Marvel Avengers – Endgame - Steve Behling - E-Book
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Marvel Avengers – Endgame E-Book

Steve Behling

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Beschreibung

Das Buch zum erfolgreichsten Film aller Zeiten

Nach der fürchterlichen Niederlage der Avengers in »Avengers: Infinity War« hat Thanos mithilfe der Infinity-Steine die Hälfte der Menschheit im gesamten Universum ausgelöscht; darunter auch viele Mitglieder des Avengers-Teams. Die überlebenden Avengers sehen sich nun mit einer riesigen Herausforderung konfrontiert: Sie müssen zu ihrer alten Entschlossenheit zurückkehren, Seite an Seite kämpfen und einen Weg finden, um Thanos für immer zu vernichten. Dafür sind die Avengers bereit, alles zu riskieren ...

Basierend auf dem Megablockbuster "Avengers – Endgame" erzählt das Buch zum Film die Handlung altersgerecht für Kinder ab 10 Jahren. Ausgestattet mit farbigen Filmfotos.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 311

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Adaptiert von Steve Behling

Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

© 2020 MARVEL Die englische Originalausgabe erschien 2020 bei Marvel Press, ein Imprint von Disney Book Group, New York, unter dem Titel »Avengers: Endgame« 2020 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Übersetzung: Kerstin Fricke Umschlaggestaltung: Geviert, Grafik und Typografie, unter Verwendung des Filmplakats sh · Herstellung: MJ Satz und E-Book: GGP Media GmbH, Pößneck ISBN: 978-3-641-26491-8V001www.cbj-verlag.de © 2020 MARVEL

Mehr über cbj auf Instagram unter @hey_reader und @cbjverlag.

PROLOG

Es war ein nahezu perfekter Tag, wie Clint Barton ihn selten erlebt hatte. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Luft war warm, es wehte eine leichte Brise. Er hatte hart für dieses Haus gearbeitet und in seinen Jahren zuerst bei S.H.I.E.L.D. und danach bei den Avengers eine Menge durchgemacht. Es war seine Belohnung, seine Zuflucht, sein sicherer Ort.

Und er hatte eine Familie, die mit ihm hier lebte.

Clint atmete die frische Luft tief ein und stellte sich neben seine Tochter Lila. Sie hielt einen Bogen in den Händen.

»Okay, warte«, weihte Clint sie in die Kunst des Bogenschießens ein. »Noch nicht schießen.«

Als er über die Schulter blickte, sah Clint, wie seine Frau Laura gerade den Picknicktisch in der Nähe deckte. Lächelnd wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Lila zu. Er hielt mehrere Pfeile in der Hand und stellte sich hinter seine Tochter.

»Siehst du das Ziel?« Clint deutete mit dem Kopf auf die Zielscheibe, die in einigen Metern Entfernung an einem Baum hing.

»Hmm-hmm«, antwortete Lila.

»Gut. Dann überlegen wir mal, wie du es triffst«, sagte Clint. »Rutsch ein bisschen hier rüber …« Er zeigte mit der Stiefelspitze auf die Stelle und drehte Lilas linken Fuß in die richtige Position.

»Etwas in die Richtung«, wies er sie an. »Genau.«

Clint stellte sich hinter Lila und half ihr dabei, die korrekte Haltung eines Bogenschützen einzunehmen. Sie blickten beide zur Zielscheibe hinüber.

»Die Hüfte so. Okay? Siehst du es?«

»Ja.«

Sanft schob Clint Lila eine Haarsträhne ins Gesicht, um sie zu ärgern.

»Sicher? Und? Sieht du jetzt was?«

Lila fing an zu lachen. »Nein!«

Clint ärgerte seine Tochter noch ein wenig länger und hielt ihr sogar eine Hand vor die Augen.

»Und wie ist es jetzt?«, fragte er, und sie mussten beide lachen.

Als Clint Lila einen Pfeil reichte, schaute er kurz zu seinen beiden Söhnen Nathaniel und Cooper hinüber, die hinter ihnen auf einem Feld Fangen übten. Die Jungen wurden so schnell groß.

»Alles klar. Bereit? Drei Finger«, ermahnte Clint Lila, damit sie die Bogensehne auch richtig anfasste.

»Sehr gut!«, rief einer der Jungen in der Ferne.

Clint drehte leicht den Kopf und beobachtete, wie Cooper einen Baseball mit seinem Handschuh fing. Der Junge stellte den rechten Fuß etwas vor und warf seinem Bruder den Ball zurück. Nathaniel fing ihn ebenfalls problemlos auf. Und so ging es hin und her.

»Guter Wurf, kleiner Mann!«, rief Laura vom Picknicktisch herüber. »Hey, wollt ihr zwei Mayo? Senf? Oder beides?«

Lila hatte den Pfeil angelegt. Sie hielt ihn mit drei Fingern fest, wie ihr Vater es ihr beigebracht hatte. Konzentriert visierte sie das Ziel an, nur um auf einmal die Körperspannung zu lockern und Pfeil und Bogen sinken zu lassen. Sie sah ihren Vater an, als könne sie ihren Ohren nicht trauen.

»Wer macht denn Mayo auf einen Hotdog?«, fragte Lila irritiert.

Clint winkte seiner Frau zu. »Na, deine Brüder«, meinte er amüsiert zu Lila, um dann zu rufen: »Zwei mit Senf, bitte! Danke, Mama!«

»Geht klar!«, rief Laura zurück. Dann drehte sie sich zu Nathaniel um. »Nate, Mayo oder Senf?«

»Ich nehme Ketchup«, erwiderte Nate.

»Ketchup. Ketchup habe ich auch«, sagte Laura.

Clint war einige Schritte zurückgegangen, damit Lila genug Platz hatte. Sie hob den Bogen und richtete den Pfeil auf die Zielscheibe.

»Achte auf deinen Ellbogen«, ermahnte Clint seine Tochter und ließ sie nicht aus den Augen.

Sie holte Luft, stieß sie wieder aus und ließ den Pfeil fliegen. Er sauste durch die Luft und landete einen Sekundenbruchteil später in der Zielscheibe, und zwar genau in der Mitte.

Lächelnd trat Clint vor und klatschte Lila ab.

»Gut gemacht, Adlerauge«, lobte er sie stolz. »Hol deinen Pfeil.«

»Hey, Leute! Genug geübt! Kommt essen!«, rief Laura vom Picknicktisch herüber.

»Alles klar. Wir kommen. Wir haben Hunger«, erwiderte Clint. Er drehte sich wieder zur Zielscheibe um, konnte Lila jedoch nirgendwo entdecken. Auch als er sich umschaute, war seine Tochter nicht zu sehen. »Lila, los, gehen wir. Lila?« Wo steckte sie?

Clint machte noch einige Schritte und hielt den Blick dabei auf die Zielscheibe gerichtet. Als er nach unten sah, entdeckte er etwas und hob es vom Boden auf.

Es war Lilas Pfeil.

Wohin war sie nur verschwunden?

»Schatz?«, rief Clint.

Doch er bekam keine Antwort.

»Hey, Babe?« Niemand erwiderte etwas. Es schien auf einmal unheimlich ruhig geworden zu sein.

Clint ging vom Baum auf das Feld zu, auf dem der Picknicktisch stand. Aber auch von Laura, Cooper und Nathaniel war nichts zu sehen. Der Pfeil entglitt ihm und fiel auf den Boden, als Clint auf den Tisch zurannte und sich dabei panisch umsah.

»Babe? Babe?«, rief Clint, ohne eine Antwort zu erhalten. Er stieß einen lauten Pfiff aus. »Jungs! Jungs? Laura!«

Doch es war niemand da, der ihm antworten konnte. Nur Clint Barton stand hinter dem Haus seiner Familie auf dem Feld.

Mutterseelenallein.

1

»Das musst du gar nicht machen«, sagte Tony Stark und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.

Tony saß an einem Tisch im Raumschiff Milano. Er hatte gerade ein kleines Stück Silberpapier, das zu einem Dreieck gefaltet worden war, über den Tisch und zwischen Nebulas Daumen hindurchgeschnippt.

Tor.

Dank ihrer schnellen Reflexe schaffte es Nebula, den Fußball aus Papier zu fangen. Sie stieß ein Grunzen aus und sah Tony an.

»Weil man eigentlich einfach nur still hält«, erklärte er. Dann legte er die Handkanten auf den Tisch, streckte die Zeigefinger aus, sodass sie sich berührten, und reckte die Daumen in die Luft. Er bedeutete Nebula, ihren Schuss zu machen.

Nebula balancierte den Fußball auf einer Spitze und schnippte das Papierstück mit einem Finger über den Tisch. Sie sah zu, wie es durch die Luft segelte und das Tor verfehlte. Stattdessen landete es auf Tonys Arm.

»Oh ja«, kommentierte Tony den Versuch. »Das war nah dran.«

Nebula knurrte. Sie nahm den Papierfußball in die Hand und stellte ihn erneut auf. Diesmal schnippte sie ihn etwas weiter nach rechts. Er flog über den Tisch und genau zwischen Tonys Daumen hindurch.

»Das war ein Tor«, bestätigte Tony mit leichtem Lächeln in der Stimme.

Nebula richtete sich ein wenig auf und legte beide Hände auf den Tisch.

»Jetzt haben wir jeder eins«, verkündete Tony den aktuellen Spielstand.

»Ich will es noch mal versuchen«, erklärte Nebula entschlossen. Sie war fasziniert von etwas so Simplem wie einem Spiel, bei dem sie sich noch nicht einmal aktiv gegen einen Feind verteidigen oder ihn verprügeln musste, um wieder einmal vergeblich zu versuchen, ihren Adoptivvater Thanos zu beeindrucken. Aber ihre Vorgeschichte ließ ihren Wettkampfgeist erwachen.

Erneut schnippte sie den Papierfußball über den Tisch und verfehlte das Ziel. Danach war Tony an der Reihe. Der Ball landete zwischen den »Torpfosten«.

Tony lag in Führung.

Doch Nebula lernte schnell. Beim nächsten Versuch erzielte auch sie ein Tor.

»Wir haben Gleichstand«, teilte Tony ihr mit.

Nebula legte die Hände auf die Tischplatte, um wieder ein Tor zu bilden. Sie sah auf ihre Finger hinab und warf dann einen Blick über den Tisch, um ihren Gegner abschätzend zu mustern.

»Spürst du den Druck? Ist spannend«, bemerkte Tony spielerisch. Dann schnippte er den Fußball und musste mit ansehen, wie dieser neben dem Tor landete. »Ich hab’s versemmelt. Jetzt hast du die Chance zu gewinnen«, erklärte er freundlich, aber auch leicht herablassend.

Wieder nahm Nebula den Fußball, platzierte ihn auf dem Tisch und schnippte. Das Papierstück segelte direkt zwischen Tonys Daumen hindurch und landete in seinem Schoß.

»Und du hast gewonnen.« Er lächelte sie an.

Nebula lehnte sich zurück. Die Worte »Du hast gewonnen« hatte sie in ihrem Leben noch nicht sehr oft gehört.

»Ich gratuliere. Gutes Spiel.«

Dann machte Tony etwas, das Nebula ebenso überraschte wie verwirrte. Er streckte eine Hand über den Tisch aus und sah sie erwartungsvoll an. Zuerst wusste sie nicht, was sie tun sollte, aber dann dachte sie: Erwartet er etwa, dass ich seine Hand nehme? Wozu? Um sie ihm abzureißen?

Aber sie überlegte es sich anders, streckte ebenfalls langsam die Hand aus und ergriff seine. Tony machte es vor und sie schüttelten sich die Hand.

»Verdient gewonnen«, erklärte Tony. »Hat’s Spaß gemacht?«

»Es hat Spaß gemacht«, gab Nebula zu, auch wenn sie es selbst kaum glauben konnte.

Nach einem weiteren Spiel zog sich Tony auf das Flugdeck der Milano zurück. Er saß auf dem kalten Metallboden und hielt seinen Iron-Man-Helm in der Hand. Die Kopfbedeckung war im Kampf schwer beschädigt worden und würde erst nach umfangreichen Reparaturen wieder benutzbar sein. Dummerweise verfügte er nur über begrenzte Ressourcen.

Außerdem hatte er ohnehin nicht vor, den Helm zu reparieren.

Er griff hinein und drückte auf einen kleinen Knopf, um die Aufnahmefunktion zu aktivieren. Ein Lichtstrahl fiel direkt auf Tony. Seufzend richtete er sich auf und starrte in die Augen des Helms.

»Ist das an?«, witzelte er. »Hey, Miss Potts. Pep. Wenn du diese Aufzeichnung findest, dann poste es nicht auf Social Media. Es wird echt ziemlich schnulzig.«

Während der Helm Tonys Bewegungen und Worte aufzeichnete, flackerte das Licht, das von den Augen ausging.

»Ich weiß nicht, ob du das hier je siehst«, sagte Tony und bezog sich damit auch auf die vielen anderen Nachrichten, die er in der letzten Zeit für sie aufgenommen hatte. »Ich weiß nicht einmal, ob du noch … Oh Gott, ich hoffe es so sehr.« Er holte tief Luft und versuchte, nicht vom Schlimmsten auszugehen, das der Frau, die er liebte, zugestoßen sein konnte.

Tony blickte durch das Cockpit der Milano in den gewaltigen, von Sternen übersäten Weltraum, der ihn umgab.

»Heute ist Tag … einundzwanzig? Nein, äh, zweiundzwanzig.« Es fiel Tony schwer, sich nicht zu verzählen. »Und mal abgesehen von der existenziellen Angst, die der Ausblick in die unendliche Leere des Weltalls auslöst, würde ich sagen, ich fühle mich heute etwas besser. Die Infektion ist abgeklungen dank Schlumpfine da hinten«, fuhr er fort und bezog sich damit auf Nebula. Sie hatte nach dem Kampf gegen Thanos seine Wunden gepflegt und behandelt.

»Oh, du würdest sie lieben. Sie ist sehr praktisch veranlagt. Und nur ein klitzekleines bisschen sadistisch.« Tony hoffte, dass Pepper über diese Bemerkung lachen würde, falls sie sie jemals zu hören bekam. »Die Brennstoffzellen wurden bei der Schlacht beschädigt, aber wir konnten die Ionenladung umkehren und so noch etwa achtundvierzig Stunden Flugzeit rausschlagen.«

Einen Moment lang hatte Tony eine ganz trockene Kehle und konnte nicht weitersprechen. Dann fuhr er trotzdem fort. »Aber viel gebracht hat es nicht. Tausend Lichtjahre vom nächsten Supermarkt.«

Er dachte an die Nahrungsknappheit an Bord. Sie hatten an diesem Morgen die letzten Rationen verspeist. Tony hatte sie Nebula geben wollen, doch sie hatte ihm stattdessen ihre Ration überlassen. Sie wusste, dass sie stärker war als er und länger ohne Nahrung durchhalten konnte. Möglicherweise war sie auch einfach nur nett gewesen. Oder es lag daran, dass die Rationen widerlich schmeckten.

»Der Sauerstoff hält noch bis morgen früh und das war’s dann. Und, Pep, ich weiß, ich hab gesagt, keine Überraschungen mehr, aber ich hatte gehofft, ich kann noch eine letzte aus dem Hut zaubern«, gab er zu.

Tony stieß die Luft aus und blickte durch das Fenster in den Weltraum hinaus. »Aber es sieht so aus … Na ja, du weißt, wie es aussieht. Sei nicht traurig deswegen. Na ja, vielleicht trauerst du doch, aber nur ein paar Wochen, und lebst dann, mit enormen Schuldgefühlen …«

Seine Stimme brach und ihm fehlte schlicht die Energie für den für ihn so typischen schwarzen Humor. Tony war leicht schwindlig. »Ich sollte mich ein bisschen hinlegen. Die Augen zumachen. Ich will, dass du weißt … Wenn ich einschlafe, dann wie jede Nacht in letzter Zeit. Es geht mir gut. Es geht mir wirklich gut. Ich habe von dir geträumt. Ich träume immer von dir.«

Unsagbar müde griff Tony in den Helm und deaktivierte den Rekorder. Das Licht ging aus. Dann zog er sich die Jacke an und legte sich seitlich auf den Boden. Mit einem Arm als Kopfkissen schloss Tony die Augen und fiel in einen unbehaglichen, ruhelosen Schlummer.

Nebula betrat das Flugdeck und sah den schlafenden Tony auf dem Boden liegen. Sie war ein bisschen erstaunt darüber, dass er noch am Leben war. Er war nicht von Thanos zum Krieger ausgebildet worden. Er hatte nicht wie sie fast sein ganzes Leben lang gegen eine meisterhafte Assassine wie ihre Adoptivschwester Gamora kämpfen müssen. Wieso war er dann so schwer zu töten? Sie bewunderte seinen Einfallsreichtum und bewertete gleichzeitig seinen geschwächten Zustand. Er mochte ein Kämpfer sein, aber es machte ganz den Anschein, als wäre er drauf und dran, den Kampf nun doch zu verlieren.

Sie stand über ihm und drehte ihn auf den Rücken. Dann zog sie ihn hoch und hievte seinen Körper in den Kapitänssitz der Milano.

Tony wachte nicht einmal auf.

Mit einer seltenen ebenso kameradschaftlichen wie tröstenden Geste berührte sie seine Schulter, bevor sie weiter ins Schiffsinnere ging. Doch plötzlich bemerkte sie ein Leuchten vor dem Cockpit des Schiffes.

Wurden sie angegriffen? Das war ihr erster Gedanke. Als jedoch nichts mit dem Schiff kollidierte, fragte sie sich, ob es sich vielleicht um einen Kometen handelte.

Das Licht wurde immer heller, und Nebula sah, dass Tony aufgewacht war und versuchte, mit einer Hand seine Augen abzuschirmen.

Sie staunten beide, als sie erkannten, wovon das gleißende Licht ausging: Es war eine in Rot und Blau gekleidete Frau, die im Weltraum schwebte.

Die Frau lächelte.

2

Wie lange trug er jetzt schon einen Bart?

Steve Rogers konnte sich nicht mehr genau erinnern. Es waren mindestens ein paar Jahre. Möglicherweise kam ihm das auch nur so vor. Und jetzt stand er hier im Hauptquartier der Avengers mit einem Rasierer in der Hand vor dem Waschbecken. Während das warme Wasser aus dem Hahn strömte, schüttelte Steve den Rasierer unter dem Wasserstrahl und zog ihn dann den Hals hinauf bis zum Kinn. Erneut spülte er den Rasierer aus, schüttelte ihn und legte ihn aufs Waschbecken.

Er nahm sich ein Handtuch, trocknete sich das Gesicht ab und blickte in den Spiegel. Steve erkannte den glatt rasierten Mann, der ihm da entgegensah, kaum wieder.

Dank der vielen Jahre im Eis sah er noch genauso aus wie der Steve, der vor über 70 Jahren eingefroren worden war.

Doch in vielerlei Hinsicht hatte er sich ziemlich verändert, was vor allem an den Dingen lag, die er in der kurzen Zeit seit seiner Wiederbelebung hatte mit ansehen müssen. Er mochte nicht älter geworden sein, war der Welt jedoch zunehmend überdrüssig.

Beim Blick in den Spiegel rückte er einen kleineren Seitenspiegel an einer Metallstange zurecht, um sich genauer in Augenschein zu nehmen. Der Spiegel fing an zu zittern, und Steve streckte eine Hand aus, um ihn festzuhalten.

Doch der Spiegel zitterte weiter und kurz darauf tat es ihm das ganze Badezimmer nach.

Im nächsten Augenblick war Steve auch schon hinausgestürmt.

Vor dem Hauptquartier der Avengers im Hinterland des Staates New York traf Steve Rogers auf seine Teamkameraden Natasha Romanoff, Bruce Banner und James Rhodes. Die Avengers starrten in den Nachthimmel, an dem ein Flugzeug, wie es keiner von ihnen je gesehen hatte, schwebte.

Nein, es schwebte nicht.

Es wurde in der Luft gehalten.

Von Carol Danvers.

Sie hatten die geheimnisvolle Frau vor Kurzem kennengelernt, als sie ins Hauptquartier der Avengers gestürmt war und verlangt hatte, Nick Fury zu sprechen. Anscheinend hatte sein Pager, den sie ihm vor Jahren gegeben hatte, ein Notsignal gesendet, und so war sie aus der hintersten Ecke des Weltalls hergekommen, um ihm zu helfen. Bei ihrer Ankunft hatte sie Fury jedoch nicht angetroffen, dafür aber die Avengers.

Carol setzte das Schiff auf dem Rasen vor dem Gebäude ab, wo Pepper Potts bereits ungeduldig wartete. Einen Augenblick später ging die Luke auf, eine blauhäutige Frau trat heraus und half Tony Stark beim Aussteigen. Steve lief sofort hinüber, um Nebula zu helfen.

Es kam Steve so vor, als hätte Tony etwas gesagt, aber seine Stimme klang so schwach. »Ich konnte ihn nicht aufhalten«, schien er zu murmeln.

»Ich auch nicht«, erwiderte Steve. Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte.

Sie blieben kurz stehen und Pepper eilte an Tonys Seite. Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.

»Der Junge … Ich habe ihn verloren.« Tony war wütend und von Schuldgefühlen geplagt. Steve wusste, dass er Peter Parker meinte.

»Wir haben verloren, Tony«, sagte Steve. Und noch so viel mehr.

Während Pepper Tony vom Raumschiff wegführte, drehte sich Steve zu der blauhäutigen Frau um, die sich auf die unterste Stufe gesetzt hatte. Rocket ging zu ihr und nahm neben ihr Platz.

Sie hielten sich an den Händen und überließen sich ihrer lautlosen Trauer.

Tony Stark sah nicht so aus wie sonst, ganz im Gegenteil. Der Kampf gegen Thanos, die von seinen Wunden ausgelösten Infektionen sowie die Entbehrungen während der Reise durch das Weltall hatten ihren Tribut gefordert. Er wirkte ausgemergelt, die Haut spannte sich über seinen Knochen, und seine Augen lagen tief in den Höhlen. Er war blass und schien fast schon paranoid zu sein. Sie hatten ihn in einen Rollstuhl gesetzt und ihn an einen Tropf angeschlossen, damit er so schnell wie möglich mit Flüssigkeit und Nährstoffen versorgt werden konnte. Doch er wollte offensichtlich nicht einsehen, dass es Zeit brauchen würde, bis seine körperlichen Verletzungen geheilt waren. Die seelischen würden noch weitaus länger zu spüren sein.

Er hob in seinem Rollstuhl den Kopf und stellte fest, dass er sich in einer der Lounges im Hauptquartier der Avengers aufhielt. Um ihn herum waren seine Teamkameraden versammelt. Na ja, zumindest einige. Ihm fielen auch mehrere neue Gesichter auf.

Über ihnen wurden auf holografischen Anzeigen die Gesichter von Tonys anderen Teamkameraden angezeigt und von weiteren Menschen, die er kaum richtig kennengelernt hatte. Unter jedem Foto stand ein Name. Und neben jedem Namen stand ein Wort, das Tony nicht mehr ertragen konnte.

JAMES BARNES – VERMISST

STEPHEN STRANGE – VERMISST

ERIK SELVIG – VERMISST

SAMUEL WILSON – VERMISST

HOPE VAN DYNE – VERMISST

WANDA MAXIMOFF – VERMISST

HENRY PYM – VERMISST

SCOTT LANG – VERMISST

PETER PARKER – VERMISST

SHURI – VERMISST

T’CHALLA – VERMISST

NICK FURY – VERMISST

In dem Augenblick, in dem Thanos mit dem Finger geschnipst und das volle Potenzial des Infinity-Handschuhs freigesetzt hatte, waren diese Menschen – und Billionen anderer im ganzen Universum – einfach verschwunden.

Tony verlor sich in der Welt der Vermissten, als er die Stimme seines Freundes James Rhodes hörte, der von seinen Freunden und Teamkameraden Rhodey genannt wurde.

»Es ist jetzt dreiundzwanzig Tage her, dass Thanos auf die Erde gekommen ist«, sagte Rhodey ernst.

»Die Regierungen der Welt sind zerschlagen«, fügte Natasha hinzu. »Die Teile, die noch funktionieren, zählen die Verluste, und offenbar hat er … Er hat genau das getan, was er angekündigt hatte. Thanos hat fünfzig Prozent aller Lebewesen ausgelöscht.« Sie versuchte, diese Offenbarung sachlich vorzutragen, aber die Wahrheit war selbst für sie mit ihrer coolen Art nicht zu ertragen.

Tony wandte den Blick von den holografischen Bildern ab und musterte seine Teamkameraden. Ihm fiel auf, dass sich einer nicht einmal im Raum aufhielt, sondern draußen vor sich hin brütete.

Thor.

»Wo ist er jetzt?« Tony wollte mehr über Thanos’ Aufenthaltsort wissen. »Wo?«

Steve seufzte. »Das wissen wir nicht. Er hat ein Portal geöffnet und ist verschwunden.«

Tony kaute nervös auf der Innenseite seiner Wange herum, während er seinen Rollstuhl in Bewegung setzte. Er sah zu Thor hinüber. »Was ist mit ihm los?« Abgesehen vom Offensichtlichen.

Obwohl er sich nicht im selben Raum befand, hob Thor den Kopf und sah Tony durch das Fenster an.

»Ist schwer angepisst«, erkannte Rocket, der mit dem Rücken an der Wand lehnte. »Er denkt, er hätte versagt. Und klar, hat er ja auch, aber da ist er ja wohl nicht der Einzige, hm?« Ihnen allen ging es ähnlich.

Tony starrte Rocket an und sagte dann, ohne zu zögern: »Ganz ehrlich, bis zu dieser Sekunde dachte ich, du wärst ein Plüschtier.«

»Vielleicht ist es so«, entgegnete Rocket. Er hatte immer großen Spaß daran, sich über die Erwartungen anderer hinwegzusetzen. Sein ganzes Leben war der Beweis dafür.

Tony wusste nicht so recht, was er von diesen Worten halten sollte.

Anstatt auf Rockets Eignung als Stofftier einzugehen, setzte Steve die Besprechung fort. »Wir suchen Thanos mittlerweile seit drei Wochen. Mit Weltraumscans und Satelliten, aber ohne Erfolg. Du hast gegen ihn gekämpft, Tony.«

Tony drehte den Kopf ruckartig zu Steve herum. »Wer sagt das? Gekämpft eher nicht. Nein, er hat mir einen Mond um die Ohren gehauen, während der Bleecker-Street-Zauberer einfach alles verschenkt hat. So war das. Es war kein Kampf, weil er … unbesiegbar ist.« Er konnte die Verbitterung nicht verhehlen oder dass ihm die Niederlage zusetzte.

Beim »Bleecker-Street-Zauberer« handelte es sich um Doctor Stephen Strange. Tony begriff noch immer nicht, dass der Zauberer den Zeitstein – den Infinity-Stein, der ihm anvertraut worden war – einfach Thanos gegeben hatte. Nur, um Tony das Leben zu retten. Womit Tony irgendwie doppelt schuld daran war, dass sie verloren hatten.

»Okay.« Steve wollte lieber nach vorn blicken, als sich auf das Negative zu konzentrieren. »Gab es irgendwelche Hinweise, Koordinaten, irgendetwas?«

Tony sah Steve an und fasste sich an die Schläfe, als würde er nachdenken. Dann prustete er laut.

Natasha und Steve warfen sich einen besorgten Blick zu. Das war nicht der Tony, den sie kannten. Würde er sich je wieder davon erholen?

»Ich habe es vor ein paar Jahren kommen sehen«, beschwerte sich Tony, dessen Stimme nun zeternd klang. »Ich hatte eine Vision; ich wollte es nicht glauben. Ich dachte, ich würde träumen.«

»Tony, ich brauche deine Aufmerksamkeit«, sagte Steve mitfühlend.

»Und ich hätte dich gebraucht«, fauchte Tony. »Vergangenheitsform. Das toppt, was du brauchst. Es ist zu spät, Kumpel. Entschuldige.«

Tony beugte sich über den Tisch und schnüffelte an einer Schüssel mit einem Essensrest. Er streckte eine Hand danach aus und warf die Schüssel versehentlich auf den Boden. Dann stand er aus dem Rollstuhl auf.

»Brauchen tue ich jetzt nur noch eine Rasur«, erklärte Tony und zog sich die Infusionsnadel aus dem Arm.

»Tony, Tony, Tony!«, rief James. Sein Freund schien kurz vor dem Durchdrehen zu sein.

»Und ich meine, ich hätte es gesagt, jahrelang, euch und den Nicht-Anwesenden, dass das, was wir brauchen, ein Schutzwall um die ganze Welt ist. Wisst ihr das noch? Ob es unsere kostbare Freiheit nun einschränkt oder nicht. Aber gebraucht hätten wir genau das.« Tony suhlte sich fast schon manisch in seinem Elend.

»Nur hat das nicht funktioniert, nicht wahr?«, rief Steve ihm in Erinnerung.

»Ich sagte, wir werden verlieren. Und du sagtest: ›Dann tun wir das auch gemeinsam.‹ Und weißt du was, Cap? Wir haben verloren. Und du warst nicht da. Aber so machen wir das, oder? Wir handeln erst hinterher, wenn es zu spät ist.« Seine Stimme wurde immer schriller und anklagender.

Tony wirkte wie im Delirium und taumelte nach hinten. James trat einen Schritt vor und nahm Tonys Arm, um ihn zu stützen. Als er jedoch versuchte, ihn wieder in den Rollstuhl zu drücken, ließ Tony das nicht zu.

»Denn wir sind ›Avengers.‹ Wir sind ›Avengers‹, nicht ›Pre-vengers‹. Richtig?« Ihr Scheitern schien ihm den Verstand zu rauben.

»Okay, wir haben es verstanden«, sagte James zu seinem Freund. »Jetzt setz dich hin, ja?«

Tony deutete auf Carol Danvers. »Okay. Nein, nein, ich wollte noch sagen: Sie ist übrigens toll.« Seine Gedanken schienen in seinem Kopf herumzuwirbeln und sich so schnell zu drehen, dass sein Mund nicht mehr hinterherkam.

»Du bist krank, Tony. Setz dich«, drängte James.

»Wir brauchen dich«, sagte Tony zu Carol, die nur schweigend zusah, wie der Irre in der Mitte ihrer neuen Gefährten tobte. »Frisches Blut.«

Dann sah er Steve Rogers an.

»Wir müden alten Esel«, schimpfte Tony. »Ich hab nichts für dich, Cap. Keine Koordinaten, keine Hinweise, keine Strategien, keine Optionen. Null Komma gar nichts. Und kein Vertrauen.«

Mit einem harschen Raunen verurteilte er seinen ehemaligen Teamkameraden. »Du Lügner.«

Er riss sich das Gehäuse von der Brust, in dem sich die Iron-Man-Rüstung befand, und drückte es Steve in die Hand.

»Hier, nimm das«, verlangte Tony und verlor beinahe das Gleichgewicht. »Wenn du ihn findest, steck das an. Und geh in Deckung.«

Dann brach Tony Stark zusammen.

3

Rhodey stand neben dem Bett, in dem der bewusstlose Tony Stark lag. Nach seinem Zusammenbruch hatten sie Tony auf die Krankenstation gebracht. Rhodey hatte ihn keinen Augenblick aus den Augen gelassen, ebenso wenig wie Pepper, die auf der anderen Bettseite saß.

Er nahm Tony die Brille ab und legte sie vorsichtig auf den kleinen Nachttisch. Dann verließ er den Raum. Steve, Carol und Nat warteten draußen auf ihn.

»Bruce hat ihm ein Sedativum gegeben«, teilte Rhodey ihnen mit. »Vermutlich schläft er für den Rest des Tages.«

»Kümmert euch um ihn. Ich bringe ihm ein Xorrian-Elixier mit, wenn ich zurückkomme«, versprach Carol.

Rhodey hatte nicht die geringste Ahnung, was ein »Xorrian-Elixier« war, aber er vermutete, dass es sich dabei um ein Heilmittel handelte.

»Wo willst du hin?«, fragte Steve.

»Thanos umbringen«, antwortete Carol schlicht. Das war die einzig logische Handlungsweise.

Sie wollte schon gehen, doch Nat stellte sich ihr in den Weg.

»Hey. Normalerweise arbeiten wir hier als Team«, erklärte Nat der Neuen. »Und mal unter uns, die Moral ist leicht angeknackst.«

Steve schaute kurz zur Decke. »Wir wissen, dass das da oben eher dein Territorium ist, aber das ist auch unser Kampf.«

»Weißt du denn, wo er ist?«, wollte Rhodey wissen.

Carol sah erst Rhodey an und drehte sich dann zu Nebula um, die auf dem Flur aufgetaucht war. »Ich kenne Leute, die es wissen könnten.«

»Thanos hat viel Zeit darauf verwendet, mich zu perfektionieren«, vertraute Nebula dem Team an. »Und bei der Arbeit redete er über seinen ›Großen Plan‹. Sogar in zerlegtem Zustand wollte ich ihm gefallen. Ich fragte ihn, wohin wir gehen, wenn er seinen Plan umgesetzt hat. Und seine Antwort war immer gleich. ›In den Garten.‹«

Nebula lehnte sich in der Lounge an einen Tisch. Sie sah über die Schulter zu Bruce Banner hinüber, der sie musterte. Nein, nicht sie. Er starrte den Tisch an, auf dem ein Hologrammprojektor ein Bild der Erde anzeigte.

»Also, wo ist er?«, wollte Steve wissen.

Rocket stand auf dem Tisch neben dem Hologramm. »Als Thanos mit den Fingern geschnipst hat, ging von der Erde ein Energiestoß von geradezu albern kosmischen Ausmaßen aus«, merkte er an. »Niemand hat so was je zuvor gesehen. Bis vor zwei Tagen.«

Nebula beobachtete, wie ein Energiestoß auf der holografischen Erde erschien. Kurz darauf wurde die Erde von einem Bild des Weltraums ersetzt, und das Hologramm sprang von einem Planeten zum nächsten, bis es bei einer anderen Welt mit einem ähnlichen Energiestoß anhielt. Dieser war kleiner als der, den sie auf der Erde gesehen hatten, sah ansonsten jedoch sehr ähnlich aus.

»Auf diesem Planeten«, sagte Rocket und deutete auf das Hologramm.

»Thanos ist dort«, verkündete Nebula. Ihre Stimme klang eiskalt, aber sie strömte eine wütende Energie aus.

Natasha sah sich das Hologramm genauer an, während Steve hinter ihr auf und ab ging. »Er hat die Steine noch mal eingesetzt«, stellte sie fest.

Thor saß am Tisch und reagierte weder auf Natasha noch auf das Hologramm. Es war, als wäre er überhaupt nicht anwesend. Auf dem Tisch neben ihm standen ein Teller mit einer Mahlzeit und ein Getränk, und er hockte einfach nur da, ohne ein Wort zu sagen.

»Äh«, schaltete sich Bruce in dem Versuch ein, die anderen etwas zu bremsen. »Unsere Personaldecke ist recht dünn, wisst ihr?« Er wollte nicht zulassen, dass sie sich auf eine Selbstmordmission begaben.

»Ja, er hat immer noch die Steine, also …«, setzte Rhodey an.

»Dann holen wir sie uns«, entschied Carol, die sofort zur Tat schreiten wollte. »Und benutzen sie, um alle zurückzuholen.« Einfache Pläne waren ihrer Ansicht nach die besten. Darin blieb auch weniger Platz für Fehler.

»Einfach so?«, fragte Bruce skeptisch.

»Ja«, entschied Steve. »Einfach so.« Er war bereit, etwas zu unternehmen. Mit Herumsitzen und Däumchendrehen würden sie nichts erreichen.

»Selbst, wenn es nur eine kleine Chance gibt, alles ungeschehen zu machen … Wir schulden es jedem, der nicht hier im Raum ist, es zu versuchen«, stimmte Natasha Steve zu.

Bruce wollte es wirklich gern für möglich halten, aber als vorsichtiger Wissenschaftler musste er sich einfach bremsen. »Wenn wir das tun, woher wissen wir dann, dass es jetzt anders ausgeht als beim letzten Mal?«

»Beim letzten Mal hattet ihr mich noch nicht«, erklärte Carol mit wohlverdienter Selbstüberzeugung. Aber die anderen schienen weniger zuversichtlich zu sein.

»Hey, für die Neuen hier«, schaltete sich Rhodey ein. »Alle Anwesenden kennen sich mit dem Leben als Superheld aus. Und wenn ich das mal fragen darf: Wo bist du eigentlich die ganze Zeit gewesen?«

Carol sah Rhodey mit schief gelegtem Kopf an und antwortete ganz sachlich. »Im Universum gibt es noch mehr Planeten. Und bedauerlicherweise hatten die euch nicht.«

Endlich erhob sich Thor von seinem Stuhl. Er ging um den Tisch herum und baute sich direkt vor Carol auf. Als er neben ihr eine Hand ausstreckte, sah sie ihm direkt in die Augen. Es rauschte und auf einmal flog Thors Waffe Sturmbrecher durch die Luft und landete in Thors Hand. Die geheimnisvolle Axt sauste so dicht an Carols Kopf vorbei, dass ihr Haar aufgewirbelt wurde, und verfehlte sie nur um wenige Millimeter.

Sie zuckte nicht einmal zusammen.

Sie lächelte nur.

»Die gefällt mir«, erklärte Thor.

Steve betrachtete den Gartenplaneten auf der holografischen Anzeige und atmete tief ein. »Holen wir uns diesen Mistkerl.«

4

Der Morgen war bereits angebrochen, als die Milano durch die Wolkendecke rings um die Erde brach. Während das Schiff die Atmosphäre des Planeten verließ, wurden die Bremsraketen gezündet, um die Flugbahn ins Weltall anzupassen. Die Flammen, die der Antrieb ausstieß, wechselten ihre Farbe von Orange zu Blau. Sobald das Schiff richtig ausgerichtet war, machte sich die Milano auf die Reise zum Gartenplaneten.

Zu Thanos.

Auf dem Flugdeck saßen Bruce, Natasha, Steve, Thor, Rhodey und Nebula angeschnallt auf ihren Sitzen. Carol und Rocket steuerten das Schiff.

»Okay«, wandte sich Rocket an seine Crew und hörte sich dabei an wie ein Lehrer, »wer von euch war noch nie im Weltraum?«

Steve, Rhodey und Natasha hoben die Hand.

»Wieso?«, fragte Rhodey, dem auf einmal ein wenig mulmig wurde.

Carol lachte voller Vorfreude auf.

»Wehe, ihr kotzt mir hier alles voll«, warnte Rocket die anderen und legte die Hände auf die Steuerhebel der Milano.

Nebula warf einen Blick auf eine Konsole. »Sprung erfolgt in drei …«

Steve klammerte sich instinktiv an den Armlehnen seines Sitzes fest.

»… zwei …«

Bruce schaute ins All, während sich Rhodey und Natasha einen nervösen Blick zuwarfen. Dies überstieg im wahrsten Sinne des Wortes ihren Erfahrungshorizont.

»… eins.«

Obwohl er sich darauf vorbereitet hatte, wurde Steve auf einmal durch den Druck der Vorwärtsbewegung in seinen Sitz gepresst. Die Milano näherte sich jetzt dem Sprungpunkt, einem Tor im All, das die schnellere Reise durch die Galaxie ermöglichte. Steve sah, wie in der Ferne eine hexagonale Form entstand, durch die die Milano einfach hindurchflog.

Kaum war die Milano in den Sprungpunkt hineingeflogen, kam sie an einem anderen hexagonalen Sprungpunkt auch schon wieder heraus. Augenblicklich wurden die Triebwerke deaktiviert, sodass das Schiff durch den Weltraum trieb.

Natasha wusste beim besten Willen nicht, wie lange die Reise gedauert hatte. Eine Stunde? Minuten? Ein paar Sekunden? Sie war völlig desorientiert. Als sie sich auf dem Flugdeck umschaute, erkannte sie, dass es einigen ihrer Kollegen ganz ähnlich ging.

Ein Blick durch das Fenster verriet Natasha, dass sie sich in der Nähe des Gartenplaneten befanden. Rocket aktivierte mehrere kleinere Triebwerke, die das Schiff auf eine hohe Umlaufbahn um diese Welt brachten. Mit lautem Knarren gingen die Hangartüren an der Unterseite des Schiffes auf.

Dies war Carols Zeichen. Sie verließ das Schiff und begann ihre Mission. Während sie durch das All flog, staunte Natasha, dass Carol da draußen ohne einen Raumanzug überleben konnte. Was für Kräfte besaß diese Frau überhaupt? Carol schwebte wie ein leuchtendes Objekt neben dem Schiff und tauchte vor dem Cockpitfenster auf.

»Ich seh mir das mal genauer an«, bestätigte Carol über Funk. Ihre Stimme hallte durch das Flugdeck.

Die nächsten Minuten als angespannt zu bezeichnen, wäre noch untertrieben. Jederzeit war aus jeder Richtung mit einem Angriff zu rechnen, sobald Thanos erst einmal von ihrer Anwesenheit erfahren hatte. Und keiner wusste, in welcher Form dieser Angriff erfolgen würde, schließlich war Thanos unfassbar mächtig. Natasha blickte auf ihren Tabletcomputer und verfolgte Carols Flug. Der kleine Punkt auf dem Bildschirm umkreiste den Gartenplaneten einmal mit atemberaubender Geschwindigkeit.

Natasha sah zu Steve hinüber und stellte fest, dass er ebenfalls den Kopf gesenkt hatte. Allerdings hielt er kein Tablet in der Hand, sondern etwas Kleines und Glänzendes. Es sah wie ein Kompass aus. Darin befand sich das Foto einer Frau.

Rasch klappte Steve den Kompass wieder zu.

»Es wird funktionieren, Steve«, sagte Natasha leise und wollte gleichzeitig ihn wie sich selbst damit beruhigen.

»Ja, das wird es. Denn ich wüsste nicht, was ich tun soll, wenn nicht«, erwiderte er. Sie saßen beide eine Weile schweigend da und hingen ihren Gedanken nach.

Kurz darauf hatte Carol ihre Aufklärungsmission auf dem Gartenplaneten beendet und tauchte erneut vor dem Cockpitfenster auf.

»Keine Satelliten«, teilte sie den anderen über Lautsprecher mit. »Keine Schiffe. Keine Armeen. Keinerlei Abwehrsystem. Er ist allein.«

»Und das ist genug«, fluchte Nebula. Sie wusste besser als jeder andere, wie tödlich ihr Vater sein konnte.

Zu dieser Jahreszeit erstrahlte der Garten in voller Pracht. Grüne Berge umgaben den Landstrich, auf dem Thanos seine Farm angelegt hatte. Mehrere Wasserfälle waren in einiger Entfernung zu sehen. Alles wirkte vollkommen ruhig und friedlich.

Am Rand eines Feldes hatte Thanos seine riesige Rüstung auf einen Pfosten gehängt. Sie erinnerte an eine Vogelscheuche – allerdings die wohl schrecklichste Vogelscheuche, die man je gesehen hatte. Thanos trottete über das Feld und hielt einen Sack in der rechten Hand. An der linken trug er den Infinity-Handschuh. Er bewegte sich langsam, fast schon unbeholfen. Es machte beinahe den Anschein, als wäre er deutlich gealtert.

Neben einem Busch stellte er den Sack auf den Boden und pflückte eine Frucht vom Ast. Er nahm sie genau unter die Lupe – es war ein schönes Exemplar. Dann ließ er die Frucht in den Sack fallen, hob diesen mit der Rechten wieder auf und ging zu einem kleinen Haus am anderen Ende des Feldes.

Als Thanos die bescheidene Hütte betrat, blickte er ins Feuer, das in einer Grube mitten im Raum brannte. Er war hungrig und hatte genug für eine leckere Mahlzeit geerntet. Durch das Strohdach drangen mehrere Lichtstrahlen in die Hütte. Thanos ging zum Tisch und nahm einige Früchte aus dem Sack. Er schnitt sie mit einem Messer klein und warf sie in einen Topf mit kaltem Wasser. Danach nahm er Gewürze aus einer Schüssel, die auf dem Tisch bereitstand, und gab sie ebenfalls in den Topf.

Thanos hob den Topf an und trug ihn mit der rechten Hand hinüber zum Feuer. Er setzte sich, um sich zu wärmen. Die Hitze in seinem Gesicht war angenehm und er fühlte sich lebendig. Nachdem er den Infinity-Handschuh benutzt hatte, war er sich nicht sicher gewesen, ob er je wieder etwas empfinden würde. Sein Gesicht, sein Hals und seine ganze linke Seite waren furchtbar verbrannt worden. Die Macht der Infinity-Steine war mehr, als ein Wesen komplett kontrollieren konnte, selbst eines, das so stark war wie Thanos. Er hatte darauf spekuliert, dass nur er allein ihre Macht steuern und es überleben konnte.

Und er hatte überlebt. Aber er hatte auch einen hohen Preis dafür bezahlt.

Doch alles hatte seinen Preis.

Bevor er noch länger über sein Schicksal nachdenken konnte, wurde Thanos von einem Strahl aus reiner Photonenenergie getroffen, der die dünne Wand seiner Behausung einfach durchschlug. Thanos hob den Arm, um sich mit dem Infinity-Handschuh vor dem schmerzhaften Strahl zu schützen.

Es gelang ihm jedoch nicht.

Kaum hatte der Photonenstoß aufgehört, kam plötzlich eine strahlende Gestalt durch das Loch in Thanos’ Hütte geflogen. Die Augen der Frau leuchteten, als sie Thanos zornig musterte. Er hatte sich gerade auf ein Knie aufgerichtet, da stürzte sich die Frau auf ihn. Sie stieß Thanos zu Boden, kam selbst auf, rollte sich herum und war auch schon wieder auf den Beinen. Das Leuchten, das ihren Körper umgab, ließ langsam nach.

Dann rannte sie auf Thanos zu, packte seinen Hals mit beiden Händen, sprang in die Luft und landete auf seinem Rücken. Ohne ihn loszulassen, schlang sie ein Bein um seinen linken Oberarm, damit er sich nicht zur Wehr setzen konnte. Thanos streckte die unverletzte Hand aus und versuchte, seine Angreiferin zu packen. Aber die Frau war gnadenlos. Ihr Stiefel landete auf Thanos’ linkem Handgelenk, und sie drückte den Infinity-Handschuh über das Feuer. Dabei zog sie seinen Kopf zurück, während sich seine Hand direkt über den Flammen befand.



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