Märchen von Füchsen -  - E-Book

Märchen von Füchsen E-Book

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Beschreibung

Der Fuchs ist ein wahrhaft märchenhaftes Tier, das in den Volkserzählungen eine große Vielfalt an Funktionen und Bedeutungen übernehmen kann. Dass er in den unterschiedlichsten Kulturen in Geschichten vorkommt, liegt sicher auch daran, dass er als reales Tier weltweit verbreitet ist. Man findet ihn als Wüstenfuchs in den heißesten und als Polarfuchs in den kältesten Zonen. In Märchen und Fabeln ist er häufig schlau und listig, aber manchmal wird er auch überlistet. In den Zaubermärchen ist er geradezu ein magisches Tier und es gibt ihn als zauberkundigen und geheimnisvollen Wegbegleiter der Menschen. Alle diese Eigenschaften des Fuchses werden in dieser Sammlung von internationalen Märchen spannend und vielfältig vorgestellt. Die Herausgeber: Sabine Lutkat hat Erziehungswissenschaften, Germanistik und Psychologie studiert. Sie arbeitet freiberuflich in der Erwachsenenbildung mit Vorträgen und Seminaren zu Märchenthemen, als Märchenerzählerin sowie als Reiseleiterin in Irland. Seit 2004 ist sie Präsidiumsmitglied der Europäischen Märchengesellschaft e.V. (EMG), seit 2012 deren Präsidentin. Wolfgang Schultze ist leidenschaftlicher Sammler von Märchen- und Sagenbüchern (Füchse liegen ihm dabei besonders am Herzen), Mitherausgeber mehrerer regionaler Sagenbücher und war lange Jahre der Schatzmeister der Europäischen Märchengesellschaft.

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Über dieses Buch

Der Fuchs ist auf der ganzen Welt verbreitet: Er überlebt in heißen Wüstengebieten als Fenek oder in kältester Unwirtlichkeit als Polarfuchs und natürlich in allen Regionen dazwischen. Ein faszinierendes Tier, das sich auch in Volksmärchen und -erzählungen aus aller Welt findet. Mit der vorliegenden Sammlung erhalten Sie einen vielfältigen Einblick darüber, was sich die Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen von diesem schlauen, liebenswerten und geheimnisvollen Tier erzählen und in welchen Gestalten und mit welchen Eigenschaften es in den Märchen eine Rolle spielt.

Über die Herausgeber

Sabine Lutkat studierte Erziehungswissenschaften, Germanistik und Psychologie. Sie arbeitet freiberuflich in der Erwachsenenbildung mit Vorträgen und Seminaren zu Märchenthemen, als Märchenerzählerin sowie als Reiseleiterin in Irland. Seit 2004 ist sie Präsidiumsmitglied und seit 2012 Präsidentin der Europäischen Märchengesellschaft e. V. Sabine Lutkat ist Mitherausgeberin von Kongressbänden der Europäischen Märchengesellschaft, Autorin diverser Artikel darin und Herausgeberin u.a. der Märchenbände »Feenmärchen« (2007/Neuauflage 2015) und »Ein Koffer voller Märchen – Märchen zum Erzählen und Vorlesen für Kinder ab 4 Jahren« (2016).

Wolfgang Schultze ist passionierter Sammler von Märchen- und Sachbüchern und Mitherausgeber mehrerer regionaler Sagen- und Märchenbücher. Er war viele Jahre Schatzmeister der Europäischen Märchengesellschaft e.V. und fungiert als Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Stiftung Europäische Märchenbibliothek. Zusammen mit Sigrid Früh, der bekannten Märchenforscherin und -erzählerin, publizierte er den Märchenband »Pferdemärchen« (2006/Neuauflage 2012).

Märchenvon Füchsen

Herausgegebenvon Sabine Lutkat undWolfgang Schultze

Bibliographische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

E-Book-Ausgabe

Krummwisch bei Kiel 2018

© 2018 by Königsfurt-Urania Verlag GmbH

D-24796 Krummwisch

www.koenigsfurt-urania.comwww.maerchen-schaetze.com

Umschlaggestaltung: Jessica Quistorff, Rendsburg unter Verwendungfolgender Motive von Fotolia: Vos in hol. © renatepeppenster, Red Fox –Vulpes vulpes, close-up.© Lukas Gojd, Red fox from side view in beautybacklight in autumn forest © sduben

Lektorat: Claudia Lazar, Kiel

Satz und Layout: Stefan Hose, Götheby-Holm

eISBN 978-3-86826-342-8

Inhalt

Vorwort

DER FUCHS IN DER WELT DER TIERE

Die Hochzeit der Frau Füchsin

Erstes Märchen

Zweites Märchen

Wie Meister Reineke sich eine Frau verschaffte

Der Fuchs und der Löwe

Füchsleins Triumph

Der Bär, der Wolf, der Fuchs und der Hase auf dem Mediascher Margreti-Jahrmarkt

Der Fuchs und der Sperling

Der Wettstreit zwischen Dachs und Fuchs

Geschichte des Rotfuchses

DER HILFREICHE FUCHS

Vom Conte Piro

Ösküs-ool und das Füchslein

Der auf die Probe gestellte Königssohn

Der Fischersohn

Das räudige Füchslein

Von der Schlange, die Feuer speit

Die Fuchsfrau

DER LISTIGE FUCHS

Vom Wolf, der Füchsin und dem Honigtopfe

Der vom Fuchse verhexte Säufer

Der Fuchs und der Bär

Der Krieg des Wolfes und des Fuchses

DER ÜBERLISTETE FUCHS

Die Wildente, der Fuchs und der Rabe

Schlecht belohnte Wohltat

Die kleine, rote Henne

Die genarrten Füchse

Der Fuchs und ein junger Tempelschüler

DER DANKBARE FUCHS

Der weiße Fuchs

Der Fuchs und der gutherzige Beamte

Schlange und Fuchs vergelten eine Wohltat

Der Trinkgefährte

Die dankbaren Füchse

Prinz Yaschima und seine Gattin

Das lachende Mädchen

DER GESTALTWANDELNDE FUCHS

Die sieben Füchse

Der Fuchs im Teehaus

Der Teestrauch

Das Geisterhaus

Die Geschichte vom Mann und seiner Fuchs-Frau

Die Füchsin

Das Fuchsmädchen

Die spukenden Füchse im Moor

Der Vogel Phönix, das Wasser des Lebens und die Wunderblume

… UND DER UNSTERBLICHE FUCHS

Fuchsfeuer

Quellenverzeichnis

»In Norwegen wird vom Fuchs erzählt, daß er bei Nacht auf dem Rücken liegend, die Hühner anstarre, bis sie verzaubert herunterfallen. In der Gascogne bezaubert er die Hühner und Puter durch seinen Blick. In Japan kann der Fuchs mit einem Blicke die Haare der Augenbrauen eines Menschen zählen und ihn dadurch bezaubern. – Die Hexen verwandeln sich in diese Gestalt in Pommern, Glarus, in der Gemeinde von Questembert, Bezirk Vannes, auf den Shetlandinseln, bei den Irokesen. Der Glaube an Fuchsdämonen herrscht in China, Japan, bei den Ainos der Kurilen.«

Dr. S. Seligmann: Der Böse Blick und Verwandtes. – Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens aller Zeiten und Völker. Berlin 1910, Erster Band, S. 122.

Vorwort

Der Fuchs – ein ganz besonderes Tier! Die meisten Lesenden aus unserem Sprachraum werden wohl zuerst an seine Listigkeit und Schläue denken, eine seiner Eigenschaften, für die der Fuchs in den Märchen der Welt bekannt ist. Er überlistet, aber – erstaunlicherweise – wird er auch überlistet.

Doch der Fuchs ist viel mehr als ein nur listiges, er ist geradezu ein magisches Tier, vor allem in den Zaubermärchen. Neben den in Füchse verzauberten Menschen gibt es jede Menge Füchse als Wegbegleiter der Märchenheldinnen und -helden, ohne die das Märchenglück schwerlich zu erreichen wäre. Zauberkundig und geheimnisvoll erscheinen diese Füchse. Am mysteriösesten sind die Füchse wohl im fernöstlichen Raum. Vor allem in China und Japan gibt es Füchse, die sich nach Belieben in Menschen verwandeln können, und nicht immer gelingt es, sie als Fuchsmenschen zu erkennen. Die Bandbreite reicht von strafenden Füchsen über hilfreiche Füchse bis hin zu gefährlichen Füchsen, die dem Menschen seine Lebenskraft rauben. Der Fuchs entpuppt sich als ein wahrlich märchenhaftes Tier, das in den Volkserzählungen eine große Vielfalt an Funktionen und Bedeutungen übernehmen kann.

Den Fuchs als reales Tier gibt es weltweit. Man findet ihn als Wüstenfuchs (Fenek) in den heißesten und als Polarfuchs in den kältesten Zonen. Literarisch begleitet uns der listige Fuchs durch die Fabeln von Aesop und erscheint bei vielen anderen Fabeldichtern. Goethe hat den schlauen Fuchs mit seiner Dichtung »Reineke Fuchs« weltweit bekannt gemacht. In der neueren Dichtung hat Saint-Exupéry mit seinem Werk »Der kleine Prinz« dem Fuchs ein besonderes Denkmal gesetzt. Der Fuchs darin weiß: »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.« Ein viel zitierter Satz.

Die weltweite Verbreitung im Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten des Fuchses führte dazu, dass dem Fuchs in vielen Regionen menschliche und zauberwirksame Fähigkeiten angedichtet wurden, ganz abgesehen davon, dass er auch, märchentypisch, die menschliche Sprache beherrscht und menschengemäß handelt. Besonders ausgeprägt zeigt sich der verwandlungsfähige Fuchs mit zahlreichen märchentypischen Erzählungen in fernöstlichen Regionen. Hier fand dieses Motiv ebenso Eingang in die klassische Literatur. Zur Verehrung der Füchse wurden früher kleine Tempel auf den Feldern errichtet. Die Wertschätzung des Fuchses als Begleiter der Gottheit Inari führte in Japan zum Schutz dieses Tieres. So lebten die Füchse sicher im Tempelbereich, teils in großer Zahl unter den Tempeln.

»Fuchskrankheit« war bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine medizinisch anerkannte Krankheit im fernen Osten, die behandelt wurde. Bei der Fuchskrankheit wurde davon ausgegangen, dass jemand von einem Fuchs besessen sei. Für Anzeichen hielt man, dass sich das Gesicht fuchsähnlich veränderte, dass Schaum vor dem Mund auftrat, aber auch dass jemand plötzlich Fähigkeiten hatte, die er oder sie vorher nicht besaß, wie beispielsweise lesen und schreiben können oder eine andere Sprache beherrschen. »Fuchsberichte« galten im fernen Osten nicht als phantastische Erzählungen, sondern schilderten wirkliche, geglaubte Begebenheiten.

In unserem Kulturkreis hat der Fuchs in den Volkserzählungen zwar weniger die Beziehung zur göttlichen Welt als in Fernost, doch darum ist er nicht weniger geheimnisvoll und oft genug gilt er als ein der Anderswelt zugeordnetes Wesen.

Hans-Jörg Uther schreibt in der Enzyklopädie des Märchens: »Unterliegt das Bild des Fuchses besonders in Fabel und Tiermärchen extremen Schwankungen in der Wertigkeit, läßt sich eine solche Feststellung kaum für das Zaubermärchen treffen. Hier begegnet der Fuchs vor allem in der Rolle eines dankbaren (hilfreichen) Tieres, und es wird sich nicht leicht ein Tier finden lassen, das ihm an Zahl der Erwähnungen gleichkommt. Dabei spielt der geographische oder historische Fundort des Märchens keine entscheidende Rolle.« (siehe »Verwendete und weiterführende Literatur«: EM Uther, Sp. 468)

Unsere Sammlung der Fuchsmärchen beginnen wir in der Welt der Tiere. Die Tiermärchen aus unterschiedlichen Ländern der Welt bieten ein breites Spektrum: Es reicht von ätiologischen Erzählungen (Geschichte des Rotfuchses) über Geschichten freundschaftlicher Beziehungen zwischen Fuchs und anderen Tieren (Der Fuchs und der Sperling, Der Bär, der Wolf, der Fuchs und der Hase auf dem Mediascher Margreti-Jahrmarkt) bis hin zu denen mit der Frage der Wahl eines Liebsten oder einer Liebsten für den Fuchs oder die Füchsin (Die Hochzeit der Frau Füchsin, Wie Meister Reineke sich eine Frau verschaffte). Dass der Fuchs sich mit List Vorteile verschafft, klingt hier bereits an (Füchsleins Triumph, Der Fuchs und der Löwe) wie auch seine zauberischen Fähigkeiten (Der Wettstreit zwischen Dachs und Fuchs).

Im nächsten Kapitel geht es um die hilfreichen Füchse in den Märchen. Niemand weiß, woher sie plötzlich auftauchen; sie sind einfach da und helfen ungefragt. Der hilfreiche Fuchs in Vom Conte Piro ist die sizilianische Variante vom »gestiefelten Kater«. Neben dieser Fassung gibt es zahlreiche andere Füchse als Helfer wie in Ösküs-ool und das Füchslein. Obwohl das gleiche Motiv, liest sich diese Erzählung viel ursprünglicher und durchaus fremdartig und hat sich etwas Mythisches erhalten. Weitere Varianten Grimm’scher Märchen sind: Der auf die Probe gestellte Königssohn zu Der goldene Vogel und Der Fischersohn zu Das Meerhäschen.

Überaus hilfreich für die Märchenheldin oder den -helden sind die Füchse in den beiden folgenden Märchen dieses Kapitels. In Das räudige Füchslein taucht der Fuchs aus dem Nichts auf und ist nicht nur hilfreich, listig und klug, sondern birgt in seinem Leib auch noch einen magischen Gegenstand. Ebenso vermag der Fuchs in Von der Schlange, die Feuer speit weit mehr als ein normaler Fuchs. Im Märchen Die Fuchsfrau ist die Füchsin zwar überaus hilfreich, dennoch wird ihr ambivalenter Charakter deutlich.

Mit den Kapiteln »Der listige Fuchs« und »Der überlistete Fuchs« greifen wir die Eigenschaft auf, die dem Fuchs häufig als Erste zugesprochen wird: die List. Er überlistet im großen Stil alle anderen, sei es nun der Bär (Der Fuchs und der Bär), der Wolf (Vom Wolf, der Füchsin und dem Honigtopfe) oder der Mensch (Der vom Fuchse verhexte Säufer, Der Krieg des Wolfes und des Fuchses).

Das Kapitel »Der überlistete Fuchs« wurde absichtlich kurz gehalten, um den positiven Seiten des Fuchses mehr Raum zu lassen. Gemeinsam ist diesen Märchen die Auszeichnung des Gegenübers, dass es ausgerechnet ein so listiges Tier wie den Fuchs überlisten kann. Das gilt besonders für die kleinen Tiere wie Rabe (Die Wildente, der Fuchs und der Rabe) und Henne (Die kleine, rote Henne). Wenn der Mensch den Fuchs hereinlegt, bleibt die Sympathie oft bei den Füchsen (Schlecht belohnte Wohltat, Die genarrten Füchse, Der Fuchs und ein junger Tempelschüler).

Das Kapitel »Der dankbare Fuchs« lässt Fuchs oder Füchsin als ein überaus ehrenhaftes Tier erscheinen. Dieser Aspekt findet sich vor allem in den fernöstlichen Märchen. Dabei vergelten die Füchse eine Wohltat bis ins Extrem: Sie leben in Menschengestalt mit dem Mann, bis die rechte Braut auftaucht (Der weiße Fuchs). Sie zeigen sich für Rettung aus Gefangenschaft erkenntlich (Der Fuchs und der gutherzige Beamte). Sie sind im Gegensatz zum Menschen wirklich dankbar (Schlange und Fuchs vergelten eine Wohltat). Sie werden zum besten Freund und Familienmitglied (Der Trinkgefährte) oder leben eine Weile als Partnerin ihres Retters (Prinz Yaschima und seine Gattin). Sie opfern sich für das Leben ihres Retters selbst auf (Die dankbaren Füchse) und sogar ein als gefährlich erscheinendes Fuchsmädchen kennt die Dankbarkeit (Das lachende Mädchen). Der Fuchs hat hier durchaus Vorbildcharakter für edles menschliches Verhalten.

Das schönste und zauberhafteste Kapitel, in dem der Fuchs als magisches Wesen noch deutlicher wird als zuvor, steht mit märchenhaftem Achtergewicht fast am Schluss: »Der gestaltwandelnde Fuchs«. Vor allen Dingen die fernöstlichen, sich in Menschen verwandelnde Füchse, meistens Füchsinnen, finden sich hier. Betörend, schön, magisch begabt, manchmal für den Menschen gefährlich – Fuchsgeister, Geisterfüchse sind es, und nur schwer sind sie greifbar. Diese für den östlichen asiatischen Raum so typischen Fuchsgestalten haben dort ebenso Eingang in die Hochliteratur gefunden, und die in den Märchen dieses Kapitels auftauchenden Motive sind seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar.

So haben wir auch zwei eher literarisch anmutende Märchen in die Sammlung aufgenommen, weil ohne die ausführliche Beschreibung dieser Füchsinnen ein wesentlicher Teil des Fuchsbildes fehlen würde (Das Geisterhaus, Die Füchsin).

Die Füchse leben und lachen mit den Menschen (Der Fuchs im Teehaus), aber sie sind außerdem magiebegabt und wissen um magische Pflanzen (Der Teestrauch), und eine Fuchsfrau stellt sogar die Stammmutter eines Volkes (Das Fuchsmädchen). Immer wieder spielt die partnerschaftliche Verbindung zwischen Fuchs und Mensch in den Märchen eine große Rolle (Die Geschichte vom Mann und seiner Fuchs-Frau). Allerdings mögen Füchse es nicht, wenn über sie gespottet wird, und Angeber legen sie auf das Trefflichste herein (Die spukenden Füchse im Moor).

Dennoch beschränkt sich die Herkunft der Märchen dieses Kapitels nicht auf Asien. Auch in unserem Kulturkreis gibt es den Gestaltwandel von Mensch zu Fuchs und umgekehrt, doch ganz anders in Funktion und Charakter, denn hier sind es erlösungsbedürftige, in Füchse verwandelte Menschen (Die sieben Füchse, Der Vogel Phönix, das Wasser des Lebens und die Wunderblume).

Das Märchen, das am Ende steht, Fuchsfeuer, benötigt wohl keinen Kommentar. Es bildet einen würdigen Abschluss zur Charakterisierung des geheimnisumwitterten Fuchses.

Sabine Lutkat und Wolfgang Schultze

Verwendete und weiterführende Literatur

Uther, Hans-Jörg: »Fuchs«. In Brednich, Rolf Wilhelm (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Begründet von Kurt Ranke.

Hrsg. von Rolf Wilhelm Brednich zusammen mit Hermann Bausinger.

Berlin, New York: de Gruyter, 1999. Band 5, Sp. 447-478.

Meilahn, Klaus: Der Fuchs in Glaube und Mythos.

Berlin: Lit Verlag, 2006.

Künstlerkreis Ortenau; Schultze, Wolfgang: Der Fuchs.

Oberkirch: Grimmelshausen-Buchhandlung und Verlag, 1988.

Der Fuchs in der Welt der Tiere

Die Hochzeit der Frau Füchsin

Erstes Märchen

Es war einmal ein alter Fuchs mit neun Schwänzen, der glaubte, seine Frau wäre ihm nicht treu, und wollte er sie in Versuchung führen. Er streckte sich unter die Bank, regte kein Glied und stellte sich, als wenn er mausetot wäre. Die Frau Füchsin ging auf ihre Kammer, schloss sich ein, und ihre Magd, die Jungfer Katze, saß auf dem Herd und kochte. Als es nun bekannt ward, dass der alte Fuchs gestorben war, so meldeten sich die Freier. Da hörte die Magd, dass jemand vor der Haustüre stand und anklopfte; sie ging und machte auf, und da war’s ein junger Fuchs, der sprach:

»Was macht sie, Jungfer Katze?

Schläft se, oder wacht se?«

Sie antwortete:

»Ich schlafe nicht, ich wache.

Will er wissen, was ich mache?

Ich koche warm Bier, tue Butter hinein:

Will der Herr mein Gast sein?«

»Ich bedanke mich, Jungfer«, sagte der Fuchs, »was macht die Frau Füchsin?« Die Magd antwortete:

»Sie sitzt auf ihrer Kammer,

sie beklagt ihren Jammer,

weint ihre Äugelein seidenrot,

weil der alte Herr Fuchs ist tot.«

»Sag sie doch, Jungfer, es wäre ein junger Fuchs da, der wollte sie gerne freien.« »Schon gut, junger Herr.«

Da ging die Katz die Tripp, die Trapp,

Da schlug die Tür, die Klipp, die Klapp.

»Frau Füchsin, sind Sie da?«

»Ach ja, mein Kätzchen, ja.«

»Es ist ein Freier draus.«

»Mein Kind, wie sieht er aus?«

»Hat er denn auch neun so schöne Zeiselschwänze wie der selige Herr Fuchs?« »Ach nein«, antwortete die Katze, »er hat nur einen.« »So will ich ihn nicht haben.«

Die Jungfer Katze ging hinab und schickte den Freier fort. Bald darauf klopfte es wieder an und war ein anderer Fuchs vor der Türe, der wollte die Frau Füchsin freien; er hatte zwei Schwänze; aber es ging ihm nicht besser als dem ersten. Danach kamen noch andere, immer mit einem Schwanz mehr, die alle abgewiesen wurden, bis zuletzt einer kam, der neun Schwänze hatte wie der alte Herr Fuchs. Als die Witwe das hörte, sprach sie voll Freude zu der Katze:

»Nun macht mir Tor und Türe auf

Und kehrt den alten Herrn Fuchs hinaus.«

Als aber eben die Hochzeit sollte gefeiert werden, da regte sich der alte Herr Fuchs unter der Bank, prügelte das ganze Gesindel durch und jagte es mit der Frau Füchsin zum Haus hinaus.

Zweites Märchen

Als der alte Herr Fuchs gestorben war, kam der Wolf als Freier, klopfte an die Türe, und die Katze, die als Magd bei der Frau Füchsin diente, machte auf. Der Wolf grüßte sie und sprach:

»Guten Tag, Frau Katz von Kehrewitz,

wie kommt’s, dass sie alleine sitzt?

Was macht sie Gutes da?«

Die Katze antwortete:

»Brock mir Wecke und Milch ein:

Will der Herr mein Gast sein?«

»Dank schön, Frau Katze«, antwortete der Wolf, »die Frau Füchsin nicht zu Haus?«

Die Katze sprach:

»Sie sitzt droben in der Kammer,

beweint ihren Jammer,

beweint ihre große Not,

dass der alte Herr Fuchs ist tot.«

Der Wolf antwortete:

»Will sie haben einen andern Mann,

so soll sie nur heruntergan.«

Die Katz, die lief die Trepp hinan,

und ließ ihr Zeilchen rummer gan,

bis sie kam vor den langen Saal:

klopft an mit ihren fünf goldenen Ringen.

»Frau Füchsin, ist sie drinnen?

Will sie haben einen andern Mann,

so soll sie nur heruntergan.«

Die Frau Füchsin fragte: »Hat der Herr rote Höslein an, und hat er ein spitz Mäulchen?«

»Nein«, antwortete die Katze.

»So kann er mir nicht dienen.«

Als der Wolf abgewiesen war, kam ein Hund, ein Hirsch, ein Hase, ein Bär, ein Löwe und nacheinander alle Waldtiere. Aber es fehlte immer eine von den guten Eigenschaften, die der alte Herr Fuchs gehabt hatte, und die Katze musste den Freier jedes Mal wegschicken. Endlich kam ein junger Fuchs. Da sprach die Frau Füchsin:

»Hat der Herr rote Höslein an, und hat er ein spitz Mäulchen?«

»Ja«, sagte die Katze, »das hat er.«

»So soll er heraufkommen«, sprach die Frau Füchsin und hieß die Magd das Hochzeitsfest bereiten.

»Katze, kehr die Stube aus

und schmeiß den alten Fuchs zum Fenster hinaus.

Bracht so manche dicke, fette Maus,

fraß sie immer alleine,

gab mir aber keine.«

Da ward die Hochzeit gehalten mit dem jungen Herrn Fuchs und ward gejubelt und getanzt, und wenn sie nicht aufgehört haben, so tanzen sie noch.

Deutschland

Wie Meister Reineke sich eine Frau verschaffte

Meister Reineke war bei seinem Stamme sehr schlecht angeschrieben. Seine Stammesgenossen erzählten sich Wunderdinge, die er in Wald und Feld, in Haus und Hof vollbracht haben sollte. Am Tanzplatz war er stets der Erste, der ankam und der Letzte, der fortging, besonders in der Neujahrsnacht, dem Hauptfest der Füchse, war Meister Reineke der Hauptheld und trieb seine tollen Späße mit Jung und Alt, mit Groß und Klein, mit Mann und Weib, mit Junggesell’ und Jungfrau, ihm war es ganz gleichgültig, mit wem er seine tollen Dinge trieb. Allen Jungfrauen seines Stammes schwor er ewige Liebe und Treue, und schließlich ließ er sie alle im Stich und hofierte nun den Frauen auf Leben und Tod, so dass endlich die Männer beschlossen, die Gegend zu verlassen und einen ruhigeren Ort aufzusuchen, um auf diese Weise von Reinekens Streichen verschont zu bleiben. Sie wanderten auch in mondheller Nacht aus der Gegend und Reineke merkte gar bald, dass er zwar nun alleiniger Herr dieses Gebiets sei, aber von Seinesgleichen verlassen, einsam und allein leben müsse.

Doch gar bald tröstete er sich in seiner Einsamkeit mit dem Gedanken, dass er seinen Vetter Isegrimm, den Wolf und dessen junge Frau, die oben im Gebirge in einer elenden Höhle wohnten, zu sich auf Besuch einladen werde, und dass Frau Isegrimms glänzende Augen, ihr zierliches Mündchen, ihr schlanker Leib ihn reichlich für die Liebe aller seiner Stammesgenossinnen entschädigen werde. Er wusste es zwar recht gut, dass Freund Isegrimm sehr an Eifersucht litt und sein junges Frauchen Tag und Nacht bewachte, doch Zeit bringt Rat – dachte sich Reineke und trabte lustig pfeifend hinauf ins Gebirge, wo Herr Isegrimm mit seiner Frau allein herrschte. Als er die Wolfhöhle erreichte, klopfte er an die Türe. Eine Frauenstimme frug: »Wer ist da?« – »Ich, Frau Isegrimm, ich, Euer Vetter Reineke«, sprach der Fuchs. »Ach, lieber Herr Vetter«, sagte darauf die Wölfin, »ich möchte Euch ja gerne hereinlassen, aber mein Gemahl hat mir streng aufgetragen, niemanden ohne sein Wissen zu empfangen!« Der Fuchs antwortete: »Liebe Frau Isegrimm! Öffnet nur getrost die Türe. Euer Herr Gemahl, mein liebenswerter Vetter, wird uns nicht im Geringsten zürnen, selbst, wenn wir einige Stunden hindurch miteinander schäkern, uns küssen und kosen! Denn eine gar frohe Botschaft bringe ich Euch beiden!« Frau Isegrimm lachte hinter der Türe und dachte sich: »Ei was! Ich öffne ihm die Türe! Mein Mann schätzt Reineken gar hoch und wird mir ja seinetwegen den Pelz nicht ausklopfen und dann will ich mich auch hüten, mit dem Vetter zu schäkern!«

Die Wölfin öffnete die Türe und Meister Reineke sprang lustig in die Stube. Gar bald saß unser Pärchen hinter dem Ofen auf der Bank und herzte und küsste sich. Da schlich Herr Isegrimm unbemerkt in die Höhle, sah die geöffnete Türe, sah seine Frau einen Fremden herzen und küssen und wütend ergriff er einen Knüttel und stürzte sich auf das kosende Pärchen. Erschreckt liefen sie auseinander, doch Reineke hatte gar bald seine verlorene Fassung wiedergewonnen, stellte sich vor den tobenden Wolf und sprach mit trauriger Miene: »Liebster Vetter, seid Ihr von Sinnen? Was tobt Ihr und lästert Euer krankes Weibchen? Ich kam her, um Euch wichtige Dinge mitzuteilen und fand die Türe gesperrt. Ich wollte schon weitergehen und meinem Onkel, dem Bären, die erfreuliche Kunde mitteilen, – da hörte ich Euer Weibchen lamentieren; rasch kehrte ich um und nach langem Bitten, ließ sie mich herein. Euer Weibchen, Vetter Isegrimm, hat furchtbare Zahnschmerzen, ein Zahn muss ihr gerissen und ein neuer eingesetzt werden, denn sonst stirbt sie noch vor Sonnenuntergang. Ich wollte eben sehen, ob nicht einer meiner Zähne passt in die Stelle des Zahnes, den ich ihr ausreißen muss; aber meine Zähne sind leider viel zu klein und passen nicht in ihr Gebiss.« Gerührt sprach darauf Isegrimm: »Verzeiht, guter Vetter! Ich wusste ja nicht, was ihr im Winkel miteinander verhandelt, auch habe ich Euch kaum erkannt!« Er wollte noch weiterreden, doch Meister Reineke unterbrach ihn und sprach: »Lasst nur Vetter! Denken wir jetzt daran, wie wir Eurem Weibchen helfen sollen, denn es wird bald Abend und Eure Gattin stirbt, wenn wir ihr nicht rasch helfen!«

Darauf begann Herr Isegrimm, der seine Frau sehr liebte, laut zu heulen und zu jammern, bekreuzte sich als guter Katholik dreimal rasch und sprach: »Guter Vetter, helft! Ich will Euch mein Lebelang dienen! Den besten Bissen von meiner Beute sollt Ihr haben! Ihr sollt von nun an nur essen, trinken, rauchen und in der Sonne liegen! Helft nur meiner Frau!« Also jammerte der Wolf, während seine Gattin heimlich in der Ecke lachte. »Ich kann Eurer Frau nur so helfen«, sagte der Fuchs nach einer Weile, »wenn ich ihr den kranken Zahn ausreiße und Euren ihr einsetze.« Da klagte der Wolf: »Aber dann müsst Ihr ja auch mir einen Zahn ausreißen und was soll ich dann anfangen, wenn mir ein Zahn fehlt? Wie soll ich mir das Essen erjagen?« Darauf antwortete der Fuchs: »Ja, lieber Herr Vetter, da bleibt nichts anderes übrig, entweder – oder! Es wird bald Abend! Überlegt die Sache. Ich werde Euch beide zu mir in meine Hütte nehmen und an Speise und Trank, soll es Euch nicht mangeln, denn alle meine Verwandten sind in ein anderes Land ausgewandert und nun bin ich alleiniger Herr in meinem Revier. Und dann können wir Euch ja später schon irgendwie einen Wolfszahn einsetzen!« Herr Isegrimm willigte endlich mit schwerer Mühe ein und ließ sich den besten und stärksten Fangzahn ausreißen, mit welchem der Fuchs zur Wölfin rannte und so tat, als wenn er auch ihr einen Zahn reißen und den ihres Gatten einsetzen würde, während der arme Herr Isegrimm sich vor Schmerzen am Boden wälzte, denn Meister Reineke hatte ihm zwar nur einen Zahn ausgerissen, aber nebenbei das ganze Gebiss zerschmettert. Endlich klatschte der Fuchs in seine Pfoten und rief: »Nun seid Ihr, Frau Isegrimm, vom Tode gerettet!«

Inzwischen wurde es Abend und sie legten sich nieder. Herr Isegrimm jammerte die ganze Nacht hindurch, während Meister Reineke, der sich anfangs auf die Bank neben den Ofen gelagert hatte, gar bald zu Frau Isegrimm schlich und sie herzte und küsste, bis es tagte. In der Frühe schlichen beide aus der Hütte ins Freie hinaus, verriegelten von außen die Tür und überließen den kranken Isegrimm seinem Schicksal, der gar bald den Hungertod starb, während der Fuchs und die treulose Wölfin lustig in den Tag hineinlebten, bis ihr Balg in die Hände des Kürschners gelangte.

Transsilvanien

Der Fuchs und der Löwe

Der Fuchs ging einst aus, im Walde Nahrung zu suchen und erblickte einen großen Kalabassenbaum. Als er an ihm in die Höhe blickte, sah er einen Bienenstock mit Honig und kehrte sogleich zur Stadt zurück, um Genossen zu holen und den Bienenstock zu plündern. Als er an der Tür des Buku1 vorbeikam, nötigte ihn dieser zum Eintreten. Er sprach zum Buku: »Mein Vater ist gestorben und hat mir einen Bienenstock hinterlassen, lass uns hingehen und essen.« Und sie gingen hin. Und der Fuchs sagte: »Klettere hinauf!« Und sie kletterten beide hinauf, hatten Brennstroh mitgenommen, räucherten die Bienen aus und fraßen den Honig. Plötzlich kam der Löwe dazu, blickte auf, sah die Leute essen und fragte, wer sie wären. Der Fuchs sprach zum Buku: »Schweig still, der alte Bursche ist toll.« Der aber frug wieder: »Wer seid ihr, könnt ihr nicht reden?« Da antwortete der Buku erschreckt: »Wir sind hier.«

Nun sagte der Fuchs zum Buku: »Wickle mich ins Stroh und sage dem alten Löwen, er solle unten aus dem Wege gehen, damit du das Stroh hinabwerfen könntest, du würdest dann selber herabkommen.« Der Löwe trat beiseite, das Stroh wurde hinabgeworfen, der Fuchs befreite sich eilends daraus und lief davon.

Und der Löwe sprach: »Nun, so komm doch herunter.« Als der Buku herunterkam, ergriff ihn der Löwe und fragte: »Wer war da noch mit dir auf dem Baume?« Er antwortete: »Ich und der Fuchs. Hast du ihn nicht gesehen, als ich ihn hinunterwarf?« Da fraß der Löwe den Buku auf und ging aus, den Fuchs suchen, fand ihn aber nicht.

Einige Tage später ging der Fuchs zur Schildkröte und lud sie ein, Honig mit ihm zu essen. Sie fragte: »Wem gehört er?« Er antwortete: »Meinem Vater.« Da ging sie mit, sie räucherten die Bienen aus, setzten sich nieder und aßen.

Plötzlich erschien der Löwe, dem der Honig gehörte, und fragte sie, wer sie wären. Der Fuchs sprach zur Schildkröte, sie sollte sich ruhig verhalten. Als der Löwe aber nochmals fragte, ward sie ängstlich und sprach zum Fuchs: »Ich werde antworten. Du hast mir doch gesagt, der Honig sei dein, gehört er denn dem Löwen?« Und der Löwe fragte zum dritten Mal. Da antwortete die Schildkörte: »Wir sind hier.« Darauf hieß er sie herabkommen und frohlockte bei sich: »Jetzt habe ich den Fuchs gefangen, den ich so lange gesuchte habe.«

Der Fuchs aber sprach zur Schildkröte: »Wickle mich ins Stroh, sage dem Löwen, er solle aus dem Wege gehen, damit du das Stroh hinabwerfen könntest.« Die Schildkröte dachte bei sich: »Aha, er will sich aus dem Staube machen und mich dem Löwen zum Fraß lassen, der soll ihn aber zuerst fressen.« Und sie wickelte ihn ins Stroh, warf ihn hinab und schrie: »Der Fuchs kommt.«

Der Löwe griff ihn mit seinen Tatzen und sprach: »Was soll ich mit dir anfangen?« Der Fuchs sprach: »Falls du mich fressen willst, so wisse, mein Fleisch ist sehr zähe.« »Nun, was soll ich denn mit dir anfangen?«, fragte der Löwe wieder. Er antwortete: »Greif mich beim Schwanz, wirble mich herum, dann schleudere mich zur Erde und friss mich.« Der Löwe ließ sich täuschen, und als er den Fuchs losließ, entsprang er hurtig.

Da hieß er die Schildkröte herunterkommen und sprach zu ihr: »Was soll ich mit dir anfangen?« Sie spracht: »Lege mich in den Kot und reibe mich damit so lange, bis die Schale abgeht.« Und der Löwe ging mit ihr ans Wasser und rieb sie; sie entschlüpfte aber unbemerkt, und er rieb, bis ihm die Tatzen blutig waren. Da sah er, dass er geprellt war.

Er fragte nun die Leute, wo der Fuchs wohne; sie sagten aber, sie wüssten es nicht. Der Fuchs sprach aber zu seinem Weibe: »Lass uns in ein anderes Haus ziehen.« Und sie zogen um. Als der Löwe zuletzt des Fuchses Wohnung erfragt hatte, verbarg er sich darin und dachte: »Wenn der Fuchs mit seinem Weibe heimkommt, werde ich sie fressen.« Der Fuchs und sein Weib kamen herzu; als sie aber die Fußspuren des Löwen sahen, schickte der Fuchs sein Weib zurück. Er selbst folgte den Fußspuren und sah, dass sie in sein Haus führten. Da dachte er: »Oho! Löwe, du bist darin!« Dann ging er vorsichtig zurück und rief aus einiger Entfernung: »Guten Tag Haus! Guten Tag Haus!« Er erhielt keine Antwort. Da sprach er laut: »Was ist das? Wenn ich sonst komme und dem Hause ›Guten Tag‹ wünsche, so antwortet es mir. Wahrscheinlich ist heute jemand darin.« Der Löwe ließ sich fangen und antwortete: »Guten Tag!«

Da lachte der Fuchs und sprach: »Oho, Löwe, dacht’ ich’s doch, dass du darin wärst, um mich zu fressen. Wo hast du denn je gehört, dass ein Haus sprechen kann?« Der Löwe antwortete: »Warte ein wenig, ich komme und sage es dir.« Der Fuchs aber machte sich davon, und obwohl der Löwe ihn verfolgte, holte er ihn nicht ein. Da sprach er zu den Leuten: »Der Fuchs hat mich überwunden, ich will ihn künftig in Ruhe lassen.«

Afrika

1 Gazellenart

Füchsleins Triumph

Vor langer, langer Zeit lebten einmal in einem großen Walde ein Dachs und eine Füchsin mit ihrem kleinen Sohn. Sie waren die einzigen Tiere weit und breit, denn all ihre anderen Kameraden und Verwandten waren von den Jägern mit Pfeil und Bogen erlegt oder von ihnen in Schlingen gefangen worden. Die lieben freundlichen Hirsche und die wilden Eber, die Hasen, Wiesel und Hermeline, ja selbst die lustigen flinken Eichhörnchen – alle waren sie erschossen oder gefangen worden. So waren denn wirklich zuletzt nur die drei noch übriggeblieben, von denen ich eben erzähle. Na, ihr könnt euch denken, ein glückliches Leben war das nicht, denn sie fürchteten überhaupt, elendiglich verhungern zu müssen, ja, sie trauten sich gar nicht, ihre Höhlen zu verlassen, aus lauter Angst, in eine dieser nichtswürdigen Schlingen zu treten und verloren zu sein.

Nun waren sie nahe daran zu verzweifeln. Woher sollten sie Nahrung bekommen, und die brauchten sie doch, um zu leben, nicht wahr? Da kam der Dachs auf einen guten Gedanken, und er sagte nach langem Überlegen schließlich: »Ja, mein Plan ist wirklich fein, der wird uns helfen! Ich will mich totstellen, das verstehe ich glänzend, und du, liebe Frau Füchsin, verkleidest dich in einen japanischen Bauersmann, trägst mich in die Stadt und verkaufst mich. Mit dem Gelde, das du für mich bekommst, kaufst du etwas zu essen, so viel du irgend auftreiben kannst, und bringst es her in den Wald.«

»Und was wird aus dir?«, fragte die Füchsin besorgt. »Um mich habe nur keine Sorge, liebe Freundin, ich entwische dem klugen Käufer bei der ersten besten Gelegenheit. Dann laufe ich, so schnell mich meine Füße tragen, hierher, und wir essen unser Mittagsbrot in aller Gemütlichkeit zusammen. Aber warte auf alle Fälle meine Rückkehr ab, und gib auch deinem Sohn nicht früher etwas, ehe ich zurück bin.« Die Füchsin versprach es. »Nächste Woche machen wir es umgekehrt«, sagte der Dachs, »da stellst du dich tot, und ich gehe in die Stadt und verkaufe dich.« Auch das war die Füchsin zufrieden, und sie beschlossen, in Eintracht den Plan auszuführen.