Mehr als Freundschaft? - Sandra Grauer - E-Book

Mehr als Freundschaft? E-Book

Sandra Grauer

0,0
3,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie weit würdest du für die Liebe gehen? Was, wenn du dich in deine beste Freundin verliebst, sie aber schon vergeben ist? Wenn sie auf cool, sexy und durchtrainiert steht, du aber ziemlich genau das Gegenteil bist? Wenn sie alles ist, was du hast? Wenn du alles verlieren könntest? Was würdest du tun? Leon geht volles Risiko und setzt dabei nicht nur sein Herz aufs Spiel. Noch während er versucht, Mia für sich zu gewinnen, beginnen die Dinge aus dem Ruder zu laufen. Lesermeinungen: "Am Ende des Buches hatte ich Tränen in den Augen, Gänsehaut und konnte kaum noch Atmen." Binchen84 "Ein gefühlvoller Roman, der zum nachdenken anregt und einen nicht mehr loslässt." MayaS Dieses Buch ist Qindie-zertifiziert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 368

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sandra Grauer

Mehr als Freundschaft?

 

 

 

Dieses eBook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Drei Monate zuvor

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Leon

Emilia

Zeitungsartikel

Liebe Mia,

Leseprobe aus »Schattendasein – Der erste Teil der Schattenwächter-Saga«

Prolog

Satanismus für Anfänger

Danksagung

Weitere Bücher

Widmung

Impressum

Prolog

So schnell ich konnte, rannte ich die Korridore der Schule entlang. Mein Herz raste, dass ich meinte, es müsste jeden Moment zerspringen. Dennoch hatte ich das Gefühl, die Welt wäre stehen geblieben. Alles, was ich sah, sah ich in Zeitlupe: geschockte Gesichter, Angst, Tränen, Ungläubigkeit. Niemand wunderte sich darüber, dass ich durch die Korridore hetzte, oder beschwerte sich gar, wenn ich gegen ihn stieß. Ich blickte nur in geschockte Gesichter. Sie alle versuchten, das Geschehene zu verstehen. Ich rannte gegen den Strom, das wusste ich, aber ich hatte keine Wahl. Auch ich versuchte, es zu verstehen, zu begreifen. Das konnte nicht wahr sein. Nein, es durfte einfach nicht die Wahrheit sein. Anne musste sich geirrt haben. So etwas würde er nie tun, dafür kannte ich ihn zu gut. Aber wie gut konnte man einen Menschen wirklich kennen? Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf und jagte mir Angst ein. Leon hatte sich verändert. Und trotzdem. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und ich befürchtete, meine Knie könnten unter mir nachgeben. Aber eine innere Kraft trieb mich voran. Ich stieß gegen ein junges in Tränen aufgelöstes Mädchen, ohne es wirklich wahrzunehmen, und rannte weiter. Als ich schließlich um die letzte Ecke bog und mit einigen Sekunden Verzögerung schmerzhaft feststellte, dass es kein Irrtum war, drehte sich für einen Moment alles um mich herum, und mir wurde schlecht. Alle Stimmen verschwammen und wurden zu einem Ganzen, bis ich sie gar nicht mehr wahrnahm. In meinen Ohren rauschte das Blut, und mein Herz hämmerte so schnell in meiner Brust, dass ich fürchtete, es könnte jeden Moment aufhören zu schlagen. Nein, ich fürchtete mich nicht davor, ich wünschte es mir in diesem Moment sogar, denn alles wäre leichter zu ertragen gewesen als dieser Anblick. Dort stand er, Leon, mein bester Freund. Mit einer Waffe in der Hand. Als er mich erblickte und mir direkt in die Augen sah, hätte ich meinen Blick fast abgewandt. Er sah so traurig aus, so verzweifelt, dass ich schlucken musste, um auch nur ein Wort herauszubringen. »Leon«, sagte ich kaum hörbar. »Leon. Bitte tu das nicht.« Ich musste erneut schlucken, um weiter sprechen zu können. In meinen Augen brannten Tränen, doch ich hielt sie mit aller Macht zurück. Ich musste jetzt stark sein, für Leon. »Es wird alles wieder gut, das versprech ich dir.« Einen langen Moment sah er mich an, bevor er antwortete. Auf seinen Lippen war der Ansatz eines Lächelns zu sehen. »Das wird es nicht, Mia. Und das weißt du. Aber es ist okay. Leb wohl!« »Leon, nein«, stammelte ich immer wieder und trat einen Schritt näher an ihn heran. Tränen schossen mir nun endgültig in die Augen und verschleierten meinen Blick, aber ich konnte trotz allem erkennen, dass Leon die Hand mit der Waffe hob und die Mündung gegen seinen Kopf drückte.

Drei Monate zuvor

Emilia

Sonntag, 21. April, 20 UhrLiebes Tagebuch …

Kann das Leben noch schöner sein? Er hat mich geküsst. Patrick hat mich endlich geküsst. Ach, ich könnte die ganze Welt umarmen, so glücklich bin ich. Ich kann es kaum erwarten, dass endlich Montagmorgen ist und wir uns in der Schule wiedersehen. Ist das zu glauben? Wer hätte gedacht, dass ich mich noch mal auf die Schule freuen würde?! Wenn das meine Eltern wüssten. Oh Mann, vielleicht sollte ich mir ein besseres Versteck für mein Tagebuch suchen. Egal, was mach ich denn jetzt noch mit diesem wundervollen Abend? Mal wieder »Breaking Dawn« gucken? Nein, ich kann mich jetzt nicht konzentrieren, nicht einmal auf Robert Pattinson. Am besten, ich ruf Jasmin an. Hoffentlich ist sie da. Oh, ich bin ja so glücklich!!!

»Nun erzähl schon, Mia«, drängte Jasmin und zog mich beiseite. Wir standen eng beieinander vor unseren Schließfächern. Im Gang war es laut und voll, aber wir hatten noch ein paar Minuten, bis es zur ersten Stunde klingeln würde. »Ich hab dir doch gestern schon alles erzählt«, erwiderte ich grinsend. »Egal, nun schieß schon los. Ich will alles wissen, jedes kleine Detail.« »Also«, begann ich und genoss es, Jasmin noch ein wenig auf die Folter zu spannen, bevor ich weitererzählte: »Ich war mit Anne zum Schwimmen verabredet. Während ich da so vor dem Eingang stehe und auf sie warte, weil sie natürlich wie immer zu spät ist …« »Natürlich«, unterbrach Jasmin mich und verdrehte die Augen. »… steht auf einmal Patrick vor mir. So allein?, fragt er mit tiefer Stimme.« »Oh ja, seine Stimme ist fast so sexy wie die deutsche Synchro von Ian Somerhalder.« Ich lächelte verschmitzt und seufzte. »Ich weiß, seine Stimme ist wirklich sexy.« »Wessen Stimme ist sexy?«, fragte jemand Vertrautes neben mir. Ich drehte mich zur Seite und sah Leon. Er hielt mit beiden Händen die Träger seines dunklen Rucksacks, den er auf den Schultern trug, und lächelte mich an. Nun beugte er sich ein Stückchen zu mir vor, und ich gab ihm ein Küsschen auf die Wange. »Hi, Leon.« »Morgen. Also, was hab ich verpasst?« »Ich bin dann mal weg, wir sehen uns später«, meinte Jasmin zu mir, die Leon weder gegrüßt noch beachtet hatte. Nun warf sie mir noch einen eindringlichen Blick zu, bevor sie im Gewühl verschwand. »Tut mir leid«, entschuldigte ich mich zähneknirschend für Jasmins Verhalten, während wir uns gemeinsam auf den Weg zum Geschichtsunterricht machten. Doch falls sie Leon verletzt hatte, ließ er sich nichts anmerken. »Ach was, nun vergiss die mal. Sag mir lieber, von wem ihr gesprochen habt.« »Du lässt nicht locker, oder?« Leon grinste. »Nö.« »Es ging um Patrick«, antwortete ich und konnte nicht verhindern, dass ich zu strahlen begann. »Patrick, verstehe. Dann habt ihr euch am Wochenende gesehen?« »Kann man so sagen. Wir waren gestern mit ein paar Leuten schwimmen und danach noch allein ein Eis essen, und dann hat er mich geküsst.« Ich wusste, dass ich mich in diesem Moment nicht wie eine Sechzehnjährige anhörte, aber das war mir egal. Das war schließlich Leon, einer meiner besten Freunde. »Das freut mich für dich.« Er machte eine kurze Pause. »Das sollte es doch, oder?« Ich verdrehte die Augen. »Blödmann, das weißt du doch.« »Dann seid ihr jetzt also zusammen?«, fragte Leon ohne mich anzusehen. Ich zuckte mit den Schultern. »Das wird sich noch zeigen.« Leon runzelte die Stirn. »Das muss ich jetzt nicht kapieren, oder?« »Nein, musst du nicht«, antwortete ich seufzend und hielt ihm die Tür zu unserem Klassenzimmer auf.

»Welche Pizza wollt ihr?«, fragte Leon, der im Gefrierschrank herumwühlte. Nun sah er Pitt und mich an. Wie jeden Montagnachmittag trafen wir drei uns nach der Schule noch bei Leon, um Pizza zu essen und zu quatschen. »Ich nehm Salami«, antwortete Pitt, ohne nachzudenken. Leon verdrehte die Augen. »Was für eine Überraschung.« Pitt aß jeden Montag Salamipizza. Leon und ich hatten uns schon öfter gefragt, warum sie ihm nicht langsam zum Hals raushing. »Was ist mit dir?«, fragte Leon nun mich, während er eine Salamipizza aus dem Gefrierschrank angelte. »Ich glaub, ich nehm heut mal Thunfisch.« »Thunfisch, wirklich?«, meinte Pitt und grinste mich an. »Sind da nicht Zwiebeln drauf?« Verständnislos sah ich ihn an. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass er auf Patrick anspielte. »Mann Leon, du hast es ihm gesagt.« Ich stieß Leon mit meinem Ellenbogen fester in die Rippen als geplant, sodass er meine Thunfischpizza wieder zurück ins Eisfach fallen ließ. Lachend rieb er sich die Seite. »Woher sollte ich wissen, dass es ein Geheimnis ist? Schließlich hast du es ja selbst jedem erzählt.« »Mensch Mia, ich gehöre zu deinen besten Freunden, schon vergessen?«, meinte Pitt und legte mir einen Arm um die Schultern. Nun senkte er seine Stimme, er sprach aber trotzdem laut genug, dass Leon jedes Wort verstand. »Worauf steht er denn bei dir so? Als er noch mit Sabine zusammen war, hat er immer von ihrem geilen Arsch geschwärmt, bei Svenja war's die Oberweite.« »Das werd ich grad noch mit dir diskutieren«, erwiderte ich, schob seinen Arm von meiner Schulter und machte mich auf den Weg ins Badezimmer. Ich hörte Pitt und Leon lachen, war ihnen aber nicht wirklich böse. Ich kannte sie schon lange, seit dem Kindergarten, um genau zu sein, und wusste, dass sie mich nur ein wenig aufziehen wollten. Wenn es drauf ankam, waren sie für mich da. Als ich zurück in die Küche kam, lehnte Pitt lässig an der Arbeitsfläche, während Leon auf einem Stuhl am Tisch saß. Beide hatten eine Flasche Cola in der Hand. Für mich hatten sie eine Cola Light auf den Tisch gestellt. Ich setzte mich Leon gegenüber, griff nach der Flasche und öffnete sie. Während ich einen großen Schluck nahm, vermied ich es, einen der beiden Jungs anzusehen. Sie starrten mich an, das spürte ich, und warteten darauf, dass ich nachgab und von Patrick erzählte. Mit Leon sprach ich gerne über solche Sachen, ich konnte gar nicht genau sagen, warum. Er hatte irgendwie so eine Art an sich, dass ich mich ihm gerne anvertraute. Mit Pitt redete ich allerdings nicht so gerne über Jungs. Was eigentlich komisch war, denn in der Regel war er viel neugieriger als Leon, was solche Themen anging. Nicht, dass er selbst kein Liebesleben gehabt hätte und stattdessen scharf darauf war, über Hörensagen an meinem teilzuhaben. Eher im Gegenteil, Pitt war echt beliebt bei den Mädchen aus der Schule. Und ich musste zugeben, dass er verdammt gut aussah. Leon hingegen hatte überhaupt kein Glück mit Mädchen, was ich so gar nicht verstand. Schließlich sah er auch ganz gut aus, selbst wenn es einem bei seinem Anblick nicht unbedingt die Sprache verschlug. Seine Haare waren dunkelbraun. Man hätte echt was draus machen können, aber Leon hatte einfach keinen Sinn für modische Frisuren. Seit ich ihn kannte, lief er immer gleich rum. Zu allem Überfluss war er auch noch unsportlich, und das sah man seinem Körper leider Gottes auch an. Nicht, dass er dick war, eher im Gegenteil. Aber ein paar Muskeln hätten ihm schon ganz gut getan. Seine blauen Augen waren aber wirklich schön. Außerdem war er total lieb, und man konnte sich auf ihn verlassen. Das war ja wohl auch wichtig. Trotzdem hatte er bis heute noch keine Freundin gehabt. Was nicht an ihm lag, wie ich wusste. »Also, was wollt ihr wissen?«, gab ich schließlich nach. Tja, das war ein Fehler, denn Pitt wollte natürlich alles wissen. Ich tat ihm den Gefallen. Und so erzählte ich zum zweiten Mal an diesem Tag von meinem Treffen mit Patrick, während sich allmählich der leckere Pizzaduft in der Küche ausbreitete.

Leon

»Das ist doch nicht dein Ernst?«, sagte Leon fast ein wenig schockiert. Er setzte sich auf und starrte Mia, die neben ihm auf seinem Bett saß, von der Seite an. Das konnte sie einfach nicht ernst meinen. »Warum denn nicht? Ich bin schließlich auch schon fast siebzehn. Was ist also dabei?« Was dabei war? Fragte sie das gerade wirklich? Das konnte er ihr sagen. Ihm fielen tausend Gründe ein. Patrick war ein Schleimer der übelsten Sorte. Ihm lag doch überhaupt nichts an ihr. Wahrscheinlich war Sex alles, was er von ihr wollte, und anschließend würde er sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Außerdem war ihm der Gedanke an Mia und Patrick im Bett einfach zuwider. Doch das konnte er ihr ja schlecht sagen. Sie war seine einzige Freundin und neben Pitt und seiner Oma der wichtigste Mensch für ihn. Sie würde sauer werden, und er wollte sich nicht zum Idioten machen. In Liebesdingen nahm sie einfach keine Ratschläge von ihm an, auch wenn sie mit ihrem Liebeskummer immer zu ihm kam. Ein wenig konnte er es ja verstehen. Es war ja nicht so, dass er bei den Mädels so viel Erfolg hatte. Ganz im Gegensatz zu Pitt. Manchmal verstand er einfach nicht, warum sie nicht mit ihren Problemen zu ihm ging und ihn um Rat fragte. Vielleicht lag es daran, dass Pitt nicht so feinfühlig wie er selbst war. »Du kannst deine Jungfräulichkeit doch nicht einfach an den Erstbesten verschwenden«, sagte Leon schließlich. »Patrick ist nicht der Erstbeste«, meinte Mia und sah fast ein wenig beleidigt aus. Oh nein, das war er nicht. Das wusste Leon nur zu gut. Mia hatte schon einige Freunde gehabt. Er hatte sie kommen und gehen sehen. Mia vertraute ihm schließlich immer alles an. Einerseits gefiel Leon der Gedanke, dass sie zu ihm kam und nicht zu Pitt. Es war schön, zu wissen, dass er Mia wichtig war. Aber gleichzeitig war es auch ein Fluch. Ein ums andere Mal musste er hilflos zusehen, wie sie in ihr Verderben lief. Sie hatte einfach kein Glück mit den Jungs. Wobei Leon mittlerweile ziemlich sicher war, dass es nicht an mangelndem Glück lag. Mia stand einfach auf die falschen Typen. Die, die es nicht ernst meinten und einfach nur ein bisschen Spaß suchten. Sie hätte durchaus auch die besseren, netteren Typen haben können, aber irgendwie hatte sie an denen kein Interesse. Trotz allem war Leon immer für Mia da, ließ sie sich an seiner Schulter ausweinen und munterte sie wieder auf. Nur, damit sie beim nächsten Mal denselben Fehler machte. Leon seufzte. »Natürlich ist Patrick nicht der Erstbeste. So hab ich das auch gar nicht gemeint. Ich finde nur, du solltest es nicht überstürzen.« »Leon, ich bin fast siebzehn! Findest du wirklich, ich würd's überstürzen, wenn ich mit ihm schlafen würde?« Schon der Gedanke daran löste bei Leon Brechreiz aus, auch wenn er nicht sagen konnte, warum. Er riss sich zusammen. »Es geht doch gar nicht ums Alter, Mia. Aber ihr seid doch noch nicht mal zusammen.« »Das ist nur noch eine Frage der Zeit.« Leon verdrehte die Augen. Am liebsten hätte er laut geschrien. Sie wollte ihn einfach nicht verstehen. Er wünschte, Pitt wäre noch da, statt wie jeden Montagabend auf dem Fußballplatz herumzurennen. Er hätte einfach seinen Arm um Mia gelegt und gesagt: »Mia, meine Süße, nun hör mir mal zu: Patrick ist ein Idiot, der es nur auf das Eine abgesehen hat. Ein bisschen Rumknutschen und Fummeln ist ja okay, aber der Slip bleibt an.« Und Mia hätte ihm zugehört. Sicher hätte sie sich seinen Vorschlag sogar zu Herzen genommen. Doch Leon konnte ihr mit so etwas nicht kommen, das wusste er. Resigniert seufzte er nun. »Sei einfach vorsichtig, okay? Ich will doch nur vermeiden, dass er dir wehtut.« Und das wird er, Mia, das wird er. Mia ließ ihren Kopf auf Leons Schulter sinken. »Es ist ja toll, wenn du dir Sorgen um mich machst, aber ich hab alles im Griff. Glaub mir, Leon. Ich weiß, was ich tu.« Wie gern würde er ihr glauben, aber er wusste, dass dem nicht so war.

»Wir müssen was tun«, sagte Leon am nächsten Tag zu Pitt. Es war warm, und so konnten sie die Schulpause endlich mal wieder draußen verbringen. »Wahrscheinlich schmeißt er sich ihr jetzt gerade an den Hals.« Pitt grinste wissend. Leon stöhnte auf. »Oh nein, sag, dass das nicht wahr ist.« Pitt grinste immer noch. »Oh doch. Was meinst du, warum sie nicht hier ist? Mia und Patrick stehen vor den Schließfächern und knutschen.« »Und ich hatte gehofft, sie wäre bei den Hühnern.« Leon war irgendwann dazu übergegangen, Jasmin und Konsorten als »Hühner« zu bezeichnen. Das erschien ihm Mia gegenüber nur fair. Zwar konnte er ihre Freundinnen überhaupt nicht leiden, und er wusste nur zu gut, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte, aber trotzdem fiel es ihm schwer, sie »Zicken« oder noch schlimmer zu nennen. Immerhin waren sie Mias Freundinnen, und irgendwie hatte er das Gefühl, er würde damit auch sie beleidigen. »Und das von dir«, meinte Pitt. »Ich dachte, du kannst sie nicht ausstehen.« »Kann ich auch nicht. Trotzdem wär's mir lieber, Mia würde ihre Zeit mit denen verbringen als mit Patrick.« »Verstehe, wir haben einen neuen Staatsfeind Nummer Eins.« Pitt sah Leon einen Moment lang an. »Sag mal, was stört dich eigentlich so daran, wenn Mia und Patrick ein bisschen rumknutschen?« Er sah Leon einen Moment an, doch der antwortete nicht. Was hätte er auch sagen sollen? Er wusste ja selbst nicht so genau, warum er so ein Problem damit hatte. »Okay«, meinte Pitt, als er keine Antwort bekam, »es gibt bessere Typen als ihn, aber wenn ich dich mal dran erinnern darf, wen sie letzten Sommer angeschleppt hat …« »Oh Gott, jetzt komm mir bloß nicht mit Martin. Der war in der Tat noch übler drauf als Patrick, aber ich dachte, diese Phase hätten wir endlich überstanden.« Pitt legte Leon freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Mensch Leon, nun bleib mal auf dem Teppich. Was soll denn schon passieren? Im schlimmsten Fall trennen sie sich wieder. Und ja, wenn's noch blöder läuft, hatten sie dann bereits mehr miteinander«, fuhr Pitt fort, ohne Leon zu Wort kommen zu lassen. »Und? Ich glaub zwar nicht, dass Mia gleich mit ihm ins Bett hüpft, aber selbst wenn. Sie wird drüber wegkommen und schon nicht gleich schwanger werden.« »So genau wollte ich da gar nicht drüber nachdenken«, erwiderte Leon und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche. »Sollte das erste Mal nicht was Besonderes sein?« Pitt lachte. »Klar, wär ihr zu wünschen, aber wegen 'nem miesen ersten Mal geht nicht gleich die Welt unter. Deswegen kann man trotzdem noch ein tolles Sexleben haben. Guck mich an …« »Uhh, zuviel Information«, unterbrach Leon seinen besten Freund. Manchmal wunderte er sich schon, dass sie trotz ihrer Unterschiede so gut miteinander auskamen. Zumal Pitt wie Mia ja auch noch andere Freunde hatte, die mehr auf seiner Wellenlänge waren. Lachend stieß Pitt Leon in die Seite. »Nun lass doch die gute Mia ein bisschen Spaß haben. Und den solltest du auch haben. Ehrlich, Mann, wir sollten dringend 'ne Frau für dich finden. Es wird höchste Zeit.« Tja, Leon hatte sie schon mal gefunden. Zwei Mal war er so richtig verliebt gewesen. Bloß hatten die Mädchen damals nichts von ihm wissen wollen. Die Körbe, die er sich eingefangen hatte, waren schmerzhaft gewesen. Seitdem hatte er sich nicht mehr verliebt und hatte im Moment auch keinen Bedarf danach. Da Pitt ihn immer noch ansah, hob Leon nun abwehrend die Hände. »Bitte verschon mich mit irgendwelchen Verkupplungsversuchen. Das kann doch nur schiefgehen.« »Ach, ich weiß nicht, wenn man's richtig anstellt …« Leon beschloss, das Thema zu wechseln. »Also um noch mal auf Mia zurückzukommen …« Doch Pitt ging nicht darauf ein. »Mensch, Leon, ich dachte, das hätten wir. Lass sie ihre Fehler machen.« Leon nutzte diese Steilvorlage sofort. »Dann findest du also auch, dass es ein Fehler ist, sich auf Patrick einzulassen?« »Sicher ist es das, aber soll sie machen. Es ist ihr Leben, und wir sind nicht ihre Eltern. Sie wär nur sauer, wenn wir uns da einmischen. Wir sind da, wenn's nicht klappt, oder?« Leon nickte gequält. Sicher, er war immer für Mia da, das stand außer Frage. Und er würde auch dieses Mal die Scherben wieder zusammenfegen. Trotzdem hätte er Mia die bevorstehenden Tränen gerne erspart. »Und wegen der anderen Sache, da lass mich mal machen.« »Was für 'ne andere Sache?« Leon sah Pitt einen Moment verständnislos an, bevor er begriff. Es ging immer noch ums Verkuppeln. »Mensch, Pitt, ich hab dir doch gesagt …« Im selben Moment läutete es zum Ende der Pause, und Pitt nutzte die Gelegenheit sofort. Er sprang auf. »Ich darf nicht zu spät zu Mathe kommen. Die Polt hat's eh schon auf mich abgesehen.« Und damit war er verschwunden, noch ehe Leon etwas erwidern konnte.

»Stell dir vor, wir sind jetzt offiziell zusammen«, flüsterte Mia Leon zu. Wie üblich saßen sie in Geschichte nebeneinander. Mia strahlte übers ganze Gesicht. »Hab schon davon gehört«, antwortete Leon. Was sollte er auch sonst dazu sagen? Solche Floskeln wie »Freu mich für dich« oder »Wie schön« wären glatt gelogen. »Du könntest wenigstens so tun, als würdest du dich für mich freuen«, sagte Mia und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du bist schließlich mein bester Freund.« Leon überkam das schlechte Gewissen, auch wenn er es ja eigentlich nur gut mit ihr meinte. Er wandte sich ihr zu. Sie sah fast ein wenig traurig aus. »Du hast recht, Mia. Ich will doch nur, dass du glücklich bist.« Und das war nicht gelogen. Nun lächelte sie schon wieder. »Es ist schön, dass du dir Sorgen um mich machst, ehrlich. Aber übertreib es nicht, okay?« »Geht in Ordnung, ich reiß mich zusammen.« Vielleicht hatte er es wirklich ein wenig übertrieben. Wenn er genauer darüber nachdachte, dann hatte er sich noch nie so in Mias Beziehungen eingemischt. Auch wenn sie weiß Gott nicht immer die beste Wahl getroffen hatte, was Jungs anging. Andererseits war bisher auch nie von einer intimeren Beziehung die Rede gewesen. Das Thema war jetzt zum ersten Mal aufgekommen. Und ob Leon wollte oder nicht, die Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht. Dass Mia mit Typen rumknutschte, die nicht gut genug für sie waren, war eine Sache. Doch dass sie weiter ging … Darüber konnte er nicht mal nachdenken, ohne dass sich sein Magen verkrampfte. »Ich hab auch schon 'ne Idee, wie du's wieder gut machen kannst«, sagte Mia nun und lächelte Leon zuckersüß an. Leon schwante nichts Gutes. »Und das wäre?«, fragte er dennoch. »Wir gehen morgen alle zusammen schwimmen, gleich nach der Schule. Und du kommst mit.« »Mit den Hühnern und Patrick? Ist das dein Ernst?« »Leon, sie sind meine Freunde und du bist auch mein Freund. Ich möchte, dass ihr miteinander auskommt. Außerdem kommt Pitt wahrscheinlich auch mit.« »Haben Sie etwas Wichtiges zur französischen Revolution beizutragen, Emilia?«, ertönte die strenge Stimme von Herrn Feldner. »Ansonsten würde ich Sie bitten, dem Unterricht zu folgen.« Mia nickte und konzentrierte sich auf den Lehrer. Als er der Klasse jedoch für einen Moment den Rücken zudrehte, wandte sie sich noch einmal an Leon und sah ihn fragend an. Leon verdrehte die Augen, musste aber lächeln. Er freute sich immer wieder darüber, dass er Mia mindestens genauso wichtig war wie ihre anderen Freunde. Und wer weiß, vielleicht konnten sie ja wirklich alle miteinander auskommen, wenn sie es nur genug wollten. »Na gut, ich überleg's mir«, flüsterte er ihr deshalb ins Ohr.

Emilia

Völlig durchgeschwitzt kamen wir am nächsten Tag nach der Schule am Baggersee an. Auch wenn es echt eklig war, den ganzen Schultag über im Badezeug zu verbringen, hatte ich es bereits wie die anderen drunter gezogen. In diesem Moment war ich mehr als froh darüber. Wir brauchten uns nur die Klamotten vom Leib zu reißen und konnten sofort Richtung Wasser stürmen. Kaum stand ich im Wasser, blieb ich jedoch stehen. Das Wasser war kalt, richtig kalt. Doch Patrick kannte keine Gnade. Mit Schwung nahm er mich auf den Arm und lief mit mir in den Baggersee. Ich schrie, als er mich hineinwarf, sobald es tief genug dafür war. Auch die anderen Mädels hörte ich schreien. Aber bevor ich mich umdrehen konnte, tauchte Patrick plötzlich vor mir auf und küsste mich. Ich war vorbereitet, als er mich schon im nächsten Moment unter Wasser drückte und revanchierte mich, indem ich versuchte, ihm unter Wasser die Badehose herunterzuziehen. Er reagierte blitzschnell und lachte, als ich wieder auftauchte. »Netter Versuch, aber da musst du schon früher aufstehen.« »Ich dachte, du hättest sicher nichts dagegen.« »Prinzipiell nicht«, meinte er, während er mich hochhob. Ich schlang meine Beine um seine Hüften und hielt mich mit meinen Armen an seinem Nacken fest. Dann küssten wir uns eine ganze Weile. Irgendwann wurden wir jedoch geschubst, verloren das Gleichgewicht und fielen ins Wasser. Als ich wieder auftauchte, stand Pitt grinsend neben uns. Die anderen um uns herum lachten. »Nehmt euch 'n Zimmer«, sagte Pitt. Patrick und ich warfen uns einen kurzen Blick zu, bevor wir uns auf Pitt stürzten. Eine Weile tobten wir noch herum, dann liefen wir zurück zu unseren Sachen, die überall verstreut auf der Wiese lagen. Ich holte die Sonnencreme aus meiner Tasche und begann mich einzucremen. Patrick beobachtete mich, das sah ich aus den Augenwinkeln. Anne, Wencke und Jasmin sowie Pitt und Fabian beäugten sich einen Moment gegenseitig, um auszuchecken, wer wem den Rücken eincremen sollte. Ich musste grinsen. Pitt bekam gleich zwei Mädels ab: Wencke und Jasmin. Leon stand ein bisschen abseits. Das war so typisch für ihn. Wer weiß, vielleicht hätte Wencke sich sogar von ihm helfen lassen, aber Leon traute sich mal wieder nicht. Patrick stand auf einmal neben mir und grinste mich an. »Würdest du mir wohl ein bisschen zur Hand gehen?« Ich ignorierte sein anzügliches Grinsen. »Klar. Wenn du mir danach auch hilfst.« »Nichts lieber als das.« Nachdem ich ihm den Rücken eingecremt hatte, reichte ich ihm die Tube und legte mich mit dem Bauch auf mein Handtuch. Das hätte ich allerdings lieber nicht tun sollen, denn bevor ich reagieren konnte, hatte er mein Bikinioberteil mit zwei schnellen Bewegungen aufgeknotet. »Hey, geht’s noch?«, protestierte ich. »So komm ich besser dran.« Ich rollte mit den Augen. »Aber danach wieder zumachen, nur damit das klar ist.« »Mal seh'n.« Ich konnte ihn nicht sehen, hörte an seiner Stimme aber deutlich das verschlagene Grinsen. Also hielt ich still, damit nichts verrutschte. Nachdem er fertig war, machte er tatsächlich wieder eine Schleife ins Oberteil. Um sicher zu gehen, ließ ich mir danach von Jasmin eine neue Schleife machen. Eine Doppelschleife. Schließlich wusste man nie. Wir würden noch eine ganze Weile am See bleiben, und da konnte einiges passieren. Patrick lachte. »Traust du mir etwa nicht?« »Würdest du dir trauen?«, konterte ich. Er zuckte mit den Schultern. »Punkt für dich.« »Wer will ein Eis?«, fragte Jasmin in die Runde. Alle stimmten zu, und schließlich machten wir Mädels uns auf den Weg quer über die Liegewiese zur kleinen Bude. »Warum hast du ihn eigentlich mitgenommen?«, fragte Jasmin, als wir außer Hörweite waren. Ich sah sie von der Seite an. »Ich hab keine Ahnung, wen du meinst«, erwiderte ich, obwohl mir natürlich sofort klar war, dass nur Leon gemeint sein konnte. »Na wen schon. Den Langweiler.« Sie verdrehte die Augen. Ich seufzte. »Mensch, Jasmin. Leon ist mein Freund, das weißt du doch. Also reiß dich gefälligst mal zusammen.« »Ich versteh immer noch nicht, warum du mit ihm rumhängst. Es gibt so viele süße Jungs.« »Du musst es auch nicht verstehen. Hauptsache, du akzeptierst es und lässt ihn in Ruhe. Außerdem muss nicht jeder Freund so süß sein, dass man theoretisch mit ihm ins Bett will.« »Gott bewahre«, entfuhr es Anne, die würgende Geräusche machte. Ein böser Blick von mir reichte jedoch, um sie zum Schweigen zu bringen. Ich wusste, dass meine Freundinnen Leon weder sexy noch süß fanden, aber das war schließlich Geschmackssache. So schlecht sah er gar nicht aus. »Apropos«, meinte Jasmin grinsend. »Wie steht's mit dir und Patrick?« »Was meinst du?«, fragte ich. »Na ja, habt ihr schon …?« Ich sah sie entrüstet an. »Hallo? Wir sind erst seit ein paar Tagen zusammen!« Was dachte die eigentlich? »Na und? Das ist ein Grund, aber kein Hindernis.« Wir mussten lachen. »Wenn wir schon beim Thema sind«, sagte Wencke nun. »Ich find Pitt echt süß. Hat er grad 'ne Freundin?« »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte ich und sah sie überrascht an. »Aber ich kann ja mal in Erfahrung bringen, ob er momentan Interesse an einer hat.« Nicht, dass das Pitt von einem Abenteuer abhalten würde, aber das musste Wencke ja nicht wissen. »Das wär echt cool. Was ist denn so sein Typ?« Ich betrachtete Wencke einen Moment. Sie war groß und schlank, vielleicht sogar ein bisschen zu schlank, und sie hatte rotblonde, lange Haare. Eigentlich sah sie nicht übel aus. Trotzdem bezweifelte ich, dass sie Pitts Typ war. Andererseits, für ein bisschen Spaß war Pitt fast immer zu haben, solange das Mädel halbwegs gut aussah. Er war da so ganz anders als Leon. Und Wencke suchte wahrscheinlich auch nicht mehr als ein Abenteuer, so wie ich sie kannte. »Hauptsache, sie ist hübsch, unkompliziert und gut drauf«, antwortete ich also. »Alles andere ist erst mal egal.« »Klingt gut«, sagte Wencke zufrieden.

»Hey Pitt, Wencke findet dich süß«, flüsterte ich Pitt zu. Wir saßen zusammen mit Leon auf der Wiese, während die anderen mit Slacklining beschäftigt waren. Anne versuchte gerade, auf der Line das Gleichgewicht zu halten. Pitt grinste und schaute sofort zu Wencke hinüber. »Ach nee.« Ich verdrehte die Augen. »Bitte tu mir den Gefallen und steck's ihr nicht gleich. Wenn sie rauskriegt, dass ich's dir gesagt hab, bringt sie mich um.« »Auch, wenn ich was mit ihr anfange?« »Ist das dein Ernst?«, meinte Leon und musterte erst Pitt und dann Wencke skeptisch. »Würdet ihr beide bitte nicht dauernd zu ihr rüberstarren«, zischte ich. »Warum denn nicht?«, meinte Pitt zu Leon und ignorierte mich einfach. »Sie sieht doch ganz nett aus.« »Mein Geschmack wär sie nicht, aber egal. Achte doch einfach mal nicht nur aufs Aussehen. Dann hält's vielleicht auch länger als nur ein paar Tage.« »Ja, so wie bei dir«, erwiderte Pitt. Ich sah sofort, dass ihm die Bemerkung leidtat, aber nun hatte er es schon gesagt. »Sorry, Mann«, murmelte Pitt zerknirscht. Leon zuckte nur mit den Schultern und reagierte ansonsten auf keine der beiden Bemerkungen. »Weißt du, ein bisschen recht muss ich Pitt ja schon geben«, sagte ich fast etwas kleinlaut zu Leon. Überrascht und fast ein bisschen sauer sah er mich an. »Sei mir nicht böse, Leon, aber ich finde manchmal, du solltest einfach mehr Spaß haben im Leben. Du nimmst immer alles viel zu ernst.« »Also soll ich mit 'nem x-beliebigen Mädel was anfangen, nur weil sie gut aussieht?« Er sah von mir zu Pitt und wieder zurück. »Das sag ich doch gar nicht«, verteidigte ich mich. »Keiner verlangt das von dir«, sagte auch Pitt. »Das wär ja auch total absurd, du bist halt nicht der Typ dafür. Und das ist okay. Aber deshalb kannst du doch trotzdem ein bisschen mit den Mädels flirten.« »Als ob sich auch nur eine darauf einlassen würde«, murmelte Leon. »Versuch's doch einfach«, riet Pitt. »Natürlich nicht bei Jasmin und Konsorten, da ist Hopfen und Malz verloren. Aber vielleicht bei fremden Mädels, bei denen du noch keinen Ruf weg hast.« »Und wie soll ich die kennenlernen?« »Wir gehen halt mal zusammen in die Disco oder aufs nächste Fest. Wenn man will, lernt man überall nette Mädels kennen.« Leon sah Pitt skeptisch an, erwiderte aber nichts. Eine Weile saßen wir schweigend da und beobachteten die anderen auf der Line. Dann sagte ich: »Wir wollen doch bloß, dass du ein bisschen Spaß hast, Leon.« »Genau«, stimmte Pitt mir grinsend zu. »Und deshalb fangen wir auch gleich damit an. Los, ich vorne, du hinten.« Ehe ich begriff, was er vorhatte, hatte Pitt mich auch schon unter den Armen gepackt. Leon zögerte einen Moment, doch dann griff er meine Beine. Gemeinsam schleppten die zwei mich zum See und warfen mich im hohen Bogen hinein. Die anderen folgten mit Gebrüll.

Leon

Mittwoch, 24. April, 19 Uhr

Ich war heute mit Pitt, Mia und den üblichen Verdächtigen am Baggersee: die Hühner halt, Patrick und ein Freund von ihm. Mia hat mich solange bequatscht, bis ich zugesagt hab. Ich hatte ehrlich geglaubt, dass es vielleicht doch funktionieren könnte, mit ein bisschen gutem Willen von beiden Seiten zumindest, Mia zuliebe. Tja, so kann man sich täuschen. Obwohl ich zugeben muss, dass es schlimmer hätte kommen können. Größtenteils haben sie mich einfach ignoriert. Ich musste mir meinen Rücken deshalb mal wieder selbst eincremen, aber das bin ich ja schon gewohnt. Ignoriert zu werden ist zwar nicht toll, aber auf jeden Fall immer noch besser als blöd angemacht zu werden. Ich weiß auch nicht, aber irgendwie kann ich mit den anderen einfach nichts anfangen. Und sie nicht mit mir. Mia war ziemlich beschäftigt. Sie hat mal wieder 'nen Neuen und scheint voll verknallt zu sein. Die ganze Zeit waren sie am rumknutschen und all so was. Ganz ehrlich, ich hätte den Nachmittag lieber beim Zahnarzt verbracht, als Mia und Patrick beim Turteln zuzuschauen, aber hab ich eine Wahl? Wenn ich nicht bereit wär, mich ab und zu auch mal mit ihren anderen Freunden zu treffen, würd ich sie ja kaum noch sehen. Und das wär auch nicht besser. Und dann hat Patrick doch echt die Frechheit besessen, Mia einfach ohne zu fragen das Bikinioberteil aufzumachen, als er ihr den Rücken eincremen sollte. Hallo? Wie kann man so dreist sein? Ich hätt ihm am liebsten eine gescheuert. Auf so 'ne Idee würd ich nie kommen. Ich kann Pitt förmlich hören: »Vielleicht ist genau das das Problem, Kumpel. Die Mädels stehen auf so was.« Ja, ja, Pitt der große Frauenversteher. Aber wenn wir mal ehrlich sind, hat der ja auch immer nur was mit irgendwelchen Mädels, mit denen er es nicht ernst meint. Und das ist nichts für mich. Wenn ich es nicht ernst meine, dann kann ich's mir gleich sparen, dann verschwende ich nur ihre und meine Zeit. So seh ich das. Pitt nicht, der meinte, ich soll einfach mal mit den Mädels flirten. Und auch Mia war der Meinung. Sie wollen demnächst mit mir in die Disco. Ich seh jetzt schon, dass das 'ne Katastrophe geben wird. Was soll ich denn mit irgendwelchen Mädels? Ich muss schon in sie verliebt sein, wirklich hinter der ganzen Sache stehen. Ich will eine mit tollem Charakter, und den lern ich bestimmt nicht beim Tanzen in der Disco kennen. Außerdem will mich doch eh keine.

Mittwoch, 24. April, 21 Uhr

Pitts Satz geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. »Ja, so wie bei dir.« Das war schon hart. Er ist mein Freund, und er hat sich entschuldigt. Deshalb versuch ich, es zu vergessen. Aber es ist nicht schön, zu wissen, dass er genauso über mich denkt wie alle anderen. Der arme Trottel, der keine abkriegt. Oder bin ich unfair? So oder so, es tut weh.

»Und, wie sieht's aus? Biste fertig?«, fragte Pitt. Er und Mia standen gut gelaunt vor Leons Haustür, um ihn abzuholen. Leon war weniger gut drauf. Seine beiden Freunde wollten heute ihr Versprechen einlösen und ihn in die Disco schleppen. Er sollte sich mal so richtig locker machen und versuchen, mit dem einen oder anderen Mädel zu flirten. Schon allein bei dem Gedanken daran war Leon unwohl. Er war einfach nicht der Typ, der mit irgendwelchen fremden Mädels rumflirtete. Dabei kam er sich blöd vor. Aber Mia und Pitt hatten das nicht hören wollen. Sie waren überzeugt, dass ihm nur ein wenig die Übung fehlte – und die entsprechende Umgebung. Er hatte schließlich zugesagt. Was hatte er schon zu verlieren? Selbst wenn es daneben ging, blamierte er sich im schlimmsten Fall nur vor seinen besten Freunden. Sie würden ihn wenigstens nicht die nächsten Wochen damit aufziehen. Trotzdem war es ihm wichtig, sich nicht vor Mia und Pitt lächerlich zu machen. Aber nun waren sie schon einmal da, beide in Partystimmung, und er beschloss, sich ebenfalls zu amüsieren. Warum sollte er nicht einfach ein bisschen Spaß mit seinen Freunden haben? Immerhin war es Samstagabend, und Mia und Pitt wollten diesen Abend mit ihm verbringen. Er sollte das Ganze wirklich nicht so verbissen sehen. »Meinetwegen können wir«, sagte er und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Die Aussicht auf einen netten Abend mit seinen Freunden hob nun doch Leons Laune. Seine Mutter war ohnehin nicht zu Hause, sie war Verkäuferin und arbeitete wahrscheinlich noch, und er hätte sich eh bloß gelangweilt und schließlich irgendeinen schlechten Film im Fernsehen angeschaut. »Wohin gehen wir?«, fragte er neugierig auf dem Weg zum Auto. Auch wenn er mit dem Namen des Clubs wahrscheinlich ohnehin nichts anfangen konnte. Wann kam er schon mal in die Disco? Mia hatte ihn zwar öfter mitnehmen wollen, aber meistens waren die Hühner dabei, weshalb sich seine Lust bisher in Grenzen gehalten hatte. »Ins Black and White. Der Club ist ganz neu«, antwortete Mia und stieg hinten ein. Sie rutschte durch, und Leon ließ sich neben sie fallen, während Pitt sich vorne neben seinen Bruder Philipp setzte. »Im Black and White gibt's angeblich die heißesten Bräute der Stadt. Bin schon gespannt, war selbst noch nicht da«, sagte Philipp und drehte sich grinsend um. Er streckte Leon die Hand hin. »Hi Leon. Na, alles klar?« »Alles bestens«, antwortete der. Er verstand sich gut mit Pitts älterem Bruder. So langsam freute er sich wirklich auf den Abend. Vielleicht würde es ja doch nett werden. »Dann woll'n wir mal«, meinte Philipp und startete den Motor. Nach einer Weile suchte er Leons Blick im Rückspiegel und meinte: »Und du willst also heut 'ne Frau aufreißen?« Leons Augen weiteten sich. »Pitt.« »Philipp«, sagte der im selben Moment, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich hab dir das im Vertrauen erzählt.« Doch Philipp lachte nur. »Was denn, Jungs? Ist doch nichts dabei. Was haste denn im Sinn, Leon?« Leon fand das Ganze etwas unangenehm, doch er wollte nicht unhöflich sein, indem er einfach nicht antwortete. Er warf Mia einen Seitenblick zu, die mit ihrem Handy beschäftigt war. »Keine Ahnung. Ich hab keinen bestimmten Typ.« Mia lachte auf, ohne den Blick von ihrem Handy zu nehmen. »Soll das 'n Witz sein? Und was ist mit Lara und Marlene?« Leon zuckte mit den Schultern. »Was soll mit den beiden sein?« »Na also wenn die zwei nicht eindeutig vom gleichen Schlag sind, dann weiß ich auch nicht«, mischte Pitt sich ein und drehte sich nach hinten um. »Sie hatten beide lange, braune Haare und diese herrlich braunen Augen«, fügte Mia hinzu. »So wie du, Mia«, bemerkte Philipp. Leon wurde warm, auch wenn er nicht so genau wusste, warum. Pitt warf ihm einen aufmerksamen Blick zu, dann drehte er sich wieder nach vorne. »Danke«, meinte Mia währenddessen lächelnd und sah Philipp kurz an, bevor sie sich wieder ihrem Handy widmete. »Purer Zufall«, murmelte Leon und schwieg den Rest der Fahrt. Er dachte an Lara und Marlene, und es waren keine schönen Gedanken. Zwei ordentliche Körbe hatte er sich damals eingefangen, erst von Marlene, dann von Lara. Über Marlene war er nur hinweggekommen, weil er sich irgendwann in Lara verliebt hatte. Marlene war damals neu in seine Klasse gekommen, und Leon hatte sich sofort in sie verliebt. Leider war er nicht der Einzige gewesen. Dank Pitt hatten sie eine Zeit lang einiges zusammen unternommen. Sie hatte die Angewohnheit gehabt, wie Mia mit ihren Liebesproblemen zu Leon zu kommen. Es hatte ihm gefallen, so auch mal ein wenig Zeit mit ihr allein verbringen zu können. Auch wenn es natürlich hart für ihn gewesen war, wenn sie mit anderen zusammen war. Irgendwann hatte er dann aber seine Chance kommen sehen und Marlene seine Liebe gestanden. Er wusste noch heute, was sie gesagt hatte: »Leon, du bist mein Freund, und ich mag dich. Aber leider nicht so, wie du es dir wünscht.« Das hatte wehgetan. Er hatte sich ein wenig von ihr zurückgezogen, bis sie schließlich gar nichts mehr miteinander zu tun gehabt hatten. Lange hatte er ihr hinterher getrauert, dann hatte er Lara kennengelernt. Lara war damals wie er ehrenamtliche Mitarbeiterin in dem Altenheim gewesen, in dem seine Oma lebte. Er arbeitete heute noch dort, sie nicht mehr. So hatten sie sich irgendwann aus den Augen verloren, und das war wahrscheinlich auch besser so gewesen. So hatte er sie wenigstens vergessen können. Er hatte sie wirklich geliebt und geglaubt, dass es was werden könnte mit ihnen. Leider hatte er sich getäuscht. Als er ihr gesagt hatte, dass er gern mit ihr zusammen sein würde, war sie aus allen Wolken gefallen. »Wie kommst du denn auf die Idee?«, hatte sie gefragt. Und dann hatte sie ihn einfach stehen lassen. Mittlerweile war Leon fast überzeugt, dass sie nur nett zu ihm gewesen war, weil seine Oma sie darum gebeten hatte. Nicht, dass seine Oma je so etwas ihm gegenüber gesagt oder gar zugegeben hätte, aber es würde zu ihr passen. Sie war immer sehr besorgt um Leons Wohl und wünschte sich mehr Freunde für ihn. Er hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Oma. Sie war für ihn neben Mia und Pitt der wichtigste Mensch. Sie stand ihm näher als seine eigene Mutter, er besuchte sie regelmäßig. Sie wusste immer, wie es ihm ging. Geheimnisse hatte er keine vor ihr. Sie war der einzige Mensch, dem er wirklich alles anvertraute. »So, dann mal raus mit euch«, meinte Philipp schließlich, als er vor dem neuen Club anhielt. »Kommst du nicht mit?«, fragte Leon überrascht. »Ich geh erst noch mit ein paar Freunden was futtern und komm später nach. Muss ja nicht wie ihr um zwölf wieder nach Hause.« Er grinste. »Dann bis nachher«, verabschiedete sich Pitt und stieg aus. Mia und Leon bedankten sich noch fürs Fahren und stiegen dann ebenfalls aus. Mia hatte ihr Handy mittlerweile eingesteckt. »Mein Vater holt uns nachher ab«, sagte sie, als die drei sich in die Schlange vor dem Discoeingang einreihten. Leon nickte. Das war auch so eine Sache. Seine Mutter würde ihn nie in die Disco fahren oder wieder abholen. Dafür hatte sie überhaupt keine Zeit. Sie war freitag- und samstagabends immer viel zu müde von der Arbeit. Mias Handy piepste wieder, und sie zog es aus ihrer kleinen Tasche. Leon hätte am liebsten die Augen verdreht, verkniff es sich aber. »Wem schreibst du eigentlich die ganze Zeit?«, fragte Pitt, bevor Leon es tun konnte. Auch wenn er die Antwort schon kannte. »Patrick«, antwortete Mia wie erwartet. »Ist wohl eifersüchtig, was?« Pitt grinste und steckte die Hände in die Hosentaschen. Mia lächelte. »Ein bisschen vielleicht. Er wollte eigentlich mit, aber ich hab ihm gesagt, dass ich mal wieder was mit euch allein machen will.« Leon warf ihr einen dankbaren Blick zu. Er wollte gar nicht daran denken, wie der Abend mit Patrick verlaufen würde. Mia war in ihre Antwort vertieft, als Pitt ihr das Handy wegnahm. »Gib mal her.« Dann tippte er selbst eine Nachricht. »Hey, was machst du denn?« Pitt ließ sich nicht beirren und tippte weiter. Anschließend steckte er das Handy in seine Hosentasche. »So, das wär erledigt.« Er grinste Mia an. »Ich hab deinem Schatzi geschrieben, dass er sich keine Sorgen machen braucht und wir dich später auch brav ins Bett bringen werden.« »Hast du nicht!«, meinte Mia mit großen Augen. Pitt zuckte die Schultern. »Aber sicher doch. Wir sind schließlich wegen Leon hier. Und wenn du dich die ganze Zeit hinter WhatsApp versteckst, ist das nicht hilfreich.« »Stimmt auch wieder. Ich hoffe nur, Patrick ist nicht sauer.« Doch dann wandte sich Mia Leon zu und strahlte ihn an. »Dann wollen wir mal 'ne Freundin für dich finden.« Sie hakte sich auf der einen Seite bei Leon und auf der anderen bei Pitt unter.

Emilia

Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so viel Spaß gehabt hatte. Leon war zwar, wie ich schon befürchtet hatte, im Vergleich zu Pitt ein ziemlich miserabler Tänzer, aber das hielt ihn an diesem Abend nicht davon ab, nach kurzer Eingewöhnungsphase mit uns die Tanzfläche unsicher zu machen. Die Leute um uns herum warfen uns schon komische Blicke zu, aber das störte mich nicht und Leon offenbar auch nicht. Na ja, und Pitt konnte sowieso nichts und niemand aus der Ruhe bringen. So was wie Schamgefühl kannte er nicht, was es nur noch lustiger machte, mit ihm wegzugehen. »Ich brauch unbedingt was zu trinken«, meinte Leon irgendwann. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er wischte ihn sich grinsend mit dem nackten Arm weg. »Ich bin dabei«, sagte ich, obwohl ich noch ewig so hätte weiter tanzen können. Aber so würden wir nie 'ne Freundin für Leon finden, und deshalb waren wir ja eigentlich hier. Also bahnten wir uns einen Weg zur vollen Bar. Während sich Leon eine Cola bestellte, tranken Pitt und ich Bier mit Limettengeschmack. »Mal probieren?«, fragte ich und hielt Leon meine Flasche hin. Er überlegte einen Moment, aber als ich ihm einen leichten Schubs in die Seite gab und ihm aufmunternd zunickte, nahm er schulterzuckend einen Schluck. »Und?« »Nicht schlecht«, meinte er und gab mir die Flasche zurück. »Irgendwie süffig.«