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Nun, da seine Verbündeten vor Ort und zum Kampf bereit sind, muss Matthew Drax alles auf eine Karte setzen. Es gilt, Waashton vom Einfluss der Nosfera zu befreien - und das, ohne die beeinflussten Menschen in Mitleidenschaft zu ziehen.
Matts Plan könnte trotz aller Fährnisse funktionieren, sofern sie lange genug von den Nosfera und vom Weltrat unbemerkt bleiben. Bevor die Aktion aber anläuft, holt man die Daa'muren aus Waashton zurück...
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Seitenzahl: 164
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Was bisher geschah...
Schein und Sein
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Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen bewirken nichts; »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...
Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben.
Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.
Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen das Pflanzenbewusstsein GRÜN zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt die Entität versteinern.
Die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika, stürzen über Peru wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Man bringt sie in das Dorf von Häuptling Tecuun. Sie müssen eine Götterprobe bestehen und den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone bergen – was ihnen auch gelingt.
Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, den Pilz in dieser Region mit Fungizid abzutöten. Dafür bringt Mabuta ihn und Haaley auf die Nimitz, wo sie in den Körpern von Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.
Der versetzt Matt und Haaley nur unter einer Bedingung zurück in ihre Körper: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Diamantstrahlung kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars damaligem Freund Toma'bar gestohlen.
In der Zwischenzeit versuchen die Daa'muren Grao und Ira, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickeln.
Die Gefährten um Matt und Dak'kar retten sich vor Mabuta in die Todeszone und stoßen dort auf die fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Der Giftangriff auf den Pilz hat GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN zu erholen. Haaley bleibt bei ihr; Matt und Dak'kar nehmen Kurs auf die Nimitz.
Mabuta schlägt zu, während sie das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley an und besiegt mit Hilfe eines Gifts des Jaguarpriesters Phakcha, das die telepathischen Kräfte potenziert, Mabuta auf mentaler Ebene! Mit der Abschrift der Formel können die Nimitz-Leute nun zur Community Macapá aufbrechen. Dort erfahren sie, dass die Daa'muren Grao und Ira in die Gewalt von Nosfera gefallen sind. Sie werden befreit, doch die Nosfera ziehen unter ihrem Anführer Clauzer gen Waashton. Dort wollen sie sich mit ihren neuen Kräften am Weltrat rächen – und übernehmen tatsächlich das Pentagon!
Die Herstellung eines Diamanten gelingt, die Lymphozytische Degeneration ist gestoppt! Dann erfährt Matt, was die Nosfera vorhaben. Er bricht nach Waashton auf, doch unterwegs erreicht ihn ein Notruf des Androiden Miki Takeo aus Sub'Sisco! Clauzer, der in Takeo eine Gefahr sieht, weil er ihn nicht beeinflussen kann, zerstört den Androiden. Matt kommt zu spät – doch Takeos Kopf mit dem Persönlichkeits-Chip ist verschwunden und wird von dem Hydriten Quart'ol in einen Klonkörper verpflanzt. Zwar lebt Takeo wieder, hat aber mit psychischen Problemen zu kämpfen. Ei'don, einer der obersten Hydriten, nimmt sich seiner an und verhindert damit ein Attentat auf sich selbst. Den Gedanken an Rache gegenüber Kormak und Clauzer kann er Takeo aber nicht nehmen.
Suzi Quinn, als Kommandantin in der Oase der Hundert bei Sub'Sisco eingesetzt, überwindet Clauzers Beeinflussung und verschafft Matt einen Großraumgleiter, mit dem er weitere Verbündete suchen kann. Die holt er sich zuerst in Yucatán, wo er in dem ehemaligen Parallelwelt-Areal 300 Sauroiden rekrutiert, bevor er nach Independence weiterfliegt, um in einem weiteren Areal 30 Roboter von dort angesiedelten Retrologen zu erringen. Dann gelingt es ihm, eine Marinebasis nahe Waashton zu erobern.
Aruula und Haaley brechen mit einem Großraumgleiter zu den Dreizehn Inseln auf, um weitere Helfer zu finden: den Telepathenzirkel von Aruulas Volk. Dort wird Haaley nach einer Prüfung als vollwertige Kriegerin aufgenommen, und Königin Britt sagt die Hilfe zu. Aruula können sie den Lauschsinn aber nicht zurückgeben. Mit den Mitgliedern des Zirkels fliegen sie zur Marinebasis.
Noch sind die Sauroiden nicht eingetroffen. Haaley schlägt vor, die Zeit zu nutzen und sich einen Vorrat des Jaguargifts aus Peru zu holen. Damit könnte Aruula doch noch geheilt werden, und es ließe sich auch gegen die Nosfera einsetzen. Die beiden Frauen fliegen los – und finden das Dorf der Indios von Mabuta erobert vor! Die Schwarmintelligenz hat überlebt und Rache genommen: aus den Freunden sind Feinde geworden. Aruula und Haaley suchen nach einer Möglichkeit, diesmal alle Ameisen zu töten. Dabei stoßen sie auf eine Spur des aus der RIVERSIDE gestohlenen Wurmlochgenerators. Und sie befreien den jungen Jäger Ccahuantico aus Mabutas Einfluss – der aber von den Wrackdieben gefangen genommen wird.
Aruula kann den Häuptling im Zweikampf besiegen und den Generator nebst Ccahuantico zurückgewinnen. Sie erkunden Mabutas Nest und das Dorf der Indios, mit einem beruhigenden Ergebnis: Die Schwarmintelligenz existiert nicht mehr, alle Indios sind frei. Mit dem Gift des Jaguarpriesters und dem zerstörten Wurmlochgenerator kehren sie zur Naval Base zurück, wo es dem Telepathenzirkel gelingt, Aruulas Lauschsinn wiederzuerwecken.
Schein und Sein
von Ian Rolf Hill
Das schrille Pfeifen riss Matthew Drax aus unruhigem Schlaf. Binnen einer Sekunde war er wach. Aber selbst wenn er sich im Tiefschlaf befunden hätte, hätte ihnen dieses Geräusch umgehend geweckt. Als Pilot der U.S. Air Force war er es gewohnt, mit einem offenen Ohr zu schlafen. Eine Fähigkeit, die ihm fünfhundert Jahre nach dem Untergang der Welt mehrfach das Leben gerettet hatte.
Heute ging es jedoch nicht um sein Leben. Der Grund für das Pfeifen war deutlich harmloser, deshalb aber nicht weniger Adrenalin fördernd. PROTO hatte ein Signal empfangen.
Matt brauchte nur Sekunden, um den Morse-Code zu entschlüsseln. Die Botschaft riss alte Wunden auf. Es war der Name seines Sohnes, den er in Notwehr hatte töten müssen.
Kurz lang lang, Pause. Kurz lang, Pause. Kurz lang, Pause. Lang, Pause. Kurz lang, Pause. Lang kurz, Pause.
Ende der Nachricht.
Und gleich wieder von vorne.
Grao schüttelte den Kopf. »Das bringt doch nichts!«, knurrte er. »Wahrscheinlich empfängt er das Signal nicht mal.«
Seine Gefährtin Ira ging gar nicht auf das Genörgel des Daa'muren ein. Sie stand neben dem Fenster der Häuserruine, durch das sie die Straße im Auge behalten konnte. Mit ihren Gedanken war sie jedoch ganz woanders. In einer nur wenige Wochen zurückliegenden Vergangenheit.
Trotzdem glaubte sie noch jetzt die Hitze des Feuers zu spüren, das in der halb verfallenen Mietskaserne im Herzen von Waashton gewütet hatte, hörte die Schreie des Kindes.
Doch da war gar kein Kind gewesen. Nur...
Eine Hand, schwer und kräftig, legte sich auf ihre Schulter und zog sie herum. Graos schuppiges Gesicht war keine Armlänge entfernt. Der Daa'mure hatte aufgehört, den Morse-Code mit Hilfe des instandgesetzten Funkgeräts zu senden, das sie – Trashcan Kid sei Dank – aus Waashton mitgebracht hatten.
»Was ist los mit dir?«, fragte der Daa'mure.
Ira musterte ihren Gefährten streng. »Das frage ich dich. Warum hast du aufgehört zu senden?«
»Weil es nichts bringt!«, zischte Grao.
»Sei kein Narr. Wir sind erst seit einer Stunde hier. Wer weiß, wo Matt steckt? Wir müssen ihm mehr Zeit geben.«
»Wir haben keine Zeit. Was, wenn Kormak oder die Nosfera uns hier aufspüren?«
Ira neigte den Kopf zur Seite. »Hast du etwa Angst?«
Der Daa'mure stieß ein abfälliges Schnauben aus. Brühend heißer Wasserdampf stob aus seinem thermophilen Körper. »Ich habe vor gar nichts Angst! Ich verschwende nur nicht gerne Zeit.«
»Oh, ich wusste gar nicht, dass du Besseres zu tun hast. Hast du dich etwa schon so an das Leben im Untergrund gewöhnt, dass du lieber als Taratze durch die Abwasserkanäle kriechst?«
Grao knurrte.
»Dachte ich mir.« Ira beugte sich vor. »Vergiss nicht, warum wir das tun.« Sie fletschte die Zähne. »Also scher dich wieder ans Funkgerät.«
»Nein!«
Die Antwort überraschte Ira. »Warum nicht?«
Grao deutete durch das Fenster. »Weil wir Besuch kriegen!«
Die Daa'murin drehte sich um. Tatsächlich. Über den Trümmern der umstehenden Häuser waren die Positionslichter eines Gleiters aufgetaucht. Jetzt vernahm die Daa'murin auch das dumpfe Heulen der gedrosselten Triebwerke.
Der Pilot, offenkundig ein Meister seines Fachs, steuerte das Fluggerät dicht über die Ruinen hinweg. Iras Mundwinkel zuckten, ihr Inneres schien zu kochen. Sie war nervös. Gleich würde sich zeigen, ob es tatsächlich Matthew Drax war, der ihren Funkspruch empfangen hatte. Doch wer sollte es sonst sein?
Ira war sich sicher, dass ihnen niemand gefolgt war. Noch vor wenigen Dekaden waren diese Ruinen unter Schnee und Eis begraben gewesen, und danach hatten sich keine neuen Bewohner gefunden. Abgesehen von den Ratzen, die zwischen den Trümmern hausten.
Der Gleiter erreichte den freien Platz vor dem halb zerstörten Haus, in dem Ira und Grao warteten. Der Bug hob sich ein wenig, die Landetriebwerke wirbelten Asche, Staub und Sand auf, die in dichten Schwaden über das Geröllfeld trieben.
Der Anblick erinnerte Ira an die Rauchschwaden, die durch das Innere des brennenden Hauses getrieben waren. Und an die Gestalt des ganz in Leder gekleideten Mannes, der sich aus dem Qualm geschält hatte, das Gesicht hinter einer Atemmaske verborgen, deren Riemen sich über den weitestgehend kahlen, vernarbten Schädel gespannt hatten.
Es war unverkennbar ein Nosfera gewesen. Und er war nicht allein gekommen.
Plötzlich hatte sich Ira von zahlreichen Blutsäufern umringt gesehen. Die Arme der Daa'murin hatten sich in nadelspitze Dornen verwandelt. Aber noch bevor sie die Gelegenheit bekam, sie dem Nosfera in die Brust zu rammen, hatte dieser die Arme gehoben und ihr seine leeren Hände präsentiert.
»Warte!«, war es dumpf unter der Maske hervorgedrungen. »Ich bin nicht gekommen, um zu kämpfen. Ich möchte bloß mit dir reden!«
»Warum?«, hatte Ira gefragt, ihre innere Stimme ignorierend, die sie davor gewarnt hatte, sich auf ein Gespräch mit dem Nosfera einzulassen.
»Damit du die Wahrheit erkennst!«
Und dann war etwas Seltsames passiert. Ira hatte ihm geglaubt.
Als sie wenige Minuten später das brennende Haus leicht benommen verlassen hatte, hatte sie sich an nichts mehr erinnern können.1
Bis heute...
Als die vertraute Gestalt von Matthew Drax hinter einem seltsam gekleideten Mann, auf dessen Haupt ein großer Hut mit breiter Krempe saß, den Gleiter verließ, war es ihr, als hätte jemand einen Schleier vor ihren Augen fortgewischt, sodass die Daa'murin klar sehen konnte.
Das war der Mann, der sie belogen hatte. Der vorgegeben hatte, ihr Freund zu sein und sie gerettet zu haben. Dabei war es doch genau umgekehrt gewesen.
Clauzer hatte bloß versucht, ihnen zu helfen. Matt Drax war der Feind!
Wie hatte sie nur all die Jahre über so blind sein können? Ein Beweis dafür, wie gerissen dieser Primärrassenvertreter war. Ohne es zu merken, hatte er sie manipuliert und missbraucht.
Ira musste an sich halten, um sich nicht auf den Mann aus der Vergangenheit zu stürzen und ihm das Genick zu brechen. Doch deshalb war sie nicht hier.
Clauzer hatte sie genauestens instruiert. Auf keinen Fall durfte jemand Verdacht schöpfen. Daher gab sie sich einen Ruck, nickte Grao ein letztes Mal zu und trat ins Freie, die Lippen zu einem verkrampften Lächeln verzogen.
Hoffentlich fiel es keinem auf...
Matt fiel ein mittelschwerer Stein vom Herzen, als er die beiden Daa'muren aus der Hausruine treten sah. Für einen Moment hatte er tatsächlich befürchtet, es könnte eine Falle sein. Aus diesem Grund war er auch nicht allein gekommen.
Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn Aruula ihn begleitet hätte. Oder zumindest Haaley. Ja, so weit war es schon gekommen.
Doch die zwei Frauen befanden sich auf der Naval Station Norfolk, wo es dem Telepathenzirkel vor wenigen Stunden gelungen war, Aruulas Lauschsinn zu reaktivieren.2 Mit Hilfe eines Gifts des Jaguarpriesters Phakcha, das ihre telepathischen Fähigkeiten um ein Vielfaches potenziert hatte – und das tödlich gewesen wäre, wenn sie das Gegengift nicht binnen zwei Stunden eingenommen hätten. Jetzt waren die Frauen erschöpft, und Haaley als neue Schwester der Dreizehn Inseln war bei Aruula geblieben.
Deshalb hatte Matt sich für einen anderen Begleiter entschieden, der den beiden Daa'muren nun mit stoischer Miene entgegenblickte, die Hand dicht über dem Kolben des Revolvers, bereit, die Waffe blitzschnell zu ziehen und zu feuern. Aber das schien nicht notwendig zu sein. Außer den Daa'muren war niemand zu sehen.
Zuerst trat Ira ins Freie. Ihre grazile Gestalt mit den auffallend weiblichen Proportionen stand im krassen Kontrast zu der bulligen, muskulösen Statur von Grao, dessen Schultern fast ansatzlos in den massigen Schädel übergingen.
Auf den Zügen der Daa'murin lag ein leicht verkrampftes Lächeln, das seine eigene Nervosität spiegelte. Matt entspannte sich ein wenig. Doch erst als Grao vor seinem Begleiter stehenblieb und fragte: »Was bist du denn für einer?«, fiel sämtliche Anspannung von ihm ab.
»Ich bin Isaac!«, antwortete Matts Begleiter, als wäre damit schon alles gesagt.
»Isaac ist ein Roboter«, erklärte der Ex-Commander. »Er stammt aus einem Parallelwelt-Areal, das dem Wilden Westen des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts nachempfunden ist.«
»Ein Roboter?«, hakte Ira nach.
»Ja, in unserer Basis warten noch weitere von ihnen. Schließlich brauchen wir Soldaten, die gegen die mentale Beeinflussung von Clauzer und seinen Nosfera immun sind.«
»Was ist das für eine Basis? Wie viele von diesen Robotern habt ihr? Wer gehört noch zu eurer Armee?«
»Verflixt, Ira. Lass den Mann doch mal zu Wort kommen.« Grao grunzte genervt.
Matt dagegen lächelte in Anbetracht von Iras zügelloser Neugier. »Eigentlich hatte ich gehofft, dass ihr ein paar Informationen für mich hättet.«
Die Daa'murin war sichtlich verlegen. Sie entschuldigte sich sogar bei Matt, der die Stirn in Falten legte. »Schon gut, so war das nicht gemeint. Vielleicht sollten wir das Gespräch woanders fortsetzen. Hat man euch verfolgt?«
»Wir sind keine Anfänger«, zischte Grao.
»Schon gut, dann kommt. – Gute Idee übrigens, uns per Funk zu rufen; sodass ich euer Signal anpeilen konnte. Nur das Rufwort war etwas... unsensibel ausgewählt: D-A-A-T-A-N.«
Grao zuckte mit den Schultern; eine menschliche Geste, die er sich wohl abgeschaut hatte. »Es musste etwas sein, das nur wir kennen«, sagte der Daa'mure, der Matts und Aruulas Sohn jahrelang in Sinne der außerirdischen Invasoren erzogen hatte.
Unglaublich, dass wir heute friedlich zusammenarbeiten, ging es Matt durch den Kopf. Was den Umständen und auch Iras Einfluss auf Grao geschuldet war.
Matt nickte Isaac zu, der die Umgebung im Auge behielt, während die Daa'muren ihm an Bord des Gleiters folgten.
Grao zwängte sich ungefragt in den Copilotensitz, Ira nahm direkt hinter Matt Platz, sodass ihm der Schweiß aus sämtlichen Poren quoll. Als würde man neben zwei Heizöfen sitzen. Isaac verschloss die Luke und Matt startete die Triebwerke.
Während er auf Kurs Süd-Südost ging und die Militärbasis Norfolk ansteuerte, erkundigte er sich nach der Lage in der ehemaligen Hauptstadt der USA, die jetzt, fünfhundert Jahre später, Sitz des sogenannten Weltrats war, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, für Stabilität und Ordnung in der postapokalyptischen Welt zu sorgen.
Mit mäßigem Erfolg, wie Matt zugeben musste.
Nach dem Krieg gegen die Daa'muren und den weltweiten EMP reichte der Einfluss des Weltrats kaum über die Appalachen hinaus. Erst seit kurzem verfügte der Weltrat über einen militärischen Brückenkopf in Afra sowie eine gut befestigte Basis in der Nähe von Louisville, zu Matts Zeit besser bekannt als Fort Knox.
»Leider haben wir keine guten Neuigkeiten«, antwortete Grao. »Clauzer kontrolliert dank Kormak den gesamten Militärapparat. Es gab einen Anschlag, bei dem Präsident Watonga und General Stockwell ums Leben kamen.«3
Matt schluckte. Das übertraf seine schlimmsten Befürchtungen. »Wer ist jetzt Präsident?«, fragte er.
»Zuerst war es Mr. Black. Nachdem es uns gelungen ist, ihn aus Clauzers Bann zu befreien, hat General Kormak sein Amt übernommen.«
»General... soll das heißen, Kormak ist nicht nur Präsident des Weltrats, er hat auch die alleinige Befehlsgewalt über sämtliche Streitkräfte?«
»Genau genommen, ja. Clauzer ist jetzt Oberbefehlshaber der WCA4. Aber bei diesen beiden spielt es ohnehin keine Rolle, wer welches Amt bekleidet. Die Fäden laufen alle bei Clauzer zusammen.«
»Was ist mit Ashley und Rulfan?«
Grao warf einen verunsicherten Blick über die Schulter, doch Ira zog es vor, zu schweigen. Der Daa'mure knurrte leise. Anscheinend fühlte er sich von seiner Gefährtin im Stich gelassen.
»Colonel Ashley Mara wurde von uns ebenfalls befreit. Sie befindet sich bei Black in einem gut getarnten Bunker außerhalb der Stadt.«
»Und Rulfan?«
»Er ist verschollen. Zusammen mit Reese. Schon vor Monaten. Er wollte sich mit einem Gleiter auf die Suche nach euch machen. Laut Ashley wissen wir nicht mal, ob er es bis Amraka geschafft hat.«