Maddrax 623 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 623 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Jeder Schritt war eine Qual!
Mühsam zogen die drei Wanderer ihre Füße aus dem schlammigen Boden. Die Gelenke knirschten, die Glieder fühlten sich schwer wie Blei an. Nein, weniger wie Blei, mehr wie Holz...
Eile war geboten. Je länger sie sich außerhalb des Wassers aufhielten, desto rascher schritt die Vorholzung voran. Zelle für Zelle versteifte sich, wurde hart und unnachgiebig. Feine Wurzeln sprossen aus den nackten Sohlen, auf der Suche nach Halt. Eine Pause, selbst wenn sie nur wenige Sekunden dauerte, konnte das Ende bedeuten. Denn nicht nur die Trockenheit war ihr Feind. Noch etwas anderes war ihnen auf den Fersen. Etwas Hungriges, das nur darauf wartete, dass sie wie angewurzelt stehenblieben...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Das Verderben wächst

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...

Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao'sil'aana und Gal'hal'ira – können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein der Erde, zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber einer Elitetruppe namens Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt sie versteinern.

Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr mit der PLASMA, einem gekaperten außerirdischen Raumschiff, bis nach Südamerika (Amraka). Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE. Von Aruula keine Spur! Dafür entdeckt Matt das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel – und eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.

Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp von mysteriösen Gegnern dezimiert, und Matt ist sich nicht sicher, ob nicht Haaley dahintersteckt. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar, kann ihn aber erlegen – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.

Sie versuchen zu fliehen, doch nur die Soldatin entkommt. Matt und Haaley müssen eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Bei der Kontaktaufnahme mit einem Indiostamm, der den Schwarm kontrollieren soll, stellen sie fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, eine Ladung Fungizid zu stehlen und das Gift in Mabutas Dorf zu schaffen, wo es mit dem Regen verteilt wird, was das Pilzgeflecht in dieser Region abtötet. Zum Dank bringt der »Ameisengott« Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Aants vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff der Soldaten auf Mabuta erfahren.

Mabuta versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen in der Gewalt Dak'kars befinden. Dessen Soldaten konnten viele Aants töten, wurden letztlich aber zurückgeschlagen: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit Dak'kars Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent und telepathisch begabt hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Dafür will er Dak'kar die Formel vom »Spiegel von Pachacámac« verschaffen, mit der weitere rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Strahlung der Diamanten kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars ehemaligem Freund Toma'bar gestohlen.

In der Zwischenzeit startete eine Rettungsmission der Dark Force, die aber aufgrund des riesigen Gebiets eingestellt werden musste. Nur die Daa'muren Grao und Ira sind an der brasilianischen Küste verblieben und versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community in Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickelt haben.

Um Mabuta zu täuschen, der durch Haaleys Geist alles beobachtet, ersinnt Dak'kar einen Plan, um seinen Tod vorzutäuschen. Er gelingt auch – bis Dak'kar, von den anderen getrennt, in eine Fallgrube stürzt und verletzt in die Fänge einer geistig Verwirrten fällt, die ihn »für sich behalten will«. Die Gefährten können ihn befreien und retten sich vor Mabuta in die Todeszone. Dort aber brechen sie in das unterirdische Reich der Nocturno ein und baden – bis auf Dak'kar – in einem See, der ihre Körper langsam verholzen lässt. Auf ihrer Flucht nehmen sie die Nocturna Tautropfen mit, die Kontakt zu einer fernen Stimme hat, welche das Verderben aufhalten könnte. Doch die Gefährten verholzen zusehends, und so müssen Dak'kar und Tautropfen allein weiterfahren, während Matt, Haaley und All'ec einem Tümpel ausharren...

Das Verderben wächst

von Ian Rolf Hill

Jeder Schritt war eine Qual!

Mühsam zogen die drei Wanderer ihre Füße aus dem schlammigen Boden. Die Gelenke knirschten, die Glieder fühlten sich schwer wie Blei an. Nein, weniger wie Blei, mehr wie Holz...

Eile war geboten. Je länger sie sich außerhalb des Wassers aufhielten, desto rascher schritt die Vorholzung voran. Zelle für Zelle versteifte sich, wurde hart und unnachgiebig. Feine Wurzeln sprossen aus den nackten Sohlen, auf der Suche nach Halt. Eine Pause, selbst wenn sie nur wenige Minuten dauerte, konnte das Ende bedeuten. Denn nicht nur die Trockenheit war ihr Feind. Noch etwas anderes war ihnen auf den Fersen. Etwas Hungriges, das nur darauf wartete, dass sie wie angewurzelt stehenblieben...

Zwei Tage zuvor

»Oooh, wer wohnt in 'nem Schlammtümpel ganz tief im Wald?«

»Haaley.«

»Leider nicht saugstark, dafür hölzern und hart und zwar bald.«

»Haaley!«

»Wenn der Sinn nach florierendem Blödsinn euch steht, dann springt in den Teich und kommt ja nicht zu spät!«

»Haaley! Verdammt noch mal, halt endlich die Schnauze!«

Choyganmaa Aksinja Jevdokija Ewgenija, besser bekannt unter ihrem Spitznamen Haaley, drehte sich langsam zu ihrem Kameraden All'ec um, der die Arme um den nackten Oberkörper geschlungen hielt. Den Kopf hatte er zwischen die Schultern gezogen, als würde er frieren.

Was durchaus im Bereich des Möglichen lag. Schließlich trugen sie alle keinen einzigen Faden am Leib und standen bis zum Hals im Wasser beziehungsweise dümpelten darin herum. Verlassen konnten sie den kleinen See, der von einem Wasserfall gespeist wurde, nur bei Regen. Andernfalls liefen sie Gefahr, dass die Verholzung ihrer Zellen schneller voranschritt. Und soweit sie wussten, gab es kein Heilmittel gegen diese erschreckende Krankheit, die sie sich bei einem Bad im unterirdischen See der Nocturno eingefangen hatten.

Wenn überhaupt, konnte nur der Gott dieses subterranen Volkes, der »ferne Stimme« genannt wurde und auf den dieses Phänomen angeblich zurückging, etwas daran ändern.

Natürlich war es kein echter Gott, sondern eine telepathische Wesenheit – die sie schnellstens in diesem Gebiet, das »Todeszone« genannt und von Pilzfäden beherrscht wurde, finden mussten.

Dass sie stattdessen in einem schlammigen Tümpel mitten im Urwald hockten, hatte einen einfachen Grund: Wasser verlangsamte das Verholzen der Zellen. An Bord von PROTO würden sie schnell austrocknen. Und zu Fuß bei Regen dauerte die Suche viel zu lange. Zwar hielt die Regenzeit an, aber es schüttete ja nicht ununterbrochen. Das Risiko, auf dem Weg zu verholzen, war einfach zu groß.

Daher hatte sich ihr Begleiter Dak'kar, der als einziger kein Bad genommen hatte und daher nicht betroffen war, bereiterklärt, gemeinsam mit der Nocturna Tautropfen die ferne Stimme zu suchen. Matt und seinen Gefährten Haaley und All'ec – ein Sprengmeister von der USS Nimitz – blieb nichts anderes übrig, als in dem See auf seine Rückkehr zu warten.

Der Mann aus der Vergangenheit wusste nicht, seit wann Dak'kar und Tautropfen mit dem Amphibienpanzer unterwegs waren. Sein Zeitgefühl war seit Beginn der Verholzung völlig im Eimer. Immer wieder fiel er in einen unruhigen Dämmerzustand, der von traumlosen Tiefschlafphasen unterbrochen wurde, sodass er nicht abschätzen konnte, wie viel Zeit wirklich vergangen war.

Der Versuch, die Lücken mit Hilfe seiner Kameraden zu schließen, endete jedes Mal in handfesten Streitereien. Das tatenlose Warten zerrte an den Nerven und stellte die Geduld auf eine erhebliche Zerreißprobe.

Und wer schon einmal länger als eine Stunde in Haaleys Gesellschaft verbracht hatte, der wusste, wie schnell Geduldsfäden und Nervenkostüme in ihrer Gegenwart in Fetzen gingen.

Zu Beginn ihrer Bekanntschaft hätte Matt geschworen, dass sie mit ihren Gesangseinlagen, sexuellen Anspielungen und Selbstgesprächen bloß provozieren wollte; mittlerweile wusste er es besser. Seit er sich mit ihr das Gehirn eines sterbenden Soldaten hatte teilen müssen, hatte er eine sehr viel klarere Vorstellung von Haaleys Gefühlswelt. Und ihres Irrsinns.1

Eine Erfahrung, auf die er gerne verzichtet hätte. Sie als »verstörend« zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung gewesen. Haaleys war sprunghaft, launisch und litt an einer schweren Psychose, die dafür sorgte, dass sich ihre tief verwurzelten Schuldgefühle in Form ihrer toten Schwester Choyganmaa manifestierten, mit der sie von Zeit zu Zeit sprach. Auch Matt hatte sie während seines kurzen Aufenthalts im Körper des sterbenden Soldaten bereits gesehen.

Sie war das Symptom einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung. Daher wusste er auch, dass Haaleys Geplapper nichts weiter war als der verzweifelte Versuch, die Stimmen in ihrem Kopf zum Schweigen zu bringen. Ein Anker, der ihren Geist mit der Realität verband und verhindern sollte, dass sie gänzlich in die Vergangenheit abdriftete.

Matt hatte das begriffen, All'ec nicht.

Der Sprengmeister war Soldat und kannte sich mit psychischen Ausnahmezuständen nicht gut aus. Darüber hinaus mangelte es ihm an Empathie. Auf den ersten Blick vielleicht eine notwendige Charaktereigenschaft für einen Soldaten. Auf den zweiten allerdings entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, denn dadurch entgingen ihm wichtige Warnsignale im Verhalten seiner Kameraden, die für das Überleben der Truppe erheblich sein konnten.

Anfangs hatte Matt daher versucht, die Spannungen abzufangen und sich als Puffer angeboten, damit sich Haaley und All'ec nicht gegenseitig an die Kehle gingen. Doch Tatsache war, dass auch seine Nerven zum Zerreißen gespannt waren. Es war ja nicht so, als hätten sie keine anderen Probleme...

Gedankenverloren strich Matt über die verhärtete Stelle auf seinem Handrücken. Dort hatte sich die Haut verändert. Ihre Zellen, im Normalfall von einer semipermeablen Membran umgeben, bildeten eine feste Wand. Eine Eigenschaft, die nur pflanzlichen Zellen vorbehalten war und diese von ihren tierischen und menschlichen Pendants abhob. Zellwände gewährleisteten Stabilität, stellten aber ein eklatantes Hindernis dar, wenn es um Geschmeidigkeit und Beweglichkeit ging.

Wo sich vor wenigen Tagen noch weiche, elastische Haut mit Poren und winzigen Härchen befunden hatte, wucherte nun eine dünne Rinde, die sich im Laufe der nächsten Tage zu einer festen Borke verdichten würde, die am Ende seinen gesamten Leib überzog. Bis er ebenfalls zu einer dieser bizarren Baumkreaturen geworden war, die an die Ents aus Tolkiens »Herr der Ringe« erinnerten, nur deutlich kleiner.

Matt hatte bereits gegen sie gekämpft und Dutzende von ihnen vernichtet. Hätte er geahnt, um was oder besser gesagt wen es sich bei ihnen handelte, hätte er vielleicht nach einem anderen Weg gesucht, um mit ihnen fertigzuwerden. Nicht, dass er eine große Wahl gehabt hätte...

»He, kein Grund, gleich auszuflippen!«, protestierte Haaley. »Ich weiß, wie frustrierend es ist, dabei zuzuschauen, wie andere Spaß haben. Aber sei unbesorgt, mein großer mürrischer Freund. Ich bring' dir den Text bei. Oder wir singen ein Lied, das du auch kennst.«

Sie überlegte kurz, dann schnipste sie mit den Fingern. »Ich hab's! Kennst du das hier? Frère All'ec, Frère All'ec. Dormez-vous, dormez-vous? Sonnez les matines, sonnez les matines. Ding ding dong, ding ding...«

»Schnauze!«

»Dong!«, machte Haaley. »Du gibst dir aber auch kein bisschen Mühe, Sprengmeisterchen. Dabei will ich doch bloß ein wenig die Moral anheben.«

»Schieb dir deine Moral in den Allerwertesten!«

»Ich wüsste nicht, wie ich das anstellen sollte. Aber wenn das ein Angebot sein soll...«

»Haaley!«, schnarrte Matt.

»Was? Bist du jetzt plötzlich auf seiner Seite?«

»Ich bin auf niemandes Seite. Ich...«

»Du willst nur mal wieder die Stimme der Vernunft spielen, schon klar! Aber weißt du was, Mattie-Boy?« Sie glitt im Wasser auf ihn zu. »Du bist nicht die Stimme der Vernunft. Es ist nämlich überhaupt nicht vernünftig, mit einem außerirdischen Raumschiff und einer Handvoll Soldaten in einen unerforschten Dschungel vorzudringen, nur weil du dein vermisstes Liebchen suchen willst. Du siehst ja, wie so was enden kann.«

Matt knirschte mit den Zähnen.

Haaley wusste genau, welche Knöpfe sie bei ihm drücken musste. Das behagte ihm nicht, war jedoch nicht zu ändern. Dafür hatten sie gemeinsam zu viel durchgemacht. Dummerweise konnte er ihr nicht mal einen Vorwurf machen, denn im Prinzip sprach sie nur aus, was ihn selbst umtrieb, seit er mit der PLASMA im Dschungel abgestürzt war und sämtliche seiner Begleiter der Reihe nach ums Leben gekommen waren.2

Brad Walther, Ricc Boston, Teeyla, Katta, Wayne Jackson und Marisa Dschenn – sie waren alle tot! Ihre Hundemarken lagen sicher verstaut in PROTO. Matt hatte sich geschworen, sie persönlich ihrer Kommandantin Ashley Mara zu übergeben. Wenigstens das war er ihnen schuldig, obwohl es nichts ändern würde.

»Was ist los, Mattie-Boy?«, säuselte Haaley und blieb so dicht vor ihm stehen, dass ihre nackten Körper sich berührten.

Um ihren Hals hing noch immer das Amulett des Jaguarpriesters Phakcha, in dem sich jenes Gift befand, das ihre telepathischen Fähigkeiten für zwei Stunden verstärken konnte – bevor es sie umbrachte. Deswegen war auch eine zweite Phiole mit dem Antidot enthalten.

Ein spitzer Gegenstand bohrte sich unter Wasser in Matts Bauch. Haaley beugte sich vor, bis ihre Lippen dicht an seinem Ohr waren. Die Warzen ihrer nackten Brüste strichen über seine Haut.

Matt erschauerte, sein Herz klopfte schneller.

»Ich hoffe für dich, dass es nur ein Blutegel ist, der sich da an meinem Schenkel reibt!« Ihr Knochenmesser glitt tiefer. »Nicht, dass ich versehentlich noch was Wichtiges abschneide!«

Ihre freie Hand packte zu.

Matt zuckte zusammen. Mehr aus Reflex.

Ein kräftiger Ruck, ein schneller Schnitt, dann hielt Haaley den zwanzig Zentimeter langen Blutegel in der Faust, den sie Matt vor die Augen hielt.

»Ups, Glück gehabt.« Sie warf den Egel über ihre Schulter ans Ufer. »War sowieso viel zu groß!«

Matt schluckte eine Erwiderung herunter. Das Wasser neben ihm färbte sich rot, doch der Fleck zerfaserte umgehend und löste sich auf. Der ganze See hatte mittlerweile eine braunrote Farbe angenommen vom Blut Hunderter Egel, die sie während ihres Aufenthaltes bereits getötet und sich gegenseitig von der verholzenden Haut gezogen hatten.

»Vielleicht sollten wir mal für 'ne Weile Abstand voneinander halten«, schlug Matt vor. Er spürte, wie ihm die Müdigkeit in die Glieder kroch. Oder war es bloß eine Folge der voranschreitenden Verholzung? Er verdrängte die aufkeimende Furcht.

»Gute Idee«, stimmten ihm Haaley und All'ec unisono zu.

Es war nicht einfach, sich einen Hauch von Privatsphäre zu bewahren, wenn man nackt in einem flachen See kauerte, der mehr ein größerer Tümpel war. Matt überlegte ernsthaft, ob er sich nicht an der tiefsten Stelle auf den Grund sinken lassen sollte.

Er suchte sich eine Senke in der Nähe des Ufers, wo die Kiste mit der Ausrüstung stand, die Dak'kar zurückgelassen hatte. Darin lagerten All'ecs Rucksack, ihre Klamotten, Werkzeuge, Proviant und seine Handfeuerwaffe, sowie zwei der Sprengladungen, die All'ec mit auf diese Exkursion genommen hatte.

Eine Exkursion, die die Gefährten in die Todeszone geführt hatte, einen Bereich des Dschungels, in dem sich das Myzelgeflecht eines gigantischen Pilzorganismus ballte. Seine Ausläufer, die über den Rand der Zone hinausgingen, hatte Matt mit Hilfe eines Fungizids großflächig vernichtet – im Auftrag eines Ameisenkollektivs namens Mabuta, das den Pilz als Bedrohung einstufte.3

Dafür hatte ihm Mabuta anschließend bei der Suche nach Aruula geholfen, die er an Bord der Nimitz vermutete, einem Flugzeugträger, der durch bizarre Umstände mitten im Urwald gestrandet war und Dak'kar und seinen Leuten als Basis diente. Leider ohne Erfolg – die Kriegerin von den Dreizehn Inseln befand sich nicht an Bord.

Erst spät hatte der Ex-Commander herausgefunden, dass der Pilz offenbar über ein Bewusstsein verfügte und damit über eine höhere Intelligenz. Was wiederum nichts anderes bedeutete, dass man mit ihm kommunizieren konnte.

Und genau hier kamen Haaley und das Gift des Jaguarpriesters ins Spiel. Als Tochter einer Kriegerin der Dreizehn Inseln war auch Haaley telepathisch begabt. Ihre Fähigkeiten waren zwar nicht so ausgeprägt wie die seiner vermissten Gefährtin Aruula, aber das Gift würde diese Einschränkung kurzfristig kompensieren.

Matt hoffte inständig, dass die zwei Stunden ausreichten, um dem Pilz klarzumachen, dass der Angriff auf ihn ein Missverständnis gewesen war. Denn der Organismus war ihr Ziel. Matt setzte seine ganze Hoffnung darauf, dass der Pilz von Aruulas Verbleib wusste, denn sein Myzel war praktisch überall.