Marlene Dietrich - Franz Hessel - E-Book

Marlene Dietrich E-Book

Franz Hessel

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Beschreibung

"Sie ist kein bißchen dämonisch bemüht, alles geht wie von selber. Sie hat eine geradezu unschuldige Art zu verführen. Mag die Situation noch so bedenklich, mag ihr Kostüm noch so frech und herausfordernd sein, sie breitet über Kleid und Welt ihr holdes Lächeln. Darin ist nichts, was erobern oder erobert werden will. Es ist sanftmütig erregend und stillend zugleich. Es gilt nicht nur dem, den es trifft, so gut es auch für ihn paßt, es geht durch ihn hindurch, an ihm vorbei in die ganze Welt. Mit diesem Lächeln hat Marlene Dietrich Europa und Amerika erobert. Es ist in einem göttlicher und gemeiner als das all ihrer Rivalinnen." Der von den Nazis verfemte und daraufhin lange vergessene jüdische Autor Franz Hessel, zentrale Gestalt unter anderem der Münchner Boheme zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts und Wohngemeinschaftsgenosse der "Königin von Schwabing" Fanny Gräfin zu Reventlow, hat dieses frühe Porträt der einzigen deutschen Hollywoodschauspielerin von Weltruhm 1931 geschrieben, als der Stern der Dietrich gerade erst am aufgehen war. Trotzdem erfasst das schmale Bändchen das Wesen und den ganz eigenen verführerischen Zauber dieser Jahrhundertschauspielerin besser als so manche später erschienene dicke Schwarte. Dieser Text ist mehr als nur ein Zeitzeugnis der frühen Dietrich-Rezeption, er ist auch ein hellsichtiges Psychogramm und ein erkenntnisreicher filmästhetischer Essay über die Macht der bewegten Bilder in einem. Ein in sich selbst schon bezauberndes Büchlein, das es unbedingt wiederzuentdecken gilt.-

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Seitenzahl: 32

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Franz Hessel

Marlene Dietrich

Ein Porträt

Mit vielenzeitgenössischenBildern undeinem NachwortvonManfred Flügge

Marlene Dietrich

© 1931 Franz Hessel

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711506899

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Engel sollen nicht sterben!

Ein Porträt der Künstlerin als junge Frau

1

Eine junge Deutsche, ein Berliner Kind, ist der Film-Stern von Hollywood und New York geworden. Flugzeuge mit ihrem Namen in Riesenlettern überfliegen die Köpfe in U.S.A. In Schlagzeilen und langen Spalten verkünden die amerikanischen Zeitungen, was irgend von den Triumphen dieser Frau zu berichten, was von ihrem Privatleben, ihren Meinungen und Erlebnissen zu erfragen ist. In Paris wird der Film, der in Europa ihren Ruhm begründet hat – in Amerika begründete ihn Marokko – mit deutschem Text vorgeführt. Und die Franzosen, die sonst ausländischem Künstlertum gegenüber bei aller Anerkennung eine gewisse ihnen natürliche Zurückhaltung bewahren und an seinen Leistungen gern betonen, was speziell und fremdartig ist und sie vom Französischen unterscheidet, bewundern und preisen an dieser Frau die Frau schlechthin, das Weib, das in zeitgenössischer Form sein Urwesen offenbart.

Diesem plötzlichen, in seiner Art einzigen Ruhm in der weiten Welt entspricht die heimische Wirkung: In der kleinsten deutschen Provinzstadt spielen die Grammophone immer wieder das Lied von der, die »von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt« ist, und sowohl sittsame wie leichtfertige Frauen finden in Wort und Klang dieses Liedes ihr eigentliches Wesen wieder.

Bei andern Stars des Theaters, Films oder Kabaretts läßt sich meist leicht ein besonderer Charakterzug ihrer Schönheit und Kunst hervorheben, und sie sind oft gerade mit dem Besten, was sie geben, »nicht jedermanns Geschmack«. Es ist schwer und bedenklich, bei Marlene Dietrich das einzelne zu betonen. Und sie ist in großartiger Weise Gemeingut geworden. Ich habe die Gesichter ihrer Zuschauer und Zuhörer am Kurfürstendamm und in einem »Flohkino« der Vorstadt Tegel beobachtet und in den Mienen der verschiedensten Menschen und Berufsarten dasselbe Entzücken entdeckt. Die Wirkung der Künstlerin gemahnt an die der Zauberpuppe des persischen Märchens, an der Zimmerer, Schneider, Maler, Brahmane und noch etliche Handwerksmeister geschaffen haben; sie streiten sich um ihren Besitz, sie kommen vor den Kadi, und der will in ihr seine verlorene Gattin wiederfinden. Marlene Dietrich, ob sie nun eine Dame oder eine Dirne, eine Eroberin oder ein Opfer darstellt, verkörpert immer einen allgemeinen Wunschtraum, sie ist wie die Heldin einer ihrer Filme die Frau, nach der man sich sehnt, man, nicht der und jener, sondern jeder, das Volk, die Welt, die Zeit.

Wie es auch den Wesen, die sie verkörpert, ergehen mag – und manche von ihnen müssen ihr frevelhaft lebendiges Dasein mit dem Tode büßen –, sie sind zunächst nicht gerade mitleiderregend. Wir alle, die Zuschauer, sind mit ihren Liebhabern ihre Opfer. Sie werden Objekte des allgemeinen Begehrens. Man denkt nicht sehr daran, wie ihnen selbst zumute ist. Dafür ist ihre Wirkung zu stark.

Man hat nicht das Bedürfnis, sich in sie zu versetzen, man ist von ihr besessen. Solch eine Frau wäre also ein »Vamp«? Ach nein. Der Vamp, aus dem Vampyr alter Sage ein spezifisch angelsächsischer Begriff geworden, bedeutet Frauen, die gewissermaßen aus Geschlechtsberuf und -bedürfnis den Männern das Lebensblut aussaugen. Dies Blut ist ihnen nötige Nahrung wie jenen altertümlichen Gespenstern, und es ist anzunehmen, daß die so mörderisch Bezeichneten wissen, was sie tun.

Bei den gefährlichen Frauen, wie sie Marlene Dietrich verkörpert, hat man nicht das Gefühl, daß sie es so böse meinen. Den bartsträubenden Kopf des Schulprofessors nimmt sie als muntere Lola aus dem Blauen Engel in mütterlich gütige Hände, tätschelt dem zärtlich Ergriffenen die Backe wie einem Kind,