, die in der Zwischenzeit lautlos an seinen Beinen emporgewachsen war und sie bis zu den Oberschenkeln verschlungen hatte.

Globusch Burkenbiel hatte im wahrsten Sinn des Wortes Wurzel geschlagen …

Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr er von seinem Nachtlager auf.

Das Schlafgewand klebte wie eine zweite Haut am Körper. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, sein Atem ging schnell und schwer.

Ein Traum! Es war nur ein Traum gewesen!

Fahles Mondlicht fiel durch das Fenster auf die Bettdecke. Die Äste und Zweige des Apfelbaums hoben sich schwarz vor dem dunkelblauen Nachthimmel ab.

Wie die knorrigen Klauen eines Ringgeistes, schoss es Globusch durch den Kopf, und er erschauerte.

Hastig schlug er die Decke zur Seite und schwang die pelzigen Füße aus dem Bett. Sie waren frei von der Roten Pest. Globusch atmete erleichtert auf und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Eine Gänsehaut rieselte ihm über den Rücken.

Mit einem erschreckten Keuchen auf den Lippen sprang er wie von der Kankra gebissen auf und stolperte zur Waschschale, die vor dem hohen Wandspiegel auf der Kommode stand. In der Dunkelheit stolperte er über seine Pantoffeln, schaffte es aber gerade noch rechtzeitig, sich an der Kante des Möbels festzuhalten. Dabei stieß er gegen die Schüssel, die mit lautem Scheppern zu Boden fiel. Seine Finger zitterten, als er nach den Schwefelhölzern griff und das Windlicht entzündete.

In seinem Schein starrte Globusch in den Spiegel, aus dem ihm sein eigenes wächsernes Antlitz entgegenblickte. Doch es sah nicht mehr so aus, wie er es in Erinnerung hatte. Vom Haaransatz bis zum Kinn wurde die gesamte linke Gesichtshälfte von einer blutroten Flechte bedeckt, deren Ausläufer bis in seine Nase hinein wucherten, wo sie ein Jucken verursachte, als würden ihn morgendliche Sonnenstrahlen kitzeln.

Der Schreck währte nur kurz. Von einer Sekunde zur anderen überkam Globusch ein unbändiger Zorn, der tief in seiner Seele verwurzelt war.

Diese dämlichen Muks waren ihm schon immer auf die Nerven gegangen. Sie allein trugen die Schuld daran, dass es so weit gekommen war. Statt jedoch zu tun, was nötig war, um die Ausbreitung der Roten Pest zu verhindern, taten sie alles, damit sie ungehindert wuchern konnte.

Ebenso wie ihre menschlichen Freunde.

Vermutlich steckte der Zauberer gar dahinter. Jeder wusste doch, wie hinterlistig Menschen waren, und dass sie mehr als alle anderen nach Macht strebten.

Wo konnte man denn am ehesten die Saat für den Untergang des Tals legen als auf den Gemüsefeldern der einfältigen Muks?

Aber nicht mit ihm! Er würde nicht tatenlos zusehen, wie alles, wofür er so hart geschuftet hatte, den Bach runterging.

Der erste Versuch, die Felder mit Sprengladungen von den bösartigen Gewächsen zu befreien, war gescheitert. Aber auch nur, weil die Menschen ihm und dem Babork-Clan in die Quere gekommen waren. Sie konnten ja schließlich nicht zulassen, dass er ihre Pläne zunichtemachte.

Dabei wussten sie nicht, dass er noch weitere Sprengsätze besaß. Er hatte davon reichlich zur Seite geschafft. Ein Blick in den Spiegel genügte jedoch, um zu erkennen, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Wenn er noch etwas retten wollte, musste er schnell handeln.

Globusch kleidete sich rasch an und schlich im Schutz der Dunkelheit zum Werkzeugschuppen. Dort lagerte nicht nur der Sprengstoff, sondern auch der hölzerne Handkarren. Globusch verharrte für einen kurzen Augenblick und lauschte. Bis auf das leiste Knistern, mit dem die Rote Pest wucherte und gedieh, war nichts zu hören.

Globusch schnaubte abfällig und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, die immer stärker juckte.

Das war so typisch. Saa’ron streckte seine Klauen nach ihrer Heimat aus, und alle schliefen. Nun, er würde nicht schlafen, sondern tun, was getan werden musste.

Er hielt inne, als er den Schuppen verließ und am Himmel das türkisfarbene Leuchten wahrnahm. Welch erhabener Anblick! Globusch ließ sich nicht davon ablenken. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen.

Die Räder des Karrens sanken durch das Gewicht der Feuerwerkskörper tief in das weiche Erdreich. Es würde ein mühsamer Weg werden, doch er hatte es ja nicht weit.

Geschwind wie ein spitzohriger Waldelf brachte er die Päckchen aus, die er mit in Öl getränkten Schnüren miteinander verband. Globusch rieb sich die Hände und kicherte, als er die Feuersteine aus der Joppe kramte. Er wollte sie bereits gegeneinander schlagen, als er Schritte vernahm.

Globusch hielt den Atem an. Da war doch jemand! Tatsächlich, im fahlen Licht erkannte er die gedrungene Gestalt von Pamuk, Martiins Sohn. Er lief über das Feld mit den Feuerwerkskörpern! Wenn er sie entdeckte, dann … Schon verharrte die kleine Nervensäge mitten im Schritt. Pamuk blieb stehen und beugte sich hinab.

Jetzt oder nie!

Hastig schlug Globusch die Feuersteine aneinander. Funken sprühten. Nur einer brauchte die Zündschnur zu treffen, dann würde ihn niemand mehr aufhalten.

Es kümmerte Globusch nicht, was aus ihm wurde. Für sein Dorf war er bereit zu sterben, und so verstärkte er seine Bemühungen.

Natürlich blieb das Klacken der Steine nicht unbemerkt. Pamuk fuhr hoch und sah sich um. Seine angstvoll geweiteten Augen glänzten im Mondlicht. Einen Atemzug später drangen schrille Schreie aus seinem Mund.

Im selben Augenblick fing die Lunte Feuer. Globusch frohlockte.

Die erste Sprengladung detonierte mit einem ohrenbetäubenden Knall. Ein gewaltiger Feuerball stieg in den Himmel auf und breitete sich auch zu den Seiten hin aus.

Globusch Burkenbiel lachte. Sogar noch, als die Flammen seinen Leib erfassten und ihm das Fleisch von den Knochen brannten.

Tagebuch von Sergej Andrews

24. Januar 2012

Als wir gestern in Wellington eintrafen, wurden wir empfangen wie die Rolling Stones.

Oder wie Wesen von fremden Sternen, die gekommen waren, um die Menschheit zu erlösen. Zu Tausenden standen die Menschen am Flughafen und an den Straßen. Teilweise verkleidet als Halblinge, Orks oder Elben, hielten sie Transparente in die Höhe, auf denen unter anderem »Neuseeland ist Zwischenland!« zu lesen stand.

Ja, die Kiwis waren stolz drauf, dass auch die zweite Trilogie in ihrem wunderschönen Land gedreht wurde. Ein Großteil der Aufnahmen war zwar schon im Kasten, aber es fehlte noch der letzte Schliff. Und lange Zeit hatte es so ausgesehen, als würde das Projekt gänzlich scheitern.

Rückblickend betrachtet ist es beinahe rührend, mit welch visionärer Einfalt Peterson an seinem Traum festhielt.

Mit Bussen wurden wir aus der Stadt zu unseren Unterkünften geschafft, die mitten im Rimutaka Forest Park liegen. Das Wharekauhau Country Estate ist eine Augenweide. Das Hotel wurde im Landhausstil errichtet und bietet allen erdenklichen Komfort. Unsere Produzenten haben keine Kosten und Mühen gescheut.

Der Hauptcast wurde zusammen mit Peterson und seiner Frau Freda im Haupthaus untergebracht. Wir, die wir nur zur zweiten Garnitur gehören, müssen uns mit den Bungalows begnügen. Aber um ehrlich zu sein, bin ich darüber gar nicht so unglücklich.

Es würde dir hier gefallen, Martha. Es sind kleine weiße Bungalows, deren Dächer mit dunklen Schieferplatten bedeckt sind, und jeder ist mit einem eigenen Kamin ausgestattet. Was kümmert es mich, dass wir uns zu dritt ein Schlafzimmer teilen müssen?

Das Country Estate liegt inmitten saftig grüner Hügel, die sich im Norden in üppigen Wäldern von majestätischer Schönheit verlieren, während im Süden die Wellen des Pazifik an die Küste rollen.

Ach, Martha, wenn du nur bei mir wärst. Allein dass du es nicht bist, versetzt meiner Euphorie einen Dämpfer. Wenigstens müssen wir uns über den Kometen keine Gedanken machen. Nicht auszudenken, was geschähen würde, träfe er die Erde. Doch wenn wir den Regierungsberichten Glauben schenken (und warum sollten wir das nicht tun?), dann wird er tausende Meilen entfernt vorbeirauschen. Wir brauchen uns also keine Sorgen zu machen.

27. Januar 2012

Sie haben uns angelogen!

Sie alle haben gelogen, als sie behaupteten, der Komet würde an der Erde vorbeifliegen. Zwar ziemlich nah, sodass es auf einigen Erdteilen zu heftigen Unwettern käme, doch der Super-GAU würde ausbleiben.

Und wir Idioten haben diese Lügen leichtgläubig geschluckt. Kein Wunder! Wer will schon akzeptieren, dass die Welt bald vor die Hunde geht?

Ich bin so wütend und enttäuscht, dass ich es kaum in Worten fassen kann. Wütend auf die Regierungen, die uns seit Wochen in trügerische Sicherheit wiegen und die Hoffnung geschürt haben, dass alles gut ausginge. Wütend auf Peterson und seine Geldgeber Williams, Welsh und Cummings, die ins selbe Horn gestoßen haben und uns mit ihrem Ehrgeiz ansteckten. Am meisten aber gilt meine Wut mir selbst. Dass ich mich von Simon habe überreden lassen, noch einmal mit nach Neuseeland zu fliegen, sämtlicher Warnungen zum Trotz.

Der Erfolg der ersten drei Filme sprach für sich, und die Chancen, dass die Prequel-Trilogie diesen noch übertrumpfen würde, standen gut. Ich müsse mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn ich mir diese Gelegenheit entgehen ließe. Das waren Simons Worte gewesen.

Ihm kann ich kaum einen Vorwurf machen, schließlich ist er mein Agent. Es war sein Job, mir in den Hintern zu treten und mich darauf hinzuweisen, dass ich den größten Fehler meines Lebens beginge, wenn ich dieses Engagement nicht annähme.

Tja, hätte ich in diesem Fall mal besser auf Martha gehört. Meine wunderschöne Martha!

Du allein bist der Grund, weshalb ich nicht mehr in den Spiegel schauen kann. Du hast mich davor gewarnt, in den Flieger zu steigen. Du hast mich angefleht, ja sogar mit Trennung gedroht, doch ich Idiot habe nur meine dummen Witze darüber gemacht. In der Gewissheit, dass du es dir anders überlegen würdest, wenn ich erst ein Star wäre.

Außerdem warst du schon immer leicht hysterisch veranlagt. Ich weigere mich zuzugeben, dass dies einer der Gründe war, der mich in meinem Entschluss bestärkte, Peterson und seinen Zirkus nach Neuseeland zu begleiten. Aber um ehrlich zu sein, wurde mir allein bei dem Gedanken schwindelig, deine Weltuntergangsprophezeiungen die nächsten Wochen über mich ergehen zu lassen.

Was würde ich jetzt darum geben, noch einmal deine Stimme zu hören?