Maddrax 534 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 534 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Matt, Rulfan, Aruula und Worrex folgen der Spur der vier Kämpfer, die offenbar von dem Organismus in der Stasiskapsel okkupiert wurden. Die Zukunft der Erde hängt davon ab, sie zu finden und das Wesen gegen die aufbrechenden Raumzeit-Portale einzusetzen.
Davon ahnen die vier "Krieger des Lichts" nichts. Erst nach und nach erkennen sie, was mit ihnen passiert ist - und entdecken erschreckende Fähigkeiten. Ihnen gemein ist der unstillbare Hunger nach Energie, egal in welcher Form. Dafür gehen sie über Leichen ...

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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Melange

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Ian Rolf Hill

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7517-0039-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Mensch­heit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber etwas geht schief: Areale aus verschiedenen Parallelwelten manifestieren sich plötzlich auf der Erde…

Um diese fünfzig Kilometer durchmessenden Parallelwelt-Areale, die von hohen Dornenhecken umgeben sind, aufzuspüren, nutzen Matt und Aruula ein im Erdorbit installiertes Satelliten-Netzwerk. Mit einem Gleiter überwinden sie die Pflanzenwälle. Eine ihrer Reisen führt sie in ein paralleles Rom, das von einem zeitreisenden Archivar namens Patrem regiert wird, der in Agartha ein neues Machtzentrum errichten will. Doch auch das Königreich im Himalaja wurde in eine Parallelwelt versetzt. Patrem kommt ums Leben; zurück bleiben seine gefährlichen Artefakte. Matt will sie im Hort des Wissens deponieren, einer Enklave befreundeter Retrologen und Wissenschaftler.

Ein weiteres Areal erscheint: die Stadt Coellen – und mit ihr der Neo-Barbar Rulfan, ein in ihrer Welt längst verstorbener Freund, der sich ihnen anschließt.

Matts Erzfeind Colonel Aran Kormak wird derweil Chefexekutor der Reenschas in Glasgow. Er greift den Hort des Wissens an, scheitert aber und wird in den Kerker geworfen. Matt und Aruula erleben Kormak Flucht mit, und wie er in einem Ballon von einem Artefakt Patrems verkleinert wird! Später dringt er in den Hort des Wissens ein, erfährt vom Zeitstrahl und versucht ihn zu durchqueren.

Da empfängt Aruula einen Hilferuf der Pflanzenentität GRÜN. In Neuseeland treffen die Freunde auf eine botanische Seuche, die aus einer Parallelwelt herübergekommen ist. GRÜN, der für die Dornenhecken rund um die Anomalien verantwortlich zeichnet, ist dagegen machtlos und dem Tode nah. Gemeinsam mit den Hydriten – Fischmenschen, die seit Äonen auf der Erde leben – entwickelt man eine bionetische Waffe gegen die Rote Pest, die sie dank des wieder gesundeten GRÜN zünden können.

Inzwischen haben die Archivare herausgefunden, dass ihre Reisen in die Vergangenheit für die Weltenwechsel verantwortlich sind: Wo immer sie ein Portal schufen, wurde die Raumzeit geschwächt und bricht nun durch den Wurmloch-Unfall auf! Ein Gegenmittel verspricht man sich von zukünftigen Generationen, und mit einem Trick wird es aus ferner Zukunft mit einer Stasiskapsel in Matts Vergangenheit zurückversetzt. Doch als die Freunde die Kapsel finden, ist sie leer! Das Wesen darin hat vier Menschen okkupiert, die „Krieger des Lichts“, die einen Feldzug gegen den Weltrat in Washington führen! Die Gefährten setzen sich auf ihre Spur…

Melange

von Ian Rolf Hill

Das Gewicht der Welt lastete auf seinen Schultern. So kam es Jared Mayham zumindest vor, als er sich mühsam aus der Erde wühlte, das Krachen der Explosionen noch in den Ohren. Schmerz pochte bei jeder Bewegung an seiner rechten Seite, dicht unterhalb der Schulter; vermutlich ein paar gebrochene Rippen.

Instinktiv orientierte sich Mayham in jene Richtung, in der das Erdreich nicht ganz so schwer und fest auf seinen Körper drückte. Noch ehe er sich von der Last befreien konnte, vernahm er die Rufe seiner Kameraden, die sich ihrerseits aus dem Boden wühlten. Von Sebezaans Männern und den Soldaten der WCA dagegen war nichts mehr zu hören. Hatten sie es überstanden?

Sand knirschte zwischen seinen Zähnen, als Jared die Kiefer aufeinanderpresste. Dann versuchte er sich aufzubäumen. Es klappte besser als erhofft. Bis sich neuer Schmerz durch die Flanke bis in seinen Brustkorb fraß. Die Lungen verkrampften sich und ihm stockte der Atem. Grelle Lichter explodierten vor seinen Augen.

Kraftlos sackte er zusammen, während er mit stoßweisen Atemzügen danach trachtete, sein heftig pochendes Herz zu beruhigen. Allein die Gesichtsmaske, die er bei Kampfeinsätzen stets trug und die seine Gegner in Angst und Schrecken versetzen sollte, verhinderte, dass ihm die Erde in Mund und Nase quoll. Dennoch bereitete ihm das Atmen zunehmend Probleme. Wenn es ihm nicht gelang, sich hier herauszuwühlen, würde er jämmerlich ersticken.

Der Gedanke mobilisierte seine Reserven. Noch ein Versuch! Jared zählte im Geiste bis drei, ehe er sich erneut in die Höhe drückte.

Plötzlich verharrte er. Erschütterungen brachten seine beengte Welt zum Zittern. Jared hielt die Luft an und – stieß sie erleichtert wieder aus. Die Erde wurde zur Seite geschaufelt, Sonnenlicht blendete ihn.

„Warte, mein Freund. Gleich hast du es geschafft!“ Eine kräftige braune Hand streckte sich ihm entgegen, ergriff seine rechte Schulter und zog daran. Jared hatte das Gefühl, jemand würde ihm mit einem glühenden Messer den Brustkorb aufschneiden. Ohne es zu wollen, brüllte er auf.

„Nun hab dich nicht so!“, rief sein Retter, bei dem es sich um Henry Sidemore handelte. Dennoch ließ der Ex-Marine los und schob die Hand stattdessen unter die linke Achsel.

Pfeifend stieß Jared den angehaltenen Atem aus. Schon sehr viel besser so. Erde rieselte von seinem kahlrasierten Kopf. Er blinzelte, bis sich die Augen an das Licht gewöhnt hatten, und blickte geradewegs in das dreck- und blutverschmierte Gesicht des Halbmexikaners, der die Lippen zu einem breiten Grinsen verzog.

„Willkommen unter den Lebenden!“

Jared nickte knapp, während er sich aufrichtete. Er war kein Mann vieler Worte und redete nur, wenn es unabdingbar war.

„Wie geht es den anderen?“

Sidemore erhob sich. Er schwankte leicht; ein Zeichen dafür, dass der zurückliegende Kampf mit den Agenten der WCA auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen war.1) Blut sickerte aus seinem Haar und vermengte sich mit dem Schweiß, der in dicken Tropfen auf der Stirn perlte. Trotzdem streckte er Jared die Hand entgegen, um ihm auf die Beine zu helfen.

„Alle noch am Leben.“

Jared sich um. Es war ein Bild der Verwüstung. Der explodierte Gleiter brannte; es knisterte und knackte und stank bestialisch. Überall lagen die Leichenteile von Sebezaans Leuten herum, an denen sich bereits die ersten Kolks gütlich taten. Von den WCA-Marines und ihren Gleitern war nichts zu sehen.

Sich gegenseitig stützend, stapften Mayham und Sidemore zu den beiden anderen Kriegern des Lichts. Sie schienen mitgenommen, aber unverletzt zu sein. „Die Weltrat-Schweine sind nicht mal ausgestiegen“, sagte Henry Sidemore. „Der Schaden, den sie angerichtet haben, reichte ihnen anscheinend aus.“

Jared sah, dass Olivia zum Fuß der Felsnadel starrte. Dort hatte eine Explosion einen weiten Krater gerissen. Und irgendwie… schien etwas am Grund des Kraters zu leuchten.

Neugierig ging Olivia näher heran. Jared wollte ihr schon zurufen, vorsichtig zu sein, da drehte sie sich um, sah zu ihnen zurück und winkte. „He, kommt mal her!“, rief sie. „Ich hab hier was entdeckt!“

Er, Sidemore und Goldstein schlossen eilig zu ihr auf. Gemeinsam erreichten sie den Rand des etwa vier Meter tiefen Kraters und blickten hinein.

Etwas lag darin, halb von Erde verdeckt: eine kreisrunde, gut zwei Meter durchmessende Kugel aus seltsam schimmerndem Material. Die Kapsel war mit metallischen Stempeln in der Schlucht verankert. Sie erinnerten Jared an die Beine einer künstlichen Siragippe.

„Ach du Scheiße, was ist das denn?“, entfuhr es Goldstein. „Etwa ein Dino-Ei?“

Sidemore ließ ein abgehacktes Lachen hören. „Dino-Ei! Ja, klar.“

„Und was ist es dann?“, fragte Ras.

„Das können wir nur feststellen, indem wir da runterklettern“, sagte Olivia. „Hat einer von euch ein Seil im Rucksack?“

Henry Sidemore hatte eines dabei. Sie befestigten es an einem Felsen und ließen sich in die Grube hinab. Mayham biss die Zähne zusammen, als der Schmerz in seiner Seite aufgrellte.

Derweil umrundete Olivia bereits die Kugel. Deren Oberfläche war durch die Explosionen beschädigt worden. Sie berührte sie mit den Fingern – und zog die Hand schnell wieder zurück. „Das Ding ist nicht von unserer Welt, wenn ihr mich fragt“, sagte sie unsicher.

Skeptisch beobachtete Jared, wie Olivia ihren Kopf vorbeugte, wohl um ein Ohr an die Wandung zu legen. Sie sollte vorsichtiger sein, dachte er. Wer weiß, was dieses Ding darstellt.

Da plötzlich öffnete sich direkt vor ihr ein kreisrunder Abschnitt in der Kugel, so blitzschnell, dass niemand hätte reagieren können. Olivia schrie auf und taumelte zurück.

Es dauerte einige Sekunden, bis Jared Mayham und seine Kameraden den Schock überwunden hatten. Dann stürzen sie vor und scharten sich um Olivia, die bewusstlos auf dem Rücken lag.

Hatte etwas sie getroffen oder angegriffen? Jared hatte nichts sehen können, weil Olivias Körper den Blick in die Kugel verdeckt hatte. Er beugte sich behutsam vor und warf einen Blick in die offene Kapsel, aber darin war nichts zu sehen außer einem Hohlraum, angefüllt mit Kabeln und technischem Gerät.

Jared wandte sich wieder den anderen zu. Um diese Kugel konnten sie sich auch später noch kümmern.

Erasmus „Ras“ Goldstein hatte sich neben Olivia niedergelassen. Es sah rührend aus, wie der durchtrainierte Informatiker die schlaffe Hand der jungen Frau hielt und ihr zärtlich über Stirn und Wangen strich. Jared wusste, wie verknallt sein Freund in Olivia war, doch leider half ihr das in dieser Situation herzlich wenig.

Mayham kniff die Augen zusammen. Er konnte keine äußeren Verletzungen erkennen, doch irgendetwas musste passiert sein, sonst wäre sie nicht zurückgezuckt und umgekippt. Ein Schlag, der heftig genug gewesen war, um Olivia das Bewusstsein zu rauben, hätte deutlich sichtbare Spuren hinterlassen müssen, zumindest einen Bluterguss.

Die eigenen Schmerzen ignorierend, kniete sich Jared gleichfalls neben Olivia, deren Gesicht aschfahl war. Ihre Lippen hoben sich kaum von der übrigen Haut ab.

„Was ist mit ihr, Ras?“

Der Informatiker hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Die Geste spiegelte seine Ohnmacht wider.

Auch bei Goldstein hatte der WCA-Angriff Spuren hinterlassen. Hinter dem rechten Ohr klebte eine dicke Kruste aus rotbraunem Blut. Ein Bügel seiner Brille fehlte, das Glas war gesprungen. Erstaunlich, dass er damit überhaupt sehen konnte.

„I-ich weiß es nicht“, stammelte der Computerfachmann tonlos.

Jared tastete nach Olivias Halsschlagader und atmete erleichtert auf, als er das schwache Puckern unter den Fingerspitzen spürte. „Sie lebt.“

Goldsteins Mundwinkel zuckten. Sein Blick ging zwischen Olivia und seinen Kameraden hin und her. „Aber was ist passiert…?“

Das hätte Mayham auch zu gern gewusst. Er musterte seine Kameraden und fragte: „Hat einer von euch etwas gesehen?“, erntete aber nur Schweigen.

Schließlich meinte Goldstein: „Es… es ging alles so schnell. Olivia… sie stand vor der Kugel… und dann… und dann… ist sie einfach umgekippt.“

Sidemore versetzte Goldstein einen Schlag gegen den Kopf, dass dessen Brille verrutschte. „Das wissen wir auch, Blödmann! Aber warum? Hat etwas sie angegriffen?“

Goldstein sah wütend zu dem Hünen hoch. „Du weißt es doch auch nicht, also halt dein blödes –“

Sidemore packte Ras am Kragen und zerrte ihn in die Höhe. Jared konnte gerade noch verhindern, dass Olivias Kopf auf die Erde schlug.

„Pass auf, was du sagst!“, blaffte der massige Halbmexikaner. Speichel sprühte in Ras’ Gesicht. „Sonst kann ich gerne nachholen, was die WCA versäumt hat!“

Jared sprang auf, um seinem Freund beizustehen, und bereute diese Entscheidung in dem Augenblick, als ihn der Schwindel erfasste. Er taumelte und musste sich an der Grubenwand abstützen.

„Hört auf zu streiten!“

Die Worte waren kaum mehr als ein Hauch und wären sicherlich ungehört geblieben, hätte zwischen den drei Männern nicht angespannte Stille geherrscht. Ungläubig sah Jared zu Olivia hinüber. Sie hatte die Augen geöffnet und starrte die beiden Streithähne an, die vor Überraschung gar nicht wussten, was sie tun sollten.

Im Gegensatz zu Jared, der sofort neben Olivia in die Hocke ging und ihr half, sich aufzusetzen.

„Olivia!“, rief Ras und wollte ihr ebenfalls zu Hilfe eilen – als sie sich zur Seite beugte und sich direkt vor seine Füße erbrach.

Sidemore stieß ein gackerndes Gelächter aus, wofür er sich einen bösen Blick von Jared einfing. Manchmal ging ihm die großkotzige Art des Ex-Marines gehörig auf den Sack. Es wurde Zeit, dass ihn mal jemand in seine Schranken wies, und wahrscheinlich würde Jared diese Aufgabe übernehmen müssen. Aber nicht jetzt; dafür war später noch genügend Zeit.

Jared griff an den Gürtel, wo die Feldflasche hing. Sie war weg! Er musste sie während des Kampfes verloren haben. Vermutlich lag sie irgendwo begraben.

„Scheiße!“, fluchte er. „Hat jemand Wasser?“

Ausgerechnet Sidemore nickte und hakte seine Flasche vom Gürtel. Er reichte sie Jared, der Olivia das Wasser einflößte. Nach dem dritten Schluck schob sie seine Hand zur Seite.

„W-was ist passiert?“

Jared hob die Augenbrauen. „Wir hatten gehofft, dass du uns das sagen kannst.“

Olivia senkte den Kopf und presste sich die Handballen gegen die geschlossenen Augen. „Ich… kann mich an nichts erinnern“, murmelte sie.

„Aber an den Sebezaan und seine WCA-Monkees schon noch, oder?“, ätzte Sidemore.

„Lass sie!“, rief Goldstein. „Du siehst doch, dass sie noch völlig benommen ist.“

„H-helft mir hoch“, bat Olivia.

Jared nickte und biss die Zähne zusammen, als sie sich auf seinen rechten Arm stützte. Pfeifend sog er die Luft in die Lungen und wäre fast zusammengebrochen, hätte Goldstein ihm seine menschliche Last nicht abgenommen. Es kümmerte ihn nicht, dass er in das Erbrochene trat.

Es sprach für Olivia, dass sie trotz ihrer eigenen misslichen Situation sofort erkannte, dass etwas mit Jared nicht stimmte. Einem männlichen Anführer wäre es womöglich gar nicht aufgefallen – oder er hätte es ignoriert. Nicht so Olivia Canning.

„Bist du verletzt?“, erkundigte sie sich besorgt.

Er schüttelte den Kopf. „Nur ein paar geprellte Rippen.“

Sie glaubte ihm nicht, aber das wunderte Jared keineswegs. Er hatte Olivia als aufmerksame Beobachterin kennengelernt.

„Wohl eher gebrochen“, sagte sie. „Tut’s sehr weh?“

„Nur wenn ich lache.“

„Keine Sorge, das Lachen sollte uns fürs Erste vergangen sein.“

„Schluss mit dem Gesülze“, mischte sich Sidemore ein. „Wir müssen hier weg, bevor die WCA zurückkommt, um aufzuräumen.“

Olivia richtete den Blick auf den Ex-Marine. „Ich sage es nur ungern, aber Henry hat recht.“ Sie hob den Kopf. „Je eher wir hier rauskommen, desto besser!“ Sie verzog die Lippen zu einem herablassenden Lächeln. „Ich schlage vor, du machst den Anfang. Dann kannst du Jared und mir beim Aufstieg helfen.“

Sidemore sah aus, als wollte er protestieren, zog es dann jedoch vor, zu schweigen. Er warf Goldstein einen letzten abfälligen Blick zu, dann schulterte er seine Armbrust und hangelte sich am Seil hoch.

Olivia beobachtete jede seiner Bewegungen und schien gar nicht zu bemerken, wie Jared sie prüfend von der Seite musterte.

„Wie geht es dir?“

Sie senkte den Kopf und schaute ihn an. Der kalte Ausdruck in ihren Augen ließ ihn erschauern. „Gut!“, erwiderte sie einsilbig, ehe sie nach kurzem Zögern hinzufügte: „Ich bin unverletzt.“

Jared runzelte die Stirn und suchte Goldsteins Blick, der jedoch damit beschäftigt war, das Etui mit der Ersatzbrille aus einer der zahllosen Taschen seiner Uniform zu kramen.

„Das meinte ich eigentlich nicht“, erwiderte Jared leise.

Olivia schüttelte den Kopf. „Sondern?“

Fast hätte er gelacht, verbiss sich die Reaktion aber. Olivia hätte sie zu leicht in den falschen Hals bekommen können. „Der Sebezaan? Mr. Black? Alex?“

Sie zögerte, als müsse sie erst überlegen, was diese Namen zu bedeuten hatten.

Alexander Canning war ihr Bruder gewesen, der ermordet worden war. Angeblich an den Feind verraten von Mr. Black, einem der führenden Köpfe des Weltrats. Olivia hatte sich an dem Mörder ihres Bruders rächen wollen und zu diesem Zweck eine kleine Gruppe von Mitstreitern zusammengestellt. Sie nannten sich die „Krieger des Lichts“: Olivia Canning, Henry Sidemore, Erasmus Goldstein und er selbst, Jared Mayham.

Wie sich herausstellte, war es jedoch nicht Mr. Black gewesen, der Alex Canning auf dem Gewissen hatte, sondern der Führer einer Untergrundtruppe, der sich „Sebezaan“ nannte.

Allein die Tatsache, dass sie alle von dem vermeintlichen General manipuliert worden waren, frustrierte Jared. Wie musste es da erst Olivia gehen? Doch sie verhielt sich gerade so, als ob das alles keine Bedeutung mehr hätte.

„Der Sebezaan ist tot. Der Rest spielt keine Rolle“, antwortete sie in einer Tonlage, die signalisierte, dass das Thema für sie erledigt war.

„Wie du meinst“, entgegnete Jared.

„He“, ertönte es kurz darauf von oben. „Bindet euch am Seil fest, einer nach dem anderen! Ich ziehe euch hoch!“

Jared machte eine einladende Geste und ließ Olivia den Vortritt, die sich mit Goldsteins Hilfe das Seil um die Hüften schlang. Dabei schien es sie nicht zu stören, dass ihre Uniformjacke offenstand und sie mit dem verschwitzten Oberkörper dicht an Goldsteins Gesicht entlangstrich. Ihre Brüste unter dem Top zitterten im Takt ihrer keuchenden Atemzüge.

Jared brauchte nur einen Blick auf die Beule in Goldsteins Schritt zu werfen, um zu erkennen, dass die Nähe zu Olivia seinen Freund keineswegs kalt ließ.

Ras hatte schon immer ein Faible für Frauen in Uniform gehabt, die ihm sagten, wo’s langging. Der Knabe konnte von Glück reden, dass Jared hier unten stand und nicht Sidemore. Das Großmaul hätte sich einen spöttischen Kommentar nicht verkneifen können.

Olivia stemmte sich mit den Füßen gegen die Kraterwand und stapfte Schritt für Schritt nach oben, als Sidemore sie hochzog. Nach einer Minute war sie oben und das Seil fiel in die Grube zurück.

Als Nächster kam Mayham an die Reihe. Er blickte noch einmal zu der offenen Kugel zurück. Bedauerlich, dass sie keine Zeit hatten, sie näher zu untersuchen. Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Wenn sie erst sicher waren, dass der Weltrat das Interesse verloren hatte, konnten sie sich das Ding immer noch näher ansehen.

Jared verzichtete darauf, sich das Seil um die Taille zu binden, sondern packte es mit beiden Händen. Lieber riskierte er einen Absturz, als dass sich die Rippen in die Lungen bohrten. Obwohl ihn fast jede Bewegung schmerzte, schaffte er den Aufstieg. In Schweiß gebadet langte er oben an und fiel japsend auf den Rücken.

Olivia beugte sich über ihn und lächelte. Mit kreisenden Bewegungen streichelte sie seinen Oberkörper. Ihre Blicke klebten förmlich an seinem Hals.

„Alles okee?“, wisperte sie.