Marktsegmente des Tourismus - Jürgen Schmude - E-Book

Marktsegmente des Tourismus E-Book

Jürgen Schmude

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Beschreibung

Der Studienband setzt sich mit insgesamt sechs Marktsegmenten des Tourismus auseinander. Dabei handelt es sich um die Marktsegmente, die in jüngerer Zeit eine große (ökonomische) Bedeutung für den touristischen Markt haben, und eine große Dynamik aufweisen, die insbesondere in der steigenden Nachfrage zum Ausdruck kommt. Die Marktsegmente werden hinsichtlich ihrer Anforderungen an das ursprüngliche und abgeleitete Angebot analysiert, weiterhin werden die aktuellen Strukturen und jüngeren Entwicklungen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite dargestellt. Ein einführendes Kapitel zu Segmentierungsmöglichkeiten des Marktes sowie ein zusammenfassendes Schlusskapitel, das die wesentlichen Herausforderungen thematisiert, vor denen die ausgewählten Marktsegmente zukünftig stehen werden, ergänzen den Band.

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Seitenzahl: 298

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GEOWISSEN KOMPAKT

Jürgen Schmude ist Professor für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung am Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Herausgegeben von Bernd Cyffka und Jürgen Schmude

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

wbg Academic ist ein Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft.

© 2021 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt

Die Herausgabe dieses Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht.

Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach

Einbandabbildung: Das Kreuzfahrtschiff Celebrity Summit in Saint John’s/ Antigua, 2016. © Jürgen Schmude

Einbandgestaltung: schreiberVIS, Bickenbach

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-27252-5

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:

eBook (PDF): 978-3-534-27266-2

eBook (epub): 978-3-534-27267-9

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Innentitel

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Impressum

Inhaltsverzeichnis

1Marktsegmente des Tourismus: Was ist Segmentierung und wie werden Angebots- und Nachfrageseite segmentiert? – Eine Einführung

1.1Allgemeine Einführung zur Abgrenzung von touristischen Teilmärkten (Marktsegmenten)

1.2Segmentierung der Angebotsseite

1.3Segmentierung der Nachfrageseite

1.4Fazit

2Fahrradtourismus: Erfolgreiches Marktsegment mit Sättigungserscheinungen

2.1Zur Entwicklung des Fahrradfahrens in Deutschland: Von den Anfängen des Fahrrads bis zum Marktsegment Fahrradtourismus

2.2Zur Angebotsseite im Fahrradtourismus

2.2.1Wegeinfrastruktur

2.2.2Wegeführung, -konzepte und Wegweisung

2.2.3Beherbergung im Fahrradtourismus

2.2.4Spezifische Dienstleistungen und Serviceeinrichtungen im Fahrradtourismus

2.2.5Destinationsmarketing und -management im Fahrradtourismus

2.3Zur Nachfrageseite im Fahrradtourismus

2.3.1Zur soziodemographischen Struktur der Radtouristen in Deutschland

2.3.2Zum touristischen Verhalten der Radtouristen in Deutschland

2.4Ökonomische Effekte durch Fahrradtourismus und (potentielle) Konflikte mit der Nachhaltigkeit

3Hochseekreuzfahrttourismus: Boom auf hoher See

3.1Abgrenzung der Hochseekreuzfahrten von anderen Kreuzfahrtarten

3.2Von den Anfängen der Erholungsreisen mit dem Schiff bis zum modernen Hochseekreuzfahrttourismus

3.3Aspekte der Angebotsseite im Hochseekreuzfahrttourismus

3.3.1Kreuzfahrtarten sowie Routing und Fahrgebiete von Hochseekreuzfahrten

3.2.2Hochseekreuzfahrtschiffe und Reedereien

3.4Nachfrageseite im Hochseekreuzfahrtmarkt mit besondere Berücksichtigung des deutschen Quellmarkts

3.5Effekte durch den Hochseekreuzfahrttourismus

3.5.1Ökonomische Effekte durch Hochseekreuzfahrttourismus

3.5.2Ökologische Effekte durch Hochseekreuzfahrttourismus

3.5.3Soziokulturelle Effekte durch Hochseekreuzfahrttourismus

3.6Herausforderungen

4Wandertourismus: Marktsegment mit schwindender Bedeutung? (von Sascha Filimon)

4.1Einleitung und Überblick: Das Wandern und die Deutschen

4.2Historische Entwicklung und Abgrenzung des Marktsegments

4.2.1Historische Entwicklung: Formen des Wanderns

4.2.2Abgrenzung des Marktsegments des Wandertourismus

4.2.3Wandern als Urlaubsform: Einordnung, Quantifizierung und Bedeutung als Motiv

4.3Angebotsseitige Betrachtung des Wandertourismus

4.3.1Wanderinfrastruktur und Wegweisung

4.3.2Beherbergung und Gastronomie im Wandertourismus

4.4Nachfrageseitige Betrachtung des Wandertourismus

4.5Ökonomische Effekte des Wandertourismus

4.6Ausblick: Marktentwicklung und Forschungsbedarf

5Luxustourismus: Alles, außer gewöhnlich

5.1Was ist Luxus(tourismus)? – Luxus(tourismus) in Zahlen

5.2Konsumenten luxustouristischer Produkte

5.3Anbieter luxustouristischer Produkte

5.4Fazit und Ausblick

6Filmtourismus: Reisen in andere Welten (von Philipp Namberger)

6.1Filmtourismus – Annäherung und Einordnung

6.2Filmtouristische Nachfrageseite

6.3Filmtouristische Angebotsseite

6.3.1Filmtouristische Angebote im Bereich der On Locations

6.3.2Filmtouristische Angebote im Bereich der Off Locations

6.4Effekte des Filmtourismus

7COVID-19 und Tourismus: Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft insgesamt und auf ausgewählte Marktsegmente des Tourismus

7.1Externe Schocks als Forschungsgegenstand der Tourismuswissenschaft

7.2Folgen der COVID-19 Pandemie für den internationalen Tourismus sowie den Tourismus in Deutschland

7.3Folgen der COVID-19 Pandemie für das Marktsegment Kreuzfahrttourismus

7.4Folgen der COVID-19 Pandemie für das Marktsegment Fahrradtourismus

7.5COVID-19 und weitere Marktsegmente: Wander-, Luxus- und Filmtourismus

7.6Ausblick

Literaturverzeichnis

Register

Vorwort

Die Tourismuswirtschaft zeigt nunmehr kontinuierlich seit zehn Jahren sowohl in Deutschland als auch global steigende Ankunfts- und Übernachtungszahlen und gilt deshalb als einer der Motoren der Wirtschaft. Für dieses Wachstum sind aber nicht alle Marktsegmente des Tourismus gleichermaßen verantwortlich. Einige Marktsegmente prosperieren seit vielen Jahren (z.B. Kreuzfahrttourismus), andere erleben zeitweise eine Renaissance (z.B. Wandertourismus), und wieder andere sind eher als Nischensegment erfolgreich (z.B. Filmtourismus). Dagegen gibt es andere Marktsegmente, die eher stagnieren oder sich sogar rückläufig entwickeln (z.B. Kurtourismus).

Der vorliegende Band aus der Reihe Geowissenschaften kompakt führt in die Segmentierung des touristischen Marktes ein und behandelt ausgewählte Marktsegmente. Er schließt inhaltlich an den Band Tourismusgeographie (Schmude/Namberger 2015) an, der die wesentlichen Akteure der Angebots- und Nachfrageseite im Tourismus allgemein einführt und auch die methodischen Grundlagen legt. Die Akteure auf der Angebots- und Nachfrageseite nehmen bei der Behandlung der hier ausgewählten Marktsegmente eine zentrale Rolle ein. Es zeigt sich, dass sich die Tourismuswirtschaft immer heterogener entwickelt und es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Marktsegmenten gibt. Die Auswahl der behandelten Marktsegmente ist natürlich subjektiv, spiegelt aber dennoch die Breite des Tourismus wider, wobei entsprechend des Konzeptes der Reihe Geowissen kompakt auf eine sehr fokussierte und konzentrierte Behandlung der wesentlichen Aspekte geachtet wurde. Die kurz vor Abschluss des Manuskriptes aufgetretene globale COVID-19 Pandemie wurde „nachträglich“ in ein zusätzliches Kapitel aufgenommen, da sie voraussichtlich den Tourismus kurz- und mittelfristig verändern wird und die vorgestellten Marktsegmente des Tourismus in unterschiedlicher Weise trifft wie die Darstellung der Betroffenheit für die in diesem Band vorgestellten Marktsegmente verdeutlicht.

Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text in der Regel bei der Formulierung die männliche Form gewählt, es sind jedoch immer alle anderen Geschlechterformen miteinbezogen.

Bei der Ausarbeitung des Bandes waren wieder viele helfende Köpfe beteiligt. Besonderer Dank gilt meinen beiden Mitarbeitern Sascha Filimon und Philipp Namberger, die sich bei der Konzeptentwicklung spontan bereit erklärt haben, jeweils ein Marktsegment zu bearbeiten (Wandertourismus durch Sascha Filimon; Filmtourismus durch Philipp Namberger). Außerdem haben Barbara Demeterova, Maximilian Witting, Sascha Filimon, Erik Lindner und Philipp Namberger dankenswerterweise das Lesen der Korrekturen übernommen und hilfreiche Kommentare zum Inhalt beigetragen. Mein Dank gilt auch der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (wbg), namentlich Herrn Johannes Klemm, für die konstruktive und komplikationslose Zusammenarbeit.

Damit liegt nun der zweite Band in der Reihe Geowissenschaften kompakt vor, der sich mit dem Tourismus aus geographischer Perspektive auseinandersetzt. Für den Inhalt zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich und freuen sich auf Reaktionen und Hinweise zum Buch. Auch von diesem Buch sind große Teile nicht in der Universität entstanden, sondern haben vom inspirierenden Charakter von Castellet-en-Luberon profitiert.

München, im November 2020

Jürgen Schmude

1Marktsegmente des Tourismus: Was ist Segmentierung und wie werden Angebots- und Nachfrageseite segmentiert? – Eine Einführung

Überblick

Die Tourismuswirtschaft ist sowohl in Deutschland als auch global gesehen seit rund zehn Jahren ein mehr oder weniger kontinuierlich wachsender Markt (etwa gemessen an der Zahl der nationalen und internationalen Ankünfte). Gleichwohl zeigen einige Bereiche der Tourismuswirtschaft ein deutlich überdurchschnittliches Wachstum (z.B. der Kreuzfahrtmarkt), während sich andere Teilmärkte in der Krise befinden (z.B. der Kurtourismus). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Tourismus eine Querschnittsbranche ist, ist es einerseits schwierig, den touristischen Gesamtmarkt abzugrenzen. Daraus resultiert als weitere Schwierigkeit, die ökonomische Bedeutung des Tourismus für die Gesamtwirtschaft abzuschätzen. Andererseits zeigt sich der touristische Markt keineswegs als homogener Markt, sondern kann sowohl auf der Angebots-, als auch auf der Nachfrageseite in verschiedene Teilmärkte differenziert werden. Diese Differenzierung in einzelne Teilmärkte (Marktsegmente) und ihren Besonderheiten ist sinnvoll, um Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren, regionale Besonderheiten sowie aktuelle und zukünftige Trends abschätzen zu können.

1.1Allgemeine Einführung zur Abgrenzung von touristischen Teilmärkten (Marktsegmenten)

Abgrenzung von Märkten

Der touristische Markt lässt sich – wie viele andere Märkte auch – in unterschiedlicher Weise abgrenzen (Makroabgrenzung) bzw. weiter in sich differenzieren (Mikroabgrenzung). Die Makroabgrenzung erfolgt insbesondere nach räumlichen, zeitlichen und sachlichen (produktspezifischen) Abgrenzungskriterien. Als Resultat der Marktabgrenzung gewinnt man Informationen über das Marktvolumen (z.B. Umsatz, Zahl der Anbieter bzw. Nachfrager oder Zahl der Beschäftigten). Weiterhin werden oft zusätzlich betriebsspezifische sowie Angebots- und Nachfrageaspekte zur Mikroabgrenzung berücksichtigt. Meist werden also verschiedene Kriterien zur Abgrenzung eines Marktes zusammen betrachtet (vgl. Freyer 2015, S. 375f.).

Stichwort

Allgemeine Kernfragen zu den Abgrenzungskriterien für Märkte:

•Räumlich: Sollen meine Produkte/Leistungen auf einem lokalen, regionalen, internationalen oder globalen Markt angeboten werden? Welches ist mein potentielles Einzugsgebiet?

•Zeitlich: Wann biete ich meine Leistungen an? Ganzjährig, saisonal oder am Wochenende?

•Sachlich: Mit welchen Produkten/Leistungen trete ich in den Wettbewerb?

Hartmann 2018, S. 96

Angebots- und Nachfrageseite

Wie in allen Wirtschaftsbereichen spielen auch in der Tourismuswirtschaft Angebots- und Nachfrageseite zentrale Rollen. Um auf dem touristischen Markt, auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, möglichst erfolgreich zu sein, sollten beide Seiten aufeinander abgestimmt werden. Entsprechend dem ökonomischen Grundmodell (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 29) muss die Angebotsseite entweder touristische Angebote bereitstellen, für die bereits eine ausreichend große Nachfrage besteht oder sie muss die Nachfrage durch Bewerbung der Produkte beim Nachfrager wecken. Andererseits kann es auch durch die Bedürfnisse von Konsumenten und die daraus resultierende Nachfrage zur Herstellung und zum Angebot neuer touristischer Produkte kommen. Entsprechend kann die Marktabgrenzung anhand verschiedener Kriterien und Perspektiven (Anbieter, Produkte bzw. Dienstleistungen, Nachfrager) erfolgen.

Ziel von Segmentierung

Wird im Tourismus von Segmentierung gesprochen, so ist allerdings überwiegend die Nachfrageseite gemeint (vgl. 1.3). Aber auch die Angebotsseite kann in verschiedene Marktsegmente strukturiert werden (vgl. 1.2). Ziel der Segmentierung ist in beiden Fällen, genauere Kenntnisse über den touristischen Markt zu erhalten, die Angebote einer Tourismusdestination entsprechend ihres ursprünglichen und abgeleiteten Angebots (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 30) zu gestalten oder die Zielgruppenansprache der (potentiellen) Touristen zu optimieren. Hiermit verfolgen die touristischen Leistungsträger das Ziel, die Streuverluste (z.B. beim Marketing) durch eine möglichst exakte Zielgruppenansprache gering zu halten. In diesem Zusammenhang wird auch von der Scharfschützenmethode gesprochen, die es im Gegensatz zur Schrotflintenmethode ermöglichen soll, die anvisierte(n) Zielgruppe(n) möglichst exakt abzugrenzen und für ein Produkt zu bewerben bzw. gewinnen zu können. Eine strategische Marktsegmentierung der Angebots- und Nachfrageseite bringt u.a. folgende Vorteile mit sich (AWS2014):

•effektive Konzentration auf die vorhandenen Marketing-Ressourcen,

•identifizieren von Marktnischen,

•optimale Erreichbarkeit der wichtigsten Zielmärkte.

Allgemeine Voraussetzungen zur Segmentierung

Allerdings müssen hierzu einige Voraussetzungen erfüllt sein. So sollten die Eigenschaften der (potentiellen) Nachfrager bzw. des Marksegments durch Methoden der Marktforschung messbar sein. Zudem muss es sich um ein Marktsegment handeln, das ein ausreichendes Potential bietet und somit die Marktbearbeitung rechtfertigt. Die verwendeten Segmentierungskriterien müssen dabei Ansatzpunkte für eine gezielte Marktbearbeitung (z.B. durch Kommunikations- und Distributionspolitik) bieten. Die identifizierten Marktsegmente sollten aus ökonomischer Perspektive eine gewisse Stabilität (Laufzeit) aufweisen, so dass sich der Einsatz absatzpolitischer Instrumente rentiert.

Diese allgemeinen Ausführungen zur Segmentierung von Märkten gelten auch für die Tourismuswirtschaft und ihre Akteure auf der Angebots- und Nachfrageseite (touristische Leistungsträger und Touristen). Daher widmen sich der nachfolgende Abschnitt zunächst der Segmentierung der Angebotsseite (vgl. 1.2), bevor auf die Segmentierung der Nachfrageseite (vgl. 1.3) eingegangen wird.

1.2Segmentierung der Angebotsseite

Für eine Segmentierung der Angebotsseite ist die genaue Kenntnis der anbietenden und in Konkurrenz stehenden Marktteilnehmer und ihrer Produkte notwendig, um ggf. komparative Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Diese Strukturen müssen vor dem Hintergrund der Entwicklung des Gesamtmarktes und seiner Strukturen analysiert werden.

Voraussetzung zur Segmentierung der Angebotsseite

Touristischer Aktionsraum

Die Entwicklung des modernen Tourismus zu einem globalen Phänomen ist u.a. gekennzeichnet durch die sukzessive Ausweitung des touristischen Aktionsraumes der Nachfrageseite. Ausgehend von den Städten als Ziele der Grand Tour werden unterschiedliche Kultur- und Naturräume vom Tourismus erschlossen. Diese Raumtypen können etwa nach Städten, Küsten, Hochgebirgen, ländlichen Räumen und Mittelgebirgen sowie Industrieregionen unterschieden werden (vgl. Steinecke 2011, S. 114). Bei der sukzessiven Erschließung des Raums durch den Tourismus (vgl.Gormsen 1983, S. 613) nimmtdie Distanzüberwindung eine entscheidende Rolle, die u.a. durch technische Entwicklungen (z.B. Flugzeug) und hieraus resultierenden sinkenden Mobilitätskosten erleichtert wird. Entsprechend verändert sich auch die Angebotsseite im Tourismus.

Methoden zur Marktanalyse

Die Analyse der touristischen Produkte und Dienstleistungen auf der Anbieterseite, aber auch ganzer Marktsegmente und Destinationen, kann mit verschiedenen Instrumenten durchgeführt werden. Hierzu zählen u.a. die Lebenszyklus-, die Portfolio- oder die SWOT-Analyse (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 55ff.). Diese Analysemethoden sind u.a. für die Marktpositionierung und ihrer Überprüfung durch die Anbieter touristischer Leistungen von Bedeutung, denn für touristische Leistungsträger wie Destinationen oder Reiseveranstalter stellt sich die Frage nach der für sie „richtigen“ Marktbearbeitungsstrategie.

Marktbearbeitungsstrategien

Hierbei lassen sich fünf Grundformen der Marktabdeckung mit unterschiedlichem Spezialisierungsgrad unterscheiden. Entscheidend sind das gewählte Marktsegment, in dem der Anbieter aktiv ist, sowie das von ihm angebotene Produkt. Dabei müssen sich die Anbieter nicht zwingend auf ein einziges Marktsegment oder ein bestimmtes Produkt festlegen, sondern können durchaus mehrere Marktsegmente bedienen bzw. mehrere Produkte anbieten (vgl. Abb. 1.1). Allerdings ist darauf zu achten, dass die ausgewählten Marktsegmente und Produkte resp. deren Konsumenten „kompatibel“ sind, um Konflikte zwischen den verschiedenen Zielgruppen zu vermeiden. Die Marktabdeckungsstrategien reichen von einer Nischenstrategie mit dem höchsten Spezialisierungsgrad bis hin zu einer Gesamtmarktabdeckung. Entsprechend der gewählten Marktabdeckungsstrategie variiert auch das Nachfragepotential und oftmals ist auch die Produktionsweise davon abhängig. So können etwa bei Produktion für einen touristischen Massenmarkt Skaleneffekte realisiert werden. Im Reiseveranstaltermarkt bedeutet dies beispielsweise, dass die großen Pauschalreiseveranstalter (z.B. TUI oder DER Touristik) durch die „Produktion“ einer großen Zahl von Reisen u.a. geringere Produktionskosten je Stück haben (economies of scale) und sie auf Grund der hohen Stückzahl trotz geringer Marge je Reise Gewinne realisieren können. Zwar streben auch die großen Reiseveranstalter zunehmend eine Diversifizierung ihres Produktportfolios an, dennoch sind sie weitgehend fordistisch geprägt. Dagegen agieren kleine, spezialisierte Reiseveranstalter überwiegend in Nischenmärkten und realisieren je verkaufter Reise deutlich höhere Margen. Darauf weist auch der je Kunde (Pax) realisierte Umsatz hin, der bei Spezialreiseveranstaltern deutlich höher ausfällt als bei den klassischen Pauschalreiseanbietern (vgl. Kagermeier 2016, S. 90).

Abb. 1.1 Grundformen der Marktbearbeitungsstrategien (eigene Darstellung nach Hartmann 2018, S. 155)

Tages- und Übernachtungstourismus

Bei der Analyse des touristischen Marktes wird oftmals zunächst grundlegend zwischen übernachtendem und Tagestourismus unterschieden. Beide Bereiche sind dem Tourismus zuzurechnen, wobei der Tagestourismus (oft synonym auch als Tagesreisen oder Naherholung bezeichnet) vielfach ausgeblendet wird, da seine statistische Erfassung große Schwierigkeiten bereitet. Während der übernachtende Tourismus in Deutschland durch die Monatserhebung im Tourismus (Beherbergungsstatistik) sowie die Statistik über die touristische Nachfrage im Rahmen der amtlichen Statistik regelmäßig dokumentiert wird (zumindest in Beherbergungsbetrieben mit mindestens zehn Betten) (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 14ff.), liegen für den Tagestourismus lediglich Stichprobenerhebungen vor. Systematisch erhebt der dwif-Tagesreisenmonitor (ebenfalls auf der Basis einer Stichprobenerhebung) seit dem Jahr 2016 Informationen zum Tagestourismus in Deutschland (vgl. dwif 2018).

Stichwort

Tagesreisen bzw. Tagestourismus

+ Verlassen des Wohnumfeldes, mit dem keine äbernachtung verbunden ist…

– keine Fahrt von oder zur Schule, zum Arbeitsplatz oder zur Berufsausübung

– keine Einkaufsfahrt zur Deckung des täglichen Bedarfs

– unterliegt nicht einer gewissen Routine oder Regelmäßigkeit

dwif 2018

Auch bei der vielfach vorgenommenen Unterscheidung von geschäftlich und privat motivierten Reisen handelt es sich um eine relativ grobe Differenzierung des touristischen Marktes. Beide Teilbereiche können in unterschiedlichem Detailierungsgrad weiter segmentiert werden.

Geschäftsreisetourismus

Die geschäftlich motivierten Reisen sind Bestandteil des Arbeitslebens, erfolgen im Interesse des Arbeitgebers und somit in gewissem Sinne nicht freiwillig. Sie sind Teil der Arbeitszeit. Während der Geschäftsreisen wird eine Arbeitsleistung erbracht, private Interessen sind sekundär, wobei Geschäftsreisen durchaus auch mit (anschließenden) Privatreisen verknüpft werden können. Zum Geschäftsreisebereich zählt aber nicht mehr nur die klassische Geschäftsreise von Mitarbeiter von Unternehmen und/oder Organisationen, sondern der Geschäftsreisebereich umfasst mindestens vier weitere Segmente, die unter dem Begriff MICE zusammengefasst werden: Meetings (Tagungen), Incentives (Anreiz- und Belohnungsreisen), Conventions (Kongresse) und Exhibitions (Ausstellungen) bzw. Events (Veranstaltungen) (vgl. Freyer 2015, S. 107ff.) Wesentlich ist, dass sich die Geschäftsreisenden bzgl. ihrer Reisemotivation und ihres Reiseverhaltens deutlich von Privatreisenden unterscheiden. Im Gegensatz zu den Geschäftsreisen erfolgen Privatreisen, die verschiedene Formen und Arten aufweisen können und denen sehr unterschiedliche touristische Aktivitäten zu Grunde liegen, in der Regel freiwillig. Sie sind Teil der Dispositionszeit.

Beispiele für Marktsegmente des Tourismus

Je nach Differenzierungsgrad kann eine unterschiedliche Zahl von Marktsegmenten ausgewiesen werden. So stellt etwa der Tourismusatlas Deutschland unter dem Titel „Themen – Arten –Aktivitäten“ (vgl. Eisenstein et al. 2017, S. 60ff.) insgesamt 19 für Deutschland relevante Marksegmente des Tourismus vor:

•Familienurlaub

•Naturtourismus

•Wandertourismus

•Radtourismus

•Reittourismus

•Tourismus am und auf dem Wasser

•Golftourismus

•Gartentourismus

•Kulturtourismus

•Volksfeste und Brauchtumsveranstaltungen

•Themen-, Freizeit- und Erlebnisparks und Zoologische Gärten

•Eventtourismus

•Shoppingtourismus

•Kulinarischer Tourismus

•Wein und Tourismus

•Slow Tourism

•Spiritueller Tourismus

•Gesundheitstourismus

•Wellnesstourismus

Diese Übersicht subsummiert sowohl große, eher allgemein abgegrenzte (z.B. Kulturtourismus) als auch eher kleine Marktsegmente (z.B. Gartentourismus). Wie auch bei anderen Autoren sind in dieser Zusammenstellung die einzelnen Marktsegmente nicht immer trennscharf abzugrenzen (z.B. Natur- und Wandertourismus), was u.a. daran liegt, dass einzelne hier ausgewiesene Marktsegmente auch als Konzept verstanden werden können, das in verschiedenen Marktsegmenten zur Anwendung kommen kann (z.B. Slow Tourism im Bereich des spirituellen oder kulinarischen Tourismus). Zudem erhebt diese Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit und könnte etwa durch das Marktsegment des Kreuzfahrttourismus, für das Deutschland eines der wichtigsten Herkunftsgebiete der Nachfrager ist, ergänzt werden.

Charakteristika von Reisen

Eine weitere Möglichkeit, Marktsegmente abzugrenzen, bieten verschiedene Charakteristika von Reisen, wobei oftmals mehrere der Eigenschaften kombiniert verwendet werden, um ein Marktsegment zu charakterisieren oder abzugrenzen. Zu den Eigenschaften gehören u.a.

•der Hauptverkehrsträger (z.B. erdgebundene vs. nicht erdgebundene Reisen), z.B. Flugreisen;

•die überwundene Distanz (z.B. kurze vs. große Distanz zwischen Quell- und Zielgebiet), z.B. Fernreisen;

•die hauptsächliche Aktivität während der Reise (z.B. Erholung, Sport, Shopping etc.), z.B. Radreisen;

•die anvisierte Zielgruppe nach Gruppenkonstellation (z.B. Singles, Familien, Paare etc.), z.B. Single-Reisen

•die sexuelle Orientierung der Nachfrager (z.B. Lesben, Schwule, Transgender); z.B. LBGTQ-Reisen;

•etc.

Unabhängig von der gewählten Segmentierung ist allen Abgrenzungsverfahren gemein, dass sie eine genaue Kenntnis der Nachfrager benötigen, d.h. Kenntnis über die Erwartungen der (potentiellen) Kunden, über ihr Kauf-, Freizeit- und Urlaubsverhalten u.v.m. Daher gilt es für die touristischen Leistungsträger, aus der Gesamtheit aller Marktteilnehmer auf der Nachfrageseite die geeignete(n) Zielgruppe(n) möglichst genau zu identifizieren. Für dieses Unterfangen ist die Segmentierung der Nachfrageseite ein oft praktiziertes Vorgehen.

1.3Segmentierung der Nachfrageseite

Stichwort

„Every tourist is different, bringing a unique blend of experiences, motivations and desires. Tourism is increasingly following the trend of other industries towards customising.“

Fletcher at al. 2008, S. 672

Abgrenzung der touristischen Nachfrage

Auch auf der Nachfrageseite wird zunächst eine Gesamtabgrenzung vorgenommen, nach der bestimmte Personenkreise nicht dem Tourismus zuzurechnen sind (z.B. Nomaden, Diplomaten oder Einwanderer) und u.a. seitens der amtlichen Statistik nicht als Touristen erfasst werden (vgl. Spörel 2003). Die als Touristen identifizierten Personen werden ihrerseits durch zahlreiche verschiedene Ansätze segmentiert. Unter der Berücksichtigung interner und externer Einflussgrößen (vgl. Freyer 2015, S. 74) lassen sich die meisten Segmentierungsansätze mindestens einem der folgenden Aspekte zu ordnen.

Einflussgrößen auf Segmentierungsansätze

•Motiv und Motivation: u.a. intrinsische oder extrinsische Auslöser der Reise, unterschiedliche Motive (z.B. geschäftlich, erholungs- und/oder gesundheitsorientiert),

•Reise(entscheidungs)verhalten: u.a. Informations- und Buchungsverhalten sowie Reiseorganisationsform, Reisehäufigkeit, -dauer etc.,

•Soziodemographie bzw. Sozioökonomie: u.a. Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen, Beruf, Ausbildung etc.,

•Lebens- und Konsumstil: u.a. mehrdimensionale Abgrenzung einstellungs- und verhaltensähnlicher Gruppen (z.B. Sinus-Milieus), Lifestyletypen etc.,

•Lebensphase: u.a. Abgrenzung nach Alter, Familienstand, Kinderzahl, etc.,

•geographische Merkmale: u.a. Herkunft von der Makroebene (z.B. Staat oder Bundesland) bis zur Mikroebene (z.B. Stadtteil oder Straße), Herkunft nach Nielsen-Gebieten, Zielgebietspräferenz etc.

Eine Segmentierung der Nachfrageseite ist also notwendig, da sich die Nachfrager (Touristen) hinsichtlich ihrer Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen sehr stark unterscheiden. Sie wählen (in der Regel) den Anbieter, der die für ihre Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen (subjektiv) optimalen Angebote bietet. Entsprechend lassen sich die Nachfrager zu Gruppen zusammenfassen, die oftmals ein Marktsegment darstellen.

Stichwort

Marktsegment

Ein Marktsegment bezeichnet eine Gruppe von Abnehmern mit gleichen und/oder ähnlichen Bedürfnissen und damit auch ähnlichen Reaktionen auf den Einsatz von spezifischen Marketinginstrumenten.

Bieger 2010, S. 126

Differenzierung der touristischen Nachfrage

Die zunehmende Differenzierung der touristischen Nachfrage macht es für die touristischen Leistungsträger zunehmend schwieriger, ihre (potentiellen) Kunden einzuschätzen. Diese sind unmittelbar mit unterschiedlichen Erscheinungsformen bzw. Marktsegmenten des Tourismus verbunden (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 63), wobei die Segmentierung der Nachfrager in den einzelnen Marktsegmenten durchaus nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen kann, was allerdings die Vergleichbarkeit der Befunde zwischen verschiedenen Marktstudien erschwert. Selbst innerhalb eines Marktsegments (z.B. Kreuzfahrtmarkt) nutzen nicht alle Anbieter die gleichen Kriterien zur Kategorisierung ihrer Produkte oder Nachfrager (vgl. Schulz & Auer 2010, S. 84ff.).

Touristentypologien

Um diese Komplexität auf der Nachfrageseite zu reduzieren bzw. zu vereinfachen, werden bereits seit den 1970er Jahren häufig Urlauber-Typologien verwendet, denen oftmals Lebensstil-Typen zu Grunde liegen (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 64ff.). Eine relativ junge Typologie stellt das Konzept des „Touristen von heute“ dar, der sich u.a. durch große Reisekompetenz (z.B. auf Grund seiner Reiseerfahrung), spezifische Wertvorstellungen (z.B. Erlebnisorientierung, Gesundheits- und/oder Umweltbewusstsein), veränderte Rahmenbedingungen (z.B. flexiblere Arbeitszeiten oder kleinere Haushalte) sowie ein verändertes Konsumverhalten (z.B. Affinität zu neuen Medien und/oder reduzierte Markentreue) charakterisieren lässt (vgl. Freyer 2015, S. 107). Es ist zu beachten, dass Touristentypologien keine starren, dauerhaft gültigen Segmentierungen darstellen (vgl. Steinecke 2018, S. 71). Sie können zwar für eine zielgruppenspezifische Ansprache der Nachfrager (etwa im Rahmen von Marketingmaßnahmen) genutzt werden, unterliegen jedoch einem zeitlichen Wandel und müssen daher – wie Typologien zur Segmentierung der Gesamtbevölkerung (z.B. Sinus-Milieus) – immer wieder angepasst werden.

Hybride Touristen

Insgesamt zeigen die Konsumenten ein zunehmendes wechselhaftes Konsumverhalten. Dieses auch als hybrides Verhalten bezeichnete Agieren erschwert es der Anbieterseite, die Nachfrageseite und ihr Marktverhalten einzuschätzen (vgl. Boztug et al. 2015). Ursache hierfür ist einerseits die zunehmende Ausdifferenzierung der Reisemotive (z.B. Erholung, Kultur, Sport, Shopping), andererseits die damit in Wechselbeziehung stehende zunehmende Ausdifferenzierung der touristischen Angebote. Hieraus resultiert der hybride, multioptionale Tourist (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 70 und 81), dessen Konsumverhalten „sprunghaft“ ist und der eine deutlich reduzierte Destinations- und/oder Markentreue aufweist. Konsequenz hieraus ist u.a., dass Stammkunden und sog. Wiederkäufer an Bedeutung verlieren (Rajtajczak & Jockwer 2016) und sich das Konsumentenverhalten der Nachfragegruppen unterschiedlicher Marktsegmente (und auch innerhalb eines Marktsegments) deutlich voneinander unterscheidet.

1.4Fazit

Notwendigkeit zur Segmentierung… …und ihre Folgen

Erst die Identifikation und Abgrenzung von Marktsegmenten ermöglicht die Entwicklung zielgruppenspezifischen Marketingstrategien. Hierzu ist die exakte Kenntnis der Angebots- und Nachfrageseite notwendig. Die direkte Ansprache der Zielgruppe(n) ist in wettbewerbsintensiven Märkten wie dem Tourismus ein erfolgsrelevanter Aspekt. Allerdings liegen die Grenzen der Marktsegmentierung auf der Angebotsseite in einer limitierten Erfassbarkeit bzw. Abgrenzbarkeit von Marktsegmenten sowie nachfragebezogen in dem nur annäherungsweisen Verständnis des aktuellen und zukünftigen (Kauf-) Verhaltens von Menschen. Die hiermit verbundene Ausdifferenzierung der Konsumentennachfrage macht es zunehmend schwieriger, den Konsumenten einem Segment zuzuordnen. In der Folge entstehen immer kleinteiligere Zielgruppen, die zu immer kleineren Marktsegmenten führen. In diesem Zusammenhang wird auch (nicht nur im Tourismus) von der Atomisierung der Zielmärkte gesprochen (vgl. Jelinek 2013).

Aufbau des Lehrbuchs

Diese Entwicklung ist auch in der Tourismuswirtschaft zu beobachten. Allerdings existieren neben eher kleinen Marktsegmenten (z.B. Filmtourismus) durchaus auch noch größere Marktsegmente (z.B. Kreuzfahrttourismus). Entsprechend hat das Lehrbuch zum Ziel, die Angebots- und Nachfrageseite für fünf ausgewählte Marktsegment zu analysieren. Hierzu wird jeweils zunächst auf die Voraussetzungen bzw. grundlegenden Strukturen der ausgewählten Marktsegmente eingegangen, bevor jeweils die angebots- und Nachfrageseite analysiert werden. Ein Ausblick zur zukünftigen Entwicklung der Marktsegmente und die an sie gestellten Herausforderungen schließt die Vorstellung der einzelnen Marktsegmente ab. Dass die Vielzahl der existierenden Marktsegmente des Tourismus in diesem Lehrbuch nicht vollständig berücksichtigt werden kann, liegt auf der Hand. Die Auswahl der Marktsegmente orientiert sich an verschiedenen Aspekte: So werden nach Teilnehmerzahlen große (vgl. Kap. 2 und Kap. 3) sowie eher kleinere und spezielle Marktsegmente (vgl. Kap. 4 bis Kap. 6) vorgestellt. Mit dieser Auswahl ist auch gewährleitet, dass sowohl seit vielen Jahren prosperierende und eher in ihrer Reifephase befindliche als auch sich erst in jüngerer Zeit dynamisch entwickelnde Marktsegmente berücksichtigt werden. Dabei konzentriert sich die Darstellung bei allen behandelten Marktsegmenten – insbesondere in Hinblick auf die Nachfrageseite – mit wenigen Ausnahmen auf Deutschland. Ebenso ist offensichtlich, dass die Darstellung der hier behandelten Marktsegmente eher einen Überblickscharakter aufweist und nicht als „Pendant“ zu den zahlreichen Lehrbüchern gesehen werden kann, die sich jeweils auf ein Marktsegment konzentrieren. Durch Literaturhinweise können weiterführende Fragen und Probleme der jeweiligen Marktsegmente im Selbststudium erarbeitet werden. Grundsätzlich können die für die hier ausgewählten Marktsegmente eingesetzte Methoden auch auf andere Marktsegmente des Tourismus übertragen werden.

Fragen und Übungen

1.Erläutern Sie die Begriffe „Nischenspezialisierung“, „Marktspezialisierung“ sowie „selektive Spezialisierung“ und geben Sie Beispiele für Anbieter, die diese Marktbearbeitungsstrategien verfolgen.

2.Diskutieren Sie verschiedene Segmentierungsansätze für die touristische Nachfrage und ordnen Sie den identifizierten Teilmärkten bestimmte touristische Zielgruppen zu.

3.Stellen Sie die Unterschiede und Charakteristika von Geschäfts- und Privatreisen dar und recherchieren Sie die „Größe“ dieser Teilmärkte für Deutschland.

Literaturhinweise

Eisenstein, B.; Schmudde, R.; Reif, J.; Eilzer, C. (2017): Tourismusatlas Deutschland. Konstanz und München. S. 60–97. Kompakte graphische und kartographische Darstellung der aktuellen Strukturen in ausgewählten Tourismussegmenten in Deutschland.

Freyer, W. (2015): Tourismus. Eine Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie. Berlin, München, Boston. S. 99–113. Übersicht zur Typologisierung der Tourismusnachfrage unter besonderer Berücksichtigung von Urlaubs- und Geschäftsreisenden.

Hartmann, R. (2018): Marketing in Tourismus und Freizeit. München. S. 133–178. Darstellung gängiger Segmentierungsmethoden allgemein, die auch in der Tourismuswirtschaft zur Anwendung kommen.

Schmude, J.; Namberger, Ph. (2015): Tourismusgeographie. Darmstadt. S. 14–21 sowie S. 62–67. Überblick zur statistischen Erfassung des Tourismus in Deutschland sowie zu den Segmentierungsmöglichkeiten der touristischen Nachfrage.

2Fahrradtourismus: Erfolgreiches Marktsegment mit Sättigungserscheinungen

Überblick

Fahrradfahren erlebt in Deutschland spätestens seit den 1990er Jahren eine Renaissance und dies gilt sowohl für das Fahrrad als Fortbewegungsmittel im Alltag, als auch auf Reisen. Diese Entwicklung beruht u.a. auf einem gestiegenen Gesundheits- und Umweltbewusstsein der bundesdeutschen Bevölkerung. Zudem gilt Fahrradfahren als nachhaltige, individuelle Form des Reisens. Fahrradtouristen bewegen sich ständig fort, was ihre Verteilung in der Fläche fördert, so dass ein massenhaftes Auftreten von Fahrradtouristen eher die Ausnahme ist (z.B. auf hochfrequentierten Streckenrouten). Nicht zuletzt auf Grund der Entwicklung zu einem Wachstumsmarkt versuchen viele Destinationen, sich in diesem Marktsegment zu positionieren, was zu einem verschärften Wettbewerb führt. Daher nimmt der Druck auf die Angebotsseite und ihre touristischen Leistungsträger zu, nachfrageorientierte und zielgruppenspezifische Produkte zu entwickeln, um sich gegenüber Wettbewerbern abzugrenzen. Fahrradtourismus ist sowohl für städtische, aber insbesondere auch für ländliche Regionen ein attraktives Marktsegment.

2.1Zur Entwicklung des Fahrradfahrens in Deutschland: Von den Anfängen des Fahrrads bis zum Marktsegment Fahrradtourismus

Entwicklung des Fahrrads

Während der Fahrradtourismus ein relativ junges Phänomen ist, das sich erst seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts sehr dynamisch entwickelt, kann das Fahrrad als Fortbewegungsmittel auf eine durchaus lange Geschichte zurückblicken (vgl. Rosenau 2011, S. 25). Den Ausgangspunkt bilden Anfang des 19. Jahrhunderts erste Laufräder (Jungfernfahrt am 12. Juni 1817 von Karl Freiherr von Drais von Mannheim nach Schwetzingen; vgl. DESTATIS 2017). Eine wesentliche Weiterentwicklung stellt der am Vorderrad angebrachte Tretkurbelantrieb dar, wie er insbesondere bei den in der Folgezeit entwickelten Hochrädern Verwendung findet. Diese sind allerdings wegen ihres hohen Schwerpunkts sehr unfallträchtig. Mit der Übertragung des bereits bekannten Kettenantriebs auf das Fahrrad mit zwei gleich großen Rädern erfolgt 1885 durch den Hinterradkettenantrieb ein weiterer wesentlicher Entwicklungsschritt. Nachdem drei Jahre später als weitere Neuerung der von J.B. Dunlop entwickelte luftgefüllte Reifen genutzt wird, ist das Fahrrad in seiner heute bekannten Funktionsweise mehr oder weniger „fertig“ entwickelt. In seiner Grundform ist das Fahrrad seitdem weitgehend unverändert geblieben, von einzelnen Produktmodifikationen (im Sinne einer Produktdifferenzierung) abgesehen. So wird 1980 durch Gerry Fischer, Joe Breeze und Charles Kelley in den USA das erste Mountainbike entwickelt und 1992 das erste E-Bike in der Schweiz vorgestellt. Diese Produktmodifikationen führen jeweils zu einem erneuten Aufschwung im Produktlebenszyklus des Fahrrads. Dass sich das Fahrrad in einem fortgeschrittenen Stadium seines Produktlebenszyklus befindet, lässt sich u.a. an seiner immer stärkeren Diversifizierung feststellen. So existieren heute eine Vielzahl unterschiedlicher Fahrradtypen wie Cityräder, Trekkingräder, Mountainbikes, Rennräder, Pedelecs und Elektroräder sowie weitere Sonderformen wie z.B. Tandems oder Liegeräder (vgl. Rosenau 2011, S. 15f.).

Nutzungen des Fahrrads

Mit der geschichtlichen Entwicklung des Fahrrads geht auch ein Wechsel seiner Nutzung einher. Während insbesondere in der Anfangszeit (Inventionsphase) das Fahrrad zur Freizeitbeschäftigung von höheren Bevölkerungsschichten sowie nachfolgend für Botenfahrten in Unternehmen und beim Militär genutzt wird, ist es im Laufe des 20. Jahrhunderts auch Sportgerät im Rahmen von Wettfahrten (z.B. der Tour de France ab 1903). In seiner Expansionsphase erhält das Fahrrad schließlich immer mehr den Charakter eines Massenverkehrsmittels. Zwar verliert es mit der individuellen Motorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg als Transportmittel wieder an Bedeutung, doch die Zahl der Fahrräder steigt auch in dieser Zeit noch weiter an: Anfang der 1970er Jahre gibt es erstmals mehr als 20 Mio. Fahrräder in Deutschland (vgl. Abb. 2.1). Auch in den folgenden Jahrzehnten nimmt der Fahrradbestand weiter zu. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts geht dieser anhaltende Anstieg nicht zuletzt auf das zunehmende Gesundheits- und Umweltbewusstsein der Bevölkerung zurück. Zudem sorgen die zunehmenden Verkehrsprobleme in den Städten dafür, dass das Fahrrad auch im Bereich der Alltagsmobilität eine Renaissance erlebt. Erst in der jüngsten Zeit kommt es zu einer gewissen Sättigung und der Bestand beläuft sich im Jahr 2018 in Deutschland auf rund 72,2 Mio. Fahrräder (vgl. Abb. 2.1). Damit sind in Deutschland im Jahr 2018 rund 80% der Haushalte mit durchschnittlich 1,8 Fahrrädern ausgestattet, wobei die Ausstattung mit zunehmendem Einkommen und steigendem ökonomischem Status der Haushalte zunimmt (vgl. bmvit 2013, S. 24f.).

Abb. 2.1 Entwicklung des Fahrradbestandes in Deutschland von 1963 bis 2018 (ab 1993 alte und neue Bundesländer) (Eigene Darstellung nach UPI 2000 und DESTATIS 2019).

Fahrrad und Freizeit

Es kann also festgestelltwerden, dass Fahrräder einerseits (wieder) verstärkt für die Alltagsmobilität, andererseits aber auch für Freizeit und Urlaub eingesetzt werden. Der Nutzungswandel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht mit einer Verschiebung von der reinen Zweckmobilität hin zur gleich wichtigen Freizeit- und Urlaubsmobilität einher. So wird nach Sinus (2011, S. 28) bereits im Jahr 2008 nur noch bei rund der Hälfte der Fahrten das Fahrrad als „reines Verkehrsmittel“ genutzt, während es für die andere Hälfte der Fahrten zur „Freizeitbeschäftigung“ eingesetzt wird. Dabei ist die Nutzungsfrequenz im Alltag gegenüber der Freizeitnutzung erwartungsgemäß höher.

Bei der Freizeitgestaltung genießt das Fahrradfahren insgesamt einen hohen Stellenwert und zählt nach dem Freizeit-Monitor 2018 zu den am häufigsten ausgeübten sportlichen Aktivitäten in der Freizeit (vgl. Stiftung für Zukunftsfragen 2018). Auch im Urlaub ist das Fahrradfahren von großer Bedeutung. So gehört es seit vielen Jahren auch auf Urlaubsreisen nach Baden, leichten sportlichen Aktivitäten und Wandern zu den am häufigsten ausgeübten Aktivitäten (vgl. Tab. 2.1). In der Folge hat auch die Zahl der Fahrradreisen laut der Radreiseanalyse des ADFC im Jahr 2018 mit 5,5 Mio. Radreisen einen neuen Spitzenwert erreicht. Ihre Zahl hat sich seit 1999 (1,9 Mio. Radreisen) mehr als verdoppelt und auch die Zahl der Tagesausflüge weist seit Jahren eine deutlich steigende Tendenz auf (2018: 258 Mio. Tagesausflüge) (vgl.ADFC 2019, S. 7).

Tab.2.1 Beliebteste Urlaubsaktivitäten der deutschen Bevölkerung nach der Reiseanalyse (RA) in den Jahren 2010 bis 2012, 2013 bis 2016 sowie 2016–2018 (FUR 2019, S. 97).

Fahrrad und Tourismus

Es zeigt sich also die hohe Relevanz des Radfahrens auch für den Tourismus. Dabei ist der allgemeinen Definition von Sport folgend Fahrradfahren als Sport bzw. sportliche Aktivität einzuordnen, wenn damit einem Selbstzweck (z.B. Spaß oder Gesundheit als Motiv) dienende körperliche, freiwillige und bewusste Betätigung vorliegt. Das Radfahren zur Arbeit oder zum Einkaufen wird somit in diesem Zusammenhang ausgeschlossen. Dies erlaubt eine Abgrenzung von der mit dem Fahrrad verbundenen Alltagsmobilität. Diese Abgrenzung vom alltäglichen Radfahren genügt „zur Verortung des Radfahrens im Sinne des Tourismus“ (Dreyer et al. 2012, S. 3). Wird die allgemein anerkannte Definition von Tourismus (vgl. UNWTO 1993 zitiert nach DESTATIS 2007) mit der Aktivität des Fahrradfahrens kombiniert, können zeitlich differenzierte Formen des (Fahr-)Radtourismus abgegrenzt werden, wobei das Radfahren hierbei (implizit) als reiseauslösendes Motiv vorausgesetzt wird, worauf die Definition von „Radtourismus im engeren Sinne“ hinweist.

Stichwort

(Fahr-)Radtourismus

Unter Fahrradtourismus werden alle Arten der Fahrradnutzung verstanden, die zum Zweck der Freizeit- und Urlaubsgestaltung unternommen werden. Dazu gehören u.a. Kurz- und Tagesausflüge, Wochenendtouren, mehrtägige und ausgedehnte Radreisen (Freyer 2015, S. 200).

Radtourismus im engeren Sinne beinhaltet demnach Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und bei denen das Radfahren einen wesentlichen Bestandteil der Reise darstellt. Von Radurlaub wird darüber hinaus gesprochen, wenn die vorübergehende Abwesenheit vom Wohnort mindestens eine äbernachtung einschließt.

Dreyer et al. 2012, S. 5.

Entsprechend kann auch von einem „Radtourismus im weiteren Sinne“ gesprochen werden, wenn das Radfahren eine von mehreren ausgeübten Urlaubsaktivitäten und nicht das reiseauslösende Motiv ist (vgl. Tab. 2.2). Zudem können einige radtouristische Spezialsegmente ausgewiesen werden. Hierbei handelt es sich häufig um eine Kombination von Fahrradfahren und einer weiteren Aktivität.

Tab.2.2 Ausprägungen des Radtourismus (Rosenau 2011, S. 24).

Radtourismus im engeren Sinne

Radtourismus im weiteren Sinne

Radtouristische Spezialsegmente

•Radfahren auf Tagestouren

•Radfahren als eine Aktivität während eines Urlaubs

•Paddel & Pedale

•Radwandern und -touren auf Rundwegen

•Radfahren als Freizeitaktivität während einer Reha-Maßnahme

•Rad & Schiff

•Radwandern auf Radfernwegen

•Besuch von Radveranstaltungen, Radmessen

•Bike & Wellness

•Radsport (MTB, Rennrad etc.) und Radsportevents

•Gourmetradreisen

•Nutzung von Spezialrädern • im Rahmen der Urlaubs-und Freizeitgestaltung

Folgen der Bedeutungszunahme der Fahrradnutzung

Die (wieder) gestiegene Bedeutung der Fahrradnutzung in Alltag und im Tourismus lässt sich auch daran ablesen, dass Politik, Wirtschaft und Wissenschaft dem Phänomen Fahrrad spätestens seit 20 Jahren verstärkt Aufmerksamkeit widmen. So gibt es seit dem Jahr 2002 in Deutschland einen vom Bundesverkehrsministerium ausgearbeiteten Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) als Grundlage für die Radverkehrspolitik. Der erste NRVP umfasst den Zeitraum bis zum Jahr 2012, seit Januar 2013 ist seine Weiterentwicklung (vgl. NRVP 2020) in Kraft. Unter den neun Handlungsfeldern (z.B. Radverkehrsplanung und -infrastruktur oder Verkehrssicherheit) wird u.a. explizit auch der Fahrradtourismus behandelt (vgl. BMVBS 2012, S. 40ff.). Um der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung des Fahrradtourismus gerecht zu werden, wird seitens des Bundeswirtschaftsministeriums 2009 erstmals eine Grundlagenuntersuchung über den Fahrradtourismus in Deutschland vorgelegt, in dem u.a. der Wirtschaftsfaktor Fahrradtourismus (vgl. BMWi 2009, S. 22ff.), die fahrradtouristische Nachfrage (vgl. BMWi 2009, S. 38ff.) und das fahrradtouristische Angebot in Deutschland (vgl. BMWi 2009, S. 66ff.) sowie seine Vermarktung (vgl. BMWi 2009, S. 124ff.) analysiert wird. Ebenso ist der Fahrradtourismus mit seiner ökonomischen Bedeutung auch Gegenstand von Anfragen im Deutschen Bundestag (vgl. etwa Bundesregierung 2017), was einerseits seine politische, andererseits seine zunehmende ökonomische Wahrnehmung unterstreicht. Schließlich setzt sich die tourismuswissenschaftliche Forschung seit mehr als 10 Jahren intensiv mit dem Marktsegment Fahrradtourismus auseinander. Entsprechend liegen hierzu mittlerweile mehrere Lehrbücher (z.B. Borchert 2011 oder Dreyer et al. 2012) sowie eine Vielzahl einschlägiger Beiträge in wissenschaftlichen (Tourismus-)Journalen vor.

Dieser erste Überblick belegt, dass es sich beim Fahrradtourismus um ein (nicht nur aus ökonomischer Sicht) attraktives Marktsegment des Tourismus handelt. Um aber als touristischer Leistungsträger (z.B. Destination oder Reiseveranstalter) im Fahrradtourismus erfolgreich zu agieren, ist eine einerseits die detaillierte Kenntnis der Voraussetzungen für die Angebotsseite in diesem Marktsegment notwendig (vgl. hierzu 2.2), andererseits ist eine Auseinandersetzung mit den Strukturen und der Entwicklung auf der Nachfrageseite (vgl. hierzu 2.3) unerlässlich. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass sich die nachfolgenden Ausführungen primär auf das „allgemeine“ Radfahren auf Tagestouren (z.B. auf Rundwegen) sowie das Radfahren auf Mehrtagesfahrten (z.B. auf Radfernwegen) bezieht, da diese Aktivitäten das Gros des Fahrradtourismus ausmachen. „Spezialisiertes“ Radfahren (z.B. mit Rennrädern oder Mountainbikes) wird hingegen nur in Ausnahmefällen angesprochen.

2.2Zur Angebotsseite im Fahrradtourismus

Ursprüngliches und abgeleitetes Angebot für Fahrradtourismus

Um Fahrradtourismus in einer Destination anbieten zu können, müssen einerseits die dort herrschenden natürlichen Rahmenbedingungen (ursprüngliches Angebot) berücksichtigt werden, andererseits gilt es, möglichst optimale Angebotsvoraussetzungen im Bereich der touristischen Infra- und Suprastruktur (abgeleitetes Angebot) zu schaffen. Das ursprüngliche Angebot umfasst die natürliche Ausstattung eines Raumes, etwa Landschaft, Klima, Flora und Fauna. Ebenfalls zum ursprünglichen Angebot einer Destination wird das soziokulturelle Angebot (z.B. Kultur, Sprache, Denkmäler) und die allgemeine Infrastruktur (z.B. Ver- und Entsorgung-, Kommunikations- oder Verkehrsinfrastruktur) gezählt. Demgegenüber umfasst das abgeleitete Angebot die touristische Infrastruktur (z.B. touristisches Transportwesen), die touristische Suprastruktur (z.B. Beherbergung) und die Freizeitinfrastruktur (z.B. Radwege) sowie spezielle touristische Angebote (z.B. Events). Das ursprüngliche Angebot einer Destination ist mehr oder weniger „gesetzt“, während für das abgeleitete Angebot ein erheblicher Gestaltungsspielraum besteht (vgl. Schmude & Namberger, 2015, S. 30). Daher wird nachfolgend insbesondere auf das abgeleitete Angebot und seine Gestaltung für den Fahrradtourismus eingegangen. Berücksichtigt werden hierbei die Wegeinfrastruktur (vgl. 2.2.1), das Wegekonzept und die Wegweisung (vgl. 2.2.2), die Beherbergung (vgl. 2.2.3), spezifische Dienstleistungen und Serviceeinrichtungen (vgl. 2.2.4) sowie das segmentspezifische Destinationsmarketing und -management (vgl. 2.2.5).

2.2.1Wegeinfrastruktur

Oberflächenbeschaffenheit von Radwegen

Bei der radspezifischen Wegeinfrastruktur ist zunächst die Oberflächenbeschaffenheit der Radverkehrsflächen zu berücksichtigen, da sie den Fahrkomfort (z.B. durch Erschütterungen) und den Energieaufwand (z.B. durch den Rollwiderstand) wesentlich bestimmen. Weitere zu berücksichtigende Aspekte sind ökonomischer (z.B. Pflegekosten) und ökologischer (z.B. Bodenversiegelungsgrad) Art. Grundsätzlich kann auf Grund der eingesetzten Materialien zwischen vier Typen unterschieden werden: