Märchen aus Bayern - Karl Spiegel - E-Book

Märchen aus Bayern E-Book

Karl Spiegel

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Beschreibung

Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Inhalt: I. Echte Märchen. 1. Die Goldtür und die Pechtür. 2. Der Daumesdick. 3. Die Stiefmutter und der Seelenvogel. 4. Der Grindhansel. 5. Der Zauberring. 6. Die Königstochter zum goldenen Berge. 7. Der eiserne Mann. 8. Der erlöste Schloßspuk. 9. Der Zauberer und sein Lehrling. 10. Das tränennasse Totenhemd. 11. Der geprellte Teufel. a) Der Schmied von Mitterbach. b) Der schlaue Bauer. 12. Die dankbaren Tiere. 13. Das Märchen von der Geiß (Ziege) und ihren Zicklein. a) Die Geiß und der Bär. b) Die Geiß und der Wolf. 14. Hühnchen und Hähnchen. a) Dem Hähnchen droht der Tod durch einen verschluckten Kirschenkern. b) Dem Hähnchen droht der Tod durch einen Nußkern. c) Das ausgepickte Auge des Hühnchen. 15. Die Füchsin und ihre Freier. 16. Der geschundene Geißbock. 17. Maus, Wurst und Frosch. II. Legendäre Märchen. 18. Warum die Menschen nicht mehr wissen, wann sie sterben. 19. Jesus und Petrus dreschen. 20. Der Schmied von Hakenbach. III. Schwank- und Schreckmärchen. 21. Die passenden Antworten. 22. Der kluge Müller. 23. Der schlaue Schäfer. 24. Des Königs Schatzkammer. 25. Der Schneider und der Jude. 26. Die Frau und der Mann vom Galgen. 27. Das Mädchen und das Gespenst. 28. Der dumme Bauer. 29. Der Kraxelmann. Nachtrag. Das Schloß im Wald. Nachwort.

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Märchen aus Bayern

Karl Spiegel

Inhalt:

Geschichte des Märchens

I. Echte Märchen.

1. Die Goldtür und die Pechtür.

2. Der Daumesdick.

3. Die Stiefmutter und der Seelenvogel.

4. Der Grindhansel.

5. Der Zauberring.

6. Die Königstochter zum goldenen Berge.

7. Der eiserne Mann.

8. Der erlöste Schloßspuk.

9. Der Zauberer und sein Lehrling.

10. Das tränennasse Totenhemd.

11. Der geprellte Teufel.

a) Der Schmied von Mitterbach.

b) Der schlaue Bauer.

12. Die dankbaren Tiere.

13. Das Märchen von der Geiß (Ziege) und ihren Zicklein.

a) Die Geiß und der Bär.

b) Die Geiß und der Wolf.

14. Hühnchen und Hähnchen.

a) Dem Hähnchen droht der Tod durch einen verschluckten Kirschenkern.

b) Dem Hähnchen droht der Tod durch einen Nußkern.

c) Das ausgepickte Auge des Hühnchen.

15. Die Füchsin und ihre Freier.

16. Der geschundene Geißbock.

17. Maus, Wurst und Frosch.

II. Legendäre Märchen.

18. Warum die Menschen nicht mehr wissen, wann sie sterben.

19. Jesus und Petrus dreschen.

20. Der Schmied von Hakenbach.

III. Schwank- und Schreckmärchen.

21. Die passenden Antworten.

22. Der kluge Müller.

23. Der schlaue Schäfer.

24. Des Königs Schatzkammer.

25. Der Schneider und der Jude.

26. Die Frau und der Mann vom Galgen.

27. Das Mädchen und das Gespenst.

28. Der dumme Bauer.

29. Der Kraxelmann.

Nachtrag.

Das Schloß im Wald.

Nachwort.

Geschichte des Märchens

Ein Märchenist diejenige Art der erzählenden Dichtung, in der sich die Überlebnisse des mythologischen Denkens in einer der Bewußtseinsstufe des Kindes angepaßten Form erhalten haben. Wenn die primitiven Vorstellungen des Dämonenglaubens und des Naturmythus einer gereiftern Anschauung haben weichen müssen, kann sich doch das menschliche Gemüt noch nicht ganz von ihnen trennen; der alte Glaube ist erloschen, aber er übt doch noch eine starke ästhetische Gefühlswirkung aus. Sie wird ausgekostet von dem erwachsenen Erzähler, der sich mit Bewußtsein in das Dunkel phantastischer Vorstellungen zurückversetzt und sich, vielfach anknüpfend an altüberlieferte Mythen, an launenhafter Übertreibung des Wunderbaren ergötzt. So ist das Volksmärchen (und dieses ist das echte und eigentliche M.) das Produkt einer bestimmten Bewußtseinsstufe, das sich anlehnt an den Mythus und von Erwachsenen für das Kindergemüt mit übertreibender Betonung des Wunderbaren gepflegt und fortgebildet wird. Es ist dabei, wie in seinem Ursprung, so in seiner Weiterbildung durchaus ein Erzeugnis des Gesamtbewußtseins und ist nicht auf einzelne Schöpfer zurückzuführen: das M. gehört dem großen Kreis einer Volksgemeinschaft an, pflanzt sich von Mund zu Munde fort, wandert auch von Volk zu Volk und erfährt dabei mannigfache Veränderungen; aber es entspringt niemals der individuellen Erfindungskraft eines Einzelnen. Dies ist dagegen der Fall bei dem Kunstmärchen, das sich aber auch zumeist eben wegen dieses Ursprungs sowohl in den konkreten Zügen der Darstellung als auch durch allerlei abstrakte Nebengedanken nicht vorteilhaft von dem Volksmärchen unterscheidet. Das Wort M. stammt von dem altdeutschen maere, das zuerst die gewöhnlichste Benennung für erzählende Poesien überhaupt war, während der Begriff unsers Märchens im Mittelalter gewöhnlich mit dem Ausdruck spel bezeichnet wurde. Als die Heimat der M. kann man den Orient ansehen; Volkscharakter und Lebensweise der Völker im Osten bringen es mit sich, daß das M. bei ihnen noch heute besonders gepflegt wird. Irrtümlich hat man lange gemeint, ins Abendland sei das M. erst durch die Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir Spuren von ihm im Okzident in weit früherer Zeit. Das klassische Altertum besaß, was sich bei dem mythologischen Ursprung des Märchens von selbst versteht, Anklänge an das M. in Hülle und Fülle, aber noch nicht das M. selbst als Kunstgattung. Dagegen taucht in der Zeit des Neuplatonismus, der als ein Übergang des antiken Bewußtseins zur Romantik bezeichnet werden kann, eine Dichtung des Altertums auf, die technisch ein M. genannt werden kann, die reizvolle Episode von »Amor und Psyche« in Apulejus' »Goldenem Esel«. Gleicherweise hat sich auch an die deutsche Heldensage frühzeitig das M. angeschlossen. Gesammelt begegnen uns M. am frühesten in den »Tredeci piacevoli notti« des Straparola (Vened. 1550), im »Pentamerone« des Giambattista Basile (gest. um 1637 in Neapel), in den »Gesta Romanorum« (Mitte des 14. Jahrh.) etc. In Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.; Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden »Contes de ma mère l'Oye«; 1704 folgte Gallands gute Übersetzung von »Tausendundeiner Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh. im Orient zusammengestellten Sammlung arabischer M. Besondern Märchenreichtum haben England, Schottland und Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner. Die M. der skandinavischen Reiche zeigen nahe Verwandtschaft mit den deutschen. Reiche Fülle von M. findet sich bei den Slawen. In Deutschland treten Sammlungen von M. seit der Mitte des 18. Jahrh. auf. Die »Volksmärchen« von Musäus (1782) und Benedikte Naubert sind allerdings nur novellistisch und romantisch verarbeitete Volkssagen. Die erste wahrhaft bedeutende, in Darstellung und Fassung vollkommen echte Sammlung deutscher M. sind die »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm (zuerst 1812–13, 2 Bde.; ein 3. Band, 1822, enthält literarische Nachweise bezüglich der M.). Unter den sonstigen deutschen Sammlungen steht der Grimmschen am nächsten die von L. Bechstein (zuerst 1845); außerdem sind als die bessern zu nennen: die von E. M. Arndt (1818), Löhr (1818), J. W. Wolf (1845 u. 1851), Zingerle (1852–54), E. Meier (1852), H. Pröhle (1853) u. a. Mit M. des Auslandes machten uns durch Übertragungen bekannt: die Brüder Grimm (Irland, 1826), Graf Mailath (Ungarn, 1825), Vogl (Slawonien, 1837), Schott (Walachei, 1845), Asbjörnson (Norwegen), Bade (Bretagne, 1847), Iken (Persien, 1847), Gaal (Ungarn, 1858), Schleicher (Litauen, 1857), Waldau (Böhmen, 1860), Hahn (Griechenland u. Albanien, 1863), Schneller (Welschtirol, 1867), Kreutzwald (Esthland, 1869), Wenzig (Westslawen, 1869), Knortz (Indianermärchen, 1870, 1879, 1887), Gonzenbach (Sizilien, 1870), Österley (Orient, 1873), Carmen Sylva (Rumänien, 1882), Leskien und Brugman (Litauen, 1882), Goldschmidt (Rußland, 1882), Veckenstedt (Litauen, 1883), Krauß (Südslawen, 1883–84), Brauns (Japan, 1884), Poestion (Island, 1884; Lappland, 1885), Schreck (Finnland, 1887), Chalatanz (Armenien, 1887), Jannsen (Esthen, 1888), Mitsotakis (Griechenland, 1889), Kallas (Esthen, 1900) u. a. Unter den Kunstpoeten haben sich im M. mit dem meisten Glück versucht: Goethe, L. Tieck, Chamisso, E. T. A. Hoffmann, Fouqué, Kl. Brentano, der Däne Andersen, R. Leander (Volkmann) u. a. Vgl. Maaß, Das deutsche M. (Hamb. 1887); Pauls »Grundriß der germanischen Philologie«, 2. Bd., 1. Abt. (2. Aufl., Straßb. 1901); Benfey, Kleinere Schriften zu Märchenforschung (Berl. 1890); Reinh. Köhler, Aufsätze über M. und Volkslieder (das. 1894) und Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Märchenforschung (hrsg. von Bolte, das. 1898); R. Petsch, Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen (das. 1900).

Märchen aus Bayern

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN: 9783849603205

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

I. Echte Märchen.

1. Die Goldtür und die Pechtür.

(Oberpfalz: Amberg.)

Es war einmal eine Frau. Die hatte eine rechte Tochter und eine Stieftochter. Jedesmal, wenn neues Brot gebacken wurde, buk sie für ihre Tochter einen Kuchen mit; das Stiefkind aber bekam nichts. Doch als es einmal recht fleißig gearbeitet hatte, bat es die Mutter, ihm auch einen Kuchen zu backen. Und weil gerade die Mutter gut gelaunt war, erfüllte sie die Bitte und buk einen kleinen Kuchen mit. Voll Freude stellte das Kind seinen Kuchen zum Fenster hinaus, damit er draußen sich abkühle. Da kam ein Wind daher gefahren und nahm den Kuchen mit. Voller Angst lief das Kind dem Kuchen nach, weiter und immer weiter hinaus und zuletzt auch in den Wald. Hier verlor es aber den Kuchen aus den Augen und nun wollte es wieder heimgehen. Doch fand es keinen Weg und keinen Pfad, kam immer tiefer in den Wald und stand zuletzt vor einem Schloß. Das hatte zwei Türen, eine goldene und eine pechene. Das Mädchen bat um Einlaß. Da wurde es gefragt, zu welcher Tür es herein wolle. Es sagte: »Zur pechenen.« Aber da wurde die goldene Tür aufgemacht und das Mädchen mußte zu ihr hereingehen. Im Schloß durfte es aus goldenen Schüsseln essen und Gold und Silber floß auf es herab. Dann ging es wieder heim, nachdem man ihm den Weg gezeigt hatte. Die Mutter war sehr erstaunt, als sie hörte, wie es der Stieftochter ergangen war. Schnell buk sie ihrem Töchterchen einen großen Kuchen und stellte ihn vor das Fenster. Ein Sturmwind nahm ihn mit und das Töchterchen lief dem Kuchen nach und kam auch zum Schloß im Wald. Dort bat sie um Einlaß und wurde gefragt, zu welcher Tür sie herein wolle. Sie antwortete: »Zur goldenen.« Da wurde die Pechtür geöffnet, und als sie eintrat, regnete es Pech auf sie herab. Drinnen mußte sie mit Hund und Katze essen und nie mehr konnte sie sich ganz vom Pech reinigen.

Aufgeschrieben durch Frau Anna Bauer, Kassierswitwe in Amberg, 1900. (Hochdeutsch aufgeschrieben; die Form wurde in einigen Sätzen stilisiert, ohne Sinnänderung.)

2. Der Daumesdick.

(Mittelfranken: Lammersdorf, B.-A. Feuchtwangen.)

* Die Aufschreibung in der Mundart.

Es is amoal ei' Mann gwest, der woar a Korbmacher. Und wie sei Weib ihn an Amds eigschürt hat, hat ihr Mann zu rer gsagt: Wenn mir ner an Bum häten wiea unser Nachber und der wenn ner su groaß wär wia Dauma, noa wär mer a zfrieden. Richti, etz hems an Bum gkriagt und is halt nit größer worn wie a Dauma, is ober arg fleißig gwest. In an Tog hatt etz der Vatter ins Holz gmüßt und der Bua, der hatt Daumesdick ghassen, hat mitn Wagn noachfahrn solln. Sei Mutter hatn helfen eigspannt und der Daumesdick hatt si in Sattelgaul sei Ohr neighockt und unter »hot, wist, wia« gings fort. Etz stets net lang und kumma a poar Frema deher. Dia hem den a wel schreia härn, hemen oder nit gsehng. Sennts halt den Fuhrwerk a wel noachgloffn, bis er in Wald din ghalten hat. Der Daumesdick hat na etz halt su arg gfalln, daß sie den Vatter alles botn, ihn an sie zu verkafn. Des is in Daumesdick sein Vatter bloaß zon Lachen gwest. Der Daumesdick obber is su hell gwest und is in a Mausluch neigschlupft und hat si nemmer blicken lassen. Die senn noa widder fortganga und der Daumesdick hat sein Vatter gholfen.

Aufgeschrieben durch Ackerbauschüler Gg. Hörauf aus Lammersdorf; dem Verein übergeben durch Herrn Landw.-Lehrer Behr in Triesdorf im April 1906.

** Die wörtliche Uebertragung ins Schriftdeutsche.

Es ist einmal ein Mann gewesen, der war ein Korbmacher. Und wie (als) sein Weib ihm eines Abends eingeschürt hat, hat ihr Mann zu ihr gesagt: »Wenn wir nur einen Buben hätten wie unser Nachbar und der wenn nur so groß wäre wie ein Daumen, nachher wären wir auch zufrieden.« Richtig, jetzt haben sie einen Buben gekriegt (bekommen) und ist halt nicht größer geworden wie ein Daumen, ist aber arg fleißig gewesen. In (an) einem Tag hat jetzt der Vater ins Holz (in den Wald) gemüßt und der Bub, der hat Daumesdick geheißen, hat mit dem Wagen nachfahren sollen. Seine Mutter hat ihm einspannen helfen und der Daumesdick hat sich in [den] Sattelgaul sein Ohr (in das Ohr des Sattelpferdes) hineingehockt und unter »hott, wist, wia« gings fort. Jetzt steht es nicht lang [an] und [es] kommen ein paar Fremde daher. Diese haben den [im Ohr] eine Weile schreien hören, haben ihn aber nicht gesehen. Sind sie halt dem Fuhrwerk eine Weile nachgelaufen, bis er (Daumesdick) im Wald drinnen gehalten hat. Der Daumesdick hat ihnen jetzt halt so arg gefallen, daß sie dem Vater alles boten, ihn an sie zu verkaufen. Das ist dem Daumesdick seinem Vater bloß zum Lachen gewesen. Der Daumesdick aber ist so hell gewesen und ist in ein Mausloch hineingeschlüpft und hat sich nicht mehr (nimmer) blicken lassen. Die [Fremden] sind nachher wieder fortgegangen und der Daumesdick hat seinem Vater geholfen.

3. Die Stiefmutter und der Seelenvogel.

(Oberpfalz: Amberg.)

Einmal war eine böse Stiefmutter. Die hatte drei Stiefkinder. Das größere Kind hungerte arg und bat die Mutter um Brot. Die Mutter sagte: »Geh dort an die Truhe und nimm einen Apfel!« Das Kind ging an die Truhe, neigte sich hinein und da schlug die Mutter den Deckel zu und schlug dem Knaben den Kopf ab. Dann kochte sie denselben den Schweinen. Das Schwesterchen sammelte die übrig gebliebenen Gebeine und grub sie unter einen Lindenbaum. Da flog ein Waldvögelein hervor, setzte sich auf den Baum und sang: »Meine Schwester, die Kleine, hat all' die Gebeine unter a Linderl grobn, is a recht schöns Waldvogerl draus worn«. Es warf dann dem Kind ein goldgesticktes Mieder herab. Dann rief es dem Brüderchen, sang das Gleiche und warf ein Paar Stiefel herab. Dann rief es der Mutter und warf nach dem Gesang einen Mühlstein herab auf die böse Mutter, der sie drei Klafter tief in die Erde schlug.

Frau Anna Bauer, Kassierswitwe in Amberg, 1900. (Urschrift.)

4. Der Grindhansel.

(Unterfranken: Untersambach, B.-A. Gerolzhofen.)

In einem Dorfe wohnte einmal eine Familie, gering und mit vielen Schulden. Sie brauchten wieder Geld und wandten sich an den Teufel. Der kam und brachte es ihnen; aber sie mußten ihm dafür verschreiben, daß das, was die Frau nach einer gewissen Zeit bekäme, ihm gehöre. Sie unterschrieben, weil sie noch nicht wußten, was der Teufel meine. Die Zeit ging um und die Frau bekam einen Buben. Als er etwas herangewachsen war, holte sich der Teufel den Buben und brachte ihn in ein verwünschtes Schloß oder an einen ähnlichen Platz. Da mußte der Knabe etwas lernen. (Wohin er kam und was er dort treiben mußte – hat der Erzähler vergessen.) Alle Jahre einmal aber durfte der Knabe seine Eltern besuchen. Als er wieder einmal daheim war, und gerade ein Vögelchen auf einem Baum am Hause pfiff, fragte er seinen Vater: »Wißt Ihr, was das Vögelchen pfeift?« Der antwortete natürlich: »Nein«, dachte aber bei sich, du mußt doch schon viel gelernt haben, wenn du das weißt. Der Sohn sagte jetzt: »Das Vögelchen pfeift: Ihr müßt mich noch einmal mit eigener Hand bedienen«.