Micro Habits - Matthias Hammer - E-Book

Micro Habits E-Book

Matthias Hammer

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Beschreibung

Unser Alltag besteht aus vielen kleinen Gewohnheiten, die das eigene Wohlbefinden beeinflussen und bestimmen. Meist laufen sie ganz unbewusst ab, und wir merken gar nicht, wenn sie uns nicht guttun. Deshalb fällt es uns auch oft so schwer, große Veränderungen herbeizuführen, wie endlich regelmäßig Sport zu treiben, sich das Rauchen abzugewöhnen oder sich gesund zu ernähren. Mit den fünf Micro-Habits-Schritten des renommierten Verhaltenstherapeuten Matthias Hammer kann jetzt jeder seine Gewohnheiten und sein Verhalten zum Positiven verändern. Leicht verständlich und anschaulich erklärt er, wie man die eigenen schlechten Angewohnheiten erkennt und diese Schritt für Schritt durch gute ersetzt. Denn schon eine kleine Veränderung am Tag reicht, um das Leben nachhaltig zu verbessern und das zu tun, was wertvoll und wichtig ist.

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Seitenzahl: 252

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MATTHIAS HAMMER

MICRO HABITS

MATTHIAS HAMMER

MICRO HABITS

Wie Sie schädliche Gewohnheiten stoppen und gute etablieren

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solche benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Originalausgabe

1. Auflage 2019

© 2019 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Diane Zilliges

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildungen: Shutterstock.com/ChoChe

Satz: ZeroSoft, Timisoara

Druck: CPI books GmbH, Leck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7474-0107-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-453-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-454-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.muenchner-verlagsgruppe.de

Inhalt

Einleitung

DIE MACHT DER GEWOHNHEIT

»Warum tue ich das?«

Was sind eigentlich Gewohnheiten?

Gewohnheiten und Gesundheit

Wie entstehen Gewohnheiten?

Von guten und von schlechten Gewohnheiten

Micro Habits im Detail

Gewohnheiten erfolgreich verändern

MICRO-HABITS-VERWANDLUNG: GUTE GEWOHNHEITEN IN FÜNF SCHRITTEN

Micro-Habit-Schritt 1: Merken – Was geschieht tatsächlich?

Micro-Habit-Schritt 2: Intention finden – Was ist mir wirklich wichtig?

Micro-Habit-Schritt 3 – Complicationen managen – Schwierigkeiten auf dem Weg überwinden

Micro-Habit-Schritt 4: Routine aufbauen – Wie etabliere ich neue gute Gewohnheiten?

Micro-Habit-Schritt 5: Ohne Vorwurf – Sich selbst ein freundlicher Coach sein

Mit den fünf Micro-Habits-Schritten hinein in ein neues Lebensgefühl

MIT DEN RICHTIGEN MICRO HABITS DAS LEBEN VERWANDELN

Tech Habits – Gefahr oder Segen?

Lebensbereich Arbeit und Leistung

Die Lebenswelt der Gefühle

Umweltbewusst und nachhaltig

Zum Abschluss: Micro Habits freudvoll leben

Anmerkungen

Literatur

Über den Autor

Einleitung

Schätzen Sie einmal, wie viele Prozent Ihres täglichen Verhaltens Gewohnheiten sind. Gewohnheitsforscher haben herausgefunden: Es sind 43 Prozent. Dabei sind viele gedankliche Gewohnheiten noch nicht einmal mitberücksichtigt. Doch bleiben wir bei der Zahl: Fast die Hälfte Ihres täglichen Verhaltens verrichten Sie automatisch und nahezu unbewusst, und das Tag für Tag. Ihre Essgewohnheiten sind zumeist hoch automatisiert. Mit welchem Fuß Sie als Erstes aufstehen, in welcher Reihenfolge Sie morgens im Bad beim Waschen und Zähneputzen vorgehen – Gewohnheit. Was und wie viel Sie zum Frühstück essen – Gewohnheit. Auch vieles, was Sie denken, ob Sie sich morgens gleich sorgen oder grübeln – Gewohnheit. Wann und wie oft Sie Ihr Handy checken – Gewohnheit. Läuft der Fernseher oder nicht – Gewohnheit. Ob Sie mit der S-Bahn, dem Fahrrad oder dem Auto zur Arbeit fahren – Gewohnheit. Wie und womit Sie bei der Arbeit beginnen – Gewohnheit. So könnten Sie die Liste für den Ablauf des Tages gedanklich fortsetzen. Sie würden auf ganz einfache Gewohnheiten stoßen wie beim Auto-fahren das Schalten vom dritten in den vierten Gang, und komplexere Gewohnheiten, die sich beispielsweise durch die Nutzung Ihres Smartphones gebildet haben.

All das bleibt nicht ohne Folgen. Wann und wie oft Sie auf Ihr Handy schauen, beeinflusst Ihre Beziehungen, Ihre Zufriedenheit im Leben und Ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Ihre Essgewohnheiten bestimmen, wie viel Gewicht Sie auf die Waage bringen und wie gesund Sie sich fühlen. Ihre Bewegungsgewohnheiten bestimmen, wie fit Sie sind. Wie viel Alkohol Sie trinken, wie viel Sie rauchen, bestimmt über Ihre Prognosen für das Älterwerden. Ihre Arbeitsgewohnheiten haben einen wichtigen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg. Und unsere täglichen Konsum- und Fortbewegungsgewohnheiten bestimmen, wie sehr wir der Natur nutzen oder schaden. Der CO2-Verbrauch jedes Einzelnen ist vor allem durch Lebensstil und Gewohnheiten geprägt. Gewohnheitsmäßiges Shoppen, Spielen oder Trinken kann zur Sucht werden. Vermeidungsgewohnheiten – also Dinge, die wir nur tun, um etwas anderes nicht tun oder erleben zu müssen – können in Zwangs- und Angststörungen münden, und intensive Grübeleien machen uns depressiv.

Unbemerkt und doch so mächtig

Meist bemerken wir gar nicht richtig, was wir den ganzen Tag über tun. Gewohnheiten sind ein bisschen so wie die Tapete an der Wand oder das Regal in der Ecke. Sie sind so alltäglich, dass wir sie gar nicht mehr bemerken. Dazu passt ein Witz: Zwei junge Fische begegnen einem alten Fisch. Der Alte sagt: »Guten Morgen, wie ist das Wasser heute?« Die beiden jungen Fische schwimmen weiter und schauen sich an: »Was zum Teufel ist Wasser?«1

So wie das Wasser für die Fische sind für uns die Gewohnheiten. Und das hat auch seine Vorzüge. Wenn eine Gewohnheit die Führung übernimmt, müssen wir nicht mehr bewusst entscheiden. Gewohnheiten sind treue, stille und unsichtbare Begleiter, die uns viel Energie ersparen. Was wir gewohnheitsmäßig steuern, hilft uns, dass wir den Kopf frei haben für andere Dinge. Das ist sehr erleichternd.

Allerdings gibt es hier auch eine Kehrseite – oder sogar mehrere, wie Sie sicherlich wissen, wenn Sie dieses Buch gekauft haben. Denn wahrscheinlich gefällt Ihnen einiges an Ihren Gewohnheiten nicht mehr, sodass Sie sie verändern möchten. Das ist nicht so ganz leicht – aber es ist möglich. Ich stelle Ihnen dafür im zweiten Teil des Buches fünf konkrete Micro-Habit-Schritte vor, wie Sie neue wertvolle Gewohnheiten etablieren und alte Gewohnheiten verändern können.

Dass Gewohnheiten unsichtbar, unbewusst und automatisch ablaufen, macht sie nicht zuletzt auch sehr interessant für andere. Wer unsere Gewohnheiten kapert, bekommt eine große Macht über unser Leben. Er kann uns Produkte verkaufen, die wir vielleicht gar nicht benötigen, er kann sich Zugang zu unseren Daten verschaffen, um uns in seinem Sinne zu manipulieren. Er kann unsere Meinung prägen, ohne dass uns dies immer so klar bewusst wird. Die Wirtschaft hat die Macht der Gewohnheit längst entdeckt – und wir wundern uns oft über unser eigenes Verhalten. »Eigentlich will ich doch gar nicht.« Wenn ein Unternehmen es schafft, dass wir seine Zahnpasta, seine App oder sein Computerspiel gewohnheitsmäßig nutzen, dann bedeutet das langfristigen Gewinn. Deshalb sitzen in vielen Unternehmen Spezialisten, die das Ziel verfolgen, unsere Gewohnheiten und die unserer Kinder wie ein Schiff zu kapern, um sie in die gewünschte Konsumrichtung zu lenken. Dabei ist es wirtschaftlich orientierten Unternehmen meist egal, ob die Produkte gute oder ungesunde Gewohnheiten erzeugen, ob sie also zu unserem Schaden oder Nutzen sind oder uns sogar süchtig machen.

Bezogen auf die Nutzung neuer Technologien und des Internets hat der bekannte Silicon-Valley-Investor Paul Graham formuliert, dass wir nicht die Zeit hatten, um gesellschaftliche »Antikörper gegen suchterzeugende Neuerungen« zu entwickeln.2 Andererseits betreiben viele Verbände heute Informationskampagnen und wollen uns zu gesundheitsbewusstem Verhalten bewegen, zu einer gesunden Ernährung oder mehr körperlicher Bewegung. Meist wirken solche Kampagnen allerdings nur kurzfristig. Ohne Einfluss auf unsere alltäglichen Gewohnheiten zu nehmen, kann es keine langfristigen Veränderungen geben.

Wie aber funktionieren Gewohnheiten wirklich? Wann werden sie selbstzerstörerisch? Und wie können sie die Grundsteine für Glück und Zufriedenheit legen? Wie können wir ihre Macht für unsere Ziele nutzen? In diesem Buch werden wir uns intensiv mit diesen stillen und treuen Begleitern beschäftigen. Wir werden uns auf die Micro-Ebene begeben und die Gewohnheiten wie unter dem Mikroskop untersuchen. Wir werden uns um die Micro-Habits kümmern – kleine Gewohnheiten, die das Leben ausmachen. Dazu gibt es wissenschaftliche Ansätze, zeitgemäße Methoden und alltagstaugliche Techniken, die wirkungsvoll und effektiv sind. Um zwei Bereiche wird es gehen:

Gewohnheiten zu entdecken, die Sie schädigen, und sie dann gezielt aufzulösen. All die Dinge, die Sie davon abhalten, Ihren Werten und Zielen zu folgen und wieder Herr über Ihre Zeit und Ihr Leben zu werden.

Gewohnheiten zu bilden, mit denen Sie Ihr Leben gemäß Ihren Werten, Träumen und Visionen gestalten können. Es geht darum, Gewohnheiten nutzen zu lernen für das, was Ihnen wirklich wichtig ist im Leben. Sie werden lernen, den Fluss der Gewohnheiten in die Richtung Ihrer Ziele zu lenken.

Zu diesem Buch

Ich lade Sie also auf eine spannende Reise in Ihren Alltag ein. Machen Sie sich Gewohnheiten, diese unsichtbaren Begleiter, zu Freunden. Dabei müssen Sie sie als Erstes entdecken und sich bewusst machen. Und Sie müssen erkennen, was Ihnen wirklich wichtig ist im Leben. Wenn Ihnen das klar ist, können Sie den Fluss der Gewohnheiten in genau diese Richtung verändern. Gewohnheiten können strategisch eingesetzt werden – zu unserem Nutzen oder zu unserem Schaden. Sie können uns unsere Gesundheit ruinieren und sie können der Grundstein für Glück, Erfolg und Zufriedenheit sein. Wir selbst müssen aktiv die Richtung vorgeben, ansonsten schwemmen uns die Gewohnheiten dorthin, wo es für uns nicht unbedingt günstig ist.

Inzwischen wissen wir sehr genau, wie Gewohnheiten funktionieren. Wir können sie beobachten und in Einzelteile zerlegen. Wir wissen, was Gewohnheiten aufrechterhält und wie sie sich verändern lassen. Dieses Buch möchte Ihnen helfen, diesen Schatz an Wissen um unsere Gewohnheiten kennen und nutzen zu lernen. Das kann Ihnen helfen, sich nicht mehr von Ihren Gewohnheiten bestimmen und ärgern zu lassen, sondern sie für das zu nutzen, was Sie sich aus tiefstem Herzen für Ihr Leben wünschen.

Ich habe dieses Buch in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil wird es um Gewohnheiten aus der heutigen Sicht der Wissenschaft gehen: Was macht Gewohnheiten aus? Warum sind sie so stark? Inwieweit beeinflussen sie unser Leben und inwieweit können wir sie beeinflussen?

Im zweiten Teil, dem Kernstück dieses Buches, stelle ich Ihnen fünf Schritte der Micro-Habit-Veränderung vor, mit denen Sie relativ leicht ungünstige Gewohnheiten stoppen und neue, sinnvolle und unterstützende Gewohnheiten etablieren können.

Der dritte und abschließende Teil des Buches bettet das Thema der Gewohnheiten noch einmal in einen größeren Zusammenhang ein und möchte Ihnen Lust machen, das ganze Leben aus diesem Blickwinkel neu zu betrachten und in bester und stimmigster Weise zu gestalten.

DIE MACHT DER GEWOHNHEIT

Frank Stäbler gehört zu den ganz Großen im Sport. Als dreifacher Weltmeister im Ringen kennt er sich naturgemäß auch bestens mit Gewohnheiten aus. Denn die sind im Leistungssport ganz wesentlich. Gemeinsam mit seinem Trainer Andreas Stäbler verfeinert er seit Jahren all die Bewegungsabläufe, die zu seinem Sport – und zu seinem Erfolg – gehören. So ist er ein sehr gutes Beispiel dafür, wie weit uns klug gepflegte gute Gewohnheiten bringen können. Auch die vielen wöchentlichen Trainingseinheiten sind für Frank Stäbler eine Gewohnheit, über die er nicht nachdenken muss. Er geht einfach zum Training. Allerdings, ab und zu muss er sich doch extra dafür motivieren. So lautet eine seiner Regeln: Wenn du nicht zum Training gehen willst, geh trotzdem. Und: Wenn du verlierst, dann mach am nächsten Tag ein Extra-Lauftraining. Werde noch besser! Solchen Regeln zu folgen, ist für ihn ebenfalls zur Gewohnheit geworden. Und es zahlt sich aus.

Ich habe Gespräche mit seinem Trainer Andreas Stäbler führen dürfen. (Die Namensgleichheit beider ist Zufall, sie sind nicht verwandt.) Er erklärte mir aus seiner Sicht, wie Gewohnheiten, Motivation, soziale Unterstützung und mentale Stärke zum Erfolg beitragen. Seine Aussagen sind in dieses Buch mit eingeflossen. Doch gehen wir nun erst einmal zu Johan.

»Warum tue ich das?«

Johan wundert sich über sein Essverhalten. Oft steht er abends oder nachts vor dem Kühlschrank und schlingt hastig vor allem Joghurt und Sahnequark herunter. Er achtet darauf, dass ihn niemand aus der Familie dabei ertappt. Manchmal ist ihm danach schlecht. Als er sich einmal fragt, warum er den leckeren Joghurt nicht wenigstens genießen kann, fallen ihm mehrere Szenen aus seiner Kindheit ein. Seine Eltern hatten wenig Geld, und wenn es süßen Joghurt gab, musste er oft schnell und heimlich die Leckereien verschlingen, ansonsten bestand die Gefahr, dass er entweder kaum etwas abbekam oder beschimpft wurde, wenn er sich mehr nahm. Einmal gab es sogar Ohrfeigen von seiner Mutter, als sie ihn dabei erwischte, wie er den Kühlschrank plünderte. Johan ist heute fünfundvierzig Jahre alt, er hat einen guten Job und könnte sich bergeweise Joghurt und Sahnequark leisten. Aber die Gewohnheit von früher sitzt tief: Er kauft sehr gern Joghurt, und sobald er im Kühlschrank steht, muss er ihn so schnell wie möglich verdrücken.

Gewohnheiten haben immer eine Entstehungsgeschichte. Johan wollte als Kind unbedingt so viel wie möglich vom leckeren Joghurt im Kühlschrank abbekommen. Er liebte ihn einfach, es war für ihn der Geschmack von Fülle und einem guten Leben. Er hatte den tiefen Wunsch, diese Leckerei zu essen. Und da haben wir bereits eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung einer Gewohnheit: Es braucht ein Ziel, ein Bedürfnis, das befriedigt werden soll. Auch wenn uns dieses Ziel gar nicht mehr bewusst ist, folgen wir ihm und stimmen unser Leben darauf ab. Wir tun immer wieder das, was uns zu diesem Ziel führen soll – ob es dadurch wirklich erreicht wird oder nicht.

Gewohnheiten haben viel mit unserem gelernten Verhalten in der Vergangenheit zu tun. Der Ringer Frank Stäbler hat mit vier Jahren mit dem Ringen begonnen. Seine Mutter wollte ihn eigentlich beim Kinderturnen anmelden, da war aber kein Platz mehr. Also ging er zum Ringen und fing schnell an, bei diesem Sport Gewohnheiten auszubilden – in diesem Fall Gewohnheiten, die ihn immer besser werden ließen. Johan hat auch früh gelernt – in diesem Fall aber eher in eine ungünstige Richtung. In seinem Inneren gilt die Regel: Wenn es etwas Süßes im Haus gibt, muss es schnell und heimlich gegessen werden, sonst ist es weg. Dies knüpft übrigens nicht nur an der Kindheit, sondern an sehr archaischen Bedürfnissen an, vermutlich hatten unsere Vorfahren auch oft diesen Drang. Sie wussten ja nicht, wann das nächste Tier erlegt wird oder ob sie in den nächsten Tagen noch einmal einen Strauch voller reifer Beeren finden. Also mussten sie sich einmal vorhandene Kalorien schnell einverleiben. Sie sehen schon: Gewohnheiten sind ein sehr umfassendes Thema, das in alle Lebensbereiche hineinragt und bis weit zurück in die Menschheitsgeschichte reicht.

Was sind eigentlich Gewohnheiten?

William James, einer der Urväter und Begründer der Psychologie, hat in seinem Hauptwerk zu den Prinzipien der Psychologie den Gewohnheiten – auf Englisch habit – ein ganzes Kapitel gewidmet. Er geht so weit, zu sagen, dass Gewohnheiten eine Grundeigenschaft der Dinge und Organismen sind. Es sind Reaktionen auf die Umwelt bzw. Wechselwirkungen zwischen den Dingen und Organismen. Wie ein Schloss besser funktioniert, wenn es öfter gebraucht wird, ein Bachbett langsam breiter wird, wenn mehr Wasser fließt, oder wie ein Kleidungsstück sich an den Körper anpasst, wenn es öfter getragen wird (damals gab es noch nicht so viel Elasthan in der Kleidung), werden auch Verhaltensweisen geschmeidiger, wenn sie öfter ausgeführt werden. So oft, bis wir es nicht einmal mehr merken. Denn Gewohnheiten laufen oft automatisiert und unbewusst ab.

Ich hatte diese Zahl schon genannt: 43 Prozent unseres Handelns werden von Gewohnheiten bestimmt, Informationen ändern daran so letztlich nichts. So sagt es Bas Verplanken, Professor für Sozialpsychologie in Bath, England. Er erforscht Gewohnheiten seit über zwanzig Jahren und weiß: Wenn sie mit unseren Zielen übereinstimmen, sind sie uns nützlich, manchmal sind sie sogar überlebenswichtig. Weichen sie allerdings von unseren tatsächlichen Zielen ab, stören sie eher, rauben uns Zeit und Energie, und nicht selten schädigen sie sogar unsere Gesundheit.

Gewohnheiten, so definiert es Bas Verplanken, sind Verhaltensweisen, die wir regelmäßig in einem stabilen Kontext ausüben – ohne viel darüber nachzudenken oder abzuwägen. Meist basieren sie auf Entscheidungen, die wir einmal bewusst getroffen haben.3

Wenn ich meine Nachbarin sehe, sage ich spontan »Hallo!«. Dabei muss ich nichts entscheiden und über nichts nachdenken. Ihr Hund kommt schwanzwedelnd auf mich zu, wenn er mich sieht, ich rede ein bisschen mit ihm und streichle ihm über den Kopf. Auch das ist eine Gewohnheit. Sehr früh schon wurden Gewohnheiten als Neigungen beschrieben, in einer bestimmten Weise zu handeln. Wenn ich eine rote Ampel sehe, dann trete ich automatisch auf Bremse und Kupplung. Und Carla, meine Kollegin, steckt sich eine Zigarette an, sobald sie Pause hat. Beides geschieht hochautomatisch. Unser Gehirn hat im Kopf für diese Verhaltensweisen eine Autobahn gebildet: Die Informationen und Impulse rasen darauf schnell und sicher voran. Sie achten auf keinerlei mögliche Abzweigungen oder alternativen Wege. Dies gilt für die meisten ganz einfachen Handlungen des Alltags wie das Zähneputzen, für komplexe Verhaltensweisen wie Arbeitsgewohnheiten, aber auch für gedankliche Prozesse wie Grübeln oder Selbstvorwürfe.

Wenn Gewohnheiten automatisiert und gut gelernt sind, dann werden sie mehr von der Umwelt bestimmt als von unserem willentlichen Handeln. Wenn eine Pause ist, dann raucht meine Kollegin. Wenn Joghurt im Kühlschrank steht, dann fällt Johan darüber her. Wenn die Ampel rot ist, trete ich auf die Bremse. Die Umwelt hat gewissermaßen die Kontrolle über die Gewohnheit gewonnen. Ein auslösender Reiz genügt, dass die immer gleiche Reaktion erfolgt. Das hat den Vorteil, dass wir nicht mehr darüber nachdenken müssen, wie wir uns in den entsprechenden Fällen verhalten. Wenn das Handy ein Geräusch von sich gibt, hat es automatisch unsere volle Aufmerksamkeit, und wir spüren den Drang, die neue Nachricht zu checken. Ob eine Gewohnheit auf längere Sicht für uns nützlich oder schädlich ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Doch auch damit wollen und müssen wir uns hier beschäftigen.

Gewohnheiten und Gesundheit

Gewohnheiten sind die vielen kleinen Dinge, die wir täglich tun. Es sind die Bausteine unseres Lebensstils. Und damit sind es auch die Bausteine unserer Gesundheit. Kaum einen anderen Lebensbereich beeinflussen Gewohnheiten so sehr wie unser Wohlbefinden und unsere Vitalität. Oder müsste ich statt »beeinflussen« sagen »beeinträchtigen«? Denn sehr viele unserer heute typischen Gewohnheiten tun uns nicht unbedingt gut. Wahrscheinlich kennen Sie diese gesundheitsschädlichen Habits – von sich selbst oder von anderen.

Das Robert Koch-Institut hat in einem Gesundheitsbericht die sieben führenden Gesundheitsrisikofaktoren aufgelistet: Rauchen, zu viel Alkohol, niedriger Obst- und Gemüsekonsum, zu wenig Bewegung, Übergewicht, hohe Cholesterinwerte im Blut und Bluthochdruck. Die ersten Punkte sind Gewohnheiten, die letzten drei sind die Folgen bestimmter Gewohnheiten. Sie alle werden als wesentliche Risikofaktoren für den Anstieg von sogenannten Zivilisationserkrankungen angesehen: Diabetes mellitus, Herzkreislauferkrankungen, Krebs, chronische Atemwegserkrankungen, aber auch psychische Belastungen und Störungen.

Ernährungsgewohnheiten spielen dabei eine vorrangige Rolle. Sie beeinflussen unsere körperliche Leistungsfähigkeit, unser Wohlbefinden und die Gesundheit. Das Robert Koch-Institut stellt zum Beispiel fest, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene deutlich mehr Fleisch essen, als der Gesundheit (und der Umwelt) zuträglich wäre. Außerdem essen die meisten zu süß und zu fett, können all den Verlockungen aus der Werbung, im Supermarkt und bei den Fast-Food-Ketten nicht widerstehen und geraten dann leicht ins Übergewicht mit all seinen gesundheitlichen Folgen.

Zum höchsten Krankenstand führen laut dem DAK-Gesundheitsbericht 2019 (bezogen auf die Krankenstände von 2018) Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems.4 Die Ursachen können sehr vielfältig sein, Überlastung, Übergewicht, aber auch Bewegungsmangel und falsche Sitz- oder Stehgewohnheiten. Die meisten Rückenleiden kommen daher, dass die Menschen zu viel sitzen – im Büro, vor dem Fernseher oder Computer, im Auto – und sich zu wenig bewegen. Alles Gewohnheiten.

An zweiter Stelle stehen Erkrankungen der Atemwege und an dritter Stelle psychische Erkrankungen, deren Anteil an den Fehltagen sich seit 1997 verdreifacht hat. Zu den Diagnosen gehören insbesondere Depression, Angststörungen, Anpassungsstörungen und Sucht.5

Auch diese Störungen haben vielfältige Ursachen – und auch sie haben mit Gewohnheiten zu tun. Angststörungen werden durch Vermeidungsgewohnheiten zumindest verstärkt und die verschiedenen Süchte basieren auf exzessiven Verhaltensweisen und Kontrollverlusten. Unsere Leistungs- und Arbeitsgewohnheiten und überhöhte Ansprüche an uns selbst führen häufig zu Überforderung und Erschöpfung, und die Gefahr, Burn-out oder eine Depression zu entwickeln, steigt.

Ich weiß natürlich nicht, aus welchem Grund Sie sich dieses Buch gekauft haben. Ob Sie bestimmte Gewohnheiten leid sind und gern loswerden möchten. Oder ob Sie sich nach einem Leben mit bestimmten Gewohnheiten sehnen, die Sie bisher nicht wirklich etablieren konnten. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass so einiges dabei sein dürfte, was in den gesundheitlichen Bereich fällt. Um gesund zu bleiben oder um es wieder zu werden, um sich im Körper so richtig wohl und fit zu fühlen und mit Zuversicht und sogar Freude aufs Leben zu schauen, dafür sind gute Gewohnheiten unerlässlich.

Wie entstehen Gewohnheiten?

Gewohnheiten sind wie Wasser, das durch eine Landschaft fließt. Je länger und je mehr Wasser in einem Flussbett unterwegs ist, desto tiefer gräbt es sich in die Landschaft ein und prägt und verändert somit auch die Gegend. Ebenso prägen uns unsere Gewohnheiten. Wenn wir mit etwas Menschenkenntnis in ein Gesicht schauen, dann können wir sehen, ob dieser Mensch in seinem Leben viel gelacht, viel gegrübelt oder viel geraucht hat. Gewohnheiten prägen die Gesichtszüge, die Landschaft unseres Gesichts.

Im Talmud heißt es:

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte,

achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen,

achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten,

achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter,

achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

Es beginnt im Kleinen – bei den Micro Habits, den unscheinbaren, winzigen Alltagsgewohnheiten –, und es endet damit, wie sich unser ganzes Leben gestaltet. William James, der schon erwähnte Urvater der Psychologie, verwendete damals bereits den Begriff der Plastizität. Er bezog ihn auf die Grundeigenschaft von Materialien, sich formen zu lassen, und auf die Grundeigenschaft des menschlichen Gehirns, das sich durch Aktivität und Training ebenfalls formt. Je häufiger wir eine Handlung verrichten, desto häufiger werden dieselben Nervenstränge aktiviert und desto stärker verändern sich diese Bahnen und Hirnareale im Laufe der Zeit. Neurophysiologen sprechen von neuronaler oder synaptischer Plastizität. Unser Gehirn ist formbar wie eine Knetmasse. Und am besten lässt es sich formen durch Wiederholungen – durch Gewohnheiten.

Der kanadische Psychologe Donald Hebb formulierte bereits 1949 die hebbsche Regel: »What fires together, wires together.« Das heißt, je häufiger Neuron A mit Neuron B gemeinsam aktiv ist, also gemeinsam feuert, desto bevorzugter und schneller werden diese Neuronen aufeinander reagieren und eine immer festere Nervenleitung bilden.

Mit den heutigen bildgebenden Verfahren können wir ganz genau beobachten, wie Nervenverbindungen wachsen. Durch häufige Wiederholung einer Handlung werden die Neuronen immer wieder aktiviert und die Nervenverbindungen werden größer und stärker. Es ist wie auf Transportwegen: Aus anfänglichen Trampelpfaden werden dort Autobahnen, wo besonders viel Verkehr ist, wo sich besonders viele Einzelne fortbewegen.

Dazu passt eine sehr bekannte Studie mit Londoner Taxifahrern gleich in zweifacher Weise. Es wurden deren Gehirne durchleuchtet, und der Neuropsychologe Chris Frith fand dabei heraus, dass sich bei ihnen vor allem ein Gehirnteil deutlich vergrößert hatte, nämlich der Hippocampus. Der ist zuständig für die Abspeicherung von räumlichen Erinnerungen. Taxifahrer müssen sich sehr gut an die vielfältigen möglichen Routen in einer verwinkelten Riesenstadt wie London erinnern. Also haben sie diesen Bereich ihres Gehirns besonders oft benutzt. Die Studie konnte auch nachweisen: Je länger ein Taxifahrer diese Tätigkeit verrichtete, desto größer war der Hippocampus angewachsen.

Ihr Gehirn liebt Gewohnheiten

Das alles gilt auch für Ihr eigenes Leben. Wenn Sie etwas sehr häufig tun, führt das zu physiologischen Veränderungen in Ihrem Gehirn. Wiederholung in diesem Sinne ist Veränderung. Tatsächliche physische Veränderung. Indem Sie etwas wiederholen, lernen Sie es, bis die Bahn im Gehirn dafür so dick ist, dass es wie von selbst abläuft. Allein die Häufigkeit des Tuns führt zu einer Vertiefung dieses Lernens. Irgendwann funktioniert das Verhalten automatisch, Sie benötigen kaum noch Bewusstheit oder gar kein Bewusstsein mehr dafür.

Unser Gehirn versucht genau das: aus bewährtem Verhalten möglichst viele Gewohnheiten bilden. Das spart Energie und ist nicht anstrengend. Wenn wir Dinge jeden Tag immer wieder auf die gleiche Weise tun, dann wäre es ja unsinnig, wenn wir jedes Mal wieder darüber nachdenken müssten. Also bildet sich das Gehirn so um, dass die Aktion fast oder vollständig von allein abläuft, sobald ein entsprechender äußerer Reiz gegeben ist. Der Wecker klingelt – wir gehen Zähneputzen.

Das können Sie auch beim Lernen mit Kindern beobachten. Hat sich einmal eine Gewohnheit gebildet, und Ihr Kind kann die Vokabeln, dann kommen sie wie aus der Pistole geschossen, sobald Sie nachfragen. Spontan und fast automatisch. Das macht Spaß und geht leicht. Hingegen neue Vokabeln in das Gehirn zu pflanzen, das ist mühevoll und braucht viele Wiederholungen, bis sie sitzen.

Hier kommen wir auch gleich in den Bereich der Emotionen. Denn wenn etwas leicht geht und »sitzt«, wenn wir nicht darüber nachdenken müssen und es wie am Schnürchen funktioniert, wenn wir die Vokabeln einfach können, dann ist das mit Freude und Lust verbunden. Wir erleben uns als fähig und das macht Spaß.

Unser Gehirn übrigens arbeitet ganz bewusst damit, uns Freude zu machen. Wenn etwas in seinem Sinne funktioniert, dann schüttet es Neurotransmitter aus, die uns gute Gefühle bescheren. Damit wird das, was wir eben getan haben, positiv verankert und das Gehirn kann davon ausgehen, dass wir es wieder tun. Und da es gern Energie spart – es ist ja von der Evolution darauf programmiert worden, unser Überleben auch in schwierigen Zeiten zu sichern –, belohnt es unsere Gewohnheiten. Sie ahnen sicher schon, dass hier eine ordentliche Schwierigkeit verborgen liegt, wenn wir Gewohnheiten ändern wollen. Sie sitzen tief, nicht nur in unserer Psyche, sondern eben auch ganz physisch im Gehirn. So leicht lässt es sie nicht los, es ist gar nicht so einfach, die Autobahn wieder zu verlassen.

Gewohnheiten sind also eine Art Energiesparmodus unseres Gehirns. Sobald wir zu gewohnheitsmäßigem Handeln übergehen, benötigen wir viel weniger Energie, als wenn wir bewusst überlegen und entscheiden. Im Gehirn sind die Basalganglien der Ort, an dem unsere Gewohnheiten abgespeichert sind, eine Region in unserem Stammhirn. Wenn Sie einen Tangotanzschritt oft wiederholen, übernehmen irgendwann die Basalganglien die Führung, und Sie benötigen nahezu keine bewusste Steuerung mehr, der Tangoschritt sitzt und kann sicher immer wieder abgerufen werden, auch im größten Getümmel auf der Tanzfläche.

Das Gewohnheitsmuster mit seinen vier Punkten

Gewohnheiten sind einmal gefundene Lösungswege, die unser Gehirn sich eingeprägt hat. Dass sich Johan als Kind immer ganz schnell auf den Joghurt gestürzt hat, hat funktioniert: Er konnte sich an dieser süßen Köstlichkeit laben und wurde ganz selten dabei erwischt. Für sein Gehirn ist das eine Erfolgsgeschichte. Also behält es das Verhalten bei: Sobald süßer Joghurt da ist, wird er heimlich und flink aufgegessen.

Es gibt viele Untersuchungen zur Gewohnheitsbildung, die immer wieder dasselbe Muster deutlich machen – in vier Punkten. Bei einem Laborversuch beispielsweise hat ein Affe gelernt, wie er am besten an Weintrauben herankommt. Er weiß: Wenn das Licht im Versuchsraum angeht, braucht er nur zehnmal einen Hebel zu drücken, und dann bekommt er eine Weintraube als Belohnung. Das ist inzwischen so oft passiert, dass sich in seinem Gehirn ein Muster dafür etabliert hat. Der Vorgang ist für ihn zu einer Gewohnheit geworden. Und das sind die erwähnten vier Punkte:

Das Lichtsignal kommt – der Auslöser. Das Signal ist der Startschuss für die Gewohnheit. Es setzt die dopaminerge Energie frei. Gewohnheiten sind immer gekoppelt an ein konkretes Signal. Das Signal sagt uns: Jetzt gibt es eine leckere Belohnung.

Der Affe zeigt eine erhöhte innere Erregung und Dopaminausschüttung, in ihm macht sich die Vorfreude auf die Belohnung bemerkbar. Man spricht hier von Craving – der Belohnungserwartung. Der Affe weiß: »Es wird großartig werden, es wird lecker, und ich weiß, wie es funktioniert.« Die Lust und das Verlangen sind deutlich stärker ausgeprägt und spielen im Erleben eine viel dominantere Rolle als die später erfolgende Belohnung.

Nun folgt die Handlung: zehnmal den Hebel drücken. Der Affe tut es fast gelangweilt. Diese Handlung wurde bereits so oft wiederholt, sie ist zur Routine geworden. Die innere Erregung wird heruntergefahren, das heißt, er benötigt für Gewohnheiten wenig Energie und vor allem wenig Aufmerksamkeit. Viele Gewohnheiten verrichten auch wir hoch automatisiert.

Der Affe erhält die Traube als Belohnung. Interessanterweise fallen die Dopaminausschüttung und die innere Erregung hier deutlich geringer aus als bei Punkt zwei. Denken Sie daran bei der nächsten Schokolade, der nächsten Zigarette, dem nächsten Bier: Das eigentliche Lusterlebnis liegt in der Erwartung, also im Craving.6

Die Dopaminausschüttung ist am höchsten, wenn wir eine Belohnung erwarten. Wenn wir sie dann bekommen, sind deutlich weniger Glückshormone im Spiel. (Abbildung nach Sapolsky, R. (2017), Gewalt und Mitgefühl. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München)

Jede Gewohnheit besteht aus diesen vier Micro-Elementen:

Auslöser

Belohnungserwartung, Craving

Verhalten, Routine

Konsequenzen, Belohnung

Auch bei Johan trifft dieses Muster zu, wenn er gierig vor dem Kühlschrank stehend süßen Joghurt in sich reinschaufelt. Der auslösende Reiz ist der Abend, wenn er allein in der Küche ist. Die Sehnsucht nach einer süßen Leckerei taucht auf, er weiß, dass der Joghurt im Kühlschrank auf ihn wartet – das Craving. Gewohnheitsmäßig handelt er und schlingt ihn hastig hinunter. Die Belohnung besteht in dem guten Geschmack und dem Gefühl, auch diesmal wieder nicht zu kurz gekommen zu sein (denn das war ja seine Angst aus der Kindheit).

Von guten und von schlechten Gewohnheiten

Johan hat diese Gewohnheit des Vor-dem-Kühlschrank-süßen-Joghurt-in-sich-Reinschaufelns lange Jahre praktiziert, ohne sich daran zu stören. Erst seit sein Übergewicht für ihn ein echtes Problem wurde, setzt er sich mit seinen Essgewohnheiten auseinander. Ihm wurde klar, dass es so nicht weitergehen sollte. Anfangs ärgerte er sich über sich selbst und war wütend, wann immer er wieder seine Kühlschrankgewohnheit ausgeübt hatte. Im Gespräch mit mir wurde ihm allerdings klar, dass diese Gewohnheit eben eine Geschichte hatte. Damals in seiner Kindheit war es ziemlich schlau von ihm, für seinen Anteil an dem Joghurt zu sorgen und zugleich aufzupassen, nicht erwischt zu werden, sonst wäre er von seiner Mutter bestraft worden.

Fast alle Gewohnheiten tragen eine alte Geschichte in sich, die uns oft gar nicht mehr bewusst ist. Gewohnheitsmuster enthalten immer Lösungsstrategien für irgendein Problem, das wir früher einmal hatten. Für Johan war es das Problem, dass er gern mehr von dem nur selten ausreichend vorhandenen Joghurt abbekommen wollte. Für andere ist es vielleicht das Problem, dass sie dazugehören möchten – und dann beginnen sie mit vierzehn, zu rauchen. Zu unseren vier Punkten kommt daher noch eine fünfte Komponente hinzu: das Ziel, dass wir verfolgt haben, als die Gewohnheit begann.

Ziel

Auslöser

Belohnungserwartung, Craving

Verhalten, Aktion

Konsequenzen, Belohnung