Meine Hofküche - Marianus von Hörsten - E-Book

Meine Hofküche E-Book

Marianus von Hörsten

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Beschreibung

Meine Hofküche: Regional, saisonal und richtig lecker  Die besten Gerichte von Spitzenkoch Marianus von Hörsten jetzt zum Nachkochen! Wenn Sie plötzlich in der eigenen Küche und als Anfänger die Rezepte vom Preisträger des "Next Chef Award" nachkochen können, dann halten Sie das neue Kochbuch von Marianus von Hörsten in der Hand. Darin finden sich Rezepte der Spitzenklasse für Gäste, die Familie und Feste. Viele Grundrezepte, viel Wissen aus der Gastronomie, Hintergrundinformationen zum Demeterhof seiner Eltern und kreative Rezepte mit Fleisch, Fisch und Vegetarisch bildet der Kochbuchklassiker ab. Originelle Originalrezepte 2017 wurde Marianus von Höchsten zum besten Jungkoch der Welt gewählt. Er kocht in Hamburg im Restaurant Klinker. Und wer nicht die Chance hat, dort essen zu gehen, kann sich die hervorragenden Gerichte nun zuhause in der eigenen Küche nachkochen. Zur Wahl stehen Mahlzeiten aus folgenden Kategorien: - Von der Weide: köstliche Blutwurst mit Kohlrabi, Apfel und Kartoffel oder Lammrippe mit Cola und Schluppe - Von der Jagd & aus dem Wald: Steinpilze, Fregola und Parmesan oder Wildente mit Spitzkohl und Yuzu - Aus See, Fluss und Meer: Felchen mit Spinat und Dill oder Forelle, Kopfsalat und Apfel - Vom Feld: Artischocke mit Kartoffel und Paprika oder Kürbis, Pilze und Panko - Aus dem Obstgarten: Beeren, Schokolade und Quark oder Pastinake und Preiselbeere mit weißer SchokoladeKochtipps und Grundrezepte Von einem Spitzenkoch kann man allerhand lernen. Im Rezeptebuch steht der Umgang mit Lebensmitteln ganz vorne. Das hat Marianus von seinen Eltern und deren Demeterhof gelernt. Ob schnelles Mittagessen oder 5-Sterne-Küche – im Buch wird gezeigt, wie man Zutaten ganzheitlich und nachhaltig verarbeitet. Mit seinem Bekenntnis zu biodynamischen Landwirtschaft zeigt der Jungkoch auch seine Kritik an Billigessen, was ungeschönt zu Wort kommt.

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Seitenzahl: 164

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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Dr. Maria Haumaier

Lektorat: schönseitig, Redaktionsbüro Christina Geiger, München

Covergestaltung: independent Medien-Design, München; Horst Moser (Artdirection)

eBook-Herstellung: Lena-Maria Stahl

ISBN 978-3-8338-7186-3

1. Auflage 2019

Bildnachweis

Coverabbildung: Julia Hoersch

Fotos: Julia Hoersch

Syndication: www.seasons.agency

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,

wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteuren/innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft.

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LIEBER MARIANUS!

Wenn ich an Dich denke, weiß ich gar nicht, wozu ich Dir zuerst gratulieren soll: Zu Deinem triumphalen Sieg beim Next Chef Award 2018 auf der Messe Internorga in Hamburg? Zur Eröffnung Deines eigenen Restaurants »Klinker« in Frühjahr 2019, auch in der Hansestadt? Oder zu Deinem ersten eigenen Kochbuch? All diese großen Erfolge zusammen zeigen, dass Du nicht nur ein hervorragender Küchenchef bist, sondern auch beharrlich und mit viel Energie Deinen Weg gehst.

Ich habe kaum einen jungen Kollegen kennengelernt, der so genau wusste, was er wollte. Woher dieser Wille kommt, habe ich sofort verstanden, nachdem ich in Dein Buch geschaut hatte: Du erzählst von der Geschichte Deiner Familie und Deinem Leben auf dem Demeter-Bauernhof. Und Du erklärst Dein Verhältnis zur Natur und den Nutztieren. Auch weiß ich nun, wo Dein guter Geschmack seine Wurzeln hat: Dort, wo die Produkte herkommen, mit denen Du aufgewachsen bist. »Meine Hofküche« ist also der perfekte Name für Dein Buch. Vieles von dem, was Du heute bist, hat seine Ursprünge auf dem Bauernhof. Das ist bei Dir übrigens genauso wie bei mir. Kein Wunder, dass wir uns auf Anhieb so gut verstanden haben.

Als ich Deine Rezepte gelesen habe, hat mir ganz besonders deren starker Charakter imponiert. Deine Küche ist bodenständig und erlesen zugleich. Modern und traditionell, ländlich – und sie passt trotzdem in die Stadt. Einfach toll gemacht!

So wünsche ich Dir von Herzen alles Gute, weiterhin viel Erfolg mit Deinen Projekten und immer ein volles Restaurant.

Dein Johann Lafer

Die zweite Familie im Restaurant

»REGIONAL, SAISONAL UND RICHTIG LECKER«

PORTRÄT MARIANUS VON HÖRSTEN

Ein bisschen Van Gogh auf dem Hof

WO ICH HERKOMME KARTOFFEL | ERDE | KARAMELL

DIE HOFKÜCHE, UM DIE ES HIER GEHT, IST GAR NICHT MEINE.

Es ist die meiner Eltern; es ist für immer meine Lieblingsküche, und wenn nichts mehr geht im Leben (und alles), dann setze ich mich in meinen uralten Abenteuer-VW-Bus und zuckle auf dem Standstreifen von Hamburg nach Wörme, um dort zu sein: Zuhause.

Um wieder klar sehen zu können, um mich zurechtstutzen oder mir durch die Haare wuscheln zu lassen, und das schreibe ich hier nur, weil es romantisch klingt. Denn nach dem Haarewuscheln ruft die Arbeit. Und davor und eigentlich immer zwischen 5:00 und 23:00 Uhr.

KARL, HELENE UND DEMETER

Meine Eltern erbarmen sich ihrer seit 35 Jahren genau zu diesen Zeiten, und zwar jeden Tag. Nur am Sonntagmorgen, da gibt es Rührei auf dem guten Geschirr, und auch wenn wir zu zwanzigst am Tisch sitzen, darf keiner aufstehen, um sich das Honigglas selbst zu holen. Kaffee gibt es nur, wenn die Tasse mit Untertasse gereicht wird, und vorher wird noch gebetet zu allen guten Geistern und zu den weniger angenehmen auch.

Denn: Wir sind Demeter. Ja, auch per Zertifikat für den Hof, aber noch viel mehr in jeder Zelle, in jeder Generation. Mein Großvater Karl bekam, als er 15 Jahre war, den Hof zugesprochen, seine Frau Helene lernte er zehn Jahre später kennen, und sie war bereit, den Hof mit ihm zu führen, wenn es unter Ausschluss sämtlichen Giftes für Land und Leben stattfände. Und Leben endete nicht dem eigenen, sondern schloss Flora und Fauna ein.

Gott sei Dank.

Und Helene.

HEIMATHAFEN KÜCHE

Wenn Sie heute dieses Kochbuch in den Händen halten; wenn nicht nur meine Familie findet, dass ich ganz okay koche, sondern Gäste sogar dafür zahlen und auch noch wiederkommen; wenn ich den Mut hatte, ein eigenes Restaurant zu wagen in Zeiten, in denen diese wundervolle Branche Gastronomie ganz gern dem Niedergang geweiht wird – dann hat das mit meiner Heimat zu tun: dem Hof. Und deshalb gibt es dieses Buch genau aus dieser Küche, mit den Zutaten des Hofes, mit den Geschichten und Geschmäckern, in der Vertrautheit des Produktes und in der Spannung des Ergebnisses.

Denn:

Wörme ist ein Ort, an dem man ankommt und atmen kann. Ich vergesse das manchmal zu fühlen, aber spätestens, wenn Freunde mitkommen, sehe ich es ihnen an, sobald sie die Autotür öffnen. Dann nehme ich es auch selbst wieder wahr: Die Sterne zwischen den Zweigen der Bäume, die Luft, die so viel Weite in sich trägt und sie in meine Lungen atmet.

Es riecht nach Salz und Karamell, nach Erde und Leberwurst, nach Kartoffeln, nach viel Arbeit und eben nach Geschichten. Im Hofladen riecht es, wie es in Hofläden riechen muss. Und das Gemüse ist nicht das schönste, weil es das schmackhafteste, das authentischste ist.

Manchmal sagt jemand leise, dass in Wörme Kindheit hätte sein können wie in einem Bullerbü in der Nordheide.

Meine war es. Und die meiner Geschwister.

PLATZ IST IN DER KLEINSTEN HÜTTE

Es war nur kein Idyll. Flankiert, begleitet, inspiriert und unendlich genervt von den unzähligen Menschen, die mit uns Arbeit, das Essen, das Leben und unsere Eltern teilten. Der lapidare Satz auf der Homepage: Gegenwärtig leben ständig bis zu 35 Menschen auf dem Hof; dazu kommen noch vielfältige Gäste und Schulklassen für Landwirtschaftspraktika und Feldmessepochen – den lebten wir und leben ihn noch.

In einem Zeitungsartikel von 1972 ist über Wörme zu lesen, dass Menschen aus aller Herren Länder mit ihren Zahnbürsten und fünf Mark in der Tasche herkamen, um der Hektik, dem Lärm und dem Smog der Großstädte endlich mal zu entfliehen.

Für all die zahlreichen Menschen auf dem Hof war und ist die Küche der wichtigste Ort. Der lange Tisch davor. Der Vater an der Stirnseite. Und Onkel Hans Ulrich. Hubertus’ Cousin. Und Ekkehards.

Ich heiße ja Karl Marianus. Karl wie Großvater. Egal. Ich lenke nur von Hans Ulrich ab. Der einfach umgekippt ist und tot war, und damit war auf einmal der beste Fußballguckfreund meiner Kindheit verschwunden. Der Onkel, der neben dem Fußballgucken Essen zauberte und mich verzauberte. Durch ihn habe ich Kochen verstanden. Es in seiner ganzen Leichtigkeit begriffen. In der Präzision, in der Wissenschaft, in der Transformation und in der Spannung. Im meditativen, kreativen, tiefen, besonderen Verständnis dessen, was zu tun ist nach der Spontanität.

AM ARSCH DIE RÄUBER – VON WEGEN: DIE GUTEN STERBEN JUNG.

ER FEHLT.

IMMER NOCH.

UND IMMER WIEDER.

ES IST AUCH SEIN BUCH.

Den VW-Bus gibt es wirklich.

»NEXT CHEF« MARIANUS VON HÖRSTEN IM KULINARISCHEN INTERVIEW

SCHOLLE I BLUMENKOHL I ROTE BETE

Die Geschichte dieses Buches beginnt mit dem »Next Chef Award« auf der Internorga 2018. Angetreten sind sechs junge Köche unter 26, zwei schon in stellvertretenden Führungspositionen in ihren jeweiligen Restaurants. Unter ihnen: ein Geografiestudent aus Hamburg. Ein schlauer junger Mann mit wilden Locken und einem entwaffnenden Lächeln im Gesicht. Und in jedem strahlenden Augen-Bling so viel Ehrgeiz, so viel Hunger, so viel Lust auf die Welt und so viel Lebendigkeit, dass jedes Gegenüber sofort weiß: Hier geht es in die Tiefe.

Der junge Koch hatte die Gastronomie verlassen, weil sie ihm verlogen und bigott erschien. Zum Glück begegnete er immer wieder Menschen, die dann doch seine Sprache verstanden, seine Haltung teilten und sein Feuer wieder entzündeten, bis er eines Tages sagte: »Ich komme zurück. Die Freunde und ich machen einen Laden auf und zeigen der Welt, dass es auch anders geht. Dass es fantastisch schmecken und gut gemacht sein kann, aber ohne 27 Pinzettenhandgriffe, die den Gästen eine halbe Stunde Wartezeit vor jedem Gang zumuten. Und gute 16-Stunden-Tage brauchen. Und dafür, für unser neues Restaurant, brauchen wir einen Pacojet.« Herrliche Prioritäten.

Und weil es auf der Internorga diesen Wettbewerb für junge Köche gibt, bei dem man für den zweiten Platz das begehrte Küchengerät erhält, meldet er sich an. Dass er letztes Jahr in Lyon Erster geworden ist und damit Weltmeister der Jungköche, schreibt er nicht in die Bewerbung und sich selbst nicht auf die Fahnen. Keine Etiketten. Die passieren früh genug. Fokussieren aufs Ergebnis: Zweiter werden. Mit dem Pacojet das Restaurant aus den Angeln heben.

Die Kochjacke bügeln, anziehen, Locken nach hinten, so tritt der Geografiestudent an. Eine Kollegin, Vertraute, Freundin, die hier Frau Schmittke heißen soll und den jungen Mann schon lange begleitet, wird über ihn und den Wettbewerb berichten. Am ersten Tag der Challenge ist sie nicht zugegen, sodass sie diesen am zweiten Tag kurz Revue passieren lassen, bevor die Sache weitergeht.

Frau Schmittke: Die erste Herausforderung war, innerhalb einer Stunde ein Gericht zu kreieren, das aus vorgegebenen Waren besteht? Was gab es denn?

Marianus von Hörsten: Scholle, Rote Bete, Curry und Blumenkohl.

Und, was hast Du daraus gemacht?

Gebratene Scholle, gebratenen Blumenkohl, Blumenkohlpüree, gewürfelten Blumenkohl, süßsauer eingelegte Rote Beten und Curryhollandaise.

Der Wettbewerb geht weiter, zweite Runde: Ein Gericht von Johann Lafer muss nachgekocht werden. Der Teller kommt, der Spaß beginnt.

(Frau Schmittke bleibt noch ein bisschen stehen.) Marianus, wie gefällt dir dieses Wettkampfformat?

Ich finde es gut, dass auf der einen Seite ein Gericht aus einem unbekannten Warenkorb entwickelt werden muss, auf der anderen ein Teller von einem Spitzenkoch analysiert und dann möglichst treffend nachgekocht werden soll. Das deckt eigentlich alles ab: Kreativität und Präzision, Geschmack, Erfahrung, Fantasie, Abstraktionsvermögen.

Er konzentriert sich. Gleich wird er zu Frau Schmittke sagen: »Ich bin so in der Scheiße.« Und sie wird wissen, was er meint, und das Interview später weiterführen.

Ist es ein Vorteil, dass Du Erfahrung mit solchen Wettbewerben hast?

Absolut. Ich habe gelernt, mit den Ablenkungen umzugehen, mich zurückzunehmen und zu sammeln. Für manche sieht es vielleicht nach gelangweilter Arroganz aus, wenn ich zwischendurch immer wieder mal in die Warenecke schlendere. Für mich sind das extrem wichtige Momente, in denen ich mich konzentriere, Prioritäten setze, Entscheidungen treffe und kurz noch mal bei mir ankomme.

Du warst der Einzige, der seinen Teller mit dem Lafer-Gericht mitten im Licht begutachtet hat, dort probiert, sich Notizen gemacht hat. Und als es eine kurze Leerlaufzeit gab, in der die anderen nicht recht wussten, was jetzt zu tun ist, da warst du als Einziger in deiner Box. Was war das?

Den Teller ins Licht zu stellen, das habe ich gelernt, das passiert automatisch. Ich habe damit alle Sinne an. Die Handgriffe, die ich vorher erledige, sind simpler Natur, sparen aber hinterher kostbare Minuten: Ich mache den Ofen an, ich knicke den Spritzbeutel um, fülle Wasser ins Wasserbad und hole meine Basismaterialien wie Salz, Pfeffer, Zucker raus und lege sie neben meine Messer.

Wie wir jetzt wissen, hättest Du Taube, Kichererbsen, Cranberrys, weißen Pfeffer erschmecken oder erkennen müssen. Hast Du?

Die Kichererbsen habe ich nicht erkannt, ich dachte, es könnte Pastinake sein. Pastinake mit Leber – so was. Was der Drittplatzierte übrigens auch gekocht hat. Aber beim »Einkaufen« in der Warenecke gab es so viele Kichererbsen – ich habe sie gesehen und bekam die Erleuchtung.

Ist was schiefgelaufen?

Tut’s immer. Die Zeit und auch die Lebensmittel dafür musst du vorher mit einrechnen. Ich hab zweimal die Pastinakenchips im Öl vergessen. Bei meinem ersten Wettbewerb hätte ich sie verbrannt rausgegeben. Oder weggelassen. Gestern wusste ich: Machste noch mal. Und, ähm, noch mal. Klar ist auch, dass eine Stunde nicht reicht, um einen Fond anzusetzen. Also nimmst du den fertigen und schmeckst ihn ab. Vorher solltest du prüfen, ob er schon gesalzen ist. Wenn du das zwar tust, aber wieder vergisst, musst du mit viel Wasser, sehr viel Wasser und Portwein neu abschmecken. (Verdreht die Augen über sich selbst.) Hat aber geklappt.

Gibt es eigentlich auch Punkte für – sagen wir: Respekt vor dem Produkt?

Auf internationaler Ebene und auf nationaler sowieso. In Lyon gab es 15 Prozent der Punktzahl auf den Müll, den die Prüfer aufgeschnitten und kontrolliert haben. Bedingung ist immer, alles zu verkochen. Denn das muss die Haltung beim Kochen sein. Gut finde ich auch, wenn die Reste, die Abschnitte, das Zu-viel-Gekaufte zumindest bei der Tafel landen. Nicht im Müll. Keine Lebensmittel. Nicht im Jahr 2018.

Sag mal, was ist denn eigentlich dieser Pacojet?

Hach. Ein Liebhaberstück. Luxus in der Küche. Effektiv, schön. Ein preisintensiver Küchenhelfer, der großen Spaß macht.

Das war der zweite Preis?

Jawohl.

Und der erste?

Eine dreitägige Gourmetreise. Frankreich. Italien. Deutschland.

Auch schön.

Auf alle Fälle. Aber der Auftrag hieß: Pacojet.

(Schmunzelt.)

Und nun hast Du gewonnen, wie feierst Du den heutigen Tag?

Gar nicht. Wir fahren jetzt alle nach Wörme und treffen Menschen, die sich gern finanziell an unserem Restaurantprojekt beteiligen wollen. Denen werden wir den Plan vorstellen.

Drückt Frau Schmittke herzlichst, schnappt sich den Pokal, einen güldenen Kochtopf, und radelt durch Hamburgs strömenden Regen davon.

Jede Küche hat auch ihren SPA-Bereich.

VON DER WEIDE

Ente | Rotkohl | Ingwer

VON DER WEIDE ODER AUCH KUHFLADEN | ANGELIKA | QUELLWASSER

Kühe, Lämmer, Kälber? Ganz ehrlich? Meine Assoziation mit Weide in Wörme ist der über das Grün fliegende Fußball. Gern auch mal in die Kuhfladen. Mit Gras abgewischt und weitergespielt.

Die Hofweide war unser Fußballplatz, grüne Mehrwegkisten unsere Tore. Die Kühe, fragen Sie sich? Wo die Kühe waren? Des Abends im Stall. Nachmittags auf einer anderen Weide. Oder auch weiter weggescheucht, wenn das Spiel ein richtiges Happening wurde: wir Kinder vom Hof gegen eine der Schulklassen, die zum Praktikum da waren. Selten haben wir gewonnen. Obwohl wir genug Leute waren. Zumindest, als Lukas Rüter, der zweite Nachbarsjunge, endlich laufen konnte.

(Mutter von Hörsten liest die Texte gegen und sagt an der Stelle: Stimmt gar nicht. Sie haben oft gewonnen. – Anmerkung der Redaktion)

Onkel Ekkehard denkt bei meinen Recherchen zum Thema Weide überraschenderweise an Dreharbeiten für Lübecker Pils. Er will mir nicht verraten, warum sich alle kopfschüttelnd daran erinnern, dass dabei die halbe Heide niederbrannte. Es scheint alles gut ausgegangen zu sein und, Spoileralarm, der Mann, der damals für den Dreh verantwortlich war, hat über Umwege zu unserem Restaurant in Hamburg gefunden und noch vor der Eröffnung Ekkehard getroffen. Es gab ein riesen Hallo und hunderttausend gemeinsame Erinnerungen.

WEIT WEG VON IDYLLE

Es wäre schön, wenn das die Geschichten wären. Und dann noch ein bisschen glückliche Kühe und alles rosarot. Oder milkakühelilagut. Allerdings reicht ein einziger Blick über den Rosenthaler Tellerrand dafür, dass das Gespräch auf die großen, schrecklichen Weidethemen kommt. Denn was wirklich außerhalb unserer Demeterwelt passiert, sind Monsantokühe, denen Hormone gespritzt werden, damit sie pro Tag neun Liter Milch geben. Aufgrund dieses vermeintlich marktgetrieben industrialisierten Umgangs mit Tieren, der sich nicht beschönigen und noch nicht einmal dann ertragen lässt, wenn wir Menschen unsere anerzogene Fähigkeit zum Wegschauen, Weghören und Nichtssagen nutzen.

Empathielos kalte Herzen sind nie Ratgeber gewesen für eine heilere Welt. Wir wissen und fühlen es so viel besser. Aber wir machen immer weiter: noch mehr Milch, noch günstigere Preise. Ohnmacht angesichts des weltweiten Hungers und auf der anderen Seite diese scheinbar unaufhaltsame Überproduktion. Sie können es nicht mehr hören? Nun. Es ist noch nicht gelöst. Es ist der Tinnitus in unseren Ohren, er muss es sein. Auch in meinen. Bis wir Abhilfe geschafft haben. Gemeinsam. Und jeder für sich.

Damals beim Fußballspielen war die Welt noch so übersichtlich, dass selbst die Kühe für uns sowieso aus den Augen, aus dem Sinn waren; ihre Hinterlassenschaften, die klebten halt an den Schuhen. Und zu Schuhen gab und gibt es im Flur vor der Hofküche eine Regel: Die dreckigen bleiben draußen. Und sind für alle da. Mal eben nach den Bienen sehen? Reingeschlüpft in ein paar Draußenschuhe. Das Gleiche bei den, sagen wir: Hausschuhen. Mal eben in den ersten Stock gerannt? Dann ein Paar Pantoffeln an, als wären wir in Schloss Sancsoussi.

Man konnte an den Schuhen abzählen, wie viel Privatsphäre es am Abendbrottisch gab. Oder wie wenig. Und Papa, der zählte und zählt ganz automatisch die Schuhe durch, kontrolliert hochvergnügt, ob alle Schuhbesitzer am Frühstückstisch erscheinen. Denn, gelernt bei vier Kindern, kam durchaus auch mal Besuch über Nacht, der nicht zum Frühstück bleiben wollte. Nicht gleich ein Gesicht bekommen. Nicht gleich mit allen Geschichten auftauchen und sich der Bewertung preisgeben. Lieber die Flucht nicht unbedingt nach vorn, sondern irgendwie. Dann ertönte manchmal ein Plumps irgendwo und ein unterdrücktes Fluchen. Und Papa schmunzelte, seitwärts blickend, mit hochgezogenen Augenbrauen.

Ach, Papa. Du schmunzelst so demonstrativ, dass ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß. Weißt du das eigentlich? Oder denkst du, du wärest unendlich geheimnisvoll? Denn dann, Papa, dann ist das hier für dich.

Ich glaube, am Schluss blieb und bleibt auf diesem Hof nichts verborgen. Was auch okay ist. Dann kommt der Liebeskummer nicht so überraschend, sondern meine Mutter kann schon mal Mirabellenschnaps einschenken. Für alle Beteiligten.

Ich schweife ein wenig ab, ich weiß. Vielleicht ist es trotzdem wichtig, denn ich schreibe schließlich ein Kochbuch. Und es geht darum, den Gerichten mehr als mein Gesicht zu geben. Und dann bin ich auch schon wieder mittendrin in der Wahrhaftigkeit. Halten Sie die aus? Dann weiter im Text:

Die Kühe, die mein Vater morgens füttert, sind keine Milchkühe mehr. So schrecklich es klingt: Es lohnt sich nicht, auch mit allem Idealismus. Aufgrund gewiss gut gemeinter, aber völlig verfehlter Agrarpolitik. Wenn die Bauern die Milch lieber vor die Supermärkte kippen, als sie damit zu beliefern, dann ist das dramatisch. Dann ist das ein Zeichen zum Umdenken. Noch allerdings sind wir alle viel zu satt, Geld trägt nicht. Nirgendwohin. Selbst die Quellen, die wir glauben, entdeckt zu haben, dienen der Prüfung. Darf ich eine kleine Geschichte dazu erzählen?

Topinambur | Ziegenkäse | Radicchio

Schnucke | Erde | Karamell

QUELLE DES REICHTUMS

Ich hatte, als ich noch viel jünger war, einen ganzen Nachmittag lang das Gefühl, eine sehr unkomplizierte Quelle unerschöpflichen Reichtums gefunden zu haben. Ich war mir so sicher. Noch bis zum nächsten Tag. Die Hoffnung stirbt zuletzt, zumal auf dem Bauernhof.

Was war passiert?

Mein Nachbarsfreund, Carlos Minsel, und ich waren schon mit fünf echte Männer, und als die jüngsten Kinder unserer jeweiligen Familien flogen wir ein bisschen unterm Radar und hatten ziemliche Freiheiten.