Mine to Catch – Dunkle Begierde - Jay Crownover - E-Book
SONDERANGEBOT

Mine to Catch – Dunkle Begierde E-Book

Jay Crownover

0,0
3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Manchmal ist die richtige Entscheidung die, die am meisten schmerzt.

Lane Warner ist der Sonnyboy der Warner-Cowboys und daran gewöhnt, im Schatten seiner älteren Brüder zu stehen. Er ist der Lässige und wird von allen gemocht. Selbst wenn es noch so turbulent zugeht - Lane behält die Ruhe. Seit er denken kann ist er in Brynn verliebt, doch sie ist für Lane unerreichbar. In letzter Zeit kam es zwischen den beiden immer wieder zu Spannungen, und Lane sieht keinen anderen Ausweg, als Wyoming und der Ranch für immer den Rücken zu kehren.

Brynn will Lane nicht ziehen lassen, und alles in ihr schreit danach, ihn wieder nach Hause zurückzuholen. Sie hatte früher nicht viel zu lachen und lebte in ständiger Angst, bis der jüngste Warner-Bruder in ihr Leben trat. Schon seit sie ihn zum ersten Mal sah, ist sie in ihn verliebt. Er war alles, was Brynn immer wollte - und er ist auch alles, was sie niemals haben kann. Richtig wäre, ihn ziehen zu lassen ...

Der dritte, mitreißende Band der Romantic-Suspense-Reihe rund um die heißen Cowboys der Warner-Ranch.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 441

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Widmung

Einleitung

Prolog: Ja oder Nein

Kapitel 1: Wollen oder brauchen

Kapitel 2: Dabei oder nicht dabei

Kapitel 3: Nah oder fern

Kapitel 4: Helfen oder hindern

Kapitel 5: Vergangenheit oder Gegenwart

Kapitel 6: Kühn oder schüchtern

Kapitel 7: Bitter oder süß

Kapitel 8: Aufrichtig oder vorgeblich

Kapitel 9: Hart oder weich

Kapitel 10: Schwimmen oder untergehen

Kapitel 11: Geben oder nehmen

Kapitel 12: Leben oder sterben

Kapitel 13: Gefrieren oder schmelzen

Kapitel 14: Da oder weg

Kapitel 15: Gewinnen oder verlieren

Kapitel 16: Alles oder nichts

Kapitel 17: Schnell oder langsam

Kapitel 18: Himmel oder Hölle

Kapitel 19: Mehr oder weniger

Epilog: Krieg oder Frieden

Danksagung

Impressum

Weitere Titel der Autorin:

Marked-Men-Reihe:

Marked Men: In seinen Augen

Marked Men: In seiner Stimme

Marked Men: In seinem Herzen

Marked Men: In seinen Armen

Marked Men: In seiner Nähe

Marked Men: In seinem Lächeln

Getaway-Romance-Reihe:

Mine to Save – Gefährliche Hingabe

Mine to Rescue – Riskante Leidenschaft

Über dieses Buch

Lane Warner ist der Sonnyboy der Warner-Cowboys und daran gewöhnt, im Schatten seiner älteren Brüder zu stehen. Er ist der Lässige und wird von allen gemocht. Selbst wenn es noch so turbulent zugeht – Lane behält die Ruhe. Seit er denken kann ist er in Brynn verliebt, doch sie ist für Lane unerreichbar. In letzter Zeit kam es zwischen den beiden immer wieder zu Spannungen, und Lane sieht keinen anderen Ausweg, als Wyoming und der Ranch für immer den Rücken zu kehren.

Brynn will Lane nicht ziehen lassen, und alles in ihr schreit danach, ihn wieder nach Hause zurückzuholen. Sie hatte früher nicht viel zu lachen und lebte in ständiger Angst, bis der jüngste Warner-Bruder in ihr Leben trat. Schon seit sie ihn zum ersten Mal sah, ist sie in ihn verliebt. Er war alles, was Brynn immer wollte – und er ist auch alles, was sie niemals haben kann. Richtig wäre, ihn ziehen zu lassen ...

Über die Autorin

Jay Crownover lebt zusammen mit ihren Hunden in Colorado. Ihre Leidenschaft galt schon immer dem Lesen und Schreiben, und mit dem Erfolg ihrer Serie Marked Men ist ein Traum für sie wahr geworden. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin ist immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer – zwischen den Seiten und auch in der Realität. Mehr Informationen unter: www.jaycrownover.com

Aus dem Amerikanischen von Michaela Link

Rule, gewidmet deiner ersten und ewigen Liebe und denjenigen, die das Glück haben, beide in einer Person zu finden

Einleitung

Ich möchte meinen lieben Lesern eine kurze Vorwarnung zum Anfang dieses Buches geben.

Ich habe den Prolog in der dritten Person geschrieben, aber der Rest des Buches wird abwechselnd von den beiden Hauptfiguren in der ersten Person erzählt – so, wie ich es in den meisten meiner Bücher halte. Ich weiß, dass viele Leser Vorbehalte gegen die Erzählweise in der dritten Person hegen, und ich bitte sie, sich von den wenigen Seiten des Prologs nicht abschrecken zu lassen.

Warum habe ich mich für diese Art der Darstellung entschieden? Es liegt daran, dass ich mich bei der Ausarbeitung des Prologs deutlich unwohl gefühlt habe angesichts des Unglücks, das sich darin entfaltete. Ich kam mir vor wie eine Fliege an der Wand, die hilflos mit ansehen musste, wie da zwei Züge auf einem Gleis in voller Fahrt aufeinander zurasten, ohne auch nur »HALT!« schreien zu können. Ich war selbst Zuschauer der Tragödie, statt mich in diesem Augenblick in eine der Figuren versetzen zu können. Und ich habe mir das Ziel gesetzt, meine Leser ebenso in Unruhe zu versetzen, wie mich das unausweichliche Unglück meiner beiden Hauptfiguren beim Lesen aufgewühlt hat.

Meine Protagonisten verbindet eine so komplizierte Geschichte von unerwiderter Liebe und Lust, dass ich ohnehin damit gerechnet habe, dass manches in diesem Buch schwer zu schreiben sein würde.

Dem letzten der wilden Warners steht ein langer Weg nach Hause bevor – liebe Leser, schnallen Sie sich an und genießen Sie die Fahrt!

Zuvor aber noch eine kleine Randbemerkung zu Brynn: Als ich ihre Figur als eine amerikanische Ureinwohnerin konzipiert habe, war das nicht ganz zu Ende gedacht. Denn so musste ich ja auch darüber schreiben, wie sie in einem Reservat aufgewachsen war und was das für sie bedeutet hatte, und das wollte ich so authentisch wie möglich tun. Es war aber wirklich schwierig, jemanden zu finden, mit dem man über das Aufwachsen in einem Reservat sprechen konnte, und noch schwieriger war es, eine Frau zu finden, die zufällig in meiner Nähe lebte, um sie zu befragen. Es gibt also Teile von Brynns Hintergrundgeschichte, bei denen ich mir kreative Freiheiten genommen habe. Fakten und Fiktion stehen oft auf Kriegsfuß miteinander, wenn man versucht, die bestmögliche Geschichte zu erzählen. Diese Teile ihrer Geschichte basieren auf dem Dokumentarfilm Hidden America: Children of the Plains und auf verschiedenen YouTube-Videos, in denen amerikanische Ureinwohner ausführlich über ihre Erfahrungen in und außerhalb des Reservats sprechen. Auch hier sind Frauen schwach vertreten. Obwohl ich also mein Bestes gegeben habe, um Brynns Geschichte lebensnah darzustellen, bin ich mir sicher, dass ich einige Dinge ungenau geschrieben habe. Nehmt es mir nicht übel ... oder doch, aber ihr sollt wissen, dass ich mein Bestes getan habe.

Liebe & Tinte!

xoxo

Jay

Prolog:Ja oder Nein

»Willst du mich heiraten?«

Stille legte sich über die Verlobungsparty, in die dieser unglückselige Heiratsantrag hineinplatzte. Das Schweigen war kein Zeichen von atemloser Spannung oder stummem Entzücken. Nein, das Schweigen schien eher mit Entsetzen und lautloser Verzweiflung geschwängert zu sein.

Angesichts der eben ausgesprochenen Worte hätten die Frauen feuchte Augen und Schwindelanfälle bekommen und die Männer nervös und erwartungsvoll von einem Fuß auf den anderen treten sollen. Die Frage lastete schwer wie Blei auf dem Raum, und anstatt dass alle Blicke auf der Frau ruhten, vor der der gut aussehende Cowboy niedergekniet war, wandten sie sich hilflos einem anderen Mann im Raum zu. Dem, der an der von dem Paar am weitesten entfernten Wand lehnte. Dem Mann, der die romantische Szene vor sich mit zusammengekniffenen blauen Augen beobachtete. Sein Kiefer war so verkrampft, dass es an ein Wunder grenzte, dass seine Zähne nicht abbrachen von der Kraft, mit der er sie aufeinanderpresste. Er blieb reglos ... so reglos. Es war, als würde die Frage in der Luft hängen und darauf warten, dass dieser dunkelhaarige Mann reagierte.

Alle Blicke ruhten auf Lane Warner, nicht auf dem Kerl, von dem der Antrag gekommen war.

»Ich weiß, wir sind noch nicht sehr lange zusammen, und das kommt vielleicht etwas plötzlich, aber ich weiß auch, dass du die eine bist, Brynn. Ich liebe dich, und ich will mir ein Leben mit dir aufbauen. Also, willst du mich heiraten?« Jack stellte die Frage voller Hoffnung, und Liebe leuchtete aus seinen strahlenden Augen.

Jack war sehr ernst und offensichtlich nervös. Es war klar, dass er die Frau verehrte, die vor ihm stand und deren Hände zitterten, als sie sie sich auf den Mund legte und gegen die Tränen in ihren dunklen Augen anblinzelte. Jack war ein guter Mann, und er hatte recht, das kam plötzlich und unerwartet – aber andererseits auch wieder nicht. Er hatte während der vergangenen Wochen gelegentlich angedeutet, dass er etwas Ernstes wolle, etwas Dauerhaftes.

Gefahr und Chaos ließen Menschen reagieren, ohne nachzudenken. Alle anderen in diesem Raum hätten dem gut aussehenden Cowboy sagen können, dass Brynn zu einer solchen Bindung noch nicht bereit war, vielleicht auch niemals bereit dafür sein würde, aber er hatte niemanden gefragt. Jack war losgezogen und hatte einen Ring gekauft, davon überzeugt, dass die schöne Frau, die so mühelos sein Herz gestohlen hatte, ihn ebenso liebte wie er sie.

Er war nicht aufmerksam genug gewesen. Sonst hätte er den dunkelhaarigen Cowboy, der alle Luft aus dem Raum zu saugen schien, schon lange vorher bemerkt. Er hätte wahrgenommen, wie die Frau, die er liebte, ihren Blick immer wieder in dessen Richtung wandern ließ – und wie ihr Blick auf ihm verweilte. Wenn er genau hingeschaut hätte, hätte er gesehen, wie sie diesen Mann mit unverhohlener Sehnsucht und seelentiefem Bedauern beobachtete. Er hätte bemerkt, dass sie immer ganz still wurde, wenn sie allein waren, und nur einen Teil von sich in seine Hände gab. Aber es hieß ja nicht ohne Grund, Liebe mache blind, und er, der den Ring in der Hand hielt und die Frau mit den Augen anflehte, sah nichts von alldem, bis die Spannung im Raum so greifbar wurde, dass das Atmen schwerfiel. Erst da erkannte er, was die ganze Zeit direkt vor seinen Augen gewesen war. Er liebte sie, aber sie liebte einen anderen.

»Ähm ... Jack ...« Ihre Hände zitterten noch heftiger, und ihre normalerweise süße und melodische Stimme klang rau und heiser, erstickt von Tränen und etwas, von dem er bald erfahren würde, dass es Bedauern war.

Bevor sie den Satz beenden und das eine Wort sprechen konnte, das das Leben des blonden Cowboys, der auf der Nachbarranch arbeitete, unwiderruflich verändern würde, stieß sich der dunkelhaarige Mann auf der anderen Seite des Raums von der Wand ab, straffte sich und ging. Es war, als wäre jeder Hauch von Zuversicht und Wunschdenken mit ihm verschwunden. Es war beinahe so, als hätte er mit seinem Fortgang jegliche Liebe und Hoffnung mitgenommen.

Alles, was übrig blieb, war eine zitternde Frau, ein verzweifelter, auf dem Boden kniender Mann und eine Gruppe von Freunden und Verwandten, die nicht wussten, ob sie wegschauen oder herbeieilen sollten, um das unvermeidliche Unglück einzudämmen, das sich direkt vor ihren Augen abspielte.

»Ich kümmere mich um ihn.« Das tiefe Brummen von Cyrus Warners Stimme durchbrach schließlich das Schweigen, und der älteste Warner-Bruder ging dem jüngsten nach. Es war seine Aufgabe, ihn zu beschützen, und genau das würde er tun.

Lane Warner war bei allen Anträgen zugegen gewesen, die auf dieser Ranch gemacht worden waren, und es schien, als würde seine Reaktion jedes Mal schlimmer werden.

Mit achtzehn hatte Lane versucht, Brynn Fox’ Held zu sein. Er war der erste Cowboy gewesen, der sich auf ein Knie niedergelassen und das schöne Mädchen gebeten hatte, ihn zu heiraten, obwohl sie sich noch nicht einmal geküsst hatten. Sie waren beste Freunde gewesen und hatten sich auf eine Weise nahegestanden, wie sein Bruder und mehrere seiner Klassenkameraden es niemals verstehen würden. Brynn brauchte jemanden, der ihr Sicherheit bot, einen Beschützer und einen Vertrauten. Lane brauchte jemanden, der ihn wahrnahm. Jemanden, der in ihm mehr sah als den jüngsten Warner. Jemanden, der wusste, dass er so weit wie nur vorstellbar von dem umgänglichen Witzbold entfernt war, den er der Welt präsentierte. Sie waren ehrlich zueinander. Brynn verdankte ihm zu viel, um zu erlauben, ihr sein ganzes Leben und seine Jugend zu opfern, daher hatte dieser erste Antrag genauso geendet, wie dieser hier enden würde.

Brynn ließ ihre zitternde Hand vom Mund sinken, und ihr Rücken versteifte sich. Die Tränen, die der üppige Käfig ihrer Wimpern zurückgehalten hatte, strömten ihr nun frei über die Wangen. Sie trat einen Schritt zurück, und ein kollektives Ausatmen schien durch den Rest der Menschen im Raum zu gehen. Ihre Antwort veränderte nicht nur Jacks Leben für immer; sie veränderte alle, die beobachtet hatten, wie Brynn und Lane einander jahrelang mit unerwiderter und unausgesprochener Liebe gepeinigt hatten.

»Jack, du bist ein großartiger Mann, wirklich. Ich ... ich hatte keine Ahnung, dass dir das mit uns so ernst war ... mit mir. Ich ... na ja ... ich bin nicht bereit für etwas so Großes wie die Ehe. Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich könnte dir die Antwort geben, die du hören willst.«

Ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich ehrlich gewünscht hätte, seinen Antrag annehmen zu können. Wenn irgendjemand sie nach ihrer Beziehung gefragt hatte, hatte sie ihm stets gesagt, dass es mit Jack leicht sei. Jack sei freundlich. Jack sei ein Neuanfang. Was sie niemals laut hatte aussprechen können, war, dass es mit Jack nur halbherzig war. Die andere Hälfte ihres Herzens gehörte Lane Warner und hatte ihm gehört, seit sie zwölf Jahre alt gewesen war.

Jack schien in sich zusammenzusinken. Er ließ die Hand mit dem Ring fallen und fuhr sich mit den Fingern durch sein zotteliges blondes Haar. »Brynn?« Ihr Name war teils Frage, teils Flehen.

Brynn trat noch einen Schritt zurück und schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr feuriges Haar hin und her schwang. Sie strich sich mit den Händen über die Jeans, ihre Handflächen offensichtlich verschwitzt. »Es tut mir so leid, Jack, aber ich kann das nicht.«

Abgesehen von Jack wussten alle anderen im Raum, dass sie es wirklich nicht konnte. Es wäre nicht fair gewesen, und es war nicht das erste Mal, dass sie einen Mann abwies.

Langsam erhob der blonde Cowboy sich. Zu spät wanderte sein Blick durch den Raum. Brynns Familie war dort versammelt, wenn auch die Warner-Brüder jetzt fehlten. Lane und Cy waren weiß Gott wohin verschwunden. Sutton, der mittlere Bruder, war vor einigen Monaten nach Kalifornien gezogen. Jacks Chefin, Tennyson McKenna, die zufällig eine langjährige Freundin der Warners war, war ebenfalls zugegen.

Sie beobachtete die Szene mit argwöhnischen Augen und einem grimmigen Stirnrunzeln. Sie hatte Jack gewarnt, vorsichtig zu sein. Sie hatte ihm klipp und klar gesagt, dass alle mit dem Nachnamen Warner eine komplizierte Beziehung zur Liebe hätten. Jack hatte ihre Meinung mit einem Lachen abgetan und Ten ins Gedächtnis gerufen, dass Brynn im Prinzip eine Fox war, in mehr als nur einer Hinsicht. Sie war nur aus Notwendigkeit eine Warner geworden, nicht weil sie eine hatte werden wollen. Ten hatte ihn gefragt, wie sicher er sich da sei. Im Moment wünschte Jack sich, er hätte rechtzeitig zwischen den Zeilen lesen können. Denn alle waren Zeuge geworden, wie er in Liebe entflammt auf die Knie gesunken war, und er konnte keinen dieser Menschen in Zukunft meiden. Es würde in dieser Kleinstadt und ihrer engen Gemeinschaft keinen Ort geben, an dem er sein gebrochenes Herz und seine Enttäuschung verstecken konnte.

Opal, Brynns jüngere Schwester, war ebenfalls da. Sie beobachtete alles mit großen Augen und bleichem Gesicht. Ihre Hand schlang sich um die einer älteren Frau, deren Gesicht der gleiche Schmerz verzerrte, der Jack in dem Moment zu zerreißen schien. Brynns Mutter war sichtlich entsetzt über die Reaktion ihrer Tochter auf den Antrag, obwohl sie den Mann, der um die Hand ihrer ältesten Tochter angehalten hatte, noch gar nicht kennengelernt hatte.

Brynn machte es nichts aus, dass ihre Schwester in einem der verletzbarsten und tragischsten Augenblicke ihres Lebens zugegen war, aber Brynn wäre lieber barfuß durch Lava gegangen, als sich mit der Reaktion ihrer Mutter auf diesen Albtraum auseinanderzusetzen. Die ältere Frau hatte sich wie ein Blutegel auf die Einladung ihrer Jüngsten gestürzt und sich geweigert, sie zu dem Fest gehen zu lassen, wenn sie nicht ebenfalls mitkommen durfte. Der einzige Grund, warum Brynns Mutter aufgetaucht war, war der, dass es etwas zu essen geben würde und sie sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen wollte zu sehen, wer sich auf der Ranch der Warners versammelte.

Brynns Mom war immer auf der Suche nach einer kostenlosen nächsten Mahlzeit, und die Warners kannten alle einflussreichen Menschen in einem Umkreis von mehreren Hundert Meilen. Brynn hätte Cy erlauben sollen, die ältere Frau hinauszuwerfen, als er es angeboten hatte, aber sie hatte keine Szene verursachen wollen, die von dem Fest ablenkte. Ihre Mutter wusste, wie sie die glücklichsten Augenblicke auf denkbar schlimmste Weise schrecklich und unvergesslich machen konnte.

Brynns Mutter, Harmony Fox, war ihr Leben lang auf der Suche nach jemandem gewesen, der für sie sorgte, ihr alles gab, was sie brauchte, und sie wie eine Königin behandelte. Es war offensichtlich, dass Harmony nicht glauben konnte, dass ihre älteste Tochter genau das ablehnte, dass Brynn freiwillig Nein zu der angebotenen Sicherheit sagte, für die sie selbst jederzeit zu töten bereit gewesen wäre. Ihr Gesichtsausdruck wurde ärgerlich, als sie die Hand ihres jüngsten Kindes von ihrem Arm abschüttelte und auf ihre Älteste zuging, einen entschlossenen Zug um den Mund.

Jacks bester Freund und sein Cousin waren ebenfalls anwesend, genau wie einige neue Gesichter. Ein Mann, den Cyrus als Unterstützung für ihr Unternehmen eingestellt hatte, nachdem der mittlere Warner-Bruder die Ranch verlassen hatte, und ein weiterer, der einige Jahre älter war. Die beiden Neulinge waren Brüder.

Sie alle hatte das Versprechen auf kostenloses Bier und erstklassige Steaks auf die Ranch gelockt – bei einer weiteren Verlobung, die glatt über die Bühne gehen sollte. Als Cyrus Warner sich auf die Knie niedergelassen und Leora Connor gebeten hatte, seine Frau zu werden und den Rest ihres Lebens mit ihm zu verbringen, hatte sie nicht schnell genug Ja sagen können. Die zierliche Rothaarige hatte sich so heftig an die Brust des ältesten Warners geworfen, dass sie beide auf dem Boden gelandet waren. Das Glück und die Gewissheit dieser beiden, dass sie die Ewigkeit miteinander verbringen würden, hatte sich aller bemächtigt. Die Party heute hätte auf diese Weise enden sollen – glücklich.

Jack hatte gedacht, das Timing sei perfekt, hatte es bis in sein tiefstes Herz gespürt. Er hätte sich nicht gründlicher irren können.

Bei den Warners veränderte sich im Moment alles, und das bedeutete, dass sich auch alles in Brynns Welt verändern würde.

Lange Zeit waren die Warners und ihre Ranch Brynns ganze Welt gewesen. Boyd Warner, der Dad der Jungen, hatte damals eingegriffen, als Brynn Lane als Teenager zurückgewiesen hatte. Brynn war in einer ausweglosen Situation gefangen. Sie lebte in einem Reservat, und die Situation dort hatte sich in letzter Zeit zugespitzt. Es gab wenige legale Möglichkeiten für irgendjemanden außerhalb des Reservats, etwas zu tun, um zu helfen. Boyd wollte weder, dass sein jüngster Sohn den Rest seines Lebens opferte, um seine beste Freundin zu retten, noch dass Brynn immer wieder an einen Ort zurückgeschickt wurde, wo sie nicht sicher war.

Der Patriarch des Warner-Clans wusste, dass seine Tage gezählt waren. Er war seit einer Weile krank und kämpfte gegen ein Gebrechen an, das seinem Leben langsam, aber sicher ein Ende setzte. Seine Söhne wussten nichts davon, weil er es absichtlich vor ihnen verborgen hielt, aber er hatte Brynn davon erzählt. Hatte sich dem Mädchen anvertraut, der jungen Frau, ohne die sein jüngster Sohn nicht leben konnte. Und er hatte ihr versprochen, dass ihr niemals wieder jemand würde wehtun können, wenn sie seinen Nachnamen annahm. Zumindest nicht physisch, denn Worte konnten ebenso verletzen und Gerüchte schwer verwunden.

Die Leute bezeichneten Brynn als »Goldgräberin«. Sie gaben ihr die Schuld an seinem Tod. Bis auf den heutigen Tag wurde darüber geredet, dass nicht nur ein Warner, sondern zwei sich erboten hatten, den Nachnamen der armen, bemitleidenswerten Brynn Fox zu ändern, und dass nur der ältere, wohlhabende und etablierte Mann es geschafft hatte. Brynn hatte eine Ewigkeit gebraucht, um sich eine ausreichend dicke Haut zuzulegen, dass sie fast kugelsicher war. Sie war außer Gefahr. Sie war zu Hause, und sie wurde geliebt, ganz gleich, was die Kleinstadtgerüchte besagten.

Worüber Brynn nie hinweggekommen war, war die Art, wie Lane sie angesehen hatte, nachdem sie dem verwegenen Plan seines Vaters zugestimmt hatte. Sobald der Ring an ihrem Finger gesteckt hatte, war ihre Freundschaft Geschichte gewesen, und jede Sekunde, in der Brynn Lane geliebt hatte, schien von diesem Moment an unbedeutend und verschwendet. Jene, die den beiden am nächsten standen, hatten beobachten können, wie Lane über Nacht von der wichtigsten Person in Brynns Leben zu einem Wildfremden geworden war. Die Tatsache, dass der Rest der Familie Brynn sofort mit offenen Armen willkommen geheißen hatte – und das ungeachtet der Umstände –, hatte es nicht besser gemacht. Die anderen Brüder hatten kein Problem damit gehabt, Scherze über ihre höllisch heiße Stiefmutter zu machen, aber Lane hatte die Situation niemals witzig gefunden.

Irgendwann war Boyd Warner mit der Wahrheit herausgerückt, was seinen schlechten Gesundheitszustand betraf und warum er Brynn auf die einzige Weise, die ihm eingefallen war, in die Familie geholt hatte.

Nach seinem Tod hatten sie alle um den Mann getrauert, der ihnen ein Zuhause gegeben und ihnen beigebracht hatte, eine Familie zu sein. Keiner der Brüder war überrascht gewesen, dass ihr alter Herr Brynn in seinem Testament einen Teil der Ranch hinterlassen hatte, um dafür zu sorgen, dass sie immer einen sicheren Ort hatte, den sie ihr Zuhause nennen konnte.

Im Laufe der Zeit waren Lane und Brynn in ein zwar verkrampftes, aber im Prinzip einfaches Verhaltensmuster verfallen. Sie hatte so getan, als würde sie nicht bemerken, dass er sich in den Weiberhelden der Stadt verwandelte und mit jeder unverheirateten – und sogar manch einer verheirateten – Frau schlief, die ihm über den Weg lief. Er hatte die Tatsache ignoriert, dass Brynn ohne ihn das Leben lebte, das er ihr zu schenken versucht hatte. Halbwegs glücklich und zufrieden an dem einzigen Ort, an dem sie sich erwünscht und sicher fühlte.

Sie waren beide unglücklich gewesen, aber keiner von ihnen hatte gewusst, wie er die Mauern einreißen sollte, die sie hochgezogen hatten, um die Verletzungen durch den anderen zu vermeiden.

Jetzt, da Cyrus bald heiraten und eine Familie gründen würde und Leo in jeder Hinsicht seine Partnerin sein wollte, war die Rolle, die Brynn so lange Zeit gespielt hatte, weniger klar definiert und weniger notwendig. Sie war diejenige gewesen, die sich um die Warners gekümmert hatte, aber jetzt zogen sie alle weiter und suchten sich die Frauen, die für sie wie geschaffen waren. Sie hatten die andere Hälfte ihrer Herzen gefunden, und es war nicht mehr Brynns Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie ordentlich aßen, genug Ruhe bekamen und nicht zu hart arbeiteten. Sie war nicht mehr verantwortlich für Feiertage oder musste dafür sorgen, dass die Brüder, die alle einen starken Willen besaßen, einander nicht mit ihrer Halsstarrigkeit und ihren Egos erschlugen. Brynn war davon überzeugt, dass sie sie nicht mehr brauchten, und das war Furcht einflößend, aber nicht annähernd so erschreckend wie die Vorstellung, alles aufzugeben und Jack zu heiraten.

»Brynn, Süße, gehst du mit mir ein wenig frische Luft schnappen?« Leos Stimme war ruhig und besänftigend. Alle im Raum konzentrierten sich auf den Mann, auf dessen Herz sie gerade herumgetrampelt hatte, nur Leo nicht. Sie behielt immer das große Ganze im Auge, und ihr entging keinesfalls, wie schwer es für Brynn war, einen Mann zu verletzen, der es nicht verdiente. Sie trat vorsichtig einige Schritte an die Frau heran, die zu einer ihrer engsten Freundinnen geworden war, so, wie sie sich einem wilden Tier nähern würde.

Brynn schüttelte abermals den Kopf, rannte aus dem Raum und prallte mit Cy zusammen, bevor sie durch die Tür treten konnte. Der hochgewachsene Mann fing sie im Hereinkommen auf und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Kopf, bevor er sie ihren Rückzug antreten ließ. Seine kräftige Gestalt und unbestrittene Befehlsgewalt sorgten dafür, dass alle im Raum ihn fragend ansahen – alle bis auf Jack. Der konnte den Blick nicht von der Stelle losreißen, von der die Frau seiner Träume gerade verschwunden war. Er sah aus, als könnte ein kräftiger Luftzug ihn umwerfen, und niemand wagte es, ihn zu berühren, weil offensichtlich war, dass er kurz davor stand zu zerbrechen.

»Lane ist gegangen.« Cys raue Stimme erfüllte den Raum, während er seine Verlobte an sich zog.

Leo reichte ihm kaum bis ans Kinn, wie sie so vor ihm stand, und hob jetzt die Hände an seine Wangen. Ihre Finger waren blass vor dem Hintergrund der grau-schwarz melierten Bartstoppeln, die Cy gleichzeitig distinguiert und rau aussehen ließen.

»Was soll das heißen, er ist gegangen? Er brauchte wahrscheinlich einfach etwas frische Luft. Ich denke, wir könnten alle ein wenig Abstand gebrauchen, um tief durchzuatmen.« Normalerweise wäre das der Punkt gewesen, an dem Brynn vorgetreten wäre, um allen einen Drink anzubieten oder eine Süßigkeit, aber da die hübsche Rothaarige die Ursache für die aufgewühlte Stimmung war, fiel es der zukünftigen Hausherrin zu, die Wogen zu glätten, die ihre Feier zu überschwemmen drohten.

Sie deutete mit einer Hand auf Brynns immer noch benommene kleine Schwester Opal und sagte ihr: »Wie wär’s, wenn du nach Brynn sehen würdest? Richte ihr aus, dass ich gleich bei ihr bin.« Sie suchte energisch die Blicke von Jacks Familie und deutete mit dem Kopf auf den zurückgewiesenen Mann, um den Menschen, die ihn liebten, zu signalisieren: Das hier ist garantiert der letzte Ort, an dem er im Moment sein möchte. Bringt ihn irgendwo hin, wo es guten Whiskey und eine dunkle Ecke gibt. Lasst ihn nicht allein.

Der Cousin und beste Freund sprang auf, um ihren Befehl auszuführen, als sei sie ein winziger, herrischer General, der seine Order für die Schlacht gab.

»Ich denke, es ist ziemlich klar, dass die Party vorüber ist, zumindest für heute. Wir danken allen fürs Kommen, aber im Moment braucht unsere Familie ein wenig Zeit, um ein paar Dinge zu regeln.« Sie setzte ein freundliches Lächeln auf und begleitete alle zur Tür, soweit sie im Moment oder naher Zukunft nicht zur Familie Warner gehörten. Wenn irgendjemand sich die Mühe gemacht hätte, genau hinzuschauen, hätte er bemerkt, dass Leos Lächeln eher ein Zähnefletschen war, denn sie war in jeder Hinsicht das grimmige Raubtier, das alles tun würde, um ihr Rudel zu schützen. Sie wurde ihrem Namen durch und durch gerecht.

Cys Stimme zitterte leicht, und seine Hände waren keineswegs ruhig, als er seine Frau an sich zog. »Er ist gegangen, Leo. Er ist in seinen Truck gestiegen und hat mir gesagt, er wisse nicht, wann er zurückkommen würde. Er wisse nicht, ob er jemals zurückkommen könne.«

Die Ranch lag ihnen im Blut. Cy hatte sie nie gewollt. Sutton war seine Rolle hier total gegen den Strich gegangen, aber Lane ... Lane liebte sie. Er kam nach seinem Vater. Als Sutton entschieden hatte, sein Glück liege irgendwo anders als auf den weitläufigen Ländereien in Wyoming, hatte das niemanden überrascht. Lane sagen zu hören, er werde vielleicht nie zurückkommen, war unvorstellbar. Er war das Herz und die Seele der Warner-Ranch. Wenn er das Schiff verließ – den Ort, den er immer sein Zuhause, sein Vermächtnis und seinen Traum genannt hatte –, würde die Ranch nicht mehr sein als Erde und Verantwortung. Ohne Lane würde es keine Liebe geben. Es würde kein Licht geben, keine Lieder, kein Lachen. Es würde keine Musik geben. Alles würde still und stumpfsinnig sein.

Leo bettete den Kopf an Cys Herz. Dann strich sie über die harten Muskeln seiner Arme und fädelte ihre Finger zwischen seine. »Er wird zurückkommen.« In ihrer Stimme lag keinerlei Zweifel.

Cy stieß einen Seufzer aus und beugte sich vor, damit er das Kinn auf ihren Kopf legen konnte. Ihr lockiges rotblondes Haar kitzelte ihn im Gesicht, wie immer, wenn sie einander so nah waren. »Woher weißt du das, Sonnenschein? Woher weißt du, dass er zurückkommen wird?«

Leo küsste die Kuhle an seinem Hals und flüsterte voller Überzeugung: »Weil er hierher gehört, er würde dich nie im Stich lassen. Außerdem ist Brynn hier, und wir wissen beide, dass er, wie weit er auch läuft, niemals von ihr wegkommen wird, so, wie er für sie empfindet. Seine Liebe verfolgt ihn schon seit über zehn Jahren. Es ist Zeit, dass er sich umdreht und sich ihr stellt.«

Cy stieß einen weiteren Seufzer aus und legte die Arme um die Frau, die das Licht in sein Leben zurückgebracht hatte. Er wusste besser als jeder andere, dass es viele Gefühle gab, die man ignorieren und übersehen konnte, aber Liebe gehörte nicht dazu. Nein, es gab kein Entkommen von der Liebe, sobald sie einem die Krallen ins Fleisch gebohrt hatte. Je mehr man sich dagegen wehrte, umso mehr verletzte man sich manchmal selbst, wenn diese Krallen in dem weichen Innersten steckten. Cyrus Warner konnte nur hoffen, dass sein jüngster Bruder nicht verblutet war, wenn er es endlich aufgab, gegen das Schicksal anzukämpfen, vor dem er viel zu lange davongelaufen war.

Kapitel 1:Wollen oder brauchen

Lane

Als ich in meinen Truck kletterte, mit nicht mehr als meiner Brieftasche, meinen Stiefeln und meinen Autoschlüsseln, kam es mir nicht in den Sinn, dass ich viel mehr brauchen würde als das, um dorthin zu gelangen, wo immer ich ankommen wollte.

Ich musste irgendwo in Idaho Halt machen, um saubere Socken und Unterwäsche zu kaufen, und in Washington wollte ich irgendwo ein paar neue Hemden und eine weitere Jeans ergattern. Ich hasste es, diesen Quatsch kaufen zu müssen. Ich war der Typ, der wie in seinen Highschool-Tagen immer noch alles anzog, was gerade herumlag. Mein Hintern hatte sich im Lauf der Jahre nicht viel verändert, nur meine Oberschenkel und mein ganzer Oberkörper waren kräftiger und breiter geworden. Ich fühlte mich wohl in Jeans und Baumwolle, mit etwas Flanell darüber, damit es ansehnlich war. Alles, was ich besaß, war eine Variante des immer gleichen Outfits, ich vermied Neues, von dem ich nicht wusste, was ich damit anfangen sollte. Ich lebte ganz und gar nach dem Motto: Wenn es nicht kaputt ist, brauchst du es nicht zu reparieren.

Der Moment auf der Ranch war allerdings mehr als kaputt gewesen, und nie und nimmer würde ich der Mann sein können, der versuchte, das Ganze zu reparieren. Das hatte ich einmal getan, als Brynn Fox in Schwierigkeiten gewesen war, und es hatte kein gutes Ende für mich genommen.

Als ich von der Ranch weggerast war, als sei der Teufel hinter mir her, hatte ich kein richtiges Ziel im Sinn gehabt. Ich wusste nur mit Bestimmtheit, dass ich so viel Abstand zwischen mich und Brynn – und ihren neuen Verlobten – legen musste wie nur möglich.

Ich hatte das Gefühl gehabt, in diesem Raum zu ersticken. Ich war Zeuge gewesen, wie ein Mann, der nicht ich war, Brynn beisprang, um die Situation zu retten, und das brachte mich um. Es sollte meine Aufgabe sein, Brynn zu beschützen, meine Aufgabe, sie vor all der Scheiße abzuschirmen, in die ihre Mom sie hineingeritten hatte. Sie gehörte zu mir, und ich sollte derjenige sein, der sie liebte und verteidigte, aber ich hatte nie die Chance dazu bekommen, weil immer jemand anderer da gewesen war und nur darauf gewartet hatte, das Fräulein in Nöten zu retten.

Das letzte Mal war es mein Dad gewesen. Brynn hatte übel in der Klemme gesteckt; ihre Misere war so groß gewesen, dass ein dummes Kind wie ich sie nicht hatte herausretten können. Mein alter Herr hatte eine Lösung angeboten, und sie hatte sie angenommen.

Sie brauchte mich nicht, und sie wollte mich nicht, hatte es nie getan. Ich wusste nicht, welcher dieser Dolche mein Herz zuverlässiger immer wieder aufschlitzte.

Bevor sie hatte Ja sagen und sich dem Landarbeiter versprechen können, war ich davongeschossen wie ein Feigling. Genau, ein Feigling. Ich hatte mir das nicht anhören können. Nicht noch einmal. Ich hatte einfach nicht danebenstehen und das Glück auf ihrem Gesicht sehen wollen, das ein Mann dort hingezaubert hatte, der nicht ich war. Sie war immer unerreichbar gewesen für mich, aber wenn Brynn Jack heiratete, würde sie keine Warner mehr sein. Sie würde nicht mehr zu meiner Familie gehören, und ich würde wieder das dritte Rad am Wagen darstellen. Derjenige, der nicht so viel Elan und Kraft hatte wie Cyrus. Ich würde wieder der Bruder sein, der Sutton auf Schritt und Tritt folgte, um ihn vor Schwierigkeiten zu bewahren, wenn ihn eine seiner Launen befiel – der Bruder, der immer da war, um als Witzbold die Lage zu entspannen, sodass die beiden anderen einander nicht umbrachten. Ohne Brynn in der Familie würde es niemanden geben, der erkannte, dass ich ein Mann war, der sich den Arsch aufriss, damit seine Familie stolz auf ihn sein konnte.

Sicher, ich liebte die Ranch und alles, was Dad uns hinterlassen hatte – ich lud mir mehr auf als jeder meiner Brüder –, aber das bedeutete nicht, dass es nicht pure, harte Arbeit war, das Unternehmen erfolgreich zu führen. Sowohl der landwirtschaftliche Bereich als auch die Luxusurlaubssparte waren schweißtreibend. Ich wollte, dass mein Dad stolz auf mich war, und ich wollte der Typ Mann sein, der er gewesen war. Der seiner Familie alles gab und seinen Kopf und seinen Ruf aufs Spiel setzte, um einem jungen Mädchen zu helfen, nur weil es seinem Sohn etwas bedeutete. Niemand sah, dass ich Tag und Nacht arbeitete, um die Ranch zu einem Ort zu machen, den verlassen zu haben meine Mutter eines Tages bedauern würde.

Niemand bemerkte, dass alles, was ich tat, dazu diente, dass die Warner-Ranch auch noch blühen und gedeihen würde, wenn ihre Gründer dort schon lange nicht mehr lebten.

Und niemand bekam mit, wie viel von mir selbst ich meiner Familie gab – meiner Familie und unserem Zuhause. Nur Brynn.

Ich würde im Hintergrund verblassen, im Kleingedruckten auf dem unteren Rand der Broschüre verschwinden, ich würde fern von Brynn zu einer Karikatur des perfekten Cowboys werden. Ich würde eine leere Hülle sein, erfüllt von nicht mehr als dem Staub meines Versagens und der Enttäuschungen, wenn sie fortging.

Völlig planlos fuhr ich nach Westen, sobald ich Wyoming hinter mir hatte. Zu der Zeit war mir noch nicht klar, dass ich auf dem Weg nach Kalifornien war. Mir wurde erst bewusst, dass ich mich auf Sutton zubewegte, nachdem ich einige Tage in Seattle und einige weitere in Portland verbracht hatte. Meine beiden Brüder hatten mir immer Rückendeckung gegeben, und sie würden da sein, um mir einen kräftigen Drink anzubieten und ernst gemeinte Ratschläge. Cy war dem frisch verlobten Paar zu nah, daher würde ich mich an Sutton halten. Ich brauchte ihn jetzt, selbst wenn ich durch das halbe Land fahren musste, um zu ihm zu gelangen.

Mein mittlerer Bruder hatte es geschafft, seine neue Freundin schon in den ersten Monaten ihrer Beziehung zu schwängern. Das war mit Abstand sein bester »Fehler« bisher. Die Frau war umwerfend, konnte verzeihen und hatte ein Rückgrat aus Stahl. Mein temperamentvoller, zerstörerischer Bruder neigte dazu, Chaos anzurichten. Emrys Santos war das Auge seines Sturms. Wenn alles um ihn herum in den Strudeln des Mahlstroms durcheinanderwirbelte, war sie das ruhige Zentrum und sein sicherer Ort. Seit Em in Suttons Leben und das Leben seiner kleinen Tochter Daye getreten war, hatte sich gezeigt, dass man tatsächlich im Auge eines Hurrikans tanzen konnte und Frieden und Ruhe fand. Sutton und Em hatten gemeinsam einige wirklich schlimme Dinge durchgestanden und schließlich beschlossen, dass eine neue Umgebung vielleicht nett wäre, wenn sie ihre eigene kleine Familie gründen würden. Emrys stammt ursprünglich aus Nordkalifornien, und während eines ausgedehnten Besuchs bei ihren Eltern, nachdem diese von der Schwangerschaft ihrer Tochter erfahren hatten, entschieden sie, sich woanders niederzulassen als auf der weitläufigen Ranch. Sutton bahnte sich mit seiner neuen Familie seinen eigenen Weg und konzentrierte seine Hoffnungen und Träume auf ein Ziel, das die Verbindlichkeiten der Warners nicht einschloss ... Und ich war verdammt stolz auf ihn.

Es stand außer Frage, dass ich willkommen war, wenn ich aus heiterem Himmel auftauchte, mit kaum mehr als den Sachen am Leib und einem bärtigen Gesicht nach einer Woche auf der Reise. Ich dachte daran, ein Geschenk für Daye zu kaufen, denn sie würde mich ohne irgendeine nette Kleinigkeit nicht ins Haus lassen, aber davon abgesehen war ich ein Mann ohne Plan und ohne Ziel – und das zum ersten Mal in meinem Leben.

Nach einigen Tagen bei Suttons Familie versuchte Em, die Rede auf den Antrag zu bringen, und erwähnte, sie wolle mit mir darüber reden, wie alles gelaufen sei. Ich wusste ihre Sorge zu schätzen, genau wie die Tatsache, dass sie um meinetwillen beunruhigt war, aber ich weigerte mich, mich auf das Thema einzulassen. Ich verspürte nicht im Geringsten den Wunsch zu erfahren, was passiert war, nachdem ich die Feier verlassen hatte. Ich sagte mir, es sei endgültig an der Zeit loszulassen, was immer zwischen mir und Brynn gelaufen war. Es schnürte mir seit mehr als einem Jahrzehnt die Luft ab, und ich brauchte Raum zum Atmen.

Em akzeptierte mein Ausweichmanöver und ließ das Thema fallen. Sie umschiffte es für den Rest der Zeit, die ich dort war, und sorgte dafür, dass alle Gespräche über die bevorstehenden Hochzeiten sich ganz auf die von Cy und Leo konzentrierten. Daye hatte bereits die illustre Rolle des Blumenmädchens für sich beansprucht, daher ließ sich ihre kindliche Begeisterung für Rüschenkleider nicht bezähmen, ebenso wenig wie für die neuen Hochzeitsschuhe, die funkeln und glitzern würden.

Es war schön, Zeit mit meinem Bruder zu verbringen, und ich liebte seine beiden Frauen heiß und innig, aber es war seltsam und schwer, die Tatsache in den Kopf zu bekommen, dass er ein vollkommen neues Leben führte, an dem ich keinen Anteil hatte. Seit ich hinter ihnen her stapfen konnte, war ich Sutton und Cyrus wie ein Schatten gefolgt. Sie waren meine ganze Welt, und alles, was ich tat, tat ich in der Hoffnung, dass sie mich wahrnehmen und meine Bemühungen schätzen würden. Ich wollte genau wie sie sein, aber jetzt würde einer von ihnen bald ein Baby haben, sein zweites Kind, und der andere zum zweiten Mal heiraten. Meine beiden Brüder hatten einige Anläufe gebraucht, um die Sache richtig hinzubekommen.

Alle, die mir am wichtigsten waren, zogen weiter und weg von dem Ort, an dem wir immer gewesen waren, und es hinterließ in mir ein schmerzhaftes Gefühl, das mich aushöhlte. Als Mann, der dachte, er würde dafür leben und sterben, jede Minute wie ein Schatten über seine Brüder zu wachen, stand ich auf einmal mitten im Sonnenlicht, das mich verbrennen würde, wenn ich nicht aufpasste.

Sutton und Emrys hatten nichts dagegen, mich auf ihrer Couch schlafen zu lassen, solange ich es brauchte – und unter der Voraussetzung, dass ich mich alle paar Tage bei Cy melden und ihm versichern würde, dass es mir gut ging. Ich log das Blaue vom Himmel und erzählte meinem älteren Bruder, es sei alles bestens. Ich würde nur ein wenig Raum benötigen. Was ich wirklich brauchte, war eine vollkommen neue Lebensgeschichte. Hätte ich nur damals nicht eingegriffen und Danny Turner daran gehindert, an Brynns feuerroten Zöpfen zu ziehen, als wir beide die Grundschule besuchten. Schon da wusste ich, dass das alles verändern würde. Ein einziger Blick in diese mysteriösen, geheimnisvollen dunklen Augen, und plötzlich war da jemand, der mir genauso viel bedeutete wie meine Brüder. Ich wollte, dass sie aufhörte zu weinen und sich zu fürchten. Ich machte alle und jeden fertig, die es wagten, ihr wehzutun. Sie war mein verwundeter Vogel mit mehr als einer gebrochenen Schwinge, und ich wusste, dass es mein Job sein würde, ihr das Fliegen beizubringen.

Scheiße ... ich vermisste sie.

Die Reise zur Küste und der darauffolgende Besuch bei meinem Bruder und seiner Familie waren die längste Zeit, die wir je voneinander getrennt gewesen waren. Sie war immer da. Einer der Fäden innerhalb meiner Familie, die den Stoff stark und widerstandskräftig machten. Ich konnte nicht ermessen, was ich tun würde, wenn dieser Stoff ausfranste oder sich aufribbelte, während ihr Garn aus dem Gewebe gerissen wurde.

Um mich vor der ständigen Sorge und Furcht davor abzulenken, wie sich alles in meinem Leben veränderte, erbot ich mich eines Nachmittags, mit Daye an den Strand zu gehen, damit Sutton und Emrys einige Stunden einfach ein Paar sein konnten. Sie waren nicht schüchtern, wenn es darum ging, ihre Zuneigung zu zeigen oder einander zu berühren, aber ich konnte den Glanz in den Augen meines älteren Bruders sehen, wenn er seine Frau beobachtete. Er wollte sich auf sie stürzen, was er nicht tun konnte, wenn sein kleiner Bruder und seine Tochter im Haus waren. Ich verdiente mir ein Steak und eine Flasche von meinem Lieblingstequila für meine Mühen. Außerdem verbrachte ich gern Zeit mit meiner Nichte. Sie war vorlaut und herrisch, aber so süß, wie ein Kind nur sein konnte. Ich vermisste es, dass sie immer irgendwo im Weg stand und mir Fragen nach allem und jedem unter der Sonne stellte.

Das Wetter spielte mit, es war mild und leicht windig am Tag unseres Ausflugs. Wir bekamen keinen Sonnenbrand, als Daye mich zum Wasser zog und überglücklich darin herumplanschte. Sie verlangte, dass wir Sandburgen bauten, und dann schob sie die Überreste ins Meer, wenn eine Welle über sie hinwegkrachte und sie fortwusch. Wir spielten kurz Ball, bis Daye das runde Ding verfehlte und sie nicht schnell genug war, um ihn zu holen, bevor die Wellen ihn einkassierten. Danach ließen wir uns beide auf das riesige Strandhandtuch plumpsen, das Em mir in der Tür in die Hände gedrückt hatte, und lagen mit einem Lachanfall nebeneinander.

Dayes blonde Kringellöckchen waren noch krisseliger und wilder als gewöhnlich, aber ihr Blick aus den dunkelgrünen Augen, die denen ihres Vaters so ähnelten, war gelassen und ernst. Sie hatte vor Kurzem ihre Mom verloren und beobachtet, wie ihr Vater sich durch Sucht und Genesung kämpfte. Außerdem hatte sie miterlebt, wie er sich verliebt hatte, und jetzt musste sie ihn nicht nur mit Em teilen, sondern auch mit dem Baby. Sie hatte immer reif für ihr Alter gewirkt, aber als ich jetzt in diese ernsten Augen schaute, fragte ich mich, ob sie mehr wusste als wir anderen. Wusste, dass das Leben nicht so kompliziert war, wie es immer zu sein schien, dass es vielmehr einfach und so unkompliziert war wie tiefe Liebe und häufiges Lachen. Wusste, dass Erwachsene das Wasser mit Stolz und Gefühlen und anderen Dingen, die keine Rolle spielten, trübten.

»Warum bist du so traurig, Onkel Lane?« Sie zwirbelte eine Locke um ihren Finger und wackelte mit ihren sandbedeckten Füßen. »Du warst nie traurig. Das war immer Daddy.«

Scharfsichtiges kleines Biest. Gott, ich liebte sie so wahnsinnig. Mit einem Grinsen beugte ich mich vor und strich mit dem Zeigefinger über ihre Nase. »Was ist mit Onkel Cy?«

Sie kicherte und streckte mir die Zunge heraus. »Er ist der Gemeine, und du bist der Nette. Du bist der Witzige, der alle zum Lachen bringt, nur jetzt nicht. Du hast kein einziges Mal gelacht, seit du hier angekommen bist. Das gefällt mir nicht.« Sie verzog den Mund zu einem sehr gut einstudierten Schmollen. Nur sehr selten bekam sie nicht ihren Willen, wenn sie diesen Gesichtsausdruck aufsetzte.

Ich seufzte, warf mich auf den Rücken und blinzelte durch meine Sonnenbrille in den Himmel. »Ich hatte in letzter Zeit nicht viel zu lachen, Goldlöckchen. Denn Onkel Lane will etwas, was er nicht haben kann, und das macht keinen Spaß.«

Das kleine Mädchen kroch auf mich und brachte Sand und Meer mit sich. Am Ende saß sie mitten auf meiner Brust, umfasste mit beiden Händen meine Wangen und schaute eindringlich auf mich herab. »Hast du noch einmal darum gebeten?«

Ich versuchte, nicht zusammenzuzucken, als ihr Knie sich in die noch immer nicht ganz verheilte Schusswunde an meiner Seite bohrte. Es tat fast so weh wie mein gebrochenes Herz.

Ich schob mir die Sonnenbrille auf den Kopf und kitzelte Daye an den Seiten, woraufhin sie aufkreischte und sich von mir herunterrollte. »Wovon sprichst du, meine Hübsche?«

Sie hielt sich die Seiten, während sie lachte, und schüttelte ihren Mopp von Haaren aus. »Wenn Daddy mir sagt, dass ich etwas nicht haben kann, hasse ich es. Vor allem, wenn es etwas ist, das ich wirklich, wirklich will.« Sie zog ihre Brauen hoch, klimperte mit ihren langen goldenen Wimpern und sah mich mit übertriebener Niedlichkeit an. »Aber manchmal, wenn ich lange genug warte und ihn genau zur richtigen Zeit noch einmal frage, sagt er Ja, und ich bekomme es. Und wenn ich Em frage statt Daddy, sagt sie manchmal Ja, obwohl er bereits Nein gesagt hat. Also wenn du etwas wirklich, wirklich willst, solltest du nicht aufhören, danach zu fragen.«

Ich seufzte und rappelte mich hoch, damit wir den Sand aus all unseren Sachen schütteln und uns wieder herrichten konnten. Es wäre schlau gewesen, eine Shorts mit nach Kalifornien zu bringen, aber die einzigen Schuhe, die ich hatte, waren meine Stiefel, und das war kein Look, für den ich mutig genug war, selbst eine Million Meilen von zu Hause entfernt. Ich würde mit Daye noch irgendwo zu Abend essen und anschließend ein Eis holen, um sicherzustellen, dass wir nicht hineinplatzten in was auch immer Sutton und Em in diesem großen, leeren Haus trieben.

»Ich glaube nicht, dass das funktioniert, wenn man etwas haben will, das einem anderen gehört. Meiner Meinung nach muss man es ihm einfach überlassen und begreifen, dass es einem nie bestimmt war, das zu bekommen, was man sich wünscht. Wir kriegen nicht immer, was wir wollen, meine Hübsche, da nutzt auch alles Funkeln mit großen Welpenaugen und Klimpern mit hübschen Wimpern nichts.«

Sie stieß einen kleinen Laut des Ärgers aus und ließ mich sie abrubbeln und ihr die Schuhe anziehen. Als wir zum Truck zurückgingen, hielt sie meine Hand fest in ihrer. Sie plapperte drauflos, erzählte von einem Mädchen in ihrer Klasse, das sich ein neues Pferd gewünscht hatte, und dass sie Sutton dazu gebracht hatte, ihrer neuen Freundin das Reiten beizubringen, als ihr Traum dann wahr geworden war. Sie sagte mir, ich sei der Beste und ich solle auf jeden Fall bekommen, was immer ich mir wünschte, denn sie liebe mich und wolle nur mein Glück.

Ihre Liebe war so süß und unschuldig. Sie schnürte mir die Brust zusammen. Ich hütete mich davor, ihr zu sagen, dass jemand, dessen Glück unausweichlich an eine andere Person gebunden war, nicht immer das Steuer zum Happy End in der Hand hielt. Sie hatte ein ganzes Leben Zeit, alles darüber zu lernen, wie weh Liebe tun konnte, und viele Jahre, bevor sie das auf die harte Tour herausfinden musste.

Ich ließ mich auf ihr überschäumendes Geplapper ein, so erleichtert, dass sich nicht alles, was auf der Ranch passiert war, wieder und wieder wie ein Horrorfilm in mir abspulte. Ich bemerkte die Frau nicht, die an der Motorhaube meines Trucks lehnte und uns beobachtete. Und ich sah erst recht nicht, wie sie uns mit dunklen Augen verfolgte, ebenso wenig, wie ich die eine Träne bemerkte, die ihr über die Wange rollte.

Daye hatte kein solches Problem zu erkennen, dass wir beobachtet wurden. Sie brach mitten im Satz ab, blieb stehen und stieß dann einen so lauten Entzückensschrei aus, dass ein paar Möwen zornig die Flucht ergriffen. Sie zerrte an der Hand, die ich festhielt, damit sie sich nicht losriss und davonrannte.

»Daye, was zum Kuckuck soll das?« Mein Bruder würde mich bei lebendigem Leib häuten, wenn ich sie sich selbst überließ. Sie hatte genug durchgemacht; auf keinen Fall würde sie unter meiner Obhut verletzt werden oder Schlimmeres. Er brannte tief in meiner Brust – der Schmerz an der Stelle, wo die Kugel meine Rippen zerschmettert hatte. Meine Rippen pochten, während Erinnerungen an das, was der Kleinen zugestoßen war, als ich das letzte Mal auf sie aufgepasst hatte, unseren friedlichen Nachmittag verdunkelten. Ich würde meine Gedanken nicht dort hinwandern lassen, und Hölle, ich würde dafür sorgen, dass ihr nicht wehgetan wurde, weil sie sich aus meinem Griff befreite.

Sie zog hektisch an meiner Hand, und ihre rosafarbenen Glitzerstoffschuhe wühlten sich so tief in den Sand, dass sie Löcher hinterließen. »Es ist Brynn! Lass mich los! Ich will Hallo sagen und sie umarmen. Brynn! Hast du mir ein Geschenk mitgebracht? Ich habe dich vermisst!« Jedes einzelne Wort wurde lauter als das vorangegangene quer über den Sand gerufen.

Ich ließ ihre kleine Hand los, weil mein ganzer Körper taub wurde. Ich konnte nicht glauben, was ich sah, daher drückte ich mir die Finger auf die Augen und blinzelte hastig gegen das Brennen darin an.

Und tatsächlich, eine vertraute Gestalt beugte sich hinunter, um Dayes hemmungslose, begeisterte Begrüßung zu erwidern. Ich hätte dieses feuerrote Haar überall erkannt. Ich träumte von diesen mitternachtsdunklen Augen und machte es mir selbst bei dem Gedanken daran, dass diese endlosen Beine sich um mich schlangen, wenn ich allein im Dunkeln lag. Ich würde sie überall wiedererkennen, selbst hier, wo sie nicht hingehörte.

Sie hatte sich ihr langes Haar in einem wirren Knoten auf dem Kopf festgesteckt, aber die leichte Brise hatte längst einzelne Strähnen herausgelöst. Ihr Haar sah wie ein Heiligenschein aus Feuer aus, der um ihren Kopf herumflackerte, und ihre vollen Lippen nahmen einen entschlossenen Ausdruck an, als ich mich ihr viel langsamer näherte, als Daye es getan hatte. Ich schob die Hände in die Taschen der nassen, mit Sand bedeckten Jeans, die ich trug, und wünschte, ich hätte mein Basecap aufbehalten, damit ich mich unter dem Schirm hätte verstecken können. Es waren Wochen vergangen, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, und irgendwie wirkte sie vollkommen verändert. Doch eins hatte sich nicht geändert; ihr alles entscheidender Ringfinger war immer noch nackt und ungeschmückt. Ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz bei dem Anblick vor Aufregung einen Luftsprung tat, und eine Erleichterung und etwas Größeres schnürten mir den Hals zu und machten mir das Atmen schwer.

»Brynn. Was tust du hier?« Die Frage klang viel schroffer, als es meine Absicht gewesen war. Ich wollte sie nach dem Antrag fragen, nach Jack, aber ich glaubte nicht, dass ich es ertragen konnte, ihre Antworten zu hören. Ich bereute es, dass ich mir von Emrys nicht die neuesten Entwicklungen hatte berichten lassen, als sie es versucht hatte. Ich war geliefert.

Die atemberaubende Frau drückte das kleine Mädchen an sich, das sie auf den Armen trug und das mich ohne einen Wimpernschlag über ihren Kopf hinweg ansah. Brynns Mundwinkel zuckte zu einem vertrauten Grinsen in die Höhe, aber ich sah, dass ihre Finger zitterten, genau wie ihre Unterlippe, als sie antwortete: »Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu holen, Lane. Die Ranch braucht dich. Dein Bruder braucht dich. Webb braucht jemanden, der ihn in Schach hält und ihm zeigt, was er wissen muss. Leo vermisst dich. Seit du fort bist, ist es nicht mehr wie früher. Es fühlt sich nichts mehr richtig an, seit du weggegangen bist.«

Das war alles schön zu hören. Es linderte einige der Ängste, die ich gehabt hatte, als während der Fahrt vor mir nichts als endlose Straße und endlose Zweifel gelegen hatten, aber nichts davon genügte, um mich eine Tasche packen und schnurstracks nach Wyoming zurückkehren zu lassen.

»Was ist mit dir, Brynn? Warum bist du diejenige, die gekommen ist, um mich zurückzuholen? Warum nicht Cy, wenn er mich so dringend braucht?« Ich benahm mich wie ein Mistkerl, dass ich sie bedrängte, obwohl ich nicht einmal wusste, ob sie immer noch zu einem anderen gehörte. Ich legte das Gewicht meiner Rückkehr gänzlich auf ihre schlanken Schultern, obwohl ich nur zu genau wusste, welch schwere Last bereits auf ihnen ruhte. Sie sollte mich nach Hause holen, aber ich verhielt mich stur, und so geriet sie zwischen die Fronten.

»Oh, Lane.« Ihre Stimme wurde leiser, und ich hörte sie bebend Atem holen. »Meinetwegen musst du nicht nach Hause kommen.«

Ich prallte einen Schritt zurück, als seien ihre Worte eine Pistolenkugel, die meine robuste Rüstung durchschoss. Ich machte mich bereit, mir meine Nichte zu schnappen und sie in den Truck zu verfrachten, damit ich so weit wie möglich von dieser Frau wegkam, als sie eine Hand ausstreckte und mir auf die Wange legte. Ich spürte das Beben in ihren Fingern und die Wahrheit, die durch ihren rasenden Puls erkennbar wurde.

»Aber ich will, dass du mit mir zurückkehrst, mehr als ich je zuvor irgendetwas anderes gewollt habe. Ich will dich am Frühstückstisch sehen und deine Geschichten über die Touristen hören, die nicht reiten können. Ich will im Flur an dir vorbeigehen und dieses Lächeln teilen, das wir seit unserer Kindheit geteilt haben. Ich will dich anzicken, dass du deine verdammte Wäsche trennen sollst, damit ich es nicht tun muss, und ich will dich anbrüllen, dass du den Toilettendeckel runterklappen sollst. Ich will dich zusammenflicken, wenn du von einem Pferd abgeworfen wurdest, und dir recht geben, dass Cy sich meistens wie ein arrogantes Arschloch benimmt. Ich will dich in meinem Leben haben, Lane. Ich weiß nicht, wie ich ohne dich dort leben soll.« Sie schaute auf ihre Stiefelspitzen hinab, die genauso abgetragen waren wie die, die locker an meiner Hand baumelten, und genauso deplatziert an diesem Strand. »Ich habe das Gefühl, als würde mir eine Hälfte von mir selbst fehlen, wenn du nicht da bist. Es tut weh.«

Ich riss den Blick von der Hoffnung in ihren Augen los und schaute zu Daye hinüber. Das kleine Mädchen untersuchte inzwischen die Muscheln, die es vorhin am Strand gesammelt hatte. Sie schien die Schwere des Gesprächs, das an ihr vorbei stattfand, nicht zu verstehen, aber ich wusste es besser. Der kleine Kobold war blitzgescheit. Wenn ich nicht auf die richtige Weise antwortete, würde sie mir etwas dazu zu sagen haben, und zweifellos würde sie Em und ihrem Vater einiges erzählen, wenn wir in ihr Haus zurückkehrten.

Ich verdaute Brynns Worte.

Wir waren immer Freunde gewesen. Bis zu dem Moment, als ich es nicht mehr ertragen konnte, weil mich die Gefühle, die sie in mir weckte, so sehr verwirrten. Und weil ich Angst hatte, dass alles zerbrechen würde, wenn ich zugab, dass ich mehr