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Nie hätte Aran Kormak geglaubt, sich einmal um Commander Drax und Aruula Sorgen zu machen. Aber die beiden sind neben ihm und der Dark Force nun einmal die Stützen im Kampf gegen die Dunklen... und nun sind sie verschwunden, vermutlich tot!
Andererseits kann Colonel Kormak nun mit offenen Karten spielen und endlich die Kreatur und deren Brut einsetzen, die er in Fort Knox züchtet. Und das ist auch bitter nötig, denn die Dunkle Stadt scheint zum Leben zu erwachen und alles andere Leben zu verschlingen...
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Was bisher geschah...
Die Brut
Epilog
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...
Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das an besonderen Punkten aufbricht – dort wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückreisten, um Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Nun tauchen an den Bruchstellen Areale verschiedener Parallelwelten auf.
Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle kollabiert, die nicht auf die Archivare zurückgeht und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, hat den Austausch beobachtet. Das Luftschiff seines Sohnes Victorius verschwand darin, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Matt und Aruula stellen fest, dass die Menschen aus dem Areal einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim.
Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen, doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Sie vermuten Colonel Kormak dahinter, doch der kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls. In Wahrheit überlebt sie aber und sinnt auf Rache.
Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt mit einer Roziere. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein, die durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen haben. Durch sie erlangen die Gefährten ein erstes Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen können den Dunklen Keim aus den Infizierten herausholen! Pilâtre will nun schnellstens in die Parallelwelt, doch er muss sich gedulden; erst gilt es, mehr Kristalle zu bergen. Matt, Aruula und die Daa'muren fliegen zum Kratersee und kehren mit etlichen Kristallen zum Victoriasee zurück, wo de Rozier zwischenzeitlich versuchte, seinen Sohn zurückzuholen, aber scheiterte.
Nun erobern sie Château zurück, doch Shadar kann sich mit seiner Gefährtin Elloa absetzen. 25 Dunkle werden gefangen genommen, die infizierten Bewohner geheilt. Matt braucht weitere Hilfe – und wendet sich an Colonel Korak, der eine Eingreiftruppe gründet, die Dark Force. Sie wollen Shadar in Mombassa in eine Falle locken, indem sie vorgeben, seine rechte Hand Luister hinzurichten, doch wieder kann der Gottsprecher entkommen. Schwer verletzt, rettet ihn die Stadt selbst, indem sie ihn in ihr Dunkles Herz aufnimmt...
Die Brut
von Ian Rolf Hill
Der bloße Anblick der Kreatur löste in Trevor Garrett blankes Entsetzen aus. Am liebsten hätte er sie mitsamt dem Labor in Flammen aufgehen lassen.
Es nicht längst getan zu haben, lag allein daran, dass er das Ausmaß der Gefahr unterschätzt hatte. Bisher waren sämtliche Versuche einer erfolgreichen Reproduktion gescheitert. Bis Kormak mit zwei Fremden aus Washington zurückgekehrt war, denen er Zugang zum Geheimlabor gewährt hatte. Und wo Garrett nicht weiter wusste, machten sie Fortschritte, denn im Gegensatz zu ihm besaßen sie keinerlei Skrupel.
Die Frau war dabei das geringere Problem. Sie war ungebildet und verrückt. Ihr Begleiter aber, Professor Dr. Jacob Smythe, war ein Genie. Und er hatte den Teufel im Leib.
Mehr noch, in Garretts Augen war er schlichtweg wahnsinnig.
Wahnsinnig, skrupellos und absolut unberechenbar. Eine gefährliche und höchst explosive Mischung, die ihnen viel zu leicht um die Ohren fliegen konnte. Insbesondere mit dieser Kreatur unter ihren Ärschen, die nur darauf lauerte, sie alle zu verspeisen – oder zu was auch immer dieses Ding fähig war.
Und ausgerechnet Smythe sollte das Problem der Reproduktion lösen. Für Meister Balderzon, wie Garrett genannt wurde, war das Anlass genug, die Zurechnungsfähigkeit von Colonel Aran Kormak zumindest anzuzweifeln.
Seit sie in dieser Parallelwelt gestrandet waren, benahm er sich höchst sonderbar. Nun, das allein mochte noch kein Grund zur Besorgnis sein, in Anbetracht dessen, was seitdem geschehen war. Die bloße Existenz parallel existierender Realitäten reichte nach Garretts Verständnis bereits aus, um sonderbares Verhalten auszulösen und zu erklären.
Aber er kannte Kormak lange genug, um zu wissen, dass der Colonel niemand war, der mit seinem Schicksal haderte. Er besaß die Fähigkeit, unvorhersehbare Situationen als gegeben hinzunehmen und mit der ihm innewohnenden Souveränität entsprechend darauf zu reagieren.
Der Kampf gegen Miki Takeo und die Verhinderung des drohenden Welten-Kollaps hatten dies hinreichend bewiesen.* Andererseits besaß jeder Mensch einen wunden Punkt, eine Achillesferse, an der er verletzbar war. Selbst ein Colonel Aran Kormak.
Und seine hieß Vasraa.
Als Waffeningenieur, dem selbst ein Ruf von Genialität vorauseilte, wurde Garrett oft ein gewisser Mangel an Empathie und Einfühlungsvermögen attestiert. Ein Klischee, das in einigen Fällen seine Berechtigung haben mochte, siehe Professor Smythe, aber absolut unzutreffend war.
Wie fast jeder in der Basis, der nicht erst kurz vor dem Weltenwechsel hierher versetzt worden war, wusste er um das nicht ganz unproblematische Verhältnis zwischen Kormak und seiner Stellvertreterin, deren gemeinsame Tochter durch einen heimtückischen Giftanschlag Takeos verkrüppelt zu Welt gekommen und kurz nach der Geburt verstorben war.
Normalerweise wäre es unverantwortlich gewesen, einem Paar das Kommando über die größte Militärbasis des Landes zu übertragen. Doch der Colonel und der Major waren nicht nur ein eingespieltes Team gewesen; darüber hinaus hatten ihnen die Frauen und Männer von Fort Knox auch bedingungslos vertraut.
Selbst als Zekiya gestorben und die Beziehung in die Brüche gegangen war, hatte die Führung nicht darunter gelitten. Im Gegenteil, Kormak und Uon hatten den Kampf gegen den Terrorismus energischer und verbitterter vorangetrieben als zuvor.
Mit Erfolg.
Bis der Weltenwechsel erfolgte und einige Soldaten desertierten. Plötzlich drehte Vasraa offenkundig durch, verrannte sich in paranoiden Wahnideen und wurde von Kormak schließlich abgeschossen, als sie mit einem Hubschrauber die Flucht ergreifen wollte.*
Für Garrett war dies der entscheidende Moment gewesen, in dem Kormak sein inneres Gleichgewicht verloren hatte. Kurz darauf hatte der Colonel den in Stase befindlichen Tachyon-Prionen-Organismus in den unterirdischen Laborkomplex geschafft, in dem er zusammen mit Meister Balderzon an einer Siragippen-Zucht gearbeitet hatte.
Lange vor der Entwicklung des Paralysators, der den endgültigen Sieg über den Androiden Takeo hatte bringen sollen.
Das Siragippen-Projekt war daraufhin im wahrsten Sinn des Wortes auf Eis gelegt worden. Die Eier hatten sie, ebenso wie das Muttertier, eingefroren. Die bisher gezüchteten Exemplare waren vernichtet worden.
Nachdem Vasraa jedoch getötet worden und in Afra ein weiteres Parallelwelt-Areal aufgetaucht war, hatte Kormak den verhängnisvollen Entschluss gefasst, den atrophierten Tachyon-Organismus mit der überlebenden Siragippe zu füttern.
Statt sie jedoch zu verspeisen und sich durch die Energiezufuhr zu regenerieren, verschmolz der Organismus mit der Siragippe. Für Kormak offenbar eine höchst willkommene Entwicklung. Kurzerhand beauftragte er Garrett damit, die Mutation nicht nur zu studieren und ihre Fortschritte genauestens zu dokumentieren; nein, Meister Balderzon sollte auch einen Weg zur Reproduktion finden.
Garrett beschloss, zunächst den herkömmlichen Weg zu beschreiten und männliche Siragippen zu züchten, die jedoch alle von dem aggressiven Weibchen getötet und absorbiert wurden, ehe es zu einer Befruchtung kommen konnte.
Kormak, der früher fast immer ein offenes Ohr für die Probleme seiner Untergebenen gehabt hatte, wollte von Garretts Dilemma nichts wissen. Er spielte lieber mit unmarkierten Bax und machte Ausflüge nach Waashton, von wo er eine Maschine zur Herstellung besagter Bax mitgebracht hatte, die gewartet und in Betrieb genommen werden sollte.*
Den Grund dafür hatte Kormak nicht erwähnt, aber Trevor war nicht leitender Waffeningenieur der Streitkräfte des Weltrats geworden, weil er auf den Kopf gefallen war. Zumal Kormak ihn persönlich auf eine Besonderheit einiger Bax aufmerksam gemacht hatte, deren Herkunft der Colonel verschwiegen hatte.
Der Schluss, dass auch hier Professor Dr. Jacob Smythe und Haaley ihre Finger im Spiel hatten, lag nahe, immerhin hatte Kormak das seltsame Paar ebenfalls in Waashton aufgegriffen.
Haaley hieß natürlich nicht wirklich so, doch ihren echten Namen hatte Garrett vergessen, kaum dass er ihn gehört hatte. Irgendetwas Russisches. Vielleicht hätte er sich mehr Mühe gegeben, wäre ihm diese Person sympathisch gewesen, doch von ihr ging eine Aura des Wahnsinns und der Gefahr aus.
Außerdem war sie sprunghaft und laut. Himmel, war sie laut! Sie konnte einfach nicht leise sein. So, als fürchtete sie die Stille. Ständig plapperte sie irgendetwas Belangloses vor sich hin. Einmal hatte sie sogar angefangen zu singen. Irgendein altes Seemanns-Shanty. Wo immer sie das aufgeschnappt hatte.
Ob sie wirklich aus Ruland stammte, wusste Garrett nicht. Es interessierte ihn auch kein Stück. Ebenso wie die gesamte Person, mit der er so wenig wie möglich zu tun haben wollte. Daher ignorierte er sie, so gut er konnte. Ein Unterfangen, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war, denn sie klebte förmlich an ihrem Begleiter, den sie nur Smitty nannte, was diesen seltsamerweise nicht zu stören schien.
Auf Garrett machte er nämlich den Eindruck, als lege er sehr viel Wert auf seinen Titel, den Namen und vor allen Dingen sein Ego. Warum er es zuließ, dass ausgerechnet diese Person seinen Namen verballhornte, blieb sein Geheimnis.
Auch hatte Haaley es nur ihm zu verdanken, dass sie überhaupt Zugang zum Sicherheitsbereich hatte. Für Garrett ein höchst fragwürdiger Entschluss, der an Fahrlässigkeit grenzte.
Smythe hatte Kormak mit einer selbstentwickelten Waffe beeindruckt, einem tragbaren Schallwerfer von beachtlicher Durchschlagskraft. Für derlei Technologie war der Colonel schon immer empfänglich gewesen.
Garrett erinnerte sich noch gut daran, wie angetan er von der Entwicklung des Paralysators gewesen war. So angetan, dass er sogar das Siragippen-Projekt zu dessen Gunsten eingestellt hatte, woran er jetzt nicht mal im Traum dachte.
Ganz im Gegenteil, Kormak hatte Smythe sofort in den strenggeheimen und mehrfach gesicherten Laborkomplex unterhalb des Forts gebracht, also dorthin, wo außer ihm selbst nur Vasraa Uon und Trevor Garrett Zugang gehabt hatten.
Darüber hinaus hatte der Colonel seinem Waffeningenieur den Befehl erteilt, Smythe über sämtliche Forschungsergebnisse bezüglich der Mutation zu informieren. Anfangs hatte Garrett nur leichtes Unbehagen verspürt, nicht mehr als ein Anflug von Unzulänglichkeit.
Ja, vielleicht war er ebenfalls gekränkt gewesen. Darüber, dass der Colonel ihm offensichtlich nicht zutraute, das Problem in den Griff zu bekommen, und den erstbesten Hobby-Forscher, der ihm über den Weg lief, einsackt hatte, um Garrett auf die Sprünge zu helfen.
Er hatte jedoch rasch feststellen müssen, dass Smythe kein dahergelaufener Retrologe oder Möchtegern-Physiker war, sondern wirklich etwas auf dem Kasten hatte. Seine Auffassungsgabe war, gelinde gesagt, unheimlich. Und nicht nur das, er fand auch eine Lösung für das Reproduktions-Dilemma. Was vor allem daran lag, dass er unkonventionelle Wege beschritt. Wege, die früher, vor dem Weltenwechsel, undenkbar gewesen wären.
Doch jetzt, nach der Vernichtung Takeos und dem Tod von Major Uon hegte Trevor Garrett berechtigte Zweifel, ob Kormak tatsächlich davor zurückschrecken würde, das zu tun, was Smythe ihm vorschlagen wollte, sobald der Colonel von seinem Feldzug in Afra zurückgekehrt war.
Und deshalb musste er ihm zuvorkommen und das Monster vernichten, dem die verrückte Haaley den Namen »Queen Choyganmaa« verpasst hatte, benannt nach ihrem eigenen Vornamen. Einem ihrer vier Vornamen! Bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick gewesen, was Garretts Meinung nach bereits alles sagte.
Zum Glück hatte Kormak nichts von dem Sicherheitssystem erwähnt, das im Notfall aktiviert werden konnte, falls die Experimente außer Kontrolle gerieten und das Fort und seine Besatzung in Gefahr zu geraten drohten.
Und Trevor Garrett hatte keine Veranlassung gesehen, dies nachzuholen und Smythe und Haaley darüber zu informieren. Wie richtig und sinnvoll seine Entscheidung gewesen war, zeigte sich jetzt, während er mitten in der Nacht in den unbewachten Laborkomplex eindrang, um das Problem Queen Choyganmaa mit einem Knopfdruck zu beseitigen.
Gleichgültig, welche Konsequenzen das nach sich ziehen würde.
Tatsächlich spielte Garrett mit dem Gedanken, sich diesen zu entziehen, indem er sich aus dem Staub machte, ehe Kormak mit seiner neu gegründeten Task Force aus Afra zurückkehrte. Möglicherweise sogar in die Oase der Hundert oder direkt nach Waashton.
Hier hielt ihn jedenfalls nichts mehr – aber er musste zumindest sicherstellen, dass der Menschheit keine Gefahr durch die Kreatur drohte. Egal, welchem Universum diese Menschheit entstammte.
Garrett hielt den Atem an, als sich die Türen des Aufzugs öffneten und die künstliche Beleuchtung in dem dahinterliegenden Gang aufflackerte. Sie besaß einen Stich ins Grünliche, was der Farbe des Bodenbelags geschuldet war, über den Garrett lautlos in Richtung Labor schlich.
Er wusste, dass seine Achtsamkeit überflüssig, ja, beinahe albern war. Niemand hatte ihn bemerkt, als er sich klammheimlich hier heruntergestohlen hatte. Und selbst wenn jemand hier gewesen wäre, spätestens das Aufflackern der Flurbeleuchtung hatte seine Ankunft verraten.
Doch Garrett war sicher, dass er allein war. Wer sollte sich hier unten im Dunkeln herumtreiben? So verrückt konnte nicht mal Haaley sein.
Vor der Tür zum Hochsicherheitslabor blieb Garrett stehen. Seine Hände zitterten, als er die Chipkarte aus der hinteren Hosentasche fischte und durch den Schlitz des Magnetschlosses zog.
Ein rotes Lämpchen begann auf der Oberseite zu blinken und ein Tastenfeld klappte auf, in das er einen sechsstelligen Code eingeben musste. Zuletzt forderte das System noch einen Netzhautscan und einen Daumenabdruck, dann endlich erlosch das rote Licht, und das daneben liegende grüne Display leuchtete auf.
Zugang gewährt.
Zischend öffnete sich die Schleuse. Garrett betrat den schmalen Raum, dessen Tür sich hinter ihm sofort wieder schloss. Die helle Beleuchtung flackerte, wurde abermals rot. Normalerweise empfand Garrett die Wärme der keimabtötenden Bestrahlung als angenehm, da hier unten stets eine eisige Kälte vorherrschte.
In diesem Fall jedoch, wo er ohnehin schon viel zu stark transpirierte und ihm der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn stand, hatte er das Gefühl, jeden Augenblick zu verdampfen oder in Flammen aufzugehen.
Sein Puls raste, peitschte das Adrenalin durch die Gefäße und ließ das Blut in den Ohren rauschen.
Während Garrett darauf wartete, dass sich die zweite Schleuse öffnete, murmelte er immer wieder dieselben Worte vor sich hin, die sich zu einem gebetsmühlenartigen Mantra aneinanderreihten: »Es muss sein! Ich tue das Richtige! Es gibt keine Alternative! Es muss sein! Ich tue das Richtige! Es gibt keine Alternative!«
Er wollte damit sein schlechtes Gewissen beruhigen, denn er fühlte sich für die Entstehung des Ungeheuers, das wenige Meter hinter der Schleuse auf ihn lauerte, zumindest mitverantwortlich.
Dank der Retrologen kannte er sich in der Menschheitsgeschichte seiner Realität hinreichend aus, um die Parallelen zu einem gewissen Robert Oppenheimer, der für die Entwicklung einer auf Kernspaltung basierenden Massenvernichtungswaffe verantwortlich gewesen war, zu erkennen.
Seitdem waren viele Jahrhunderte vergangen, und Oppenheimer wurde eine endlose Liste an Zitaten in den Mund gelegt, von denen Garrett vor allem eines im Gedächtnis haften geblieben war: »Nun bin ich zum Tod geworden, dem Zerstörer der Welten!«
Genau so fühlte sich Garrett in diesen Augenblicken, als sich die zweite Schleuse öffnete und ein Schwall eiskalter Luft hereinfegte. Der Schweiß auf der Haut schien zu gefrieren; Garrett fröstelte.
Er hatte keine Ahnung, ob es in dieser Welt, in dieser Realität ebenfalls einen Robert Oppenheimer gegeben hatte, doch er war fest entschlossen, nicht in seine Fußstapfen zu treten und zu ihrem Zerstörer zu werden.
Garrett eilte durch den schmalen Gang auf das Steuerungspult zu, hinter dem sich die Sichtscheibe aus feuerfestem Glas befand, durch die er freie Sicht in die tieferliegende Stasiskammer hatte, in der Queen Choyganmaa ruhte.
Im Gegensatz zum Flur wurde das Licht innerhalb des Hochsicherheitslabors nicht automatisch aktiviert, um keine unerwarteten Reaktionen seitens des Organismus zu provozieren. Nur die Instrumentenbeleuchtung verströmte einen fahlen Glanz, den Garrett nicht mal gebraucht hätte, um sich zu orientieren.
Er kannte jeden Quadratzentimeter wie seine Westentasche, hatte in den letzten Monaten viel zu viel Zeit hier unten verbracht. Doch das würde sich schon bald ändern. Genauer gesagt, jetzt.
Ein letzter Blick durch die Scheibe in die Stasisgrube, in der Choyganmaas schwarzglänzender Chitinleib ruhte und mit der Dunkelheit zur schattenhaften Andeutung drohenden Unheils verschmolz, das nur darauf zu warten schien, dass irgendein unbedarfter oder skrupelloser Narr es entfesselte.
Das spärliche Licht der Instrumente spiegelte sich in den untertassengroßen Augen der mutierten Siragippe, die rein äußerlich nur noch wenig mit einem solchen Tier gemein hatte. Seit der Tachyon-Organismus mit ihr verwachsen war, hatten sich an den Beinen dornartige Auswüchse gebildet, die über den gekrümmten Leib hinausragten.
Das aufgeblähte Abdomen mündete in einem schlauchartigen Fortsatz, der Garrett an den Schwanz eines Scorpocs erinnerte. Und wie ein solcher verdickte er sich zum Ende hin, bevor er in einem Stachel zusammenlief, der jedoch nur noch wenig mit dem eines Scorpocs gemein hatte. Er war deutlich dicker und ragte kerzengerade aus dem Wulst hervor, war also nicht gekrümmt, wie es für derartige Tiere üblich war. Außerdem besaß er tiefe Riefen an den Seiten.
Die Tastbeine, die sogenannten Pedipalpen, waren angeschwollen und hatten sich in grausame Scheren verwandelt.
Garrett wusste, dass der Tachyon-Prionen-Organismus auf einer bizarren Mischung aus menschlicher Erbmasse und Scorpoc-DNA beruhte. Als die Kreatur mit der Siragippe verschmolzen war, hatte sie deren Zellen offenkundig okkupiert und die Erbinformationen innerhalb der Nukleotiden umgeschrieben, wie es Prionen nun mal zu tun pflegen.
Herausgekommen war dieses Ding, das nur auf eine günstige Gelegenheit zu lauern schien, um aus seinem Gefängnis auszubrechen und das Fort in ein Mausoleum zu verwandeln.
Aber genau das würde nicht geschehen. Deshalb war Trevor ja gekommen: um dieses Geschöpf ein für alle Mal auszulöschen.
Der Mechanismus dafür war in der Konsole versteckt. Und nur er allein besaß die Zugangsberechtigung.