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Mexiko ist ein Fest der Farben und der Fülle, ein Land, in dem sich die Natur von ihrer sinnlichsten Seite zeigt, in dem achtzig Ethnien leben und sechzig Sprachen gesprochen werden. Mexiko ist aber auch geprägt von schroffen Gegensätzen zwischen Brauchtum und Moderne, Katholizismus und Eventgesellschaft, Arm und Reich, ein Land, das warm und herzlich sein kann, aber auch grausam und herzlos.
Jürgen Neubauer, der seit 2004 in Mexiko lebt, erzählt vom Alltag der Mexikaner. Er schreibt über Marienkult und Drogenkrieg, Fußballfieber und Familienleben, über Tortilla und Chili, den reichsten und den dicksten Mann der Welt, über Musik und Fiesta, Bürokraten und Schamanen – und über bunte Totenfeiern. Ein Buch, so facettenreich wie das Land.
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Seitenzahl: 324
Jürgen Neubauer
Ein Länderporträt
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
www.dnb.de abrufbar.
2. aktualisierte Auflage, Oktober 2015 (entspricht der 2. Druck-Auflage von Oktober 2015)
© Christoph Links Verlag GmbH
Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0
www.christoph-links-verlag.de; [email protected]
Umschlaggestaltung unter Verwendung eines Fotos von getty-images/Dan Steinhardt
Lektorat: Günther Wessel, Berlin
eISBN: 978-3-86284-169-1
Für Lourdes
Einleitung
La Tortilla – Mexiko geht durch den Magen
Die Säule der Ernährung
Menschen aus Mais
Der Tortillakönig
Doña María und die Weltwirtschaft
Genmais und Neokolonialismus
Salsa Mexicana
Die Wege des Mais
La Caña – Das bittere Geschäft mit dem Süßen
Die böse Stiefschwester
Zapata und der Zucker
Der süße Zahn
Lasst Dicke um mich sein
Mexiko-Lexikon – Mi casa es tu casa
La Guadalupana – Die Mutter aller Mexikaner
Die mexikanische Madonna
Die heilige Jungfrau der Schlachthöfe
Virgencita, plís
Mexiko-Lexikon – El fut
La Familia – Der mexikanische Traum
Landschaft in klarem Licht
Das Wesen der Mexikaner
Ferien in der Stadt
Die Macht der Familie
Die moderne Familie
La Telenovela
Jede Familie auf ihre Weise
Mexiko-Lexikon – Se sintió
La Chamba – Die fleißigsten Menschen der Welt
Karriere auf mexikanisch
Das liebe Geld
Die andere Seite
Mexiko-Lexikon – A ver
La Salud – Ärzte und Schamanen
Gesundheit und andere Wunder
Alternative Medizin
Mexiko-Lexikon – Helden und Schurken
La Bamba – Die Wiedergeburt des Fandango
Der Son Jarocho
Der weiße Affe
Lieder aus Holz
Fandango!
Ein tropischer Rave
Beruf: Mariachi
Koda
La Fiesta – Ein Leben für die Feier
»Irgendwas wird immer gefeiert«
Der Zeremonienmeister
Das Festmahl
Karneval
Mexiko-Lexikon – El relajo
Ricos y Pobres – Ihr Reichen, wir Armen
Die Märchenprinzessin
Das Aschenputtel
Das Fest
Mexiko-Lexikon – Si no transas no avanzas
El Narco – Postkarten aus dem Drogenkrieg
Leben mit der Gewalt
Schuldig bis zum Beweis der Unschuld
Der Fall Lydia Cacho
Drogenkrieg
Mexiko-Lexikon – ¿Cómo lo arreglamos?
La Calaca – Die letzte Station
Allerheiligen
Ein nationales Symbol
La Santísima Muerte
Allerseelen
Anhang
Ausgewählte Literatur
Basisdaten
Als wir morgens an der Küste aufbrachen, war es bereits drückend schwül, in den Mangroven surrten die Mücken. Die Straße führte anfangs noch durch Zuckerrohrfelder, Bananenplantagen und Mangohaine, dann stieg sie kaum merklich in die Berge. An die Stelle des saftigen Grüns traten allmählich dunkle Eichenwälder, zwischen denen Kaffeesträucher aufblitzten, und als wir über die Serpentinen weiter nach oben kletterten, wichen diese den Nadelbäumen einer alpinen Landschaft. An jeder Kehre sahen wir hoch über uns den schneebedeckten Gipfel des Pico de Orizaba, der über den Hängen der Sierra Madre Occidental thront. Gegen Mittag überschritten wir den Pass, mit einem Mal traten die Bäume zurück, und vor uns breitete sich eine steinige, mit vereinzelten Agaven und Yuccapalmen bewachsene Hochebene aus.
Als ich bei meinem ersten Besuch in Mexiko von der Golfküste ins zentrale Hochland fuhr, bekam ich einen kleinen Eindruck davon, warum Mexiko zu den fünf Ländern mit der größten biologischen Vielfalt der Erde gehört. Hier sind sämtliche Klima- und Vegetationszonen des Planeten vertreten, von Wüsten bis zu Urwäldern, von Korallenriffen bis zu Gletschern. Im Laufe der nächsten Jahre lernte ich auch seine erstaunliche kulturelle Vielfalt kennen: In Mexiko leben rund achtzig verschiedene Ethnien mit sechzig eigenen Sprachen, es gibt höllische Millionenstädte und paradiesische Urlaubsorte, moderne Wolkenkratzer und jahrtausendealte Pyramiden, abgeschirmte Villenviertel und staubige Barackensiedlungen.
Die Buntheit und Widersprüchlichkeit Mexikos überrascht mich auch nach acht Jahren in Mexiko noch. Deshalb habe ich erst gar nicht versucht, ein »Porträt« im herkömmlichen Sinne zu schreiben. In diesem Buch versammele ich eher eine Reihe von Innenansichten, in denen ich aus meinen Erfahrungen und Begegnungen schöpfe. Ich habe das Land von sehr unterschiedlichen Seiten kennengelernt: Die Idee zu einem Buch über Mexiko kam mir, während ich noch in Mexiko-Stadt lebte, einer der faszinierendsten Metropolen der Welt. Als mich der Reihenherausgeber des Links-Verlages anrief, war ich gerade nach Malinalco gezogen, ein historisches Dorf in den Bergen des Hochlandes. Und geschrieben habe ich dieses Buch schließlich in Xalapa, einer Universitätsstadt im Nebelwald von Veracruz. An diesen drei Orten habe ich sehr unterschiedliche Gesichter Mexikos kennengelernt. Trotzdem würde ich nie behaupten, dass das alle Gesichter sind.
Dieses Buch lebt von den Menschen, denen ich begegnet bin, und daher möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, die mir ihre Geschichten erzählt haben, allen voran meiner mexikanischen Familie. Ganz besonders danke ich meiner geliebten Frau Lourdes, ohne die ich dieses wunderbare Land nie kennengelernt hätte und von der ich alles habe, was ich über Mexiko weiß.
Hinweis: Ergänzend zu diesem Buch finden Sie auf der Website www.lp-mexiko.de Bilder, Musik, Filme und aktuelle Informationen.
Im Eingangstor zur Markthalle hängen dichte Rauchschwaden. Neben dem Durchgang steht eine kleine Frau hinter einem improvisierten Herd. Sie dürfte etwa sechzig Jahre alt sein, trägt eine mit bunten Blumen bestickte Bluse, einen Rock, über den Schultern ein graues Tuch und an den faltigen Füßen ein Paar handgemachter Sandalen. Die grauen, geflochtenen Zöpfe hat sie auf dem Rücken zusammengebunden. Ihr Herd ist ein rundes, verbeultes Blech, das auf einem niedrigen, viereckigen Holzkohlegrill liegt. Am Rand des Blechs brutzeln drei dicke, ovale Fladen, aus deren Seite weißer Käse quillt und verkokelt. Auf einem Tischchen neben dem Grill stehen Tupperdosen mit Käse, Bohnenbrei, Chorrizo und roten und grünen Chilisoßen und eine große Plastikschüssel mit einem riesigen, hellgelben Batzen Teig. Als ich vorbei gehe, drückt sie einen Fladen zusammen und legt ihn auf das Blech.
»Gorditas, Señor?«, fragt Doña María ohne aufzusehen.
»Gracias«, antworte ich im Vorübergehen. Danke, was so viel heißt wie, nein danke.
»Tortillas?«, fragt sie und zeigt auf einen Korb, der mit einem Tuch zugedeckt ist. Ich denke kurz nach und bleibe stehen.
»Haben Sie blaue?«
Sie wischt sich die Finger an der Schürze ab und schlägt das Tuch zurück. Ich sehe vier Stapel anthrazitfarbener Fladen.
»Wie viele möchten Sie?«
»Ein halbes Kilo.«
Sie nimmt einen Stapel heraus, zählt mir etwa ein Dutzend Tortillas ab und schlägt sie in rotes Packpapier ein.
»Zwölf Pesos.«
Ich reiche ihr zwei Münzen. Umständlich steckt sie ihre Hand in eine Plastiktüte und nimmt das Geld entgegen.
Ganz Mexiko ruht auf einem lappigen Pfannkuchen von etwa 15 Zentimetern Durchmesser: der tortilla. Der Mexikaner verzehrt im Durchschnitt ganze 70 Kilogramm davon pro Jahr – das ergibt einen beeindruckenden Pfeiler von etwa sieben Metern Höhe. Mit dem, was unsere Nachbarn, eine sechsköpfige Familie, in einem Jahr wegfuttern, könnten wir unsere Küche bis zur Unterlippe vollstapeln. Aneinandergelegt reichen die Tortillas, die 110 Millionen Mexikaner an einem einzigen Tag verdrücken, mehr als fünf Mal um den Äquator. Mit einer Jahresration könnte man eine zweispurige Autobahn zum Mond bauen, und in tausend Tagen ganz Mexiko mit seinen rund 2 Millionen Quadratkilometern einmal vollständig zupflastern.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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