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Was Matthew Drax noch nicht ahnt: Das neue Parallelwelt-Areal in Kentucky ist dort entstanden, wo ein gewisser Colonel Aran Kormak in Fort Knox einen entscheidenden Schlag gegen Sub'Sisco vorbereitet. Jedoch nicht als Bösewicht, sondern im Auftrag der US-Regierung und General Drax, um den gefährlichen Terroristen Miki Takeo unschädlich zu machen. Der Weltenwechsel ändert alles - und führt zusammen, was sich nie hätte begegnen dürfen ...
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Seitenzahl: 145
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Was bisher geschah …
Die Stunde des Despoten
Leserseite
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Lektorat: Michael Schönenbröcher
Titelbild: Néstor Taylor/Bassols
Autor: Ian Rolf Hill
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7517-0043-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber etwas geht schief: Areale aus verschiedenen Parallelwelten manifestieren sich plötzlich auf der Erde…
Um diese 50 Kilometer durchmessenden Parallelwelt-Areale, die von hohen Dornenhecken umgeben sind, aufzuspüren, nutzen Matt und Aruula ein im Erdorbit installiertes Satelliten-Netzwerk. Mit einem Gleiter überwinden sie die Pflanzenwälle. In einem parallelen Rom treffen sie auf einen zeitreisenden Archivar namens Patrem, der mit Hilfe gefährlicher Artefakte herrschen will. Matt setzt dem ein Ende. Seine Waffen deponiert er im Hort des Wissens, einer Enklave befreundeter Retrologen und Wissenschaftler.
Da erscheint ein weiteres Areal: die Stadt Coellen – und mit ihr der Neo-Barbar Rulfan, ein in ihrer Welt längst verstorbener Freund, der sich ihnen anschließt.
Matts Erzfeind Colonel Aran Kormak wird derweil auf der Suche nach Verbündeten Chefexekutor der Reenschas in Glasgow. Er greift den Hort des Wissens an, scheitert aber und wird in den Kerker geworfen. Matt und Aruula erleben Kormaks Flucht mit, und wie er in einem Ballon von einem Artefakt verkleinert wird! Später dringt er in den Hort des Wissens ein, erfährt vom Zeitstrahl und versucht ihn zu durchqueren.
Da empfängt Aruula einen Hilferuf der Pflanzenentität GRÜN. In Neuseeland treffen die Freunde auf eine botanische Seuche, die aus einer Parallelwelt herübergekommen ist. GRÜN, der für die Dornenhecken rund um die Anomalien verantwortlich zeichnet, ist dagegen machtlos. Gemeinsam mit den Hydriten – Fischmenschen, die seit Äonen auf der Erde leben – entwickelt man eine Waffe gegen die Rote Pest, die sie dank des wieder gesundeten GRÜN zünden können.
Inzwischen wissen die Archivare, dass ihre Reisen in die Vergangenheit für die Weltenwechsel verantwortlich sind: Wo immer sie ein Portal schufen, wurde die Raumzeit geschwächt und bricht nun durch den Wurmloch-Unfall auf! Spätere Generationen entwickeln ein Gegenmittel, das aus ferner Zukunft in einer Stasiskugel zurückversetzt wird. Doch als die Freunde die Kapsel finden, ist sie leer! Das Wesen darin hat vier Menschen okkupiert, die „Krieger des Lichts“, die einen Feldzug gegen den Weltrat in Washington führten! Nun mutieren sie zu mächtigen Wesen, die auf der Suche nach Energie eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. In einem verfallenen Freizeitpark holen die Gefährten sie ein – und müssen sich gegen mutierte Gejagudoos erwehren. Als Worrex den Gleiter bruchlandet, können die Krieger abermals entkommen.
Die Stunde des Despoten
von Ian Rolf Hill
Fasziniert betrachtete Colonel Aran Kormak die Konstruktion. Sie stand auf einem chromblitzenden Arbeitstisch in der Mitte der Werkstatt. Hier tüftelten seine besten Techniker Tag und Nacht an neuen Waffen und Kriegsgeräten, die seine Autorität festigen sollten. Dabei sah ihre jüngste Errungenschaft eher harmlos aus: zwei Handspannen lang und von zylindrischer Form, die an der Vorderseite spitz zulief. Doch so unscheinbar der Paralysator auch wirken mochte, er würde ihnen den Sieg bringen, dessen war sich Kormak sicher.
Sub’Sisco würde fallen! Die Tage von Miki Takeo waren gezählt.
„Ist sie nicht wunderschön?“
Kormak hob den Kopf und blickte seinen Chefingenieur über das Konstrukt hinweg an. „Schönheit ist irrelevant“, schnarrte er. „Allein die Effektivität zählt!“
„Ich meinte ja nur…“ Trevor Garrett blinzelte verlegen. Seine tiefbraune Haut wurde noch dunkler, als ihm das Blut in den Kopf stieg. Der Mann schluckte, dass sein Adamsapfel auf und ab hüpfte. Schließlich straffte er seine Gestalt und richtete sich auf. „Machen Sie sich darüber keine Sorgen, Sir. Der Paralysator wird funktionieren.“
Das setzte Kormak auch voraus – vor allem, nachdem vor einigen Wochen der Prototyp des Geräts unter mysteriösen Umständen aus einem dreifach gesicherten Raum verschwunden war. Bis heute gab es keine Erklärung dafür, nur Kormaks ungewisse Befürchtung, dass Miki Takeo den Diebstahl initiiert hatte. Wenn dies so war, kam es einer Katastrophe gleich.
„Wann ist die Waffe einsatzbereit?“, linkte Kormak sich von den beunruhigenden Gedanken ab.
Garrett winkte seinem Assistenten Johnson, einem hageren Männchen, auf dessen Nase das Gestell einer Brille mit runden Gläsern ritt. Der Soldat reichte dem Chefingenieur ein altmodisches Klemmbrett. Kormak konnte Garretts Obsession, komplizierte Berechnungen per Hand durchzuführen, nicht nachvollziehen. Immerhin standen ihm einige hochentwickelte Computer zur Verfügung. Sogar Pads, die kaum schwerer waren als solch ein antikes Klemmbrett.
Das erste Mal, als Kormak diesen Spleen bemerkte, kurz nachdem Garrett seiner Kompanie zugeteilt worden war, hatte er es für Angeberei gehalten; Garretts subtile Art, den Menschen um ihn herum zu zeigen, dass er ihnen überlegen war. Bis er schließlich herausgefunden hatte, dass Meister Balderzon, wie seine Kollegen Trevor Garrett nannten, keineswegs angeben wollte. Er traute den Computern schlicht und ergreifend nicht über den Weg. Getreu dem Motto: Wenn du willst, dass etwas ordentlich gemacht wird, dann mach es selbst.
Oder anders ausgedrückt: Trevor Garrett hielt sich für schlauer als die Computer.
Nun ja, vielleicht war es ja doch bloß Angeberei.
„Wir müssen noch einige Tests vornehmen. Die Stabilität des elektromagnetischen Felds weist noch Unregelmäßigkeiten –”
Mit einer herrischen Geste schnitt Kormak dem Waffeningenieur das Wort ab. „Ich bin nicht an Erklärungen interessiert. Ich habe Ihnen eine unmissverständliche Frage gestellt und erwarte eine eindeutige Antwort.“
Wieder schluckte Garrett. Er musste sich räuspern, ehe er weitersprechen konnte. „Achtundvierzig Stunden.“
Kormak nickte knapp. „Das wollte ich hören. Machen Sie weiter!“ Er machte auf dem Absatz kehrt, und ging auf die Tür zu. Kurz bevor er das Labor verließ, drehte er sich noch einmal zu Garrett und seinem Assistenten um, die sich längst wieder über den Paralysator gebeugt hatten.
„Gute Arbeit, Gentlemen. Ich muss gestehen, ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie während meiner Abwesenheit so enorme Fortschritte erzielen würden.“
Garrett und Johnson wechselten einen überraschten Blick. Ein Lob aus Colonel Kormaks Mund war ungefähr so selten wie eine zahme Taratze. Und mindestens ebenso unberechenbar.
Aran musste sich das Grinsen verkneifen. Er konnte es in den Köpfen der Ingenieure förmlich rattern hören. Vermutlich rechneten sie jeden Moment damit, dass das dicke Ende noch nachkam. Doch Kormak nickte lediglich und eilte schnurstracks aus dem Labor.
Bevor er in die Zentrale zurückkehrte, um den bevorstehenden Angriff auf Sub’Sisco zu koordinieren, führte ihn der Weg zu den Arrestzellen. Kormak lauschte dem hallenden Echo seiner Schritte, während er durch die Gänge marschierte. Neue Zuversicht erfüllte den Colonel. Die Zukunft sah zur Abwechslung mal nicht ganz so düster aus.
Auf dem Flur, der in den Gefängnistrakt führte, saß eine zierliche Frau auf einer hölzernen Bank ohne Lehne. Die brauchte sie auch nicht, denn ihr Rücken war so gerade, dass man ein Lineal hätte dagegenhalten können.
Das durch die Oberlichter fallende Sonnenlicht tauchte sie in einen hellen Schleier, in dem nicht ein Staubkorn tanzte. Als sich die Echos von Kormaks Schritten näherten, stand die Frau auf und stellte sich ihm in den Weg. Sie trug eine frisch gebügelte, hellgraue Uniformjacke. Weiße Handschuhe steckten unter der linken Schulterklappe, das Barett saß akkurat auf ihren kurzgeschnittenen dunklen Haaren.
Kormak blieb dicht vor der Frau stehen, die stramm stand und salutierte.
„Sergeant Margaux meldet sich wie befohlen, Sir!“
Der Colonel nickte. „Rühren, Sergeant!“
Sie lockerte ihre Haltung und trat zur Seite, die Beine schulterbreit gespreizt, die Hände auf den Rücken gelegt. Sie hatte zu seiner Rechten Aufstellung genommen, damit er sie im Auge behalten konnte.
„Diesen Rang haben Sie sich redlich verdient, Sergeant.“
„Danke, Sir.“ Margaux hielt den Blick stur geradeaus gerichtet.
Kormak machte mit der Hand eine einladende Geste. Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort. „Dank Ihnen haben wir einen unschätzbaren taktischen Vorteil errungen.“
Margaux schwieg, und der Colonel spürte eine gewisse Verunsicherung bei seiner Untergebenen. Er blieb stehen. „Gibt es ein Problem, Sergeant?“
Sie senkte den Blick und betrachtete die spiegelblanken Spitzen ihrer frisch polierten Stiefel. „Sir, ich… darf ich offen sprechen, Sir?“ Ruckartig hob sie den Kopf, das Kinn aggressiv nach vorne gereckt.
„Ich bitte darum.“
„Sir, ich…“ Sie stockte und Kormak verengte das verbliebene Auge zu einem schmalen Schlitz. Ein Zeichen der Verärgerung.
„Haben Sie nun etwas zu sagen oder nicht, Sergeant?“
Margaux atmete tief durch. „Sir, ich halte es für einen Fehler, den General am Leben zu lassen.“
Überrascht weitete sich Kormaks Auge. Er wusste nicht, was ihn mehr verblüffte: Margaux’ Courage, seine Befehle infrage zu stellen, oder der Umstand, dass sie sie trotz ihrer Vorbehalte ausgeführt hatte.
„Sie selbst haben sie hergebracht, Sergeant. Sie hätten sie töten können. Niemand hätte Ihnen einen Vorwurf gemacht.“
„Sie gaben mir den Befehl, den General lebendig zu fangen. Das tat ich. Sir!“
Kormak nickte. „Aus diesem Grund sind Sie jetzt auch Sergeant. Was veranlasst Sie dazu, meine Entscheidung in Zweifel zu ziehen?“
„Der General scheint aufgegeben zu haben. Ihre Fluchtversuche waren lächerlich. Sie hat nicht mal Anstalten getroffen, sich umzubringen.“
„Sie meinen, es war zu einfach?“
„Nein, Sir. Verdeckt in der Oase der Hundert zu operieren ist nie einfach. Nur das Verhalten des Generals bereitet mir Sorgen. Bei einem Fußsoldaten oder Mitläufer hätte ich mir darüber keine Gedanken gemacht.“
„Aber ein Fußsoldat oder Mitläufer wäre für uns wohl kaum von Interesse gewesen, nicht wahr?“
„So ist es, Sir. Sie besitzen keine wertvollen taktischen Informationen.“
„Sie glauben, Takeo hat den General geopfert, um sie bei uns einzuschleusen.“
„Ja, Sir.“
„Zu welchem Zweck? Sie befindet sich in sicherem Gewahrsam. Bei der Leibesvisitation wurden weder Waffen noch Sprengstoffe gefunden.“
„Das ist mir bewusst, Sir. Ich habe sie selbst vorgenommen.“
„Woher rührt dann Ihre Besorgnis?“
„Es ist…“ Sie zögerte.
„Ein Gefühl?“, schlug Kormak vor.
„Intuition.“ Der Blick ihrer stahlgrauen Augen heftete sich auf ihn.
Colonel Aran Kormak war zufrieden. Was nützten ihm Soldaten, die blind jeden Befehl befolgten? Er brauchte Männer und Frauen, die in der Lage waren, Situationen zu bewerten und aufgrund dieser Bewertungen eigene Entscheidungen zu treffen. Vor allem dann, wenn sie auf sich allein gestellt waren. Und Sergeant Robin Margaux war lange auf sich allein gestellt gewesen. Er wäre ein Narr, würde er ihren Einwand als Hirngespinst abtun.
„In diesem Fall bleibt uns wohl nur eine Alternative.“
Ein fragender Ausdruck trat in Margaux’ Züge, der Kormak zu einem seltenen grimmigen Lächeln animierte.
„Wir werden den General fragen.“
Er setzte seinen Marsch fort, dicht gefolgt von Margaux, die rasch zu ihm aufschloss.
Die wachhabenden Soldaten standen ebenfalls stramm und salutierten ebenso zackig wie Margaux wenige Minuten zuvor.
„Aufmachen!“, befahl Kormak.
Einer der Corporals entspannte sich, drehte sich zu der Zellentür um und zog seine ID-Card durch den Schlitz. In derselben Sekunde, in der ein grünes Licht über der Tür zu leuchten begann, erlosch das rote Lämpchen, das bis eben noch gebrannt hatte. Der Soldat zog einen Schlüssel aus der Tasche seiner Uniform und entriegelte die beiden mechanischen Schlösser. Danach zog er die dreifach gesicherte Stahltür auf. Dahinter herrschte absolute Finsternis.
„Licht!“, schnarrte der Colonel.
An der Decke flammte eine Leuchtstoffröhre auf, die hinter einer schusssicheren Plexiglasscheibe ruhte. Ihr Schein fiel auf die Person, die mit gesenktem Haupt auf dem am Boden verschraubten Stuhl saß, dem einzigen Möbelstück in der Kammer.
Wäre die Gestalt nicht an die Lehne gefesselt gewesen, sie wäre längst heruntergefallen. Obwohl Kormak nicht das geringste Zucken bemerkt hatte, war er sich sicher, dass die Gefangene mit den streichholzkurzen blonden Haaren wach war.
Der Colonel trat ein. Er wartete, bis Margaux ebenfalls eingetreten war und der Corporal die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Danach klatschte Aran Kormak in die Hände. In dem kahlen Raum klang das Echo wie ein Schuss.
„Aufwachen, General Quinn!“, rief der Colonel mit erhobener Stimme. „Wir haben einige Fragen an Sie.“
Langsam hob Suzi Quinn, General unter dem Befehl von Miki Takeo, den Kopf. Das fettige, völlig verdreckte Haar verströmte einen ranzigen Geruch. Ihr linkes Ohr war nicht mehr als ein unansehnlicher Knorpelklumpen, das umliegende Gewebe vernarbt. Zwei Finger an der linken Hand fehlten. Offenbar ein Unfall, der schon länger zurücklag. Die rechte Hand dagegen war frisch bandagiert. Ob dies eine Folge des Kampfes mit Margaux war oder erst während der Leibesvisitation passiert war, vermochte Kormak nicht festzustellen. Eines der stahlblauen Augen war zugeschwollen, die Nase gebrochen. Auf der Oberlippe klebte eine dunkelrote Kruste angetrockneten Blutes.
„Benötigen Sie ärztliche Hilfe?“, fragte er, und es klang nicht einmal höhnisch.
Schweigen antwortete ihm.
Margaux räusperte sich. „Sie hat kein einziges Wort gesprochen, seit wir das Fort erreicht haben.“
Kormak schürzte die Unterlippe und betrachtete Suzi Quinn, die ihn herausfordernd musterte. Ihre herabgezogenen Mundwinkel zeugten von Abscheu und Missachtung gegenüber seiner Person. Nicht, dass er sich daran störte.
„Falls Sie glauben, die Befragung dadurch zu verkürzen, so muss ich Sie enttäuschen.“ Kormak schritt langsam um die Gefangene herum. Sie trug ein Tanktop, das ihren muskulösen Oberkörper zur Geltung brachte. „Wer übernimmt jetzt die Führung von Takeos Truppen? Der Blechmann wird’s wohl kaum selber machen, oder?“
Suzi Quinn schwieg. Kormak warf Margaux über den Kopf der Gefangenen hinweg einen knappen Blick zu, doch die Miene der Soldatin zeigte keine Regung. Allenfalls einen Ausdruck, der so viel besagte wie: Ich hab’s Ihnen ja gesagt.
Nun, das mochte stimmen, aber er hatte ja auch gerade erst angefangen. Er wäre enttäuscht gewesen, hätte sich Quinn von einer albernen Beleidigung ihres Kommandanten aus der Reserve locken lassen.
„Wie viele Männer und Frauen zählen zu ihrem Kontingent?“
Schweigen.
Kormak blieb dicht vor Quinn stehen und beugte sich zu ihr hinunter. Knapp außerhalb der Reichweite ihrer Zähne, aber doch so nahe, dass die Verlockung, nach ihm zu schnappen wie ein beißwütiger Doggar, groß genug war.
„Ich weiß, dass weder Sie noch ihre Leute den Tod fürchten. Sie würden mit einem Lächeln auf den Lippen für den Blechmann sterben. Aber was, wenn ich Ihnen verrate, dass das nicht passieren wird?“ Bedächtig schüttelte er den Kopf. „Nope. Kein Sieg, kein Ruhm, keine Ehre. Sie alle werden den Rest ihres Lebens in einem Arbeitslager verbringen.“
Damit wäre auch die obligatorische Drohung abgehakt. Check.
Doch Quinn rührte sich noch immer nicht.
Kormak seufzte. Er hatte für derlei Spielchen nicht viel übrig. Seine Stellvertreterin war darin deutlich versierter. Für sie war jede Vernehmung eine Herausforderung. Je störrischer der Gefangene, desto passionierter und kreativer wurde der Major. Früher oder später würde er ihr das Feld überlassen müssen. Sie mussten herausfinden, ob Takeo hinter dem Diebstahl des Paralysator-Prototyps steckte, und ob Quinn über taktische Informationen verfügte, die ihnen bei der bevorstehenden Offensive hilfreich sein konnten.
Aber noch war es nicht so weit. Er würde die Zelle nicht eher verlassen, bevor er nicht wenigstens eine Reaktion von General Quinn bekommen hatte.
General. Allein dieser Titel war der blanke Hohn. Eine Brüskierung all dessen, für das er stand. In den Schmutz gezogen von verblendeten Fanatikern, die das Land, das er groß zu machen sich geschworen hatte, mit Angst und Schrecken in Atem hielten.
„Eigentlich schade, dass Sie schon vorher aus dem Spiel genommen wurden“, sprach Kormak weiter. „Sie haben versagt, Quinn. Jämmerlich versagt.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und neigte den Kopf zur Seite. „Ich bin neugierig, General. Wie ist es, zu wissen, dass Sie den Mann, dem Sie ewige Treue geschworen haben, durch Ihre Inkompetenz enttäuscht haben?“
Quinns Mundwinkel zuckten. Im nächsten Moment wölbte sie die Unterlippe vor und spie einen Batzen blutigen Speichels auf Kormaks Stiefel.
Margaux preschte vorwärts, um die Gefangene für ihre Impertinenz zu bestrafen, prallte jedoch gegen den ausgestreckten Arm des Colonels, ehe sie Quinn erreichte.
„Nein!“, schnarrte Kormak und nickte zufrieden. „Gönnen wir General Quinn ihren –”
Ruckartig wurde die Tür aufgezogen. Der Corporal, der sie eingelassen hatte, stand im Rahmen. Kreideweiß und mit flackerndem Blick, als fürchte er, sich den Zorn seines kommandierenden Offiziers zuzuziehen. „Sir, Sie werden in der Zentrale verlangt. Es ist dringend.“
Kormak hob jedoch nur die Schultern. Das hier konnte noch ein Weilchen warten. Er hatte, was er wollte. Den Rest durfte der Major übernehmen. Im Grunde wäre der Colonel über die Störung sogar froh gewesen. Wenn nur nicht dieses flaue Gefühl in seinem Magen gewesen wäre.
Er wandte sich an Suzi Quinn und nickte ihr zu. „Danke für Ihre Zeit, General!“
Kormak wandte sich ab und verließ gemeinsam mit dem Sergeanten die Zelle. Sie hatten die Kommandozentrale im obersten Stockwerk von Knox noch nicht erreicht, als der Alarm ausgelöst wurde. Wie vom Donner gerührt blieb der Colonel stehen und starrte Margaux für die Dauer eines Wimpernschlags an. Eine Sekunde später stürmten sie vorwärts.
„Beri-”
Der Befehl zur Statusmeldung blieb Colonel Aran Kormak im Halse stecken. Sein Blick ging an den starr vor den Fenstern der Zentrale stehenden Offizieren vorbei.
Eigentlich hätte es draußen taghell sein müssen. Stattdessen dämmerte es, und am Himmel waren türkis und violett wabernde Lichter zu erkennen. Ihr Schein spiegelte sich auf den bleichen Gesichtern seiner Untergebenen und tauchte das Innere der Kommandozentrale in ein unwirkliches, gespenstisches Zwielicht.
Kormaks Auge weitete sich, als er mit offenem Mund auf die Fenster zutrat.
„Bei Orguudoo“, hauchte er. Aus dem Augenwinkel bemerkte der Colonel die vertraute Gestalt seiner Stellvertreterin, die an seine Seite trat.
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