Maddrax 632 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 632 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Das Ziel der Nosfera unter Clauzer ist nun klar: Waashton! Um sich am Weltrat zu rächen, wollen sie das Pentagon mit Hilfe ihrer neuen telepathischen Kräfte übernehmen. Der neue Oberbefehlshaber Colonel Kormak ahnt nicht, dass er dem Verderben Tür und Tor öffnet, als er dem Treffen mit einem Wissenschaftler namens Toma'bar zustimmt, der ein Wundermittel entwickelt haben will, das alle Krankheiten und sogar die Blutsäufer heilen kann...

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Nosfera an die Macht!

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...

Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einer Parallelwelt stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen das Pflanzenbewusstsein GRÜN zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt die Entität versteinern.

Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.

Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Sie müssen eine Götterprobe bestehen und den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone bergen – was ihnen auch gelingt.

Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Ein Indiostamm soll den Schwarm kontrollieren, aber das Gegenteil ist der Fall: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, das Pilzgeflecht in dieser Region mit Fungizid abzutöten. Zum Dank bringt Mabuta ihn und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.

Der versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen an Bord der Nimitz befinden: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Diamantstrahlung kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars damaligem Freund Toma'bar gestohlen.

In der Zwischenzeit musste eine Rettungsmission der Dark Force aufgrund des riesigen Suchgebiets eingestellt werden. Nur die Daa'muren Grao und Ira versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickeln.

Um Mabuta zu täuschen, will Dak'kar seinen Tod vorgaukeln. Das geht schief, und die Gefährten retten sich in die Todeszone, geraten in das unterirdische Reich der Nocturno und baden – bis auf Dak'kar – in einem See, der ihre Körper langsam verholzen lässt. Auf ihrer Flucht nehmen sie die Nocturna Tautropfen mit, die Kontakt zu einer fernen Stimme hat, welche das Verderben aufhalten könnte. Doch die Gefährten verholzen zusehends, und so müssen Dak'kar und Tautropfen allein weiterfahren, während die anderen in einem See ausharren.

Nachdem Dak'kar den Ort lokalisiert hat, kehrt Tautropfen zu ihrem Volk zurück. Er bringt die Gefährten zu der fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Doch der Giftangriff auf den Pilz hat GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte, ihren Lauschsinn kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN weiter zu erholen. Haaley bleibt bei ihr, während Matt, Dak'kar und All'ec Kurs auf die Nimitz nehmen.

Dort schlägt Mabuta zu, als Matt und Dak'kar das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley Mabuta direkt an und besiegt ihn auf telepathischer Ebene! Mit der Abschrift der Formel können Matt, Dak'kar und die Überlebenden der Nimitz nun zur Community aufbrechen. Ab Manaus setzen sie die Fahrt mit einer Autofähre auf dem Amazonas fort und erreichen schließlich den Hafen von Macapá. In der Community erfahren sie, dass zwei Daa'muren in die Gewalt von Nosfera gefallen sind. Unter Matts Führung werden Grao und Ira befreit, doch während sich der Rettungstrupp zurückzieht, brechen die Nosfera unter ihrem Anführer Clauzer nach Waashton auf. Dort wollen sie sich mit ihren neuen Kräften am Weltrat rächen.

Nosfera an die Macht!

von Ian Rolf Hill

Clauzers Zunge spielte gedankenverloren mit seinen spitz zugefeilten Zähnen. Der Nosfera brütete in seiner Kajüte über den Karten, die er an Bord gefunden hatte, und plante den Kurs nach Waashton. Zu weit durften sie sich nicht von der Küste entfernen. Das Meer war um diese Jahreszeit tückisch, und ihre Flotte bestand aus fünf gekaperten Fischerbooten, die alles andere als hochseetauglich waren.

Bald würden sie die Ka'biik erreichen. Allein bei der Vorstellung bekam Clauzer Magenschmerzen und Schweißausbrüche. Das Meer zwischen Amraka und Meeraka war berüchtigt für seine Wirbelstürme, Untiefen und Piraten. Die Ka'biik ist eine zornige Biisch, lautet ein altes Sprichwort.

Murrnau stehe uns bei, dachte Clauzer...

... und zuckte zusammen, als an Deck ein Schuss krachte! Kurz darauf ein zweiter, und dann noch ein dritter.

Clauzer sprang auf, stieß mit den Oberschenkeln gegen den Kartentisch und knallte mit dem Kopf gegen die niedrige Decke. Für einen Augenblick sah er Sterne. Eine Woche auf See, und er hatte sich noch immer nicht an die beengten Räume an Bord gewöhnt.

Mit wenigen Schritten durchquerte der Anführer der Nosfera die Kajüte und riss die Tür auf. Er wollte an Deck stürmen, blieb aber wie vom Donner gerührt stehen. Vor der schmalen Stiege stand eine Gestalt: Toma'bar. Das Gesicht schweißnass und so bleich, dass Clauzer schon fürchtete, einer der noch nicht geheilten Nosfera könnte die Beherrschung verloren und sich an seinem Sklaven – der von sich selbst dachte, er stünde an der Spitze der Nosfera – vergangen haben.

Toma'bar war ein gewöhnlicher Mensch, kein Nosfera. Kein abgemagerter Blutsäufer, der zum Überleben auf regelmäßige Blutmahlzeiten angewiesen war. Doch weder am Hals noch an den Handgelenken zeigten sich offene Wunden, und auch die schwarze Lederkleidung des Mannes war unversehrt.

Clauzer hatte ihn konditioniert; Toma'bar hielt sich selbst für den Anführer und ihn, Clauzer, für seinen Befehlsempfänger, dabei war es genau andersherum. Und es wurde allmählich Zeit, dass er das auch begriff.

Aber noch brauchte er ihn. Von dem Wissenschaftler aus der Community Macapá stammten die bionetischen Lymphozyten, mit denen die Nosfera geheilt worden waren, doch der Vorrat ging zur Neige. Und die Maschine, mit denen Toma'bar sie produziert hatte, war zerstört worden.

Noch setzte Clauzer seine Hoffnung darauf, dass Toma'bar einen anderen Weg finden würde, die winzigen Roboter zu reproduzieren, die in der Lage waren, Zellschäden zu reparieren. Und er hoffe, mit seiner Hilfe ins Pentagon zu gelangen. Danach war er für ihn wertlos.

»Was ist los, Toma'bar?«, erkundigte er sich. »Warum wird geschossen?«

»Eine der Gefangenen, die wir als Proviant mitgenommen haben, ist entkommen!«, erregte sich Toma'bar.

»Was? Wie konnte das passieren?« Clauzer wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern hangelte die Stiege empor. An Deck war die Hölle los. Nosfera eilten von einer Bordwand zur anderen, schaute über die Reling ins Meer und feuerten scheinbar wahllos in die nachtschwarzen Fluten.

Clauzer stapfte zu einem der Schützen, einem Jüngling, dem man vermutlich erst vor wenigen Wochen die Zähne geschärft hatte. Er gehörte zu einer der Sippen, die sie nach ihrer Flucht aus der Inselfestung an Bord genommen hatten. Die Kunde von einem Heilmittel gegen die Sichelzellenanämie, die verhinderte, dass Sauerstoffmoleküle an den Blutkörperchen andockten, um zu den Organen und Muskeln transportiert zu werden, hatte sich wie ein Lauffeuer unter den Nosfera verbreitet.

Der Anblick des Knaben erinnerte Clauzer an seine eigene Kindheit und Pubertät, die er größtenteils im Untergrund von Waashton verbracht hatte.1

Es waren keine schönen Erinnerungen, daher reagierte Clauzer wütender als beabsichtigt. Er packte den Lauf des Gewehrs, entriss es dem Knaben und stieß ihn zurück. Der Junge verlor den Halt und krachte auf den Rücken.

Der hagere Junge fauchte erschreckt. Clauzer erkannte, dass er zu jenen Nosfera gehörte, deren Körper noch nicht auf die bionetischen Lymphozyten angesprochen hatten. Jedenfalls noch nicht in dem Maße, dass sie auf Blut verzichten oder sich dem grellen Licht der Sonne aussetzen konnten. Oder bereits die neuen Kräfte entwickelt hatten. Denn das Heilmittel gab ihnen nicht nur das Leben zurück, es verstärkte auch ihre telepathische Begabung auf eindrucksvolle Weise.

Wer geheilt war, besaß die Fähigkeit, Menschen allein mit der Kraft seiner Gedanken suggestiv zu beeinflussen. Ein wenig Übung vorausgesetzt.

»Hört auf damit!«, bellte der Anführer der Nosfera.

Sofort kehrte Ruhe an Deck ein. Clauzer registrierte es mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Genugtuung. Sie gehorchten ihm nicht aus Furcht oder Gewohnheit, sondern aus Respekt.

»Wo ist die Frau?«

»S-sie ist über Bord gesprungen«, stammelte der Knabe.

Clauzer wandte sich um und warf einen Blick über die Reling. »Ich kann nichts erkennen. Worauf hast du geschossen?«

»Ich... ich...«

»Antworte gefälligst!«

»Sie ist untergetaucht«, sprang einer der anderen Nosfera dem Jungen bei. »Wir hofften, Sie durch einen Zufallstreffer zu erwischen.«

»Ihr habt Munition verschwendet, das ist alles!«

Der Junge rappelte sich auf die Beine. Clauzer warf ihm das Gewehr zu.

»A-aber wir brauchen das Blut!«

Der Anführer der Nosfera, schon im Begriff, sich abzuwenden, musterte den Knaben. »Nicht mehr lange, mein Freund. Das verspreche ich dir. Wie ist dein Name?«

»Keram!«

»Also, Keram, nehmen wir mal an, du hättest die Flüchtige erwischt, was wäre dann passiert?«

»Wir hätten sie zurück an Bord geholt und ihr Blut getrunken.«

»Falsch, sie wäre abgesoffen wie ein Stein. Ihr Blut ist so oder so verloren.« Er hob die Stimme. »Verschärft die Wachen und sorgt dafür, dass nicht noch weitere Gefangenen entkommen.« Die nächsten Worte galten wieder Keram. »Wie konnte das passieren?«

Die Augen des Jungen zuckten unstet umher. Clauzer verzog die strichdünnen Lippen zu einem faunischen Lächeln. Die Scham stand Keram ins Gesicht geschrieben.

»Sie hat dir gefallen, wie? Hat sie angeboten, dir ihr Blut zu geben, wenn du sie beschützt?«

»Nein!«, protestierte Keram. »A-aber... ich war durstig und...«

»Und?«

»Es... es tut mir leid, Clauzer!«

Der Anführer der Nosfera trat an den Jungen heran. Für einen Moment sah er sich selbst in den Tunneln unter Waashton. Wie ihm sein Vater zum ersten Mal Menschenblut zu trinken gegeben hatte. Keinen Gerul, keinen Wakuda, sondern ein Mädchen. Er hatte ihr die Halsschlagader zerbissen und das heraussprudelnde Blut getrunken.

Allein die Erinnerung verursachte Clauzer Übelkeit.

»Entschuldige dich nicht für das, was du bist«, zischte der Anführer der Nosfera. »Dein Körper und Geist kämpfen ums Überleben. Ich weiß, wie schwer das ist. Wann hast du zum ersten Mal Menschenblut getrunken?«

»V-vor zwei Monden!«

Clauzer nickte und klopfte Keram auf die Schulter. »Das dachte ich mir!«

Der Junge hatte Angst vor der eigenen Courage bekommen. Wahrscheinlich waren ihm auch seine Hormone in den Weg geraten. Für einige Nosfera war das Trinken von Blut nicht bloß eine lebenserhaltende Maßnahme, es war ein Fetisch!

»Wir sollten an Land gehen und sie suchen!«

Clauzer drehte sich zu dem Sprecher um. Es war Toma'bar, der lautlos hinter ihn getreten war.

»Weshalb?«

Sein Sklave wider Willen deutete zur Küste, an der sie entlangfuhren und die jetzt in der Nacht nur mehr ein schwarzer Streifen war. »Die Frau gehörte zu den Spähern, die uns gefolgt sind. Wenn sie es bis zur Küste schafft, könnte sie uns verraten.«

»Na und? Selbst wenn sie bis zur Küste kommen sollte, was ich für höchst unwahrscheinlich halte, wird es Wochen dauern, bis sie es zu ihren Leuten nach Macapá zurückschafft. Bis dahin ist unser Vorsprung viel zu groß. Und haben wir Waashton erst erreicht, kann uns ohnehin niemand mehr aufhalten!«

Toma'bar wollte widersprechen, doch Clauzer erstickte sein Aufbegehren durch einen mentalen Befehl im Keim.

Dann kehrte er in seine Kajüte zurück. Seine Gedanken beschäftigten sich noch immer mit der Vergangenheit. Dieses Mal jedoch mit der jüngeren. Er hatte kurz davor gestanden, den Widerstand der Daa'muren zu brechen. Doch dann war dieser blonde Kerl mit der dürren Biisch aufgetaucht. Die beiden waren bewaffnet gewesen und hatten ihn in die Defensive gedrängt. Er hatte seine Gabe anwenden müssen, um ihnen zu suggerieren, sie hätten ihn getötet.2

Wahrscheinlich hatten sie im Auftrag der Community Macapá gehandelt. Wie auch immer – es war ihnen gelungen, die beiden Daa'muren zu befreien. Weil Clauzer seine Tarnung nicht aufgeben konnte und sich tot stellen musste. Denn die Gestaltwandler waren immun gegen die telepathische Beeinflussung.

Daran hatte er gearbeitet – und glaubte auch eine Lösung des Problems gefunden zu haben, auch wenn dies weitere, letzte Versuche nötig machte. Wie sagte man doch? Man sieht sich immer zweimal im Leben. Und beim nächsten Mal würde er den mentalen Panzer knacken, dessen war er sich sicher.

Um den Weltrat in die Knie zu zwingen, brauchte er die Daa'muren nicht. Wenn sein Plan funktionierte, erwartete Clauzer keinen allzu großen Widerstand.

Doch das war Zukunftsmusik. Zunächst musste es ihnen gelingen, das ka'biische Meer zu überqueren. Clauzer warf einen Blick auf die Karten.

Dreitausend Meilen trennten sie noch von ihrem Ziel.

Zehn Tage später

Clauzer kämpfte mit der Übelkeit.

Haushohe Wellen rollten gegen die Flotte an, hoben die Schiffe auf ihre Kämme und ließen sie ungebremst in das metertiefe Tal rauschen. Was nicht angebunden oder festgenagelt war, flog durch die Kabinen oder wurde kurzerhand über Bord gespült.

Seit Tagen tobte der Sturm und beutelte die Schiffe. Die Besatzungen hatten sich in deren Bäuche zurückgezogen, wo sie zu Murrnau betete, dass sie nicht absoffen wie die Ratzen.

Dabei fürchtete Clauzer weniger das Kentern als vielmehr die vielen Dutzend Inseln, die wie Felsen aus den Fluten ragten, teilweise nur um wenige Meter. Was bedeutete, dass die eigentliche Gefahr dicht unter der Oberfläche lauerte.

Am vierten Tag hatte Murrnau ein Einsehen. Der Sturm flaute ab, die Wolkendecke riss auf, und vom Krähennest erklang der Ruf: »Laaand in Siiicht!«

Clauzer, Toma'bar und zwei Dutzend Nosfera stürmten an Deck, drängten sich an die Reling und folgten der Richtung, in die der Späher aufgeregt deutete.

Leider war es nicht die Küste von Meeraka. Bis sie dort anlangten, würden noch gut drei Wochen vergehen. Es musste sich um Kuba und Haiti handeln.

»Gehen wir an Land und stocken unsere Vorräte auf«, schlug Toma'bar vor. Er wies auf die Ruinen einer Hafenstadt, bei der es sich nur um Port-au-Prince handeln konnte.

Clauzer nickte. »Einverstanden. Aber wir sollten kein Risiko eingehen. Wir müssen damit rechnen, dass Piraten die Inseln als Versteck benutzen. Die Leute sollen sich bewaffnen.«

»Gut, dann gebe ich den Männern Bescheid«, sagte Toma'bar. Und fügte hinzu: »Was ist mit den Gefangenen?«

»Was soll mit ihnen sein?«

Toma'bar deutete mit dem Kinn auf die Küstenlinie. »Wir brauchen sie nicht mehr, nachdem alle Nosfera von der Blutkrankheit geheilt sind. Setzen wir sie dort aus. Wie du schon sagtest: Die Gefangenen stellen keine Gefahr für unser Vorhaben mehr dar.«

Clauzer verengte die Augen zu Schlitzen. Provozierte ihn Toma'bar absichtlich? Er hatte in den letzten Tagen dessen Vorstellung, der Anführer der Nosfera zu sein, erheblich reduziert. Das schien sein eigenständiges Denken ungewollt zu fördern. Clauzers Einfluss auf den Wissenschaftler verhinderte eine offene Rebellion, trotzdem sollte er ihn wieder stärker an die Kandare nehmen.

Clauzer fletschte die Zähne. »Warten wir ab, ob ihr Proviant findet. Gut möglich, dass wir sie noch brauchen.«

Toma'bar wurde eine Spur blasser, nickte aber. Hastig wandte er sich ab und gab den Befehl, die Beiboote zu Wasser zu lassen.

Clauzer machte sich derweil auf die Suche nach Keram. Bis zum Einsetzen des Sturms hatte der Junge seine Tage unter Deck verbracht, damit ihn die Sonne nicht verbrannte. Aber schon zu dieser Zeit war er kaum noch auf Blut angewiesen gewesen. Die Regeneration des Darms und der Haut würde aber noch einige Wochen dauern. Und sein Verdauungstrakt musste sich erst wieder an eine ausgewogene Ernährung gewöhnen.

»Ich hatte gehofft, mit an Land gehen zu dürfen«, meinte Keram.

»Heute nicht, Junge«, erwiderte Clauzer. »Hilf an Bord, die Sturmschäden zu beseitigen. Aber bleib nur so lange im Freien, bis deine Haut zu brennen beginnt.«

Toma'bar und mehrere Freiwillige hatten die Beiboote zu Wasser gelassen. Auch von den anderen Schiffen machten sich einige Ruderboote auf den Weg. Clauzer verfolgte ihren Weg durch das Binokular. Er wartete förmlich auf die ersten Schüsse oder die Umrisse eines Piratenschiffs, das sich hinter den Felsen hervorschob.