Maddrax 562 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 562 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

In Meeraka kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung und Partnerschaft: Colonel Aran Kormak und Professor Dr. Jacob Smythe machen im Spiel um die Macht gemeinsame Sache! Vorerst. Weil sie von den Erfahrungen und Waffen des jeweils anderen profitieren können. Doch wie stabil ist ein solches Bündnis? Und was geschieht, wenn es zerbricht - oder wenn einer der beiden von einem Attentäter aus dem Reich der Toten ins Visier genommen wird?


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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Spiel um Macht

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...

Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das in der Folge an besonderen Punkten aufbricht – dort wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückgereist sind, um Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Nun tauchen an den Bruchstellen Areale verschiedener Parallelwelten auf.

Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle kollabiert, die nicht auf die Archivare zurückgeht und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, hat den Austausch beobachtet – und dass das Luftschiff seines Sohnes Victorius darin verschwand, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Matt und Aruula stellen fest, dass die Menschen aus dem Areal einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim.

Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen, doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Sie vermuten Colonel Kormak dahinter, doch der kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls. In Wahrheit überlebt sie aber und sinnt auf Rache.

Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt mit einer Roziere. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein. Sie haben durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen und machten sich auf nach Afra.

Ira spürte unterwegs eine Präsenz des Wandlers, der sie nun nachgehen und auf einen Daa'muren treffen, der einen Kristall mit dem Geist seines Sohnes hütet. Beim Kampf mit einem Dunklen zerbricht der Kristall – und sie stellen fest, dass die Splitter den Keim aus einem Infizierten saugen können! Pilâtre will nun schnellstens hinüber in die Parallelwelt, doch er muss sich gedulden; erst gilt es, mehr Kristalle zu bergen. Dazu fliegen Matt, Aruula und die Daa'muren zum Kratersee. Mit etlichen Kristallen kehren sie zum Victoriasee zurück, wo de Rozier zwischenzeitlich versucht hat, seinen Sohn zurückzuholen, aber scheiterte.

Nun ist es Zeit zu handeln! Mit der Wolkenstadt Orleáns-à-l'Hauteur erobern sie Château zurück. Nur Shadar kann sich mit seiner Gefährtin Elloa absetzen. Fünfundzwanzig Dunkle werden gefangen genommen, die infizierten Bewohner geheilt.

Spiel um Macht

von Ian Rolf Hill

Die Hände zitterten um keinen Deut, als sie die Plastikkärtchen auf der Spitze des filigranen Gebildes in der Mitte des Schreibtischs platzierten. Die Miene des Mannes, dem die Hände gehörten, war angespannt.

Wer Colonel Kormak nur flüchtig kannte, wäre sicherlich überrascht gewesen, dass ein Mann wie er sich die Zeit mit dem Bau von Kartenhäusern vertrieb. Doch das half ihm dabei, sich zu konzentrieren.

Er hatte in den vergangenen Monaten viel erreicht, doch ein Ziel lag noch in weiter Ferne, und um das zu erreichen, bedurfte es sorgfältiger Planung. Es ging um nicht weniger als die unumschränkte Herrschaft über Meeraka.

In letzter Zeit hatte er dieses Ziel ein wenig aus dem Auge verloren. Das Schicksal hatte ihm einfach zu viele gute Karten in die Hände gespielt, die er anderweitig genutzt hatte. Unter anderem, um sich an Matthew Drax zu rächen.

Rückblickend betrachtet, bewertete er die Befriedigung seiner Rachegelüste als wenig zielführend oder nutzbringend. Zumal sie ihm viele wertvolle Hilfsmittel gekostet hatte. Angefangen bei dem Gleiter, den er dem Blechmann Miki Takeo abgenommen hatte, bis hin zu dem Miniaturisierer, der ihm beinahe selbst zum Verhängnis geworden war. Von der Herrschaft über die Reenschas ganz zu schweigen.*

Hinzu kam, dass diese Verluste weit besser zu verschmerzen wären, wenn seine Rache von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Doch Matthew Drax und seine Barbarenschlampe weilten noch immer unter den Lebenden. Und als wäre das nicht schon tragisch genug, hatte das Schicksal der Ironie die Krone aufs Haupt gesetzt, indem es Drax und Aruula zu seinen Verbündeten gemacht hatte.

Nur der Umstand, dass der Commander nicht den blassesten Schimmer hatte, wem er die Hand schüttelte, wenn er dem Fort einen Besuch abstattete, machte die Angelegenheit für Kormak erträglich. Drax war nämlich weiterhin der festen Überzeugung, dass es sich bei Kormak um den Colonel aus einer Parallelwelt handelte, in der sein Alter Ego offenbar zu einem weichgespülten Gutmenschen geworden war. Mehr oder weniger.

Aran aber hatte schon als Kind gelernt, dass jede Niederlage auch eine Gelegenheit barg, die Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen. Vorausgesetzt, es gab ein nächstes Mal.

Bestes Beispiel war dieses Fort.

Bei seinem ersten Besuch war es nicht mehr als eine Ruine gewesen, bevölkert von heruntergekommenen Möchtegern-Soldaten, die sich lieber mit Orym zudröhnten, als an der Waffe zu trainieren. Kormaks Versuche, diesem Haufen Disziplin beizubringen, war nicht nur mühsam gewesen, der Erfolg war auch bestenfalls marginal ausgefallen.

Trotzdem hatte er sich nach seiner Rückkehr aus dem Skoothenland wieder hierher begeben. Nicht nur aus Mangel an Alternativen; immerhin lagerten in den Katakomben Unmengen eines leicht zu verarbeitenden Edelmetalls namens Gold.

Es fiel Kormak heute noch schwer, seine Empfindungen in Worte zu fassen, als er statt eines heruntergewirtschafteten Knocks eine moderne Militärbasis vorgefunden hatte, die von seinem Doppelgänger angeführt wurde.

Wie sich herausstellte, stammte diese Basis aus einer Parallelwelt. Aufgrund einer Instabilität des Raum-Zeit-Kontinuums war es zu einem Austausch der beiden fünfzig Kilometer im Durchschnitt messenden Areale gekommen. Kormak hatte die Gelegenheit genutzt, seinen Doppelgänger zu beseitigen und erneut die Führung zu übernehmen.

Einziger Risikofaktor war die stellvertretende Kommandantin Vasraa Uon gewesen, mit der sein Double offenbar mehr geteilt hatte als nur die Verantwortung über die am besten ausgestattete Basis des alternative Meeraka.

In den folgenden Wochen und Monaten hatte Kormak alle Hände voll zu tun gehabt, um die Motivation der hier gestrandeten Soldaten aufrechtzuerhalten. Das Tor in die Parallelwelt war zwar durch einen Ableger des Tachyon-Prionen-Organismus theoretisch jederzeit wieder passierbar, doch Kormak war es gelungen, seinen Vorgesetzten General Drax – wie grausam konnte das Schicksal eigentlich sein? – davon zu überzeugen, das Fort als Brückenkopf in dieser Welt zu belassen.

Natürlich nicht ohne Hintergedanken.

Und mittlerweile hatte er sich nicht nur Vasraas entledigt, sondern auch das Vertrauen zweier Draxkerle gewonnen sowie das der hiesigen provisorischen Regierung namens Weltrat.

Eine gute Gelegenheit, seine Pläne zur Machtergreifung weiterzuverfolgen, um diesem anarchistischen Haufen, der sich Menschheit schimpfte, eine Perspektive zu bieten.

Die meisten Menschen schienen damit zufrieden zu sein, wie die Tiere in ihrem eigenen Dreck dahinzuvegetieren und von der Hand in den Mund zu leben. Für Kormak ein Zeichen dafür, dass sie insgeheim nach einer neuen Führung lechzten. Nach einer starken Hand, die sie fütterte, sie beschützte und auf den rechten Weg leitete.

Die Stichworte waren Vertrauen und Kontrolle.

Ersteres erreichte man am ehesten, indem er die Menschheit aus ihren versifften Löchern ins Licht führte. Wer täglich ums Überleben kämpfen musste, der sehnte sich vor allem nach Sicherheit. Wer ihnen diese bot, der gewann auch ihr Vertrauen.

Eine im Endeffekt simple Rechnung. Die eigentliche Herausforderung bestand darin, die Kontrolle zu behalten.

Dies war auf zweierlei Wegen möglich.

Zum einen durch Furcht.

Ein gängiges und durchaus probates Mittel, das er selbst schon eingesetzt hatte. Allerdings musste man sich als Kommandant im Klaren darüber sein, dass Angst nie von Dauer war. Früher oder später erhob sich jedes geknechtete Volk. Auf Furcht basierende Macht war mindestens ebenso fragil wie das Kartenhaus vor ihm auf dem Schreibtisch.

Einfacher war es, wenn man an den Hebeln saß, die den Wohlstand seiner Untertanen sicherte, und ihren Schutz gewährleistete.

Und damit meinte er nicht nur physische Sicherheit.

Der Schlüssel dazu lagerte zwei Etagen unter ihm. Es waren die Goldreserven aus dem ehemaligen Knocks, die er nach dem Sieg über den Parallelwelt-Takeo an sich genommen hatte. Seines Wissens nach war es der landesweit größte Bestand dieses seltenen Metalls, das im Laufe der Jahrhunderte fast vollständig in Vergessenheit geraten war.

Er wusste aus den Aufzeichnungen der Retrologen, dass es früher viele Zahlungsmittel gegeben hatte. Hier in Meeraka fuhr man total auf diese kleinen Plastikkärtchen ab, aus denen er das gleichschenkelige Dreieck vor seiner Nase errichtet hatte.

Die Leute waren geradezu besessen von diesen Dingern. Sie maßen knapp dreieinhalb Zoll in der Länge und zwei Zoll in der Breite. Auf einer Seite schimmerte eine Art goldfarbener Plakette, auf der anderen besaßen sie einen schwarzen Streifen. Manche von ihnen waren bekritzelt. Und es gab sie in den unterschiedlichsten Farben und Mustern.

Man nannte sie Bax*, und sie bestanden aus einem harten Kunststoff, der sie aber auch ziemlich anfällig machte. Da sie noch aus der Zeit vor Kristofluu stammten, zerbrachen sie leicht, und viele von ihnen waren reichlich verkratzt.

Umso überraschter war Kormak, wie gut erhalten die meisten seiner Exemplare waren.

Er hatte sie von einem Geschäftsmann aus Waashton. Der Kerl nannte sich King Curd, weil er sich für den König der Hauptstadt hielt. Zumindest, was das zwielichtige Gesindel betraf. Curd hatte ihn nach seiner Flucht aus dem Skoothenland hierher gebracht. Seitdem standen sie in einem mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt.

Es war immer nützlich, jemanden zu haben, der sich auskannte, der die Regeln und Gepflogenheiten des Landes beherrschte.

Aber auch für King Curd war diese Bekanntschaft äußerst lukrativ gewesen, denn Kormak hatte ihm Waffen verkauft, die der Verbrecherkönig höchstens aus seinen feuchten Träumen kannte. Dafür hatte der Colonel einen ansehnlichen Stapel Bax erhalten. Und er würde noch viel mehr davon kassieren, wenn er erst genügend von dem Gold unter die Leute gebracht hatte.

Am besten als Schmuck. Aber auch in Form von Münzen, Coiins, wie sie in Euree genannt wurden.

Da seine Hand auf den Goldreserven lag, besäße er die Kontrolle. Dann würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis Mister Black und sein geliebter Weltrat vor ihm zu Kreuze krochen.

Bislang waren jedoch noch zu viele Bax im Umlauf. Wollte er die absolute Kontrolle erlangen, musste er sie irgendwie aus dem Verkehr ziehen.

Kormak stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte, verschränkte die Finger ineinander und legte das Kinn dagegen. So betrachtete er sein Kartenhaus und dachte über seine nächsten Schritte nach, als es an die Tür klopfte, die noch im selben Atemzug aufgestoßen wurde.

Ein Windstoß fuhr durch das Büro und brachte Kormaks Bauwerk zum Einsturz. Einige Bax rutschten über die Platte und segelten zu Boden.

Der Colonel spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Der Blick seines verbliebenen Auges bohrte sich wie ein Speer in das Antlitz des dunkelhäutigen Mannes, der wie angewurzelt auf der Schwelle stand.

Trevor Garrett, auch bekannt unter dem Spitznamen »Meister Balderzon«.

»V-Verzeihung, Sir. Ich... ich hatte angeklopft. Aber ich war spät dran, und ich weiß ja, wie viel Wert Sie auf Pünktlichkeit legen.« In den Händen hielt er eine Kladde, die er wie einen Schild vor sich hertrug, jederzeit bereit, sich dahinter zu verstecken.

Kormak setzte schon zu einer Standpauke an, als er sich daran erinnerte, dass Garretts wöchentlicher Rapport fällig war.

Der Ingenieur war fester Bestandteil des Personals, aber eben kein Soldat, daher konnte Aran ihm nicht mal zum Vorwurf machen, dass es ihm an der nötigen Disziplin mangelte. Andererseits war Aran momentan nicht in der Stimmung für Ausflüchte.

»Ein guter Soldat erscheint stets so pünktlich, dass er nicht mit der Tür ins Büro fallen muss«, erklärte Kormak betont ruhig und erhob sich. Er ärgerte sich über sich selbst, dass er so tief in seine Gedanken versunken gewesen war, dass er die Zeit vergessen hatte. So etwas wäre ihm in Izmir nie passiert. Wurde er etwa alt oder einfach nur träge?

Wahrscheinlich Letzteres; sein Alterungsprozess war schließlich durch die Querung des Zeitstrahls über dem Loch Lomond für die nächsten fünfzig Jahre gestoppt worden. Das hatte er allein schon daran erkannt, dass er sich seit Monaten nicht mehr zu rasieren brauchte.

»J-ja, Sir«, stammelte Garrett und schloss erwähnte Tür so leise wie möglich hinter sich. Immerhin verzichtete er auf den überflüssigen Hinweis, dass er Zivilist war. Kormak deutete auf einen der beiden Stühle vor dem Schreibtisch.

»Wie macht sich unser Sorgenkind denn?«, erkundigte er sich, während er die heruntergefallenen Bax einsammelte.

»Nun, Sir, es wächst und gedeiht. Allerdings gestaltet sich die Aufzucht weiterer Exemplare problematischer als gedacht.«

Aran ertappte sich dabei, dass er den Ausführungen seines Chefingenieurs nur mit halbem Ohr lauschte. Ihm war etwas aufgefallen. »Inwieweit problematisch?«, murmelte er, und nahm wieder in seinem Schreibtischsessel Platz. Sein Augenmerk galt allein den aufgehobenen Bax.

Garretts Stimme wurde in seiner Wahrnehmung immer leiser. »Sie frisst die Männchen, bevor es zur Befruchtung kommt. Ihr Hunger ist enorm.«

»Dann füttern Sie sie.« Kormak hob eine Karte vor die Augen und drehte sie im Licht, das durch das hinter ihm liegende Fenster fiel.

»Das tue ich doch, Sir. Aber...«

Der Colonel warf Garrett einen Bakk zu. Die Karte segelte über den Tisch. Meister Balderzon fing sie ziemlich ungeschickt mit beiden Händen, wobei ihm fast noch die Kladde von seinen weibisch zusammengepressten Knien rutschte.

»Fällt Ihnen daran etwas auf?«

Verwirrt betrachtete Garrett das blaue Kärtchen und drehte es ratlos zwischen den Fingern. »Sir?«

»Haben Sie was mit den Ohren, Meister Balderzon?«, bellte Kormak ungehalten. »Ich habe gefragt, ob Ihnen an dem Bakk etwas auffällt. Oder dachten Sie, ich honoriere Ihre Inkompetenz?«

Garrett antwortete nicht, betrachtete stattdessen das Plastikkärtchen von allen Seiten. »Ich, äh, ich fürchte, ich verstehe nicht.«

Kormak nickte. »Mir ist es zunächst auch nicht aufgefallen.« Er hatte in der Zwischenzeit die aufgehobenen Bax mit denen, die auf der Schreibtischplatte herumlagen, verglichen. Jetzt griff er nach drei weiteren und reichte sie dem Ingenieur. Der nahm sie zögernd entgegen und legte sie vor sich auf die Kladde.

»Einige sehen ziemlich neu aus.«

»Sehr gut, Meister Balderzon«, lobte Kormak. »Und weiter?«

Der Ingenieur räusperte sich und rückte seine Brille zurecht. »Nun, ich... weiß nicht so recht, worauf Sie hinauswollen.«

»Schauen Sie sich mal die goldene Karte an und halten Sie sie neben die neuen Karten. Sie können es sogar ertasten.«

Garrett hob ruckartig den Kopf. Das Weiße in seinen aufgerissenen Augen kontrastierte mit der dunklen Hautfarbe. »Der Name und die Kennnummer fehlen.«

»Exakt.« Kormak schlug mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte.

Trevor Garrett zuckte zusammen. Seit der Knabe sich mit ihrem gemeinsamen Geheimprojekt beschäftigte, war er noch schreckhafter geworden. Er würde ihn im Auge behalten müssen.

»Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?«, fragte er sein Gegenüber.

Meister Balderzon schob die Brille hoch und senkte den Blick. »Sie wurden nicht nachträglich entfernt, also...« Erneut ruckte sein Kopf nach oben.

»Also...?« Kormak wedelte ungeduldig mit der Hand.

»Sie wurden neu hergestellt.«

»Ganz genau. Die Frage ist nur, wie?«

»Mit der entsprechenden Maschine ist das kein Problem, Sir. Aber ich frage mich, warum der Weltrat unmarkierte Bax in Umlauf bringen sollte?«

Aran lächelte schmallippig. Jetzt fing Meister Balderzon an, die richtigen Fragen zu stellen. Er hätte ihm auch eine Antwort geben können, aber damit hätte er Tür und Tor für haltlose Spekulationen geöffnet. Nein, er musste Gewissheit haben. Deshalb sagte er nur: »Genau das ist die Frage, die es zu klären gilt.«

Er beugte sich über den Tisch und forderte sein Gegenüber mit einer Handbewegung auf, ihm die Bax zurückzugeben. Garrett tat es anstandslos. Kormak überlegte kurz, dann warf er ihm eine der abgenutzten Karten zu. »Hier, als kleine Motivation. Ich denke, Sie haben genug um die Ohren. Wir vertagen den Termin.«

Garrett blinzelte. »Ja, aber... was machen wir wegen... Sie wissen schon.«

Kormak winkte unwirsch ab. »Wenn das Biest Hunger hat, dann füttern Sie es! Habe ich schon mal gesagt. Wo ist das Problem?«

»Das Problem ist nicht sein Hunger, sondern seine Aggressivität.«

»Es bevorzugt lebende Nahrung. Das wissen wir doch längst.«

»Das stimmt, aber sie frisst nicht nur, sie tötet scheinbar aus purer Mordlust.«

»Vielleicht will sie sich ja einen Vorrat anlegen.«

»Aber das erklärt nicht, warum sie sämtliche Männchen umbringt, ohne sich begatten zu lassen.«

Kormak grinste schief. »Vielleicht steht sie ja nicht auf Männer. Oder sie hat noch nicht den Richtigen gefunden.«

»Sir, ich...«

»Wenn ich die Lösung für das Problem hätte, bräuchte ich Sie nicht, verstanden?«, zischte Kormak, dessen Geduldsfaden mit jeder verstreichenden Sekunde dünner wurde.

»J-ja, Sir.«

»Sehr gut. Also, wenn sie sich nicht auf herkömmlichem Wege befruchten lässt, dann müssen Sie eben ran. Befruchten Sie sie künstlich.«

Garrett wurde aschfahl im Gesicht. Er sah aus, als hätte Kormak ihm gerade befohlen, sich dem Biest im Keller selber zum Fraß vorzuwerfen.

»Das wäre dann alles«, fuhr der Colonel fort. Er stand auf und wandte sich demonstrativ ab. Seine Gedanken weilten längst woanders. Um sein Geheimprojekt würde er sich später kümmern.

»Ja, Sir«, krächzte Garrett.

Kormak hörte, wie der Stuhl bewegt wurde. Er wartete, bis die Tür hinter dem Ingenieur ins Schloss fiel. Erst dann drehte sich er wieder um und sammelte sämtliche Bax ein.

King Curd schuldete ihm eine Erklärung, und Kormak würde sich gewiss nicht mit halbgaren Ausreden abspeisen lassen.

»Shargator!«