Maddrax 630 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 630 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Nach dem Intermezzo in San Ignacio sind Aruula und Haaley mit dem Kondor in die Todeszone zurückgekehrt. Haaley will versuchen, die Kriegerin von ihrer Schuld, die sich in Choyganmaa manifestiert und in Aruula festgesetzt hat, zu befreien; GRÜN soll ihr dabei helfen.
Tatsächlich gelingt es Haaley, in Aruulas Unterbewusstsein vorzudringen, wo sie erneut Daa'tan begegnet - aber auch dem Barbarenhäuptling, der Aruula in seine Sippe aufgenommen hat, nachdem sie von den Dreizehn Inseln geraubt wurde. Doch irgendetwas stimmt mit ihm nicht - und das ist nicht das Einzige, was hier nicht stimmt...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Der Flug des Kondors

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...

Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einer Parallelwelt stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein, zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt die Entität versteinern.

Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.

Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.

Während die Soldatin entkommt, müssen Matt und Haaley eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Ein Indiostamm soll den Schwarm kontrollieren, aber das Gegenteil ist der Fall: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, eine Ladung Fungizid mit dem Regen zu verteilen, was das Pilzgeflecht in dieser Region abtötet. Mabuta bringt zum Dank Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.

Der versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen an Bord der Nimitz befinden: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Strahlung der Diamanten kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars damaligem Freund Toma'bar gestohlen.

In der Zwischenzeit startete eine Rettungsmission der Dark Force, die aber aufgrund des riesigen Suchgebiets eingestellt werden musste. Nur die Daa'muren Grao und Ira versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community in Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickelt haben.

Um Mabuta zu täuschen, will Dak'kar seinen Tod vorgaukeln. Das geht schief, und die Gefährten retten sich in die Todeszone. Dort aber brechen sie in das unterirdische Reich der Nocturno ein und baden – bis auf Dak'kar – in einem See, der ihre Körper langsam verholzen lässt. Auf ihrer Flucht nehmen sie die Nocturna Tautropfen mit, die Kontakt zu einer fernen Stimme hat, welche das Verderben aufhalten könnte. Doch die Gefährten verholzen zusehends, und so müssen Dak'kar und Tautropfen allein weiterfahren, während Matt, Haaley und All'ec in einem See ausharren.

Nachdem Dak'kar die ferne Stimme lokalisiert hat, kehrt Tautropfen zu ihrem Volk zurück. Er bringt die Gefährten zu der fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Doch mit dem Giftangriff gegen den Pilz hat Matt auch GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte, ihren Lauschsinn kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN weiter zu erholen. Haaley bleibt bei ihr, während Matt, Dak'kar und All'ec Kurs auf die Nimitz nehmen.

Dort schlägt Mabuta zu, als Matt und Dak'kar das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley Mabuta direkt an und besiegt ihn auf telepathischer Ebene! Mit der Abschrift der Formel und nachdem sie sich Trucks besorgt haben, können Matt, Dak'kar und die Überlebenden der Nimitz nun nach Macapá aufbrechen. Im von Schaben verseuchten Manaus reparieren sie eine Autofähre und setzen die Fahrt auf dem Amazonas fort.

Der Flugdes Kondors

von Ian Rolf Hill

Matthew Drax war speiübel.

Nicht wegen des Auf und Ab, mit dem sich die instand gesetzte Fähre durch die schlammbraunen Wellen des Amazonas wälzte; an so etwas war er als ehemaliger Pilot der Air Force gewöhnt. Das gehörte zu seinem Training, und da hatte er weiß Gott schon Schlimmeres erlebt.

Nein, was Matt in diesem Fall zusetzte, war der penetrante Gestank nach geronnenem Blut, der wie ein unsichtbarer Nebel über Deck waberte. Er schien sich sogar in seiner Kleidung festgesetzt zu haben.

Als ob er und seine Kameraden eben erst aus einer Festung der blutsaufenden Nosfera entkommen wären.

»Den Gestank werde ich nie wieder los«, murmelte der Mann aus der Vergangenheit und klammerte sich an die Reling, jederzeit darauf gefasst, sein Frühstück dem Fluss zu überantworten. Unter ihm gurgelte und blubberte das Wasser und klatschte gegen den Rumpf der Fähre, deren Schweißnähte mit dem Dschungel um die Wette kreischten.

Es waren größtenteils Vögel, vielleicht auch ein paar Affen, die unsichtbar in den Bäumen kauerten, deren Kronen zu beiden Seiten weit über das Flussufer hinausragten. Allerdings ohne sich in der Mitte des Stroms zu treffen, dafür war er viel zu breit.

Andernfalls hätte man ihn auch kaum mit der Fähre befahren können. Der Teil des Flusses vor Manaus war zu seicht gewesen, aber jetzt hatten sie endlich von der Straße auf den Wasserweg wechseln können.

Wahrscheinlich war während der Trockenzeit auch dieser Teil nicht befahrbar. Die Expedition hatte Glück, dass die Regenfälle der letzten Wochen den Wasserspiegel hatten ansteigen lassen. Dass der Fluss über die Ufer getreten war, erkannte Matt an den Baumwipfeln, die aus den Fluten ragten und sich der in Strömung neigten. Einige von ihnen würden früher oder später mitgerissen werden. Es wären nicht die ersten Stämme, die an ihnen vorbeitrieben.

Da sein Magen offenkundig nicht gewillt war, die dringend benötigte Nahrung kampflos herzugeben, wandte Matt sich mit einem Seufzen ab.

Sein Blick fiel auf die drei Fahrzeuge an Bord der Autofähre. Allen voran natürlich PROTO, der gut ausbalanciert in der Mitte des Bootes stand. Davor und dahinter die beiden Tankwagen, die sie in San Ignacio mit Hilfe der U'a'kari, einem Stamm intelligenter Kahlkopfaffen, geborgen und wieder fahrtüchtig gemacht hatten.1

Die restlichen Trucks hatten sie in Manaus zurückgelassen. Erstens passten sie nicht auf die notdürftig instand gesetzte Fähre, und außerdem würden sie sie nicht mehr benötigen, wenn sie es schafften, bis Macapá durchzufahren. Wenn...

Der Inhalt der beiden Tanklaster, ein Mercedes mit verblasstem »Shell«-Logo und ein umfunktionierter Volvo-Wassertransporter, bestand momentan noch aus dem Diesel, den sie für die Maschine der Fähre brauchten. Sobald der Volvo leer war, würden sie ihn mit Tierblut füllen – dem wesentlichen Bestandteil des Rezepts zur Herstellung der roten Diamanten. Dak'kar brauchte sie – beziehungsweise ihre Strahlung – um die Lymphozytische Degeneration in der Community Macapá zu stoppen, die das Leben aller Menschen dort bedrohte und schon etliche Opfer gefordert hatte.

Zwar war der Tank des Volvo erst zur Hälfte leer, aber Dr. As'kott hatte schon kurz nach ihrer Abfahrt vor vier Tagen darauf hingewiesen, dass man das Blut haltbar machen müsse. Also erlegten sie täglich Tiere, brieten deren Fleisch und sammelten das Blut in einem Bottich, mit dem die Ärztin seither experimentierte.

Leider waren bislang sämtliche Versuche, das gesammelte Tierblut trotz des feuchtwarmen Dschungelklimas vor Verklumpung zu bewahren, gescheitert.

Matt sah noch jetzt Dak'kars angespannte Miene vor sich, als sie den ersten Bottichinhalt über Bord kippen mussten. Den ins Leere gerichteten Blick, die zuckenden Lippen. Er brauchte das Blut – viel Blut! –, und erst nach der Ankunft in der Community auf die Jagd zu gehen, würde zusätzliche Zeit kosten.

Die Anspannung war ihm vom Gesicht abzulesen gewesen, und keiner hatte den Expeditionsleiter in diesen Minuten anzusprechen gewagt. Selbst Dr. As'kott nicht, und das sollte schon etwas heißen, denn die bärbeißige Ärztin war nicht gerade für ihre Zurückhaltung bekannt.

Dabei wusste der Expeditionsleiter, wie schwierig es war, ein Antigerinnungsmittel herzustellen, noch dazu in ausreichender Menge. Bei dieser Witterung war es ein Wettlauf mit der Zeit, den sie nur verlieren konnten.

Der Dschungel wimmelte zwar vor Leben, doch die meisten Tiere waren so klein, dass sie Hunderte von ihnen hätten abschlachten müssen, um ausreichend Blut zu erhalten. Inzwischen hatten sie schon einen ansehnlichen Vorrat an Trockenfleisch angelegt.

Bei jedem getöteten Tier musste Matt unwillkürlich an Aruula und GRÜN denken. An die mahnenden Worte des Pflanzenbewusstseins, das ihm erst vor wenigen Wochen deutlich zu verstehen gegeben hatte, wie gravierend und zerstörerisch das Eingreifen des Menschen in einen so empfindlichen Organismus wie den Dschungel sein konnte.

Durch die Vernichtung eines Teils des gigantischen Pilzes, der sich größtenteils unsichtbar in Form eines unterirdischen Myzelgeflechts über das gesamte Dschungelgebiet erstreckte, hatte er das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht – und Aruula damit beinahe getötet.

Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln war von GRÜN nach Amraka gerufen worden, um das geschwächte Pflanzenbewusstsein, das sich in den Pilz geflüchtet hatte, mit Hilfe ihrer telepathischen Kräfte wieder zu stärken. Als Matt diesen Pilz mit einem Fungizid angegriffen hatte, war GRÜN nichts anderes übriggeblieben, als Aruula noch mehr Kraft abzuzapfen – was im Verlust ihres Lauschsinns gegipfelt hatte.

Es war also nicht verwunderlich, dass er überempfindlich auf jedwede Verschwendung von Leben reagierte, sei es nun tierischer oder pflanzlicher Natur. Sie wussten einfach zu wenig, um die Folgen abwägen zu können. Dennoch war Matt klar, dass sie keine andere Wahl hatten. In Macapá starben Menschen, und mit jeder weiteren Woche wurden es mehr. Wer wollte es Dak'kar verdenken, dass er momentan keine Lust hatte, sich den Kopf über Ökosysteme zu zerbrechen?

Matt schüttelte den Kopf, wütend über sich selbst. Es brachte nichts, sich in Selbstvorwürfen zu suhlen. Er musste einen klaren Kopf bewahren, jetzt mehr denn je.

Er spähte hinauf zum Aufenthaltsdeck mit der kleinen Brücke. Vielleicht war die Luft dort oben ein wenig besser.

Mit schwankendem Gang, sich dabei an der Reling festhaltend, wankte der Ex-Commander in Richtung Aufgang, hinter dem sich das der Fahrzeughangar befand. Zwei Soldaten saßen auf einer schmalen Pritsche und dösten vor sich hin.

Matt hangelte sich die Metalltreppe hinauf. Die meisten Expeditionsmitglieder, die mit Dak'kar auf der Suche nach einem Heilmittel in den Dschungel von Amraka vorgedrungen waren, tummelten sich auf dem Aussichtsdeck.

Darunter auch Camila, die den Mercedes-Truck übernommen hatte, und die zierliche Lisaa, deren Gelächter über das gesamte Deck hallte. Die beiden Frauen wurden gerade von Marcos mit einer seiner »Heldengeschichten« unterhalten.

Lisaas Freund Chapo zog eine Leidensmiene, als hätte er einen Flegge in seinem Frühstück gefunden. Die käsige Blässe ließ jedoch darauf schließen, dass es viel mehr eine Folge des Wellengangs war. Lisaa schien damit keine Probleme zu haben.

Matt nickte dem Grüppchen knapp zu. Er dachte an Thalita, die vor Camila den Tankzug gefahren hatte und in Manaus ums Leben gekommen war, so wie auch Colonel Tre'kko und zwei weitere Expeditionsteilnehmer.2

Thalitas Lachen würde er so schnell nicht vergessen. Es erinnerte ihn ein wenig an Haaley, die mit Aruula in die Todeszone zurückgekehrt war, wo sie versuchen wollte, seine Gefährtin aufzubauen und von den Schuldgefühlen zu befreien, die sich in Gestalt von Haaleys toter Schwester Choyganmaa in der Kriegerin eingenistet hatten.

Das war passiert, als Haaley versucht hatte, Aruulas Lauschsinn neu zu entfachen.

Matt nahm sich nicht die Zeit für einen Plausch, obwohl die Luft hier oben tatsächlich deutlich angenehmer war als auf dem Fahrzeugdeck. Er begab sich schnurstracks zur Brücke, auf der sich vier Personen aufhielten: der Treckführer Dak'kar, der Befehlshaber der Soldaten, Sergeant Jenno, Dr. As'kott und Aarón.

Der knapp sechzigjährige Administrator mit der beginnenden Halbglatze steuerte die Fähre. Früher hatte er bei den Sicherheitskräften von Macapá gedient, wo er für die Bedienung von schwerem Gerät verantwortlich gewesen war. Er hatte den umfunktionierten Volvo-Wassertransporter durch den Dschungel gelenkt.

Aarón war ein schweigsamer Zeitgenosse. Sein Enkel, der in einem EMP-Bunker lebte, litt ebenfalls an der Lymphozytischen Degeneration. Grund genug für Aarón, sich freiwillig für die Expedition in unbekanntes Terrain zu melden.

»Ich will keine Ausflüchte hören, Doktor«, schallte es Matt beim Betreten der Brücke entgegen. »Wir brauchen ein funktionierendes Antigerinnungsmittel! Ist mir egal, woher sie es nehmen.«

Dak'kar wandte Matt das Profil zu. Er stand neben Aarón, den Blick starr geradeaus gerichtet. Maaria As'kott und Sergeant Jenno standen mit hängenden Schultern hinter dem Expeditionsleiter. Wie Schulkinder, die sich gerade eine Standpauke ihres Lehrers anhörten.

Als der Mann aus der Vergangenheit eintrat, wandte ihm Jenno das Gesicht zu. In seinen Augen lag ein flehender Ausdruck. Bei Matts Anblick glitt ein Hauch von Erleichterung über seine Züge.

Seit die Expedition den im Urwald gestrandeten Flugzeugträger, die USS Nimitz, verlassen hatte, wurde Dak'kar zunehmend gereizter. Seine Toleranz gegenüber Fehlschlägen hatte deutlich abgenommen.

Matt legte die Stirn in Falten. »Was ist denn hier los?«

As'kott machte eine hilflose Geste in Dak'kars Richtung.

»Was los ist? Er hat den Verstand verloren, das ist los!«, echauffierte sie sich. »Käpt'n Ahab hier will, dass wir uns um die Beschaffung des Antigerinnungsmittels kümmern, ohne die Fahrt zu unterbrechen. Keine Ahnung, wie er sich das vorstellt. Selbst wenn es hier an Bord so etwas wie ein Labor gäbe, könnte ich bei dieser Schaukelei nicht arbeiten.«

Matthew Drax verbiss sich ein Grinsen. As'kotts Vergleich von Dak'kar mit dem Walfänger-Kapitän aus dem Roman »Moby Dick« war gar nicht so weit hergeholt. Nur dass Dak'kar keinem weißen Wal nachjagte, sondern einem Heilmittel für die Lymphozytische Degeneration.

»Haben Sie denn eine Möglichkeit gefunden, ein Gerinnungsmittel herzustellen?«

»Antigerinnungsmittel«, korrigierte ihn As'kott scharf. »Natürlich habe ich das. Blutegel!«

»Wie bitte?«

»Haben Sie was an den Ohren, Drax? Ich sagte Blutegel! Sie wissen schon, ungefähr so lang und schwarz und schleimig.« Mit den Fingern deutete sie die Größe an. »Possierliche Tierchen, die es hier haufenweise gibt. Aber nicht im Fluss, sondern in Tümpeln an Land.«

Das konnte Matt bestätigen. Vor nicht allzu langer Zeit wären Haaley, Sprengmeister All'ec und durch das kontaminierte Wasser eines Höhlensees beinahe verholzt. Um den Prozess zu verlangsamen, hatten sie ihre Haut feucht halten müssen und sich fast ausschließlich in Tümpeln aufgehalten, in denen es vor Blutegeln nur so gewimmelt hatte.

»Wir können aber nicht tagelang durch den Dschungel streifen, bis wir auf einen See mit Blutegeln stoßen!«, blaffte Dak'kar. »Von den Gefahren ganz abgesehen, die uns an Land erwarten!«

Matt begriff, was Dak'kar umtrieb. Er war mit zweihundert Männern und Frauen von Macapá aufgebrochen, um ein Mittel gegen die Lymphozytische Degeneration zu finden – und nun kehrte er mit weniger als einem Viertel der Leute zurück. Während der Monate auf der Nimitz waren die Verluste in engen Grenzen geblieben; erst in den letzten Wochen und Tagen hatte im Kampf gegen Mabutas Ameisenheer und auf der Rückreise das große Sterben begonnen.

Nun, endlich auf der Fähre in relativer Sicherheit, scheute er jedes weitere Risiko, um nicht noch mehr Leben zu riskieren.

Matt schloss für Sekunden die Augen. Dann nickte er As'kott und Jenno zu. Ich kümmere mich darum, bedeutete die Geste. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, trat er neben Dak'kar und berührte ihn am Arm. »Können wir kurz unter vier Augen sprechen?«

Im ersten Moment sah Dak'kar aus, als wollte er Matt ebenso anblaffen wie As'kott, besann sich aber eines Besseren und nickte stattdessen bloß. Wortlos verließ er die Brücke. Matt folgte ihm langsamer. Er lächelte As'kott zu, deren Miene aussah, als wäre sie aus Stein gemeißelt. Jenno dagegen machte aus seiner Erleichterung keinen Hehl.

Im Freien suchten sich Matt und Dak'kar ein abgelegenes Plätzchen am Heck der Fähre.

»Was ist mit dir los?«, wollte Matthew wissen.