Maddrax 581 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 581 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Irgendwann musste es ja so kommen. Zwei Jacob Smythes waren für nur eine Erde zu viel - obwohl sie so unterschiedlich schienen. Der eine existierte als Bewusstseinskopie in einem Robot-Körper und war mit einer kosmischen Entität ins Sonnensystem gereist, der andere kam aus einer Parallelwelt und reiste mit einer Göre, die ihn um den Verstand gebracht hätte - wenn er den nicht längst verloren hätte. Trotzdem waren beide wie Zwillinge, vor allem in ihrem Streben nach der Weltherrschaft. Es konnte nur einen geben - aber wer würde das am Ende sein?

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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Smythe vs. Smythe

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin er sich mit den Daa'muren ins All aufmacht...

Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums. Überall tauchen Areale verschiedener Parallelwelten auf. Zwar können unseren Helden die Risse versiegeln – aber eine letzte Bruchstelle kollabiert und versetzt ein Areal um den Victoriasee in Afrika in die Gegenwart. Eine gewaltige Stadt taucht dort auf, deren Bewohner einen »Dunklen Keim« verbreiten.

Nach einigen Angriffen der Dunkeln unter ihrem Anführer Shadar auch auf die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur findet man dank der befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen neutralisieren den Dunklen Keim der Infizierten! Die Gefährten erobern Château zurück, doch Shadar kann sich absetzen. Für weitere Hilfe wendet sich Matt an Colonel Kormak, der eine Eingreiftruppe gründet, die Dark Force. Sie locken Shadar in Mombassa in eine Falle. Schwer verletzt kann er entkommen, und die Stadt selbst rettet ihn, indem sie ihn in ihr Dunkles Herz aufnimmt.

Matt und Aruula wird ein Flug über die Gigantolpole zum Verhängnis: In ihren Tiefen werden sie zum Bösen umgepolt, ermorden de Roziers Enkel und über hundert Hydriten. Doch der Hydrit Quart'ol ist ihnen auf den Fersen. Die beiden werden überwältigt und zur Wolkenstadt gebracht. Dort erschießt Pilâtre Aruula aus Rache für Pilou – und gleichzeitig wacht eine andere Aruula im Zentrum der Stadt auf! Das Dunkle Herz schuf Zwillinge der beiden aus deren bösen Anlagen. Sie können gerettet werden, wobei Grao auch Matts böses Ich tötet. Sie sprengen das Zentrum der Stadt, wobei Shadar stirbt; das Dunkle Herz überlebt.

Doch da naht eine neue Gefahr: Ein Roboter mit dem Geistesinhalt von Professor Dr. Smythe, Matts Erzfeind, begegnet im All einem Streiter und lockt ihn zur Erde. Zunächst wird die kosmische Wesenheit auf den Mars treffen, weshalb der Hydree Wang'kul ein Hologramm zur Erde schickt, das Matts Geist zum Roten Planeten holt, während sein Körper zurückbleibt. Matt und Wang'kul können den Streiter per Zeitstrahl sechs Monate in die Zukunft schicken. Dann erreicht Robo-Smythe den Mars – und versucht an Waffen für das Raumschiff zu gelangen, das er gekapert hat: die PLASMA. Doch Matt in Chandras Körper arbeitet gegen ihn, und Smythe muss fliehen. Sein Ziel ist die Erde. Matt nutzt den Zeitstrahl, um vor ihm dort zu sein... doch weil beim Rücktransfer etwas schief geht, gelangt Smythe unbemerkt auf die Erde.

Smythe vs. Smythe

von Ian Rolf Hill

»Smitty!« Haaley sah den grauen Schopf ihres Begleiters in der schlammigen Brühe versinken und handelte, ohne nachzudenken. Sie warf sich nach vorn, tastete blindlings dorthin, wo sie ihn vermutete, und hätte vor Freude am liebsten gejauchzt, als sie Haare zwischen den Fingern spürte. Instinktiv griff sie zu, zerrte Smitty zu sich heran und schlang ihm die Arme um die Brust.

Sie versuchte gar nicht erst, gegen die Strömung anzukämpfen. Sie wollte nur an die Oberfläche gelangen. Mit den Füßen stieß sie sich ab, katapultierte sich aus der schmutzigen Brühe. Der Schlamm perlte von den Gläsern ihrer Schutzbrille ab.

Im selben Moment kippte der Stamm eines knorrigen Baumes auf sie zu.

»O Scheiße!«

Natürlich war es nicht der Baum, der auf sie zukam.

Sie selbst waren es, die, mitgerissen von der Strömung, auf den knorrigen Stamm zurasten. Reflexartig warf Haaley sich herum, prallte mit dem Rücken gegen das Holz. Die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst. Ein Schrei löste sich aus ihrer Kehle.

Ihre Augen hinter den Gläsern der Schutzbrille weiteten sich, als sie die Schlammlawine erblickte, die sich durch das Bett des Flusses auf sie zuwälzte. Vor sechs Stunden war das noch eine Wüste mit rissigem Boden gewesen, steinhart und knochentrocken. Die Sonne hatte die Luft aufgeheizt wie in einem Backofen. Umso mehr, da sich innerhalb weniger Stunden eine dicke Wolkendecke gebildet hatte, die verhinderte, dass die Hitze in die Atmosphäre entwich.

Hatte Smitty zumindest behauptet.

Der kluge, allwissende Smitty. Der schlaffe, untrainierte Smitty, der wie eine mit Stroh gefüllte Lumpenpuppe in ihrem Griff hing. Und plötzlich zum Leben erwachte und zu zappeln begann wie ein Chiik auf dem Hackklotz, während die Schlammmassen gegen seine magere Brust klatschten, ihm über die Schultern sprudelten und in Haaleys Gesicht prasselten.

Wenn ihr nicht bald etwas einfiel, würden sie ersaufen wie die Ratzen. Mitten in der Wüste. Welch Ironie.

Unvermittelt wurde Haaley herumgerissen. Die Strömung spülte sie regelrecht vom Stamm. Da tauchte wie aus dem Nichts ein Ast über ihr auf. Instinktiv riss sie die Arme hoch und klammerte sich daran fest. Sie spürte, wie Smitty nach unten wegsackte und schlang die Beine um seinen dürren Leib.

Die Strömung zerrte und riss an ihren Körpern, drohte ihr die Arme aus den Schultergelenken zu reißen. Haaley warf den Kopf in den Nacken, füllte ihre Lungen mit Luft.

Dafür also hatte sie diese ganze Scheiße durchgemacht. Um schlussendlich am Arsch der Welt wie ein Zäpfchen aus dem Mastdarm des Lebens gespült zu werden.

Nicht heute! Nicht mit Haaley!

Sie hatte nicht Taratzen, Mar'osianer, Barbaren und Furunkelsteins Braut überlebt, um in einem Haufen Schlick zu ersaufen. Nur weil das Schicksal gerade Dünnpfiff hatte. Und Haaleys Schicksal hatte oft Dünnpfiff.

Die Schmerzen in den Armen wurden unerträglich. Aber mit Schmerzen kannte sie sich aus. Statt nachzulassen, erhöhte sie den Zug. Gleichzeitig verstärkte sie den Druck ihrer Schenkel, fühlte, wie Smittys Rippen nachgaben.

Egal. Lieber ein paar angeknackste Knochen als 'ne Lunge voller Modder.

Haaley hatte die Füße vor Smittys Brust verschränkt, trotzdem drohte er ihr zu entgleiten. Und sie konnte momentan nichts dagegen unternehmen, außer sich zu beeilen.

Haaley löste den Griff ihrer rechten Hand, legte den angewinkelten Arm auf den Ast und benutzte die Schulter als Hebel.

Smitty rutschte tiefer.

Haaley ächzte erschrocken. Sie glaubte ihn schon verloren zu haben, da klammerte er sich plötzlich an ihre Hüften und kreischte ihren Namen.

»Ja... das... hilft... wirklich... unge... meeeein!«

Die letzte Silbe brüllte sie, wobei sie sich mit einer gewaltigen Kraftanstrengung auf den Baumstamm hievte. Zum Glück schnallte Smitty, dass ihre Überlebenschancen höher waren, wenn er nicht bloß zappelte und schrie, sondern selbst mit anpackte.

Plötzlich fühlte sie sich wenigstens um zwei Zentner leichter. Smitty baumelte unter ihr am Ast, während sie bäuchlings auf dem Stamm lag, der bedrohlich knarrte und ächzte.

»Haaaaley«, kreischte Smitty. »Ich... ich kann... mich nicht... halten!«

»Ach was«, knurrte Haaley leise. Sie schob sich nach vorn, streckte die linke Hand aus und packte ihn am Kragen.

»Du... erwürgst... mich...«

Haaley ignorierte sein Gezeter und zerrte ihn nach oben. Weit genug, damit er sich ebenfalls auf den Stamm ziehen konnte. Sie ließ seinen Kragen los und schnappte sich dafür den Hosenbund. Im Geiste sah sie ihn schon auf der anderen Seite herunterfallen und im Schlamm versinken. Unwillkürlich musste sie kichern.

»Was... was war denn so lustig, du... irre... Biisch?«, ächzte Smitty wenig später, als er in Sicherheit war und japste wie ein Doggar nach der Jagd.

»Na, du natürlich.«

Sie verzichtete darauf, ihm zu erklären, warum. Schlaff und ausgelaugt lag sie auf dem Baumstamm, bettete ihr Haupt auf den angewinkelten Arm und lauschte dem Rauschen des Wassers.

Haaley war mit ihren Kräften am Ende. Alles was sie wollte, war, die Augen zu schließen. Nur für ein paar Sekunden.

Ein Schlag traf sie am Kopf.

»He, willst du jetzt etwa pennen?«, schrie Smitty.

Müde hob Haaley die Lider, blickte direkt in das Gesicht ihres Begleiters. Der Regen hatte den Schlamm weggespült. Die Gläser seiner Brille waren beschlagen, sodass sie seine Augen nicht erkennen konnte. Jetzt sah er aus wie eine Flegge, die in ein Wasserglas gefallen war. Leider besaß Smitty keine Flügel. Nicht einmal sechs Beine.

»Warum hast du eigentlich keine Flügel?«

»Was?«

»Flügel! Du weißt schon, diese Dinger, mit denen Fleggen durch die Lüfte schwirren.«

»Was redest du für einen Schwachsinn? Ich bin kein Insekt.«

»Aber du bist doch die Smythe-Flegge!«, krähte sie.

»Irre Biisch!«, stieß er erneut hervor. Wie einfallsreich.

Haaley beschloss, ihn zu ignorieren, und legte den Kopf abermals auf den Arm. Dabei hätte sie wissen müssen, dass Smitty nichts mehr verabscheute, als ignoriert zu werden. Da war er schlimmer als ein Kleinkind.

»Hat dir die Sonne jetzt auch noch den letzten Rest Verstand aus dem Hirn gebrannt?«, rief er. Sein Gesicht glühte im Zorn, wie sie feststellte, als sie erneut den Blick hob. »Wir sitzen hier in der verfluchten Sahara fest, mitten in diesem verfluchten Monsun. Und du... du... machst auch noch Witze darüber?«

Wie hypnotisiert starrte sie auf seine Lippen. War das Regen oder Speichel?

Sie wollte ihn gerade fragen, was sie sonst tun sollte, außer natürlich seinen knochigen Arsch zu retten, als er sich aufrichtete.

»Also das würde ich jetzt nicht tun!«, murmelte sie.

Er hielt inne. »Was?«

»Wir sitzen hier auf einem instabilen Baumstamm und...«

Langsam begann selbiger sich zu drehen.

»Sag ich doch«, seufzte sie und schaffte es gerade noch, die Augen zu verdrehen, bevor Smitty in den braunen Fluten versank. Er schrie panisch auf, warf die Hände nach vorne und klammerte sich an Haaleys Arme, die sie ihm helfend entgegenstreckte.

Doch so mager Professor Dr. Smythe auch sein mochte, er besaß ein beträchtliches Gewicht. Oder lag es an der nassen Kleidung? Spielte wohl keine Rolle. Wichtig war eigentlich nur, dass sich auch Haaleys nicht länger halten konnte.

Sie versuchte zwar noch, sich mit den Beinen an den Stumpf zu klammern, doch dafür war die Rinde zu glitschig und ihre Muskulatur zu verkrampft.

Schönen Dank auch, dachte sie mürrisch und ein wenig resigniert. Dann klatschten sie zurück in die tosenden Fluten, die sie unbarmherzig mit sich rissen.

»Da! Leut'!«

Pakkus Arm schnellte vor. Taio, Sohn des Häuptlings der Hai'makal, folgte der angegebenen Richtung, dorthin, wo der Schlamm der Wüste aus dem Flusslauf ins Tal schwappte und sich als zähflüssiger Brei wellenförmig ausbreitete.

»Das'n Baumstamm, du Monkee«, schnauzte Edem seinen Kumpel an.

»Kein Stamm!«, heulte Pakku. »Da war'n Leut'.«

»Schwachsinn!«, bellte Edem. Er fuhr herum und drosch mit der Keule auf Pakku ein, der sich unter den Schlägen duckte und jaulend in den Schatten des Felsens zurückwich, bei dem sie vor dem Regen Schutz gesucht hatten.

»Schwachsinn, Schwachsinn, Schwachsinn!«

Taio scherte sich nicht um seine Freunde. Dafür kannte er sie schon viel zu lange. Außerdem hatte er etwas gesehen.

Auch Edem hatte recht gehabt; es war tatsächlich ein Baum, den die Flut aus dem Boden gerissen hatte – aber da war noch mehr. Direkt dahinter. Vielleicht der Kadaver eines Tieres?

Taios Herz hüpfte vor Aufregung, als er sich vorstellte, wie die Hai'makal ihn feiern und hochleben ließen, wenn er mit Fleisch in das Dorf zurückkehrte.

Selbst sein Vater Kuru würde dann einsehen müssen, dass sein Sohn sehr wohl das Zeug zum Anführer hatte. Aber im Grunde seines Herzens wusste er das ja schon lange. Er fürchtete nur, dass Taio ihn als ersten schlachten ließ, sobald er Häuptling war.

Denn das war der Lauf der Dinge: Die Alten gaben ihr Leben, damit die Jungen etwas zu Essen hatten. Sollten sie jetzt aber ein totes Tier finden, wäre er ein Held.

Wenn nur der verdammte Regen endlich aufhören würde. Seit sechs Tagen schüttete es unaufhörlich, und seit sechs Tagen kauerten sie nun schon unter diesem Felsen, in der Hoffnung, dass die Fluten etwas Essbares ins Tal spülten. Eine Hoffnung, die mit jedem Tag geringer wurde.

Ein Blick zum Himmel. War die Wolkendecke nicht schon merklich dünner geworden, der Regen schwächer?

Taios Herz klopfte schneller. Sich alleine aus dem Schutz des Felsens zu wagen, war glatter Selbstmord. Und doch... war es das Risiko nicht wert?

»Hört auf!«, rief er über die Schulter. »Pakku hat recht. Da ist was!«

»Sag ich doch«, jaulte dieser.

»Helft mir«, befahl Taio. Er schlang sich das mitgebrachte Seil um die Hüften und zurrte es fest. Das aufgewickelte Ende reichte er an Edem weiter, der zehn Ellen abwickelte, ehe er sich das Tau ebenfalls um den Leib wand, den Rest gab er Pakku. Der zählte noch einmal zehn Ellen ab, verschnürte sich und verknotete das Ende schließlich mit einer entasteten Baumstange, die sie zwischen die Felsen geschlagen hatten.

Taio nickte seinen Kameraden ein letztes Mal zu, umklammerte die Keule mit beiden Fäusten, dann tastete er sich mit den Füßen über den vom Regen blank gewaschenen Felsen, hinab in die schlammige Brühe. Er hatte sie kaum erreicht, da rutschte er aus, knallte rücklings auf das Gestein und glitt in den Morast. Prompt wurde er mitgerissen und spürte den Ruck an der Hüfte, als Edem das Seil straff zog.

Taio blieb ruhig. Er durfte nicht in Panik geraten. Mit den Füßen tastete er nach dem Grund, suchte einen festen Halt. Dann drückte er die Keule dagegen und richtete sich auf.

Vor Zorn brüllend, schüttelte er sich die verschlammten Haare aus dem Gesicht. Ein Blick zurück zu seinen Freunden: Edem stand wenige Schritte über ihm, dahinter Pakku im Schatten des Felsens, wo seine Augen weiß leuchteten.

Taio widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Stelle, an der er den Baumstamm zuletzt gesehen hatte. Er musste sich beeilen, bevor die Beute außer Reichweite trieb.

Wieder straffte sich das Seil. Aber nicht, weil Edem daran zog, sondern weil die Länge nicht ausreichte. Jetzt musste sein Freund ebenfalls in den Morast steigen. Er stellte sich dabei deutlich geschickter an als Taio, was den schon ein wenig neidisch machte. Er wusste sehr wohl um die bewundernden Blicke der Weiber, die sie Edem zuwarfen, wenn sie glaubten, dass er nicht hinsah.

Taio mochte der Sohn des Häuptlings sein, doch Edem war nun mal größer, kräftiger, stattlicher.

Für einen Moment war er versucht, am Seil zu ziehen, damit Edem ebenfalls im Matsch landete. Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt für Eifersüchteleien. Zumal sein Leben buchstäblich in Edems Händen lag.

Also wartete er geduldig, bis sein Freund einen festen Stand gefunden hatte. Dann kämpfte er sich weiter bis zu der Stelle vor, wo sich der vermeintliche Kadaver schemenhaft im Schlamm abzeichnete, der Taio mittlerweile fast bis zur Brust reichte.

Der Sohn des Häuptlings hielt verblüfft inne. Es war nicht nur ein Kadaver, es waren sogar zwei. Eindeutig menschlich. Taios Finger kribbelten vor Aufregung. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen.

Fremde waren hier draußen selten anzutreffen, eigentlich nie. Auch die Hai'makal wären mit Sicherheit längst woanders hingezogen, wäre der Weg nicht so weit und beschwerlich. Abgesehen davon hätten sie den heiligen Boden verlassen müssen.

Für Taio waren diese beiden Leichen Geschenke der Götter. Wenn das nicht ein Zeichen für seinen rechtmäßigen Herrschaftsanspruch war, was dann? Das musste selbst Kuru anerkennen.

Taio heulte triumphierend auf und schaufelte sich durch den Matsch auf die fette Beute zu. Obwohl... so fett war sie gar nicht. Sie schien sogar regelrecht mager zu sein.

Aber was hatte er denn erwartet? Wer durch die Wüste kam, der konnte von Glück reden, überhaupt noch Fleisch auf den Rippen zu haben.

Immerhin waren sie zu zweit, und wer war er schon, dass es ihm zustand, eine Gabe der Götter in Frage zu stellen?

Einer der Kadaver hatte sich rücklings in einer Astgabel verfangen. Helles Haar hing ihm am knochigen Schädel, der so weit im Nacken lag, dass der Kehlkopf spitz hervorstach. Auf seiner Brust, den Kopf über die Schulter gelegt, ruhte der zweite Körper.

Der Häuptlingssohn suchte sich einen festen Stand, streckte den Arm aus und griff mit der freien Hand in den mit Schlamm verschmierten Schopf. Er zerrte den Kopf zurück. Die Augen lagen hinter einer Art Maske verborgen.

Taio beugte sich vor, um besser sehen zu können.

Da hoben sich ruckartig die Lider. Weiße Augen mit winzigen Pupillen starrten ihn wie im Fieber an. Ein Arm der Leiche schwang herum. Etwas Spitzes, ungemein Hartes biss in das Fleisch seines Unterarms und schlitzte ihn auf.

Taios Augen weiteten sich. Reflexartig riss er den rechten Arm hoch und drosch die Keule seitlich gegen den Schädel der Gestalt, die mit einem Seufzen auf den Lippen erschlaffte.

Wie betäubt starrte Taio auf das aus seinem Arm strömende Blut, das sich mit dem Schlamm vermengte. Von wegen tot. Zumindest einer der beiden vermeintlichen Kadaver war überaus lebendig.

Der Häuptlingssohn erstarrte, als er begriff, was das bedeutete. Frisches Fleisch war gutes Fleisch! Beflügelt von diesem Gedanken, ließ er die Keule los, die über eine lederne Schlaufe mit seinem Handgelenk verbunden war. Er griff nach dem Messer, das die Gestalt noch immer wie im Krampf umklammerte.

Taio traute seinen Augen kaum, als er erkannte, dass es aus einem menschlichen Brustbein gefertigt war. Was für eine Trophäe!

Ohne auf die Rufe seiner Freunde zu achten, die natürlich wissen wollten, was passiert war, schnitt er mit dem Messer einen Streifen Stoff aus der Weste der jetzt reglosen Beute und wickelte ihn sich um den Unterarm. Im Dorf würde er die Wunde auswaschen und nähen lassen.

Anschließend klemmte er sich die Klinge zwischen die Zähne und packte die magere Gestalt. Überrascht stellte er fest, dass es sich um eine Frau handelte.

Ein Gefühl der Ehrfurcht überkam ihn. Wer die Wüste und den Monsun überlebte und im Angesicht des nahenden Todes trotzdem noch Kampfeswillen besaß, verdiente Respekt. Ganz gleich, welchen Geschlechts er oder sie auch sein mochte.

Taio wuchtete sich den Körper über die linke Schulter. Dann griff er nach dem Schopf der zweiten Gestalt, einem dürren Männlein, und zog es hinter sich her.

Heute war ein guter Tag!