Mission SOL 2020 / 10: Die gespaltene Welt - Dietmar Schmidt - E-Book

Mission SOL 2020 / 10: Die gespaltene Welt E-Book

Dietmar Schmidt

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Beschreibung

SOL – dieser Name hat einen ruhmvollen Klang in der 3000-jährigen Geschichte der terranischen Raumfahrt. Das Hantelraumschiff spielt immer wieder eine entscheidende Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen den Mächten der Ordnung und des Chaos. Im Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan in die ferne Galaxis Yahouna versetzt worden. Dort sollen er und die Besatzung der SOL herausfinden, welche Pläne die Superintelligenz BARIL und ihre Ritter hegen. Die SOL gerät schnell in Bedrängnis und wird zeitweilig in fremden Dienst gezwungen. Nach zurückgewonnener Handlungsfreiheit setzen die Solaner alles daran, die Pläne der Chaotarchenhelfer zu durchkreuzen. Perry Rhodan folgt einem Ruf der Ritterin A-Kuatond, um die Verräter in BARILS Reihen zu enttarnen. Völlig auf sich allein gestellt, muss er gegen den Herrscher eines ganzen Planeten antreten, auf dem merkwürdige Dinge vor sich gehen. Er erkundet DIE GESPALTENE WELT ...

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Nr. 10

Die gespaltene Welt

Haldukass ist ein Ritter von BARIL – aber wirkt er im Auftrag der Superintelligenz?

Dietmar Schmidt

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Impressum

SOL – dieser Name hat einen ruhmvollen Klang in der 3000-jährigen Geschichte der terranischen Raumfahrt. Das Hantelraumschiff spielt immer wieder eine entscheidende Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen den Mächten der Ordnung und des Chaos.

Im Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan in die ferne Galaxis Yahouna versetzt worden. Dort sollen er und die Besatzung der SOL herausfinden, welche Pläne die Superintelligenz BARIL und ihre Ritter hegen. Die SOL gerät schnell in Bedrängnis und wird zeitweilig in fremden Dienst gezwungen. Nach zurückgewonnener Handlungsfreiheit setzen die Solaner alles daran, die Pläne der Chaotarchenhelfer zu durchkreuzen.

Perry Rhodan folgt einem Ruf der Ritterin A-Kuatond, um die Verräter in BARILS Reihen zu enttarnen. Völlig auf sich allein gestellt, muss er gegen den Herrscher eines ganzen Planeten antreten, auf dem merkwürdige Dinge vor sich gehen. Er erkundet DIE GESPALTENE WELT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner erkundet eine gespaltene Welt.

A-Kuatond – BARILS Kriegerin verschwindet.

Haldukass – BARILS Stimme führt ein Regime des Schreckens.

Kirul – Das kleine Mädchen ist eine schlechte Agentin.

Yalaba

1.

»Lass uns endlich die Taster einsetzen«, bat Kommandantin Hara Fytin.

Perry Rhodan drehte den Kopf zu der hoch aufgeschossenen, schlanken Frau mit heller Haut. Sie saß auf dem Kommandosessel und befand sich dadurch fast auf Augenhöhe mit ihm, obwohl er am Ortungsholo in der Zentrale der INKADYE stand.

»Wir halten uns weiter bedeckt«, beschied Rhodan, »und orten nur passiv. Wir können es uns nicht leisten, ein Chaosgeschwader aufzuschrecken, wenn wir die Umgegend abtasten.«

Rhodan war mit dem Leichten Kreuzer der SOL zu dem Treffpunkt aufgebrochen, an den A-Kuatond ihn bestellt hatte – ein Ort am Rand eines Spiralarms der Galaxis Yahouna. Mit halber Lichtgeschwindigkeit bewegte sich das Raumschiff derzeit möglichst emissionsarm im freien Fall durch den interstellaren Leerraum.

A-Kuatond, Ritterin der Superintelligenz BARIL und die Letzte aus dem Volk der Zentrifaal, ließ auf sich warten.

»Wir fliegen schnell genug, um jederzeit in den Linearraum wechseln zu können«, erwiderte die Kommandantin. »Und für den Notfall haben wir das Transitionstriebwerk. Wenn jemand auftaucht, sind wir im Nullkommanichts weg.«

»A-Kuatond hat gesagt, wir sollen auf sie warten«, beharrte Rhodan. »Damit hat sie gemeint, dass wir unsere Anwesenheit nicht in alle Welt hinausposaunen sollen.«

Als Orbiter war er A-Kuatond zu Gehorsam verpflichtet, auch wenn er den Treueeid weniger aus Überzeugung, sondern eher zum Schutz der SOL abgelegt hatte. Dennoch war es für ihn undenkbar, nur nach dem Wortlaut und nicht auch nach der Intention ihrer Nachricht zu handeln.

»Wieso rechnest du eigentlich mit Chaosschiffen? Ist nicht die Wahrscheinlichkeit viel größer, hier Gefolgsleute BARILS zu finden?« Fytin war nervös. Sie wollte offenbar kein Kind sein, das furchtsam im dunklen Keller wartete. Sie wollte das Licht einschalten.

»Es wäre schön, wenn das einen Unterschied machte«, entgegnete Rhodan misslaunig. BARIL war eine Superintelligenz, die sich offiziell neutral gab und sich dem Ausgleich zwischen den Chaos- und den Ordnungsmächten des Universums verschrieben hatte. Ihre Grundsätze genossen in Yahouna den Stellenwert einer Religion.

In Wahrheit jedoch war BARIL jahrhundertelang als Agent der Kosmokraten tätig gewesen. Nach ihrer Ankunft in dieser Galaxis hatte die Besatzung der SOL zudem feststellen müssen, dass BARIL mittlerweile mit der Terminalen Kolonne TRAITOR kooperierte, einem Machtinstrument der Chaotarchen. So oder so: In Yahouna konnte man dem ersten Anschein nicht trauen.

»Wir verheimlichen unsere Gegenwart so lange, wie es geht«, stellte Rhodan klar. »Keine aktive Tastung, die auf uns aufmerksam macht – oder auf diese Raumregion. Sonst kann es sein, dass durch unsere Schuld A-Kuatond in eine Falle gerät.«

Verhielt er sich paranoid? Hatte Captain Fytin recht, wenn sie die Sicherheit ihres Schiffs über A-Kuatonds Wohlergehen stellte? Ein Leichter Kreuzer war ein zerbrechliches Gebilde.

»Ich wäre nicht traurig, wenn wir sie nie mehr zu Gesicht bekämen.« Eine Diplomatin war an der Kommandantin der INKADYE nicht gerade verloren gegangen.

Verdenken konnte ihr Rhodan die ablehnende Haltung indes nicht: A-Kuatond hatte zeitweilig die ganze SOL als Geisel genommen und mit ihrer Sprengung gedroht, um die Kooperation der Mannschaft zu sichern. Ohne A-Kuatonds Befehle wäre auch die Seuche nicht an Bord gelangt.

Gerade diese Episode aber hatte Rhodan dazu gebracht, die Ritterin mit anderen Augen zu sehen. Nach dem Ausbruch des violetten Tods hatte sich herausgestellt, dass der Ritterorden ein Gegenmittel besaß, es aber zurückhielt. Daraufhin hatte A-Kuatond zum einen die SOL freigegeben, zum anderen war sie aufgebrochen, um TRAITOR-Kollaborateure innerhalb ihres Ordens zu enttarnen.

Offenbar hatte sie seither etwas entdeckt und Rhodan an den Rendezvouspunkt bestellt, an dem die INKADYE nun herumdümpelte.

»Im Raxulsystem hat Roi Danton die Aufklärungssonden recht kreativ verwendet«, fuhr Fytin fort. »Vielleicht kommen wir hier mit einem konventionellen Einsatz weiter.«

»Die Reichweite der Hyperorter eines Leichten Kreuzers ist begrenzt«, fügte der Leiter der Abteilung Funk und Ortung hinzu. Leutnant Grego Markon war ein rundlicher Mann mit glatten, schwarzen Haaren und glänzender Haut, der ständig zu schwitzen schien, obwohl das eindeutig nicht der Fall war. »Wenn wir die Sonden fünf Lichtjahre weit fliegen lassen, dort passiv orten und sie danach wieder in den Linearraum schicken, vervielfachen wir unsere Reichweite enorm. Sie könnten uns ihre Meldungen per Richtstrahl schicken. Das ist praktisch nur aufspürbar, wenn sich ein Traitank zufällig in die Sichtachse schiebt.«

»Und das ist sehr unwahrscheinlich«, fügte die Kommandantin hinzu. »Wir funken ja auch regelmäßig per Richtstrahl ins Mauritiussystem, ob die SOL schon wieder da ist.«

Mauritius war der Standort des primären Zugangs zum Sphärenlabyrinth, das der Terminalen Kolonne TRAITOR einen reibungslosen Transfer zwischen den Universen ermöglichte. Die SOL war derzeit erneut in dieser extrauniversalen Portalzone unterwegs.

Von einem Sondeneinsatz versprach sich Rhodan nicht sehr viel. Die Fernortungsroboter konnten zwar nützlich sein. Aber er bezweifelte, dass ihre Hyperorter A-Kuatonds Schlachtspitze ausmachen konnten, wenn das tetraedrische Modulschiff nicht gefunden werden wollte.

Trotzdem stimmte er dem Vorschlag zu. Die Crew bekam auf diese Weise etwas zu tun, die Entdeckungsgefahr stieg nicht merklich, und eventuell erfuhr man doch etwas Interessantes.

*

Die SOL meldete sich zurück, bevor die Sonden ihre Ziele erreichten.

»Hyperfunk-Richtstrahlverbindung steht«, informierte Grego Markon.

Im Kommunikationshologramm vor Perry Rhodan erschien Tess Qumishas Gesicht. »Halten wir es kurz«, sagte die Kommandantin der SOL nach kurzer Begrüßung. »Unser Vorstoß zu TRAZULS Dorn ist gescheitert. Wir haben festgestellt, dass es sich dabei um eine riesige Raumstation aus PEW-Metall handelt, aber das war es auch schon. Ein Chaosgeschwader hat uns zum Rückzug gezwungen. Und wir mussten leider feststellen, dass unsere ultimative Notlösung nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn wir das Sphärenlabyrinth zerstören, vernichten wir Billionen von unschuldigen Bewusstseinsinhalten, die darin gefangen sind. Wir würden vielleicht Billiarden anderer Leben retten. Aber dürfen wir diese Entscheidung treffen?«

Rhodan verstand sie. Im Raxulsystem hatte er vor wenigen Tagen erst vor einem ähnlichen moralischen Dilemma gestanden.

»Die Frage ist sowieso nur noch theoretisch«, fuhr Qumisha fort. »Als wir das Sphärenlabyrinth verließen, folgte uns das Chaosgeschwader. Mit Verstärkung. Wir mussten uns absetzen, und die Traitanks riegeln jetzt das Mauritiussystem komplett ab.«

Rhodan nickte nachdenklich. Ganz wie bei seinem Zwiespalt an Bord der EXUR VII hatten letztlich die Ereignisse die Entscheidung getroffen. Die Last der Verantwortung wurde dadurch aber nicht geringer.

Sollte er zur SOL zurückkehren? Das Hantelraumschiff hatte alle Möglichkeiten eingebüßt, gegen TRAITOR und das Sphärenlabyrinth vorzugehen: Die von Curcaryen Varantir modifizierte Korvette CALAMAR mit ihrem kosmokratischen Ortungsschutz war verloren. Sie hätte die Blockade vielleicht unbemerkt durchdringen können. Der SOL gelänge das sicherlich nicht.

An seinem derzeitigen Standort konnte er mehr ausrichten. Wenn er A-Kuatond half, die Verräter unter BARILS Rittern aus ihren Ämtern zu entfernen, konnte der Orden mit seiner ganzen Macht gegen die Terminale Kolonne vorgehen.

»A-Kuatond ist noch nicht aufgetaucht«, sagte Rhodan. »Wir versuchen gerade, sie zu finden. Bleibt in Wartestellung. Wenn etwas geschieht, wissen du und Mike am besten, was zu tun ist.«

Qumisha zog ein Gesicht, das sie wohl für indifferent hielt, aber Rhodan merkte ihr an, dass er vermutlich in ein Fettnäpfchen getreten war. Zwischen seinem Sohn und ihr musste etwas vorgefallen sein. Weil sie nichts sagte, verzichtete er auf eine Einmischung.

»Verstanden«, bestätigte sie. »Wir bleiben vorerst auf Position. Du meldest dich wieder über Richtstrahl, Perry?«

Er bejahte und verabschiedete sich. Markon trennte die Verbindung, und im Holo erlosch Tess Qumishas Gesicht.

Rhodan lehnte sich zurück. A-Kuatonds Schweigen konnte nichts Gutes bedeuten. Zum einen machte er sich Sorgen wegen der Situation in Yahouna. Zum anderen war A-Kuatonds Schicksal ihm auf persönlicher Ebene wichtig. Trotz der Meinungsverschiedenheiten, die sie hatten, und der Zwänge, denen A-Kuatond die SOL zu Beginn unterworfen hatte, mochte er die Zentrifaal inzwischen. Er wollte nicht, dass ihr etwas zustieß.

»Eine Sonde ist fündig geworden«, riss ihn die Stimme des Ortungsoffiziers aus seinen Gedanken.

Rhodan hob den Kopf und blickte in den großen Holokubus der Kommandozentrale. Dort entstand gerade die Darstellung eines auf den ersten Blick unauffälligen Planeten: eine grüne, offenbar präindustrielle Welt, wie man sie in jeder Galaxis häufig fand, halb von einer orangegelben Sonne beschienen. Blaue Ozeane funkelten im Licht, weiße Eiskappen an den Polen strahlten.

So schön der Anblick war, Rhodan runzelte die Stirn und wollte sich erkundigen, wieso Markon ausgerechnet diesen Himmelskörper als bemerkenswert erachtete. Der Ortungsoffizier arbeitete wie besessen an seinem Pult, und Rhodans Fragen wurden beantwortet, als weitere Messergebnisse im Holo visualisiert wurden. In rascher Abfolge leuchteten immer mehr gelb gefärbte Punkte vor dem Antlitz des Planeten auf: Raumfahrzeuge in Umlaufbahnen. Ihre Anordnung verriet Rhodan sofort, ohne dass er darüber nachdenken musste: Die Einheiten sollten die Welt abschirmen. Sie waren Wachschiffe. Ein Sperrverband.

»Das ist noch nicht alles«, verkündete Markon.

Die terranische Fernerkundungssonde bewegte sich mit hoher Geschwindigkeit durch das System der orangegelben Sonne und zog in weitem Bogen an dem Planeten vorüber. Die Perspektive im Holo änderte sich, die andere Hälfte der Welt kam in Sicht.

Sie war schwarz. Das zumindest war der erste Eindruck. Als die Hyperorter der Sonde weitere Informationen registrierten, wurde das Bild klarer. Die neue Planetenhälfte war eine zerklüftete Wüstenlandschaft, verbrannt und vergiftet. Die Polkappen waren auf dieser Seite einfach nicht vorhanden, tiefe Schluchten verrieten ausgetrocknete Meeresbecken. Da und dort zeigte ein rötliches Leuchten aktive Vulkane an. Etwas Furchtbares musste diese Hemisphäre ereilt haben.

Die Zentralebesatzung, die bisher leise Unterhaltungen geführt hatte, verstummte. Zu schrecklich, zu kataklysmisch wirkte der Anblick der verheerten Planetenhälfte.

»Eine janushafte Welt ...«, murmelte Fytin.

»Rings um die verwüstete Hälfte liegt ein Energiefeld«, meldete Markon mit belegter Stimme. Er veränderte die Holodarstellung. Genau entlang der Grenze zwischen grüner und verwüsteter Hälfte spannte sich ein Schutzschirm über die zerstörte Hemisphäre, der sie vollständig einschloss. »Hyperdimensional, paratronähnlich«, ergänzte der Ortungsoffizier. »Die grüne Hälfte hingegen ist vollkommen ungeschützt.«

»Das würde ich so nicht sagen«, widersprach Fytin.

Die optischen Sensoren der Sonde vergrößerten eins der Wachschiffe im Holo. Es war kugelförmig, aber ohne Triebwerksringwulst.

Orangefarbene Ringe legten sich um mehrere Schiffe der Wachflotte.

»Aktive Tastung!«, rief Markon. »Sie haben unsere Sonde entdeckt.«

»Die Sonde überträgt einen Hyperfunkruf«, sagte Markon. Ohne auf eine Anweisung zu warten, schaltete er ihn in den Holokubus.

Das Brustbild eines annähernd humanoiden Wesens in einer schmucklosen, lederartig glänzenden, dunkelblauen Uniform wurde sichtbar. Es wirkte nicht besonders menschlich. Die Gestalt war schmal, das spärliche Haar sehr hell. Statt einer Nase gab es nur einen schmalen Atemschlitz im Zentrum des Gesichts. Die Haut war, wo sie sich zeigte, von einem dunklen Blaugrau.

Kinn, ein Teil des Halses und die rechte Hälfte des Schädels bestanden aus Metall, das teilweise auf den Körperpartien lag, teilweise aber in sie eingewachsen war und sich mit Fleisch und Knochen zu einem untrennbaren Gebilde verbunden hatte. Ein Auge war von der Optik eines Multifrequenzsensors vollkommen verdeckt, das andere erschien fast weiß mit kaum sichtbarer Iris. In die Haut eingebettete Filamente umgaben es wie ein technoides Tattoo.

Das Metall sah ganz nach Ricodin-Verbundstoff aus. Rhodan hatte offenbar ein Wesen vor sich, das mit Kolonnentechnik zu einem Cyborg umgestaltet worden war.

»Unja ist für alle Fremden gesperrt.« Das Wesen sprach Yahounau, die Verkehrssprache der Galaxis Yahouna, mit abgehackter Diktion und kaltem Unterton. Alle Besatzungsmitglieder der INKADYE, die im Moment nicht schliefen, starrten es an, ob in der Zentrale oder anderen Abteilungen, dessen war sich Rhodan sicher.

Die orangefarbenen Ringe um die Wachschiffe färbten sich rot. »Feuerleittastung. Die Sonde wird ...« Im Holo blitzte es auf, dann wurde die Darstellung schwarz. »... beschossen«, beendete Markon seinen Satz. »Kontakt zur Sonde abgebrochen.«

»Wir fliegen hin!«, entschied Rhodan.

Roi Danton hatte nach seinem ersten Vorstoß ins Mauritiussystem von Haldukass berichtet. Kalt und unnahbar hatte sich BARILS Stimme nicht gerade gezeigt, aber er war ein schlanker Cyborg mit fast weißem Haar und weißen Augen gewesen. Die Ähnlichkeit konnte kein Zufall sein.

*

»Unja ist für alle Fremden gesperrt.« Der neue Cyborg im Holo ähnelte dem, der zuvor über die Sonde gesprochen hatte, war aber nicht derselbe. Identisch war nur der kalte, unbeteiligte Tonfall seiner Stimme.

»Auf wessen Befehl?«, fragte Perry Rhodan. In autoritärer Haltung stand er der holografischen Darstellung gegenüber. »Wer verweigert mir den Zutritt?«

Er hatte sich entschieden, bestimmt aufzutreten, aber zu verschweigen, dass er Orbiter in BARILS Ritterorden war und A-Kuatond suchte. Falls die Ritterin auf der gespaltenen Welt – auf Unja – verschwunden war, wollte er ihren Entführern nicht auf die Nase binden, dass er nach ihrem Verbleib forschte.

Der Cyborg ging nicht auf seine Frage ein. »Dreht ab!«

»Wir suchen eine Person, von der wir annehmen, dass sie sich auf Unja befindet«, sagte Rhodan. »Sobald wir sie an Bord genommen haben, werden wir das System verlassen.«

»Logikfehler«, erwiderte der Cyborg. »Das Unjasystem ist seit Jahrhunderten für Fremde gesperrt. Die von euch gesuchte Person kann daher weder ins System gekommen sein noch sich auf Unja aufhalten. Eure Anwesenheit ist nicht weiter erforderlich. Brecht euren Anflug ab und legt Gegenkurs an, sonst werden wir mit angemessener Gewaltanwendung reagieren.«

Das Bild des Cyborgs erlosch, und im großen Hauptholo wurde wieder das Ortungsbild der Wachflotte über dem zwiegespaltenen Planeten sichtbar. Die kugelförmigen Raumschiffe durchmaßen etwa 280 Meter und verfügten über Gravopulsantriebe, die den Aggregaten der INKADYE überlegen waren, wie ihre Emissionssignaturen verrieten. Vermutlich waren sie auch stärker bewaffnet als das terranische Beiboot. Dass die Wachraumer noch keine Schutzschirme aufgebaut hatten, wirkte in dieser Situation so überheblich wie das Gebaren ihrer Besatzungen.

Die Cyborgs gaben sich dünkelhaft und sprachen von oben herab, aber Rhodan wusste, dass sie logen.

A-Kuatond war im Unjasystem.

Rhodan spürte es an der Reaktion des BARIL-Siegels, das er in der Brust trug. A-Kuatond hatte ihm diesen psionischen Ausweis verliehen, kurz bevor sie von der SOL aufgebrochen war. Wenn er sich darauf konzentrierte, empfand er ein Gefühl wohliger Wärme.

Im Moment brauchte er sich jedoch nicht zu konzentrieren. Das Siegel tat sein Werk ganz von allein. Es reagierte auf A-Kuatonds Nähe.

Die Ritterin war auf Unja.

Rhodan würde sie finden.

*

Die INKADYE ließ sich etwas Zeit damit, den Rückzugsbefehl zu befolgen. So viel Zeit, wie Perry Rhodan benötigte, um seinen SERUN anzulegen. Der Raumanzug war ein Gefechtsmodell, wie er es auch im Raxulsystem getragen hatte, nur dass der Generator für den Hochenergie-Überladungsschirm einem zusätzlichen Ortungsschutzmodul gewichen war.

»Willst du nicht wenigstens eine Mini-Space-Jet nehmen?«, fragte Captain Hara Fytin.

Rhodan stand vor der Bodenschleuse der INKADYE und sah die Kommandantin im Komholo des SERUNS. Er schüttelte den Kopf. »Zu starke Emissionssignatur.«

»Es steht noch nicht fest, dass sie unseren Ortungsschutz überwinden können.«

»Wir sollten aber davon ausgehen, dass sie es können«, entgegnete Rhodan. »Ich bin lieber zu vorsichtig als zu arglos.« Er öffnete das Innenschott der Luftschleuse und sah die hochgewachsene Kreuzerkommandantin noch einmal an. »Ihr zieht euch ein Lichtjahr in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind. Völlige Emissionsstille. Mein SERUN-Hyperkom kann diese Distanz problemfrei überwinden. Wartet auf mein Signal. Wenn ich mich in drei Tagen noch nicht wieder gemeldet habe, kehrt ihr zur SOL zurück. Auf keinen Fall dringt ihr auf eigene Faust erneut ins Unjasystem ein!«

Nach einem letzten bestimmten Blick trat Rhodan in die Luftschleuse und schloss den Helm. Hinter ihm fuhr das Innenschott zu.

Die Pumpanlage evakuierte die Schleusenkammer. Rhodan wartete.

Die Kommandantin meldete sich wieder. »Sie gehen auf Abfangkurs!«

Rhodan aktivierte den Deflektorschirm des SERUNS, der ihn unsichtbar machte, und öffnete das Außenschott.

Schwärze empfing ihn, gesprenkelt von unzähligen weißen Lichtpunkten, den Sternen der Galaxis Yahouna. Er hätte genauso gut die heimatliche Milchstraße sehen können.

Rhodan aktivierte den Ortungsschutz seines SERUNS, trat in den Schottrahmen und stieß sich ab.

Ein Impuls seines Flugaggregats trieb ihn aus dem künstlichen Schwerkraftfeld der INKADYE. Hinter ihm erstreckte sich die stählerne Außenwand des Leichten Kreuzers; die Wölbung des Kugelrumpfs war nur zu erkennen, wenn man wusste, dass sie vorhanden war.

Unter ihm breitete sich die janushafte Welt aus, auf der einen Seite die grüne, auf der anderen die verbrannte Hälfte.

Rhodan entfernte sich rasch von dem SOL-Beiboot, das nun seinerseits Fahrt aufnahm, während die Wachschiffe sich in Bewegung setzten.

Der Kreuzer beschleunigte mit den Gravopulstriebwerken; der Leitende Ingenieur hatte sämtliche Emissionsdämpfer desaktiviert. Die INKADYE hinterließ dadurch einen »Kondensstreifen« aus temporär verzerrter Raum-Zeit, die sich in den Orterholos der Cyborgschiffe wie energetisches Schneegestöber ausnehmen musste. Nicht nur in der Milchstraße galt solch ein vermeidbarer Emissionsschwall als kosmonautisches Gegenstück zum erhobenen Mittelfinger.

Auf die Cyborgs mochte das unnötige Manöver nur wie eine kindische Trotzreaktion wirken. Für Rhodan bedeutete es die Chance, unbemerkt Unja zu erreichen und A-Kuatond zu retten.

Die Wachschiffe schwärmten aus. Mehrere Einheiten machten sich an die Verfolgung der INKADYE.

Rhodan spürte die Antriebswellen des Kreuzers als Dröhnen am ganzen Leib, aber sie vergingen rasch, und er musste sich beeilen. Im Schutz der Raum-Zeit-Fluktuationen schaltete er das Flugaggregat des SERUNS auf Vollschub und wurde in Richtung des Planeten beschleunigt. Nach wenigen Sekunden desaktivierte er den Antrieb wieder. Die Störungen flauten langsam ab, aber Rhodan stürzte bereits mit hoher Geschwindigkeit im freien Fall dem Planeten entgegen.