Maddrax 612 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 612 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

"Allez hopp!"
Die Gestalt mit dem Helm, der an den Schädel einer Ameise erinnerte, überwand den knapp einen Meter über dem Boden hängenden Stamm mit einem Satz. Sie lief noch ein paar Schritte, drehte sich um und stemmte die Fäuste in die Hüften. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie die Ameisen, die zu Hunderten unter dem Stamm entlang krochen.
"So war das aber nicht gedacht", beschwerte sich die Behelmte. "Ihr sollt springen, nicht krabbeln!"
Gackerndes Gelächter antwortete ihr aus der Krone eines Urwaldriesen. "Wie dämlich bist du eigentlich? Ameisen können doch gar nicht springen!"
"Schweig still, Gespenst", erwiderte die Behelmte schroff. "Wenn ich sage 'springt', dann dürfen die höchstens 'wie hoch?' fragen. Ich bin schließlich ihre Königin!"


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Königin der Ameisen

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 schlägt ein gewaltiger Komet auf der Erde ein. Die Druckwelle trifft auch drei Beobachtungs-Jets. Der Commander der Staffel, der US-Pilot Matthew Drax, kann in den Alpen notlanden und wird von Barbaren gefunden, die ihn »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber. Die Druckwelle hat die Jets durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert. Dieser Strahl, der vom Mars zur Erde reicht, ermöglichte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, eine Übersiedelung. Der vermeintliche Komet war eine Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Flora mutieren und die Menschen verdummen lässt.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben –, kämpft gegen die Daa'muren und stößt auf Parallelwelt-Areale, die überall auf der Erde aufbrechen. Sie sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen. Matt und seine Verbündeten können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein der Erde, zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer Parallelwelt – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber einer Elitetruppe namens Dark Force, verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet, obwohl der längst mit seinen Daa'muren weitergezogen ist. In einem furiosen Endkampf gelingt es Matt, den Streiter zu versteinern.

Doch dann verschwindet Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichem Energieverlust ab und finden den havarierten Gleiter. Von Aruula keine Spur! Dafür entdeckt Matt das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel – und eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley, die verrückte Freundin seines toten Erzfeindes Jacob Smythe.

Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft, während sein Trupp dezimiert wird. Die letzte Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar, kann ihn aber erlegen – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.

Die Fremde entkommt, doch Matt und Haaley müssen eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Ein Indiostamm soll den Schwarm kontrollieren, aber sie stellen fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Er wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Auf der Suche nach einem Fungizid fährt er nach Norden und gerät in ein mörderisches Spiel, mit dem ein Krieg um Öl entschieden werden soll. Dabei lernt er Tschoosch Claansman kennen, der früher als Chemiker bei einem Drogenbaron gearbeitet hat und ihm nun hilft, in Med'liin eine Ladung Fungizid samt einem Frachtflugzeug zu stehlen. Mit PROTO und einem Lkw bringen sie das Gift in Mabutas Dorf...

Königin der Ameisen

von Ian Rolf Hill

»Allez hopp!«

Die Gestalt mit dem Helm, der an den Schädel einer Ameise erinnerte, überwand den knapp einen Meter über dem Boden hängenden Stamm mit einem Satz. Sie lief noch ein paar Schritte, drehte sich um und stemmte die Fäuste in die Hüften. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie die Ameisen, die zu Hunderten unter dem Stamm entlang krochen.

»So war das aber nicht gedacht«, beschwerte sich die Behelmte. »Ihr sollt springen, nicht krabbeln!«

Gackerndes Gelächter antwortete ihr aus der Krone eines Urwaldriesen. »Wie dämlich bist du eigentlich? Ameisen können doch gar nicht springen!«

»Schweig still, Gespenst«, erwiderte die Behelmte schroff. »Wenn ich sage ›springt‹, dann dürfen die höchstens ›wie hoch?‹ fragen. Ich bin schließlich ihre Königin!«

Das Gespenst fing an zu prusten. »Für eine Königin hast du dein Volk aber nicht besonders gut im Griff.«

Die Gestalt kratzte sich am Kopf, wobei sie ihren Helm ein Stück anheben musste. Ihre Kopfhaut juckte wie verrückt, weil der Schweiß nicht richtig abfließen konnte.

Hier im Busch herrschte aber auch mal wieder eine Hitze. Kaum auszuhalten.

»Ja, daran muss ich tatsächlich noch arbeiten«, murmelte die selbsternannte Königin und betrachtete ihre fingerlangen Untertanen, die um sie herumwuselten oder in dreister Weise über ihre schmutzigen nackten Füße krabbelten.

»Vielleicht wissen sie ja gar nicht, dass du ihre Königin bis. Schon mal daran gedacht?«

Die Behelmte richtete beide Zeigefinger auf ihren Kopfschmuck. »Hallo? Krone?«

»Tja, nur blöd, dass Ameisen nicht besonders gut sehen können.«

»Hör mal, du Klugscheißer. Wenn sie mich nicht für ihre Königin halten, warum folgen sie mir dann?«

»Na ja, ich würd' mal sagen, um sicherzugehen, dass du keinen Unfug anstellst.«

»Unfug? Ich? So etwas Absurdes hab' ich ja noch nie... Vorsicht!«

Ohne Vorwarnung ließ sich das Gespenst vom Ast fallen. Siedend heiß fuhr der Schrecken der Ameisenkönigin durch sämtliche Glieder.

Der Geist stemmte die Fäuste in die Hüfte und neigte den Kopf zur Seite. »Keine Bange, ich pass' schon auf. Mir passiert nichts.«

»Ich hatte Angst um die Aants, nicht um dich.«

Das Gespenst streckte der Behelmten die Zunge heraus. »Pass lieber auf, dass du nicht aus Versehen auf deine Untertanen trittst, du Gefahr auf zwei Beinen. So leichtfüßig wie ein Izeekepir und so grazil und anmutig wie ein Efrant im Parmesanladen.«

»Du fiese kleine...«

»Achtung, Ameise!«

Doch es war schon zu spät.

Die Königin hatte sich auf das Gespenst stürzen wollen, um ihm den Hintern zu versohlen, ohne daran zu denken, dass Selbiges nur in ihrer Vorstellung existierte. Sie griff durch das Hirngespinst hindurch und stolperte vorwärts.

Das Knacken, mit dem der Insektenkörper unter ihrem Fuß zerbrach, durchfuhr sie wie eine glühend heiße Klinge. Ihre Augen weiteten sich. »Ups!«

Langsam senkte sie den Kopf und betrachtete den Brei, der zwischen ihren Zehen hervorquoll.

»O nein«, sagte das Gespenst und ging in die Hocke. »War das etwa Armand? Armand, der Armselige?«

»Wie bescheuert bist du eigentlich?«

Das Gespenst hob den Kopf. »Keine Ahnung. Sag du es mir, immerhin bin ich ein Produkt deiner durchgeknallten Psüsche. Also schätze ich mal, dass ich genauso bescheuert bin wie du. Andererseits repressiere ich dein Unterbewusstsein, und das ist ja bekanntlich klüger als –«

»Das war Gunnar, der Genügsame!«

Das Gespenst stutzte, senkte den Kopf und sah noch einmal genauer hin. »Bist du sicher?«

»Sicher bin ich sicher. Ich bin die Königin!« Die Behelmte hob das Bein und betrachtete angeekelt den zähen Brei, der von Gunnar übriggeblieben war.

»Tja, und was machen wir jetzt mit den Zeugen?«

»Gar nichts machen wir mit den Zeugen.«

»Ich meine ja nur. Nicht, dass es zu einem Aufstand kommt. Gunnar, der Genügsame, war ziemlich beliebt. – Siehst du, es geht schon los!« Das Gespenst deutete auf die restlichen Ameisen, die an den nackten Beinen ihrer Königin emporkletterten.

»Gar nichts geht los. Mabuta will nur sicherstellen, dass du keinen weiteren seiner Soldaten in Gefahr bringst.« Die Königin bleckte die Zähne.

»Ich? Wer hat Gunnar denn zertrampelt – du oder ich?«

»Wegen dir. Und das weiß Mabuta auch.«

»Mabuta kann mich gar nicht sehen, weil ich gar nicht da bin.« Das Gespenst verengte die Augen und verzog verächtlich die Lippen.

»Mabuta sieht, was ich sehe. Und ich sehe dich. Und jetzt verschwinde, ich hab' noch zu tun.«

»Weitere Untertanen zertrampeln? Du wirst noch als Killer-Königin in die Geschichte eingehen.«

»So das reicht, du kleine Mistmade!«, zischte die Behelmte. Sie hob den Speer und brüllte: »Für Gunnar, den Genügsamen!«

Das Gespenst sprang auf und ergriff quiekend die Flucht. Die Königin und ihr Gefolge nahmen umgehend die Verfolgung auf.

Aufgrund seiner geringen Größe und der Tatsache, dass es nicht körperlich existierte, befand sich das Gespenst deutlich im Vorteil, was Königin und Hofstaat aber nicht daran hinderte, ungeachtet der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit durch den dichten Dschungel zu pflügen.

Schon nach wenigen Metern war die Behelmte in Schweiß gebadet. Sie überlegte ernsthaft, die Verfolgung abzubrechen, da schälte sich aus dem grünen Dickicht jäh ein steinernes Hindernis.

Staunend betrachtete die Königin das Gebilde aus Bruchsteinen, das eindeutig von Menschen erbaut worden war, und das schon vor beträchtlicher Zeit. Das war deutlich an den verwitterten Steinen und dem Baum zu erkennen, der sich mit seinem wulstigen Wurzelwerk an eine Seite des Bollwerks klammerte.

Der Grundriss war viereckig; ein breiter Sockel mit kleinerem, tempelartigen Aufbau, zu dem vier Treppen hinaufführten. Neugierig schritt die Behelmte eine davon empor und betrat das von Zwielicht erfüllte Gemäuer.

Doch das Innere des Tempels erwies sich als herbe Enttäuschung. Kein Altar, keine Opfergaben, nicht mal ein angemessener Inka-Schatz. Aber die Kühle in dem Gemäuer war recht angenehm und lud zum Verweilen ein.

Dafür ist keine Zeit, meldete sich da Mabuta in ihrem Kopf. Komm ins Dorf. Der Gesandte kehrt zurück!

»Wer?«

Der, den du Maddrax nennst.

»Ach, Mattie. Den hatte ich ja schon fast vergessen. Wo war er noch gleich?«

Er hat ein Mittel gegen den Pilz gesucht.

Den leicht genervt klingenden Unterton bildete sie sich bestimmt nur ein. Mabuta kommunizierte telepathisch, und Gedanken konnten gar nicht genervt klingen. Oder?

»Und? Hat er eins gefunden?«

Woher sollen wir das wissen? Geh hin und frag ihn!

Doch, definitiv leicht angespannt, der Gute.

Aber sei vorsichtig. Er ist nicht allein.

Oha! Sollte er etwa unterwegs Aruula gefunden haben? Sie war sich nicht sicher, wie sie das finden sollte.

Der Berg der Mabuta-Garia ragte wie ein Geschwür aus dem Dschungel. Nicht nur die Form erinnerte an einen Vulkan, auch das poröse basaltartige Gestein, aus dem er bestand, deutete auf einen solchen Ursprung hin. Nur, dass sich in dem ehemaligen Krater eben kein See gebildet hatte, sondern ein Tal, in dem sich ein indigenes Volk niedergelassen hatte, das in enger Symbiose mit den mutierten Ameisen lebte.

Mabuta hatte den Berg in einen gigantischen Ameisenbau verwandelt, der von einem Labyrinth aus Stollen und Gängen durchzogen war. Letztere zum Teil so groß, dass sogar Menschen hindurchpassten.

Der Anblick des zyklopischen Ameisenhügels verursachte Matt eine Gänsehaut und ließ sein Herz unwillkürlich schneller schlagen. Er fürchtete sich ein wenig vor dem Wiedersehen mit dem Superorganismus, der Menschen und Tiere durch Gift gefügig machte und sogar in der Lage war, telepathisch zu kommunizieren.

Normalerweise eine sehr effektive Form der Kommunikation, vorausgesetzt, die Gesprächspartner teilten dasselbe Wertesystem, und eben da lag im Fall von Mabuta das Problem.

Insektenvölker maßen dem Individuum von Natur aus weit weniger Bedeutung bei, als es Menschen oder Säugetiere taten. Ohne die Bedrohung durch den Pilz, dessen Myzelgeflecht sich über mehrere Quadratkilometer Dschungelboden ausbreitete, wäre eine Verständigung vermutlich gar nicht erst zustande gekommen.

Doch da Mabuta gegen den Pilz, der seine Lebensgrundlage gefährdete, nicht ankam, benötigte er Hilfe, die Matt ihm unter einer Bedingung zugesichert hatte: Wenn es dem Mann aus der Vergangenheit gelang, ein wirksames Fungizid gegen den Pilz zu finden, dann würde Mabuta ihm im Gegenzug helfen, Aruula aufzuspüren, die Matt noch immer an Bord der USS Nimitz vermutete, jenem Flugzeugträger, der auf ebenso geheimnisvolle wie unerklärliche Weise mitten im peruanischen Dschungel stand und von einer Gruppe nicht besonders umgänglicher Menschen bewohnt wurde.*

Immerhin hatte Matt seinen Teil der Abmachung fast schon erfüllt. Hinter ihm, keine zehn Meter entfernt, quälte sich ein Lkw über die Serpentine, die an jener Schlucht entlangführte, hinter der Mabutas Berg aufragte.

Für Matt glich es immer noch einem kleinen Wunder, dass der Truck den weiten Weg von Nava, dem ehemaligen Neiva, überhaupt geschafft hatte. Aber Tschoosch Claansman, der am Steuer des Lastwagens saß, war ein erfahrener Trucker, der es in Matts Zeit bestimmt zum Star irgendeiner dieser semi-authentischen Dokus über die gefährlichsten Routen der Welt oder die wagemutigsten Fahrer gebracht hätte.

Tatsächlich wäre Matt ohne Tschooschs Hilfe niemals so weit gekommen. Ihm verdankte er nicht nur das Fungizid, sondern auch sein Leben.

Tschoosch Claansman stammte ebenfalls aus Nordamerika, ehe es ihn bis hierher nach Amraka verschlagen hatte, wo er unter anderem als Chemiker im Norden Kolumbiens gearbeitet hatte. Dort hatte er Pflanzenschutzmittel für Kooka-Plantagen verfeinert.

Die beiden Männer hatten sich unter abenteuerlichen Bedingungen kennengelernt, die Matt gezeigt hatten, dass Tschoosch aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt war. Einem Holz, das nicht nur robust und widerstandsfähig war, sondern sich auch jedweden äußeren Einflüssen anpassen konnte. Matt war froh, einen solchen Kameraden an seiner Seite zu wissen.

Und zwar nicht nur, weil er sonst gar nicht gewusst hätte, wie er das Fungizid anmischen sollte. Er war Pilot und Soldat, kein Chemiker und erst recht kein Botaniker oder Landwirt.

Matt konzentrierte sich wieder auf den Pfad vor ihm – der plötzlich verschwunden war.

Der Mann aus der Vergangenheit trat auf die Bremse. Sekundenlang betrachtete er sich das Malheur vor PROTOs Schnauze. Dann stieg er aus. Da es links steil in die Tiefe ging, benutzte er das Schott auf der Oberseite des Panzers.

Matt hatte das Gefühl, eine Sauna zu betreten. Die schwülwarme Luft trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Über das Dach bewegte er sich zum Heck, vor dem Tschoosch angehalten hatte. Jedoch ohne den Motor abzustellen. Ihn hier mittels der Kurbel wieder zum Laufen zu kriegen, wäre viel zu mühsam gewesen.

Der Trucker lehnte sich so weit aus dem Fenster, dass Matt unwillkürlich ein Stoßgebet aussandte, die rostige Fahrertür möge Tschooschs Gewicht standhalten.

»Was ist los?«, brüllte dieser mit dem von Sonne und Wetter gegerbten Gesicht gegen das Tuckern und Dröhnen des Motors an.

Matt ging in die Hocke und deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Der Regen hat einen Teil der Straße weggespült. Wir müssen zurück und einen anderen Weg suchen!«

Tschoosch machte ein Gesicht, als hätte ihm jemand in den Kafi gespuckt. Dem Ex-Commander war klar, dass es nicht einfach sein würde, mit dem mit Fungizid-Kanistern beladenen Lastwagen auf der schlammigen Piste zurückzusetzen.

Aber das war nicht der einzige Grund für Tschooschs schlechte Laune. Er vermisste den Rock'n'Roll, den er dank eines trilithiumbetriebenen MP3-Players, der über eintausend Songs beinhaltete, hätte hören können. Wenn die Energie nicht von dem roten Diamantsplitter entzogen worden wäre, den Matt als alternative Energiequelle für PROTO benutzte.

Es war ihm ohnehin ein Rätsel, warum der Player zu Anfang ihrer Fahrt noch so lange durchgehalten hatte.

Der Mann aus der Vergangenheit beeilte sich, zurück ans Steuer des Amphibienpanzers zu kommen. Es dauerte über eine halbe Stunde, bis sie eine einigermaßen befahrbare Stelle erreichten, an der Matt sich zutraute, einen Pfad in den Dschungel zu pflügen.

Das Gelände stieg zwar steil an, doch wenigstens entfernten sie sich dadurch auch vom Rand der Schlucht. Matthew atmete auf. Er wagte gar nicht daran zu denken, was für ein unverschämtes Glück er gehabt hatte. Wäre das weggeschwemmte Stück nur ein wenig stabiler gewesen, hätte er es ohne mit der Wimper zu zucken befahren und wäre mit Sicherheit abgestürzt.

Schnaufend wühlte sich der Amphibienpanzer in das Dickicht, walzte mannshohe Farne, Sträucher und selbst kleinere Bäume nieder. Dabei lag die größte Hürde noch vor ihnen: die Schlucht selbst.

Zwar führten in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Hängebrücken zum Berg, für die PROTO jedoch eindeutig zu schwer war.

Langsam quälte sich der Panzer voran. Vor einer der großen Wurzeln, die zu einem der Urwaldriesen gehörte, dessen Stamm wie eine Wand neben Matt aufragte, musste er schließlich Halt machen. Die Steigung hatte so weit zugenommen, dass Tschoosch mit seinem Lkw dort niemals von alleine hochkommen würde.

Zu allem Überfluss prasselte erneut Regen nieder und verwandelte die frisch in den Urwald geschlagene Bresche prompt in eine schlammige Rutschbahn. Sie konnten von Glück reden, wenn der Lkw nicht seitlich umkippte. Er hatte bereits bedenklich Schlagseite.

Jetzt war Eile geboten.

Zunächst musste Matt seinem Begleiter klarmachen, dass er ihm bei dem folgenden Manöver nicht folgen sollte. Der Ex-Commander ging bis zum Heck des Panzers und öffnete die Rampe. Als er ins Freie sprang, rutschte er prompt aus und setzte sich auf den Hosenboden.

Fluchend kämpfte er sich auf die Beine, was alles andere als einfach war. Er hatte das Gefühl, als würde er sich auf Schmierseife fortbewegen. Schließlich erreichte er den Laster, dessen Frontscheibe beschlagen war. Tschoosch hatte die Seitenscheibe hochgekurbelt, damit es nicht hineinregnete; jetzt ließ er sie wieder herunter.

Sein feixendes Gesicht kam zum Vorschein. »It's raining, Man!«

»Halleluja«, antwortete Matt grimmig in Gedenken an die Weather Girls. Dann schilderte er seinem Kameraden das Problem, ehe er sich triefend vor Nässe zurück zu PROTO kämpfte. Teils auf allen vieren.

Schließlich saß er wieder hinter dem Steuer, gerade rechtzeitig zum Ende des Regenschauers.

Er gab Gas. Ein wenig zu viel, wie er feststellte, als der Schlamm zu beiden Seiten wegspritzte. PROTO geriet ins Schlingern, doch Matt hatte den Panzer rasch wieder im Griff. Heulend erklomm er die Anhöhe und schaukelte über die Wurzel.