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Beim "Volk der Ebene" handelt sich um Nachfahren der amerikanischen Ureinwohner, die dank der Rückkehr zur naturnahen und bescheidenen Lebensweise die dunkle Zukunft der Erde gemeistert haben. Manche Stämme leben fest verwurzelt, andere ziehen nomadengleich durch die Great Plains Meerakas. Ihnen gemein sind die "heiligen Orte", die der Legende nach von einem geheimnisvollen Wesen beschützt werden. Als im "Tal der Nebel" Ölvorkommen vermutet werden, scheint sich die amerikanische Geschichte zu wiederholen. Doch diesmal hat das Volk der Ebene einen mächtigen Verbündeten ...
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Was bisher geschah...
Skinwalker
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« die Erde. In der Folge verschiebt sich die Erdachse, und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist – bis auf die Bunkerbewohner – auf rätselhafte Weise degeneriert.
In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Fliegerstaffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz wird er von Barbaren gerettet, die ihn »Maddrax« nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula findet er heraus, dass Außerirdische mit dem Kometen – dem Wandler, der sich als lebende, schlafende Entität entpuppt – zur Erde gelangten und schuld sind an der veränderten Flora und Fauna und der Verdummung der Menschen. Nach langen Kämpfen mit den Daa'muren erwacht der Wandler, weist sein Dienervolk in die Schranken und zieht weiter. Mit zwei Daa'muren, die auf der Erde zurückblieben – Grao und Ira – haben sich Matt und Aruula sogar angefreundet.
Bei einem Abstecher zum Mars, auf dem sich eine Expedition aus dem Jahr 2010 zu einer blühenden Zivilisation entwickelt hat, erfährt Matt von der Spezies der Hydree, die vor 3,5 Milliarden Jahren hier lebten und mittels eines Zeitstrahls zur jungfräulichen Erde umzogen, als ihr Planet seine Atmosphäre und Ozeane verlor. Mit ihren Nachkommen, den telepathisch begabten Hydriten, die von den Menschen unentdeckt am Meeresgrund leben, hatte Matt schon Kontakt und nennt einen von ihnen, Quart'ol, einen guten Freund.
Diese »Tunnelfeldanlage«, die wie ein Transporter funktioniert, in dem die Zeit unendlich gedehnt werden kann, ist bis heute in Betrieb und verursachte auch den Zeitsprung von Matts Flugstaffel um 504 Jahre, als die den Strahl querte. Dabei legt der Strahl einen Tachyonenmantel um lebende Zellen, der den Altersprozess fünfzig Jahre lang drastisch verlangsamt.
Seither ist viel Zeit vergangen – wir schreiben inzwischen das Jahr 2554 –, und all die Erlebnisse unserer Helden an dieser Stelle zu schildern, wäre unmöglich. Es gibt sogar eine Erdkolonie in einem fernen Ringplanetensystem, zu dem allerdings der Kontakt abgebrochen ist. Ihre Freunde Tom, Xi und deren Tochter Xaana (die eigentlich Matts Kind ist) leben dort auf dem Mond Novis.
Nicht nur einmal haben Matthew Drax und Aruula die Erde vor dem Verderben gerettet und mächtige Feinde bekämpft – zuletzt die vampirhaften Nosfera, die die WCA (World Council Agency, kurz: Weltrat) übernehmen wollten. Auf diese Organisation traf Matt schon früh. Momentan steht ihr General Aran Kormak vor, ein in der Vergangenheit eher zwielichtiger Charakter, der sich aber gewandelt und großes Interesse zu haben scheint, Meeraka (ehem. USA) und danach andere Länder friedlich zu einen.
Auch um Kormak weiterhin im Auge zu halten, geht Matt auf seinen Vorschlag ein, zusammen mit Aruula im Auftrag des Weltrats eine schnelle Eingreiftruppe zu bilden und für ein Bündnis unter dem Dach der WCA zu werben.
Dies sind ihre Abenteuer ...
Weitere Informationen und Hintergründe zur Serie findet ihr unter https://de.maddraxikon.com im Internet!
von Michael Edelbrock
»Die bewerfen uns mit Molotow-Cocktails!«, rief Matthew Drax und hielt PROTO auf Kurs. Er konnte den Taser aus der Waffenphalanx nicht einsetzen, weil die Angreifer zu dicht dran waren.
Aruula schaltete die Außenmikrofone ein. Die Geräusche der Verfolger füllten das Cockpit, ihre aufheulenden Motorräder und das Schnaufen der Horsays. Die Gewehrschüsse knallten so laut, dass sie beide zusammenzuckten.
Die Angreifer riefen sich etwas in einer fremden Sprache zu. Als Matt langsamer fuhr, begannen sie sie zu umkreisen.
Eine Frau hielt sich einige Sekunden vor ihrer Front, die Augen von einem schwarzen Strich überschattet, wie mit Kohle gezogen, die Haare eine wilde dunkle Mähne. Sie richtete ein automatisches Gewehr auf die Frontscheibe und feuerte.
Einen halben Tag zuvor in Waashton
Matt Drax schlug die Augen auf und gähnte ungeniert. Die Sonne lugte durch einen Spalt in den Vorhängen und hinterließ eine Bahn aus Licht, die das zerwühlte Bett in zwei ungleiche Hälften teilte.
Aruulas Hälfte ist eindeutig größer, dachte Matt. Beim Anblick ihres muskulösen Rückens und der nackten Schultern verzieh er es ihr glatt. Er streichelte ihren Hals, bekam aber nur ein verschlafenes Seufzen zurück.
Es klopfte erneut an der Tür. Richtig, etwas hatte ihn geweckt. Sonst würde er an einem freien Tag nicht kurz nach Sonnenaufgang aufstehen. Er zog sich eine Hose an und warf ein Hemd über, ehe er zur Tür schlurfte und öffnete.
»Commander?«, fragte ein blasser junger Mann in der Kommandouniform der Dark Force.
»Corporal Chester«, sagte Matt und unterdrückte einen Seufzer angesichts des Burschen mit seinen Pickeln und den zahllosen Sommersprossen.
»Äh, ich würde Sie gern zu einem Briefing im Pentagon abholen, Sir. Es gibt da ein Problem –«
Matt schloss die Tür und schlurfte zurück ins Schlafzimmer. Mit voller Absicht zog er die Decke vom Bett und hörte Aruulas wütendes Knurren. Der Anblick entlohnte ihn, auch wenn er gerade mit seinem Leben spielte.
»Der Weltrat ruft«, sagte er nur und verschwand im Bad.
»Wir müssen uns eine Wohnung suchen, die weiter vom Pentagon entfernt ist«, murmelte sie ihm hinterher.
Ein paar Minuten später öffneten sie die Tür und traten in den frischen Mai-Tag hinaus. Chester hatte gewartet und ging ihnen voraus.
»Sie haben hoffentlich Sandwiches geholt, Corporal«, sagte Matt.
»Sir?«
Also hielt er kurz bei einer Bäckerei und holte welche. Das Regierungsviertel lag in direkter Nachbarschaft, und man hatte ihnen eine Wohnung im Pentagon-Bunker zur Verfügung gestellt. Aber Matt und Aruula wollten auch ihr eigenes kleines Rückzugsgebiet haben.
Dies war ein neues Zeitalter, ein neues Kapitel sowohl in ihrem eigenen Leben als auch in der Geschichte Meerakas und der Welt.
Auch wenn sich der Kontinent noch in wenige zivilisierte Enklaven aufteilte, vernetzten diese sich doch. Man bildete Funkstrecken, man erneuerte die alten Highways und Schienennetze. Noch gab es aber zu wenige Einsatzkräfte. Der Kontinent war riesig und das Land zwischen den Städten unerforscht und vernachlässigt.
Sie bogen zum weiß-grauen Pentagon ab. Man merkte dem Bau immer noch an, dass er aus einer technokratischen Zeit stammte, in der die Form der Funktion folgte. Die oberen Stockwerke waren zugemauert und der Betrachter konnte nur raten, welche Geheimnisse sich in den acht Etagen unter der Erde versteckten. Die Flagge des Weltrats mit dem einschlagenden Kometen und den rot-weißen Streifen wehte an den Masten.
Zwei Sergeants des Waashton Marine Corps musterten und erkannten sie. Sie wurden eingelassen und durchschritten die Gänge, deren einzige Verzierung Kabelschächte und Notbeleuchtungen waren.
Der Besprechungsraum war so kühl wie ungemütlich. Corporal Snyder wartete schon auf sie und erhob sich jetzt. Die attraktive schwarze Frau grüßte kurz militärisch, was Matt angesichts der Sandwichtüte in seinen Händen und seiner zerknautschten Stimmung ignorierte. Er setzte sich mit Aruula vor Kopf des Besprechungstisches und machte sich über das Frühstück her.
»Commander«, begann Chester, nachdem die beiden sich gesetzt hatten. »Der General lässt sich entschuldigen. Die Angelegenheit ist eilig, zudem muss er sich wegen Interessenkonflikten heraushalten.«
»Das hat ihn noch nie gekümmert«, murmelte Aruula mit vollem Mund.
»Solange es seine ureigensten Interessen sind«, stimmte Matt zu.
»Es ist die Politik des Weltrats und des Präsidenten, eine starke Gesellschaft und eine gesunde Wirtschaft aufzubauen. Wir erneuern die Verbindungen dieses Landes, sowohl zwischen den Menschen als auch logistisch – Straßen, Kanäle und Schienen.«
»Und einst hieß der Weltrat ›Rat für den Wiederaufbau der Welt‹«, warf Matt ein. »Corporal, das wissen wir alles. Wenn wir es nicht gutheißen würden, wären wir nicht im Auftrag des Weltrats unterwegs.«
»Sirs«, setzte Snyder an. »In diesem Geist geht die Administration Kooperationen mit Unternehmen ein. Die Verbindungen, die wir angesprochen haben, müssen auch angetrieben werden – und Dampf kann uns nur so weit bringen. Wir benötigen Öl und Gas. Der Weltrat hat Genehmigungen für Prospektionsgebiete erteilt, in der Regel in Absprache mit den betroffenen Städten. Die Devopeake Oil&Gas ist so zu einem Partner des Wiederaufbaus geworden.«
Sie hantierte an der Sitzungstechnik und warf ein Logo an die Wand. Das ›d‹ und das ›p‹ in Devopeake waren Großbuchstaben. Daneben stand ein stilisierter Bohrturm, als könne man das Oil&Gas irgendwie falsch deuten.
Matt dachte an die Raffinerien im nördlichen Amraka, die er in einem Spiel um Öl kennengelernt hatte.1 Wahrscheinlich wäre Devopeake gerne so groß wie sie. Aber wer sagte, dass sie sich nicht bald schon verknüpften? Schließlich trennte sie nur der Golf von Mexiko.
»Das Unternehmen hat eine Genehmigung für ein Areal nordwestlich von Oklahoma City erhalten.«
»In Oklahoma gab es früher schon Ölbohrgebiete«, erinnerte sich Matt.
»Das wissen wir«, sagte Chester. »Der Komet vernichtete sie nicht direkt. Das Landesinnere war vor den Tsunamis geschützt. Aber die Erdbeben haben das Gelände verändert. Bei den Aktualisierungen unserer Karten haben wir festgestellt, dass es eine neue Topographie gibt.«
Matt nickte gedankenverloren. Meerakas Küsten waren vor fünfhundert Jahren verheert worden. Sei es nun durch tektonische Plattenbewegungen, Vulkanausbrüche, Erdbeben oder Tsunamis.
»Wir haben einen Notruf erhalten«, sagte Snyder in seine Gedanken hinein. Der weibliche Corporal rückte sich seine Brille zurecht und warf per Tastendruck ein anderes Bild an die Wand. »Das ist Malcolm Bruckinski. Sicherheitschef der Ölunternehmung in Oklahoma City.«
Matt musterte den Mittvierziger. Er hatte einen ungestutzten grauen Bart, der ihm etwas Gemütliches verlieh, und militärisch kurze Haare. Der harte Zug um die Augen verriet allerdings, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
»Bruckinski meldete sich vor rund einer Stunde bei seinem Auftraggeber Devopeake in Chaago. Vor drei Tagen ist der Explorationstrupp in das Gebiet eingefahren, ein abgelegenes Tal. Der Trupp sei von einer Horde von Reitern und Bikes angegriffen worden. Es gab mehrere Verletzte. Seit dem Zwischenfall reißen die Sabotageakte im Lager außerhalb des Tals nicht ab. Der Auftraggeber meldete sich umgehend beim Weltrat und bat um Unterstützung.«
»Wenn sie eine Genehmigung haben«, fragte Aruula, »warum unterstützt die Stadt sie dann nicht?«
»Wir haben sofort den städtischen Beauftragten für Wirtschaftsfragen, Mr. Leroii Sanders, kontaktiert. Oklahoma City wächst schneller, als man Sicherheitskräfte oder Infrastruktur aufbauen kann.«
»Willkommen im Wilden Westen«, murmelte Matt mit vollem Mund.
Snyder ging darauf ein: »Mehr, als Sie ahnen. Deswegen wollen wir Sie beide schicken.«
»Verstehe. Wir sind nicht das Marine Corps oder die Dark Force, womit Kormak behaupten kann, er habe sich nicht direkt militärisch eingemischt.« Matt musterte sein Gegenüber. »Aber warum ›mehr, als wir ahnen‹?«
Snyder lehnte sich zurück. »Mr. Sanders erwähnte ein Volk der Ebenen, die Ureinwohner der großen Ebenen in der kontinentalen Mitte. Auch sie sind Teil unserer Nation.«
Matt zog die Augenbrauen hoch. »Indianer?«
»Meerakanische Ureinwohner«, betonte Snyder. »Aufgrund der Historie müssen wir angemessen vorgehen.«
»Das wird eine lange Fahrt«, meinte Aruula.
»Mitnichten«, warf Chester ein. »Die Sache eilt. Die DARK FORCE FIVE steht bereit, Sie und PROTO aufzunehmen.«
Sie schlossen das Briefing ab. Matt und Aruula begaben sich zu PROTO, der auf dem Gelände des Pentagon parkte. Der Amphibienpanzer war schnell einsatzbereit und in die DARK FORCE FIVE verladen.
Der Pilot wartete vor dem Schott auf sie; er schien ungeduldig, in die Luft zu kommen.
»Oklahoma City, Commander?«, fragte er Matt.
»Ja. Schon dort gewesen?«
»Nein. Aber es soll Aant-Hügel geben, die größer sind.«
Matts Lächeln geriet etwas kühl. Er dachte mit Schaudern zurück an ihre Erfahrungen in Amraka vor drei Jahren. Aants und deren Kollektivwesen Mabuta hatten sie schwer auf Trab gehalten.
Nachdem sie alle Platz genommen und sich angeschnallt hatten, hob der Großraumgleiter ab. Er mochte in der Spitze zwar gut dreihundert Stundenkilometer erreichen, aber als Reisegeschwindigkeit planten die Piloten eher zweihundertfünfzig ein. Sie hätten etwas über sieben Stunden Flug vor sich.
Oklahoma City
Leroii Sanders gab dem Mann die Hand und verabschiedete ihn mit einem Grinsen aus seinem Büro. Kaum war er allein, ging er zum Schreibtisch und machte ein paar Notizen.
Er betrachtete die vielen Zettel, die sich am Rande des Schreibtischs zu Stapeln türmten. Er würde Maa'or2 Phil Weston um mehrere Termine bitten müssen. Aber als der Beauftragte für die wirtschaftlichen Angelegenheiten von Oklahoma City bekäme er sie.
Sein Blick fiel auf die Uhr, ein schweres Teil aus dunklem Holz, das mahnend die immer zu kurze Arbeitszeit herunterzählte. Eilig trat er vor den Spiegel, strich sich den Schnäuzer glatt und zog den grauen Zweiteiler zurecht.
Leroii hatte erst vor einigen Stunden die Nachricht aus Waashton bekommen: Man nahm ihr Problem ernst und entsandte zwei Spezialisten. Niemals hätte er mit einer so kurzen Reaktionszeit gerechnet.
Draußen wartete der bestellte Fahrer im benzingetriebenen Ford Mustang und fuhr ihn vor die Stadt. Er wendete schließlich auf dem weiten Gelände, das als Tinker Air Force Base bekannt war. Von den Start- und Landebahnen blieben nicht einmal schlaglöchrige Asphaltreste. Aber der Grund war eben und der Bewuchs hielt sich in Grenzen.
Sie kommen in einem Gleiter, dachte Leroii beeindruckt. Wir haben gerade die Schienenstrecke fertiggestellt, und die Hurensöhne aus Waashton fliegen in wenigen Stunden über den halben Kontinent.
Vor Monaten hatte der Weltrat angerufen und Gespräche über Genehmigungen und Ölerkundungen vorgeschlagen. Leroii hatte dem Bürgermeister geraten, beinahe jeden Deal einzugehen. In der Hauptstadt hatte viel der alten Technologie in Bunkern überlebt. Nun konnten sie ein Stück vom Kuchen haben – und Leroii Sanders würde es nicht mehr abgeben.
Der Gleiter war ein Ungetüm mit gut dreißig Metern Länge. Das Metall glitzerte in der prallen Mittagssonne, eine »5« prangte schwarz auf der Seite. Wie viele von den Dingern sie wohl hatten? Bei der Landung wirbelte das Gerät weniger Staub auf, als Leroii erwartet hatte.
Kaum gelandet, stiegen zwei Leute aus: ein Mann in mittleren Jahren mit kurzen dunkelblonden Haaren und eine überraschend freizügige Frau mit einem Schwert auf dem Rücken. Der Weltrat hatte seltsame Leute in den Diensten. Andererseits verstand sie sich vielleicht gut mit den Wilden der großen Ebenen.
»Commander Drax und Miss Aruula«, begrüßte er die beiden. Der Funkspruch hatte bereits verraten, wer ihnen zur Hilfe käme.
»Eine Miss war ich noch nie«, meinte die Frau und musterte ihn unverhohlen.
»Natürlich«, erwiderte er freundlich und stellte sich vor: »Leroii Sanders von der Stadt Oklahoma City. Sollen wir gleich zum Taleingang fahren?«
»Schönes Auto«, sagte der Commander und deutete auf den Mustang. »Aber wir nehmen unser eigenes Fahrzeug. Kommen Sie mit, Mr. Sanders.«
Die beiden führten ihn in den Gleiter, dessen Ladebordwand sich absenkte und ein gefülltes Inneres zeigte. Die Wände hingen voller Ausrüstung, aber den meisten Raum nahm ein eckiger Radpanzer ein, den Leroii mit offenem Mund anstarrte.
Die Frau im Fellbikini, Aruula, lotste ihn hinein. Die beiden bemannten das Cockpit und fuhren bald schon aus dem Gleiter hinaus. Der Pilot gab ihnen aus der Kanzel noch den nach oben gestreckten Daumen, bevor der Gleiter abhob und gen Osten verschwand.
»Also, Mr. Sanders, wo müssen wir hin?«, fragte Commander Drax.
Leroii schaute den beiden über die Schulter.
»Das dort vorne ist der alte Highway 40, der um Oklahoma City herum noch gut in Schuss ist. Den nehmen wir nach Westen. Wir kommen durch die Stadt, aber die Leute werden schon zur Seite springen.«
»Keine Angst, die Bremsen funktionieren ganz gut!«, sagte der Commander und gab Gas.
Die Jahrhunderte hatten dem einstigen Highway zugesetzt. Erdbeben und Kälte hatten ihr übriges dazugetan. Die Stadt tat ihr Bestes; Betonbett und Teerbezug erweckten die alte Straße zum Leben. Und damit kamen die Leute: Sattler, Viehtreiber, Arbeiter für die Fabriken und die Landwirtschaft, Schmiede und Mechaniker.
»Die Stadt wächst«, sagte er nicht ohne Stolz, als sie das Zentrum passierten.
Die uralten Wolkenkratzer ragten noch einige Stockwerke in die Höhe, die Fenster in den abgebrochenen Mauern wie Schießscharten an den hölzernen Forts, die auf den großen Ebenen standen.
»Der Wiederaufbau der Interstate hat die Wirtschaft in Schwung gebracht. Die Einweihung der Schienenstrecke Richtung Osten hat alles beschleunigt«, meinte Leroii.
Sie fuhren langsam, während sich die beiden umsahen. Autos, Laster und Kutschen verzichteten auf die Vorfahrt, wenn der Panzer vorüberfuhr. Die Passanten in ihren Blaumännern, Zweireihern oder Tweed-Jackets starrten sie an. Die Frauen der feinen Gesellschaft in Promenaden- oder Reitkleidern hielten inne. Gäste traten aus den Cafés und Saloons heraus, um ihnen nachzublicken.
»Wir sind hier das Stadtgespräch«, sagte Aruula und nahm den Anblick durch die schmalen Frontfenster auf.
Leroii nickte. »Und vor ein paar Tagen war es der mobile Bohrturm auf dem Schwerlaster. Sie haben ihn über die Bahnstrecke gebracht. Ein wunderschönes Gerät, komplett instandgesetzt, sodass kaum etwas von dem uralten Blech oder den Schrauben übrigblieb.«
»Von der Devopeake Oil&Gas?«
Leroii bejahte. »Das Unternehmen verfügt über eine Genehmigung. Nicht, dass es viel Konkurrenz gäbe. Wir haben hier keine eigenen Ölunternehmen – das wäre noch mein Meisterstück. Devopeake kommt aus Chaago, genau wie der Sicherheitschef Bruckinski. Allerdings bin ich stolz, dass Mr. Bobb, der technische Leiter, einer von unseren Leuten ist. Er ist hier großgeworden, ein Retrologe mit dem Hang zum Tüfteln.«
»Den haben sie alle«, sagte der Commander und lächelte. »Und dieser Bruckinski hat noch keine Idee, was hinter dem Angriff und den Sabotagen steckt?«
»Oh, sicher. Das Volk der Ebenen steckt dahinter.«
»Gehört ihnen das Land?«
»Keineswegs. Und solange sich die Misters Bruckinski und Bobb an die Genehmigung halten, befinden sie sich voll im Recht.«
Leroii bemerkte den skeptischen Blick, den die Frau ihrem Kollegen zuwarf.
»Dann schauen wir uns dieses Lager und das Tal mal an«, sagte Commander Drax.
Jahr 2199, im Tal der Nebel
»Es ist auch schon der zweite Winter, den die anderen außerhalb der Höhlen überstehen«, sagte Kimimela und betrachtete die Hütte, die Chaska für sie gebaut hatte. Er war stolz, zeigte ihr heute die Lage aus Erde und Mais-Resten, die den Bodenfrost besser abwehren sollte.
Sie blickte aus dem Fenster, strich sich das schwarze Haar von der Stirn. Die Gemeinschaft hatte ihnen hier einen Platz zugewiesen, direkt am heißen See, damit sie von seiner Hitze profitierten.
Sie kuschelte sich an Chaskas Brust, fühlte seine sehnigen Arme. Er war der Sohn des Chiefs, und sie würden eine Familie gründen. Sie waren schon spät dran. Die Medizinfrau riet, zu Beginn der Wintermonate zusammenzuliegen, damit die Kinder im Sommer kämen. Kimimela hatte darüber viel mit ihr und ihrer eigenen Mutter gesprochen.
Die sieben großen Familien standen füreinander ein. Bald wären es zwanzig Hütten. Chief Jatawio sagte bereits, sie dürften nicht zu zahlreich werden. Der Platz am Wasser war begrenzt, und ohne dessen Wärme lebten sie hier draußen schlecht. Das Tal gab ihnen viel, aber sie mussten es hüten.
In der Nacht liebten sie sich intensiver als je zuvor. Chaska streichelte sie schamlos, bis sie es fast nicht mehr ertrug. Sie revanchierte sich mit Küssen, die ihn rotwerden ließen. Dann nahm sie ihn in sich auf, lange und heftig. Den Beifuß hatte sie abgesetzt. Sie würden nicht mehr warten.
Nach den Stürmen kam der Sommer. Kimimela liebte es, von den Gipfeln aus die Sonne zu sehen. Die graugoldene Scheibe war schöner, als das diffuse Winterlicht im Tal vermuten ließ. Erneut schien sie stärker als im vorangegangenen Jahr. Medizinfrau Owatipi konsultierte ihre Aufzeichnungen, verglich die Schneepegel und den Lichteinfall – und sie verkündete, dass der weiße Bock der Marter wieder einmal zurückgewichen war.