Mit Holz, Herz und Hand - Franz Josef Keilhofer - E-Book

Mit Holz, Herz und Hand E-Book

Franz Josef Keilhofer

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Beschreibung

Selbstbestimmtes Leben im Rhythmus der Natur

Franz Josef Keilhofer ist ein echtes Original: Er lebt und arbeitet im Einklang mit der Natur, ist ein Junge aus dem Berchtesgadener Land und wohnt im Bauernhaus der Familie aus dem Jahr 1710 am Fuße des Watzmanns. Keilhofer ist Holzhandwerker – das vor allem. Hier erzählt er von seiner besonderen Beziehung zum Werkstoff Holz und davon, was die Natur uns lehrt. Er nimmt uns mit in nebelschweres Unterholz, erzählt, warum man die gefällte Eiche in der Erde lagert, dass die Eibe auf der Werkbank den Geruch von dunkler Schokolade verströmt und weshalb jedes einzelne Holzstück immer seine ganz eigene Art der Bearbeitung verlangt. Franz Josef Keilhofers Welt scheint nur aus Bäumen und Hölzern zu bestehen und doch lehrt sie das ganze Dasein. Ein Buch vom Auffinden des richtigen Baumes und vom Erkennen des richtigen Lebens – vom Handwerk des Lebens.

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Seitenzahl: 246

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Das Buch

Franz Josef Keilhofer ist ein echtes Original: Er lebt und arbeitet im Einklang mit der Natur, ist ein Junge aus dem Berchtesgadener Land und wohnt im Bauernhaus der Familie aus dem Jahr 1710 am Fuße des Watzmanns. Keilhofer ist Holzhandwerker – das vor allem. Hier erzählt er von seiner besonderen Beziehung zum Werkstoff Holz und davon, was die Natur uns lehrt. Er nimmt uns mit in nebelschweres Unterholz, erzählt, warum man die gefällte Eiche in der Erde lagert, dass die Eibe auf der Werkbank den Geruch von dunkler Schokolade verströmt und weshalb jedes einzelne Holzstück immer seine ganz eigene Art der Bearbeitung verlangt. Franz Josef Keilhofers Welt scheint nur aus Bäumen und Hölzern zu bestehen und doch lehrt sie das ganze Dasein. Ein Buch vom Auffinden des richtigen Baumes und vom Erkennen des richtigen Lebens – vom Handwerk des Lebens.

Der Autor

Franz Josef Keilhofer, 28, ist ein Naturbursche aus dem Berchtesgadener Land und arbeitet als Drechsler mit dem – seiner Meinung nach – schönsten Material überhaupt: Holz. Berühmt wurde er nicht nur wegen seiner handwerklichen Unikate, sondern auch als Botschafter der Kampagne des Bayerischen Tourismusverbands im Jahr 2015 – zahlreiche Presseartikel und Fernsehberichte über den markanten Bartträger sollten folgen. Daneben gibt Keilhofer Seminare zur Drechselarbeit und schreibt für Fachzeitschriften.

FRANZ JOSEF KEILHOFER

MIT HOLZ, HERZ

UND HAND

Das echte Leben – ein Mann und sein Handwerk

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Bildnachweis: Das Copyright für sämtliche Bilder liegt bei © Herzflimmern – Nadine Schachinger.

Alle im Buch enthaltenen Bilder sowie viele weitere sind gesammelt zu sehen auf: www.herz-flimmern.com/mitholzherzundhand

Copyright © 2016 by Ludwig Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Konzept und Realisierung: Matthias Maus

Redaktion: Ulrike Strerath-Bolz

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik·Design, München, unter Verwendung eines Fotos von © Herzflimmern – Nadine Schachinger

Satz: Leingärtner, Nabburg

e-ISBN 978-3-641-18455-1V002

www.ludwig-verlag.de

Alles beginnt mit der Sehnsucht

– NELLY SACHS –

Für Doris

Inhalt

Prolog – Musik der Stille

1  Holz und Arbeit

Arbeitseinblick: die Drechselmaschine

2  Im Bergwald

Baumporträt: der Bergahorn

3  Holz und Sinne

Baumporträt: die Eiche

4  Holz und Schönheit

Baumporträt: die Lärche

5  Holz und Gesundheit

Baumporträt: die Fichte

6  Kopf und Körper

7  Holz und Liebe

Baumporträt: die Zirbe

8  Holz und Werte

9  Holz und Zeit

Baumporträt: die Linde

10  Holz und Nachhaltigkeit

11  Holz als Lehrmeister

Baumporträt: die Wildkirsche

12  Holz als Schüler

Arbeitseinblick: das Werkzeug

13  Die Jahreszeiten

14  Holz und Geschichte

Baumporträt: die Eibe

15  Holz und Zukunft

16  Holz und Tiere

Baumporträt: die Esche

17  Holz und Musik

Baumporträt: der Nussbaum

Epilog – Feierabend!

Arbeitseinblick: der Anfang

Zum Abschluss: der Dank

Bildteil

Prolog – Musik der Stille

Der Schalter klickt. Der Kompressor beginnt zu wummern. Ein ziemlich unangenehmes Geräusch, wenn man bedenkt, wie früh am Morgen es ist. Er hat in der Nacht einiges an Luft verloren, er muss sich auffüllen. Ich reibe mir die Augen und gehe durch die kalte Werkstatt. Die Leuchtstoffröhren blinzeln, sie füllen den Raum nach und nach mit Licht. Mein erster Gang führt zum Werkstattofen, Feuer machen. Es gibt ja hier immer genug Holzreste. Das Knistern und Knacken lässt mich ankommen.

Am anderen Ende des Raumes steht sie, schwer, robust, kraftvoll: meine Drechselbank. Eine massive, wuchtige Maschine von der Größe eines Klaviers. Sie ist kalt und stählern und doch vertraut wie eine Freundin. Tatsächlich ist sie für mich so etwas wie ein Musikinstrument. Ich habe gelernt, darauf zu spielen. Man kann eine Menge damit machen. Kunst und Kunsthandwerk, Sinn und Unsinn, vor allem aber: schöne Dinge aus Holz.

Neben der Maschine liegt, in Folie eingepackt, ein Stück Ahorn. Es wiegt vielleicht halb so viel wie ich. Es ist voller Feuchtigkeit, relativ frisch geschnitten. Ich muss es einspannen, mit stabilen Schrauben so befestigen, dass der richtige Punkt in der Mitte liegt – das Zentrum, um das sich das Holz drehen wird. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Wegen der Anstrengung. Aber auch, weil ich weiß, es muss alles stimmen, von Anfang an. Wenn man nicht richtig anfängt, dann geht leicht alles schief, was man danach macht. Eine Songzeile von Lou Reed geht mir durch den Kopf: »A man of poor beginnings can’t do anything at all.« Im Umkehrschluss: Ein Mann der guten Anfänge kann alles schaffen.

Ich gehe zum Schleifbock, der erst brummt und dann zu einem leisen Surren wechselt. Meine Werkzeuge haben am vorherigen Arbeitstag ihre Schneide verloren, wie wir sagen. Ich muss sie regelmäßig nachschärfen. Je nach Holz und Werkzeug hält die Schärfe einige Minuten, selten länger als eine Stunde. Das ist keine Nebensache, nur mit scharfen Eisen ist ein zügiges und vor allem sicheres Arbeiten möglich. Die Werkzeuge heißen Meißel, Abstecher oder Schalenröhre. Sind die stumpf, wird die Oberfläche mies, und ich muss nachher viel nacharbeiten und schleifen. Ist das Werkzeug gut geschärft, pfeift das Holz beim Schneiden, dass es eine Freude ist: Das ist das Geräusch, das ich hören will. Was ich nicht hören will, ist das Kreischen des Werkzeugs an der Schleifscheibe. Ich setze Gehörschutz und Schutzbrille auf. Ein paar Minuten später glänzen die Schneiden der Werkzeuge, sie sind rasiermesserscharf.

Beginnt jetzt die eigentliche Arbeit? Die eigentliche Arbeit hat längst begonnen, die Vorbereitung gehört dazu. Es rächt sich, wenn man das unterschätzt.

Langsam beginnt das Holz an der Drehbank zu rotieren, als ich die Maschine einschalte. Jetzt heißt es die richtige Drehzahl finden. Meine Maschine läuft mit zwischen fünfzig und viertausend Umdrehungen in der Minute. Sie muss schnell genug drehen, um dem Holz den nötigen Schwung zu geben. Aber die Unwucht darf die Maschine nicht in Schwingungen versetzen. Sie würde sonst durch die Werkstatt wandern.

Der erste Schnitt. Ein kantiges Zischen durchdringt meinen Gehörschutz, die ersten Späne fliegen. Sekunden später prasseln Unmengen auf mich ein. Sie prallen von der Schutzbrille, fangen sich im Bart. Ich beginne durch die Nase zu atmen, damit ich nicht zu viele verschlucke. Die Brille beginnt leicht zu beschlagen, der erste Schweiß bildet sich auf der Stirn. Aus dem Werkstück wird Baumsaft geschleudert, er tropft von der Decke. Es surrt, es zischt, mein Herz schlägt spürbar.

Die Schalenröhre schneidet das Werkstück rund, Konturen entstehen im Holz, Schicht um Schicht schält sich eine Form heraus. Ich konzentriere mich, ich fokussiere. Das Holz dreht sich. Die Werkstatt, mein Leben, meine Welt, alles scheint in diesem Moment um den einen Fixpunkt zu rotieren, der einmal der Boden einer edlen Schale aus Ahorn sein soll. Alles, links und rechts, oben und unten, alles was entfernt ist von diesem Fokus, verschwimmt, wird unscharf, verflüchtigt sich. Als würde die Zentrifugalkraft tatsächlich an allem zerren, was um mich ist – um mich und mein Holz.

Und plötzlich höre ich es. Ein Geräusch legt sich über das dumpfe Dröhnen im Gehörschutz. Es beginnt ganz leise, kaum wahrnehmbar, und doch ist es da. Es fühlt sich an, als würde man nach einer durchtanzten Nacht die Tür eines Clubs hinter sich schließen, als würde man seinen Kopf unter Wasser tauchen. Und dann durchströmt sie mich: die Musik der Stille.

1  Holz und Arbeit

An diesem Punkt ist es Zeit für eine Vorwarnung und – vielleicht – eine Beruhigung an alle, die das Vorangegangene gelesen haben. Ja, ich kenne diesen »Flow«. Und ja, selbstbestimmte Arbeit gibt mir tiefe Befriedigung. Und sicher: Erfülltes und nachhaltiges Handeln ist mir überaus wichtig. Dennoch muss ich diejenigen enttäuschen, die jetzt einen Abflug in andere als die drei bekannten Dimensionen wollen, die sich esoterische Erklärungen und eine abgehobene Sicht auf die Welt von mir erhoffen. Die kann und will ich nicht liefern. Ich bin Handwerker, ich bin Drechsler, ich bin Foto-Model, ich bin Nachhilfelehrer, ich bin Punkmusiker und am ganzen Körper tätowiert – aber im Grunde bin ich immer noch ein Bergbauernbub, der mit beiden Beinen auf den satten Wiesen des Berchtesgadener Lands steht.

Und eines kann ich mit Sicherheit sagen: Auch ohne vierte und fünfte Dimension ist das wahre Leben spannend und interessant genug. Das gilt für mein Leben mit dem Holz und für das Leben ohne. Auch wenn ich noch jung bin: Ich hab’s erlebt. In seinen Höhen und seinen Tiefen.

Mein Leben dreht sich um das Holz. Ich bin Drechsler, das sage ich mit viel Stolz, und ich habe mir alles selbst beigebracht. Als meine erste Maschine bei uns am Hof ankam, da hatte ich schon alles auf Youtube gesehen und alles gelesen, nein, verschlungen, was man in der Theorie über das Drechseln lernen konnte. Und in der Praxis hat sich das alles erstaunlich leicht umsetzen lassen. Was für ein riesengroßes Stück vom Glück!

Mein Handwerk ist Leidenschaft und elementarer Lebensinhalt. Es geht mir heute auch ums Geldverdienen, und das ist etwas zutiefst Rationales. Wenn ich gearbeitet habe, oft zehn, zwölf Stunden in der Werkstatt, im Stadl, wo die Stämme zugeschnitten werden, oder im Wald, dann bin ich erst mal richtig kaputt. So wie jeder andere auch am Feierabend. Aber, und das ist vermutlich nicht bei allen Berufstätigen so: Ich bin zufrieden.

Was hab ich heute getan? Was kann ich morgen machen? Solche Fragen stelle ich mir, und ich kann sie sinnvoll beantworten. Das ist ein Privileg heutzutage und ein Glücksfall.

Man muss sich konzentrieren bei dieser Arbeit, klar. Es ist wie beim Autofahren. Auch wenn vieles über Routine und Erfahrung läuft, wie auf Autopilot, so gibt es doch immer wieder Situationen, da muss man voll da sein und schnell, klug und umsichtig reagieren.

Der komplette Prozess meiner Arbeit liegt in meiner Hand. Ich suche das Holz aus, ich mache den Plan, wann was gemacht wird und wann was fertig sein muss. Ich habe den Markt und die Moden im Blick, und doch will ich bei mir selbst bleiben. Ich bin darauf bedacht, mich bei der Arbeit und in der Arbeit zu behaupten. Wichtig war und ist mir, dass ich nach eigenen Vorgaben arbeite.

Es macht mir nichts aus, zehn Stunden zu schleifen. Routine, Wiederholung, einstudierte Abläufe, geläufig wie ein Ritual, auch das gehört dazu. Es macht mir auch nichts aus, dreihundert Stifte hintereinander zu drehen, wenn es sein muss. Bestimmte Arbeiten, wie mehrere gleiche Schalen am Stück drechseln, stellen mich mental schon manchmal auf die Probe. Ausdauer am Werkstück, etwas so lange zu wiederholen, bis es meinen Ansprüchen ohne Abstriche entspricht, das habe ich in meiner Lehre als Formenbauer gelernt. Eine der positiven Seiten dieser nicht immer schönen Zeit. Schlimm war dabei nicht die Arbeit an sich, die hat mir fast immer Spaß gemacht und war sehr interessant. Schlimm war das Fremdbestimmte, und es ist mir noch heute ein Graus. Deshalb mache ich keine Auftragsarbeiten, wenn es sich vermeiden lässt. Wann immer möglich, werde ich das drechseln, worauf ich gerade Lust habe. Natürlich muss ich übers Jahr verteilt gewisse Mengen bestimmter Objekte fertigen. Ich will der Nachfrage gerecht werden, ich muss ja mein Leben finanzieren.

Wenn jemand eine Idee hat, die mir gefällt, dann mache ich ab und zu eine Ausnahme und drechsle ihm das Gewünschte. Mein Tätowierer wollte neulich zwei Griffe für den Lenker seiner Harley-Davidson. Aus Holz sollten sie sein und zum kastanienbraunen Leder seines Sattels passen. Das war technisch gar nicht so einfach, die Maße mussten stimmen, die Befestigung war ein heikles Thema. Ich habe sie aus Bocote, einem exotischen Holz aus Südamerika gedrechselt. Schön sind sie geworden, es hat Spaß gemacht, weil ich meine Freiheit hatte. Er hat gesagt: Mach mal!

Stur nach dem Plan eines anderen arbeiten, das liegt mir nicht. Es widerstrebt mir. Wenn die Leute etwas bei mir kaufen, dann sollen sie es tun, weil es ihnen gefällt. Im Gegenzug bekommen sie ein Stück geformtes Holz, in dem auch ein Teil meiner Persönlichkeit steckt.

Arbeit ist immer auch Arbeit an sich selbst. Es kann dabei immer in unterschiedliche Richtungen gehen. Man kann sich kaputtmachen. Man kann sich aufarbeiten und verschleißen. Man kann aber auch seine Möglichkeiten erkennen, seine Fähigkeiten schärfen und sie ausbauen. Da will ich hin. Langfristig will ich noch mehr Klasse und weniger Masse. Das bringt, ich gebe es ganz offen zu, nicht nur meiner Persönlichkeit etwas. Ich träume nicht davon, utopische Summen für meine Arbeit zu bekommen: Mir reicht ein ehrlicher Gegenwert für die Qualität. Die wird heute noch nicht immer bezahlt. Wenn ich einmal dasselbe Geld mit zwei Schalen verdienen kann wie heute mit fünf, dann bin ich meinem Ziel schon ein gutes Stück näher gekommen.

Ich genieße meine Arbeit. Das liegt an einigen äußeren, aber auch an persönlichen Faktoren. Zu den Äußerlichkeiten, zu den Rahmenbedingungen zählt sicher die Umwelt, in der ich groß geworden bin und in der ich bis heute lebe. Das Gattermannlehen, so heißt unser Hof, ist seit vierhundert Jahren Sitz der Familie. Ein wenig Landwirtschaft, ein paar Hektar Wald und Wiese. Meine Eltern und meine Oma leben hier, mein Bruder und Nadine, meine Freundin. Das Haus wurde ständig umgebaut über die Jahrhunderte, ein Vorfahr hat einen alten Balken bemalt, er ist Teil unseres Balkons, »1752« steht darauf. Gott sei Dank hat über die Generationen immer jemand in der Familie erkannt, was schön und wertvoll ist.

Eigentlich wird auf dem Hof immer gearbeitet. Meine Oma will, dass ich ihr den Rasenwerfer anwerfe, auch wenn der Rasen sowieso schon raspelkurz ist. Mein Vater fragt, ob’s vielleicht morgen passt mit dem Zaunversetzen für die Ochsen. Klar, mach ich. Meine Mutter hat einen Job in Berchtesgaden – neben ihrer Managementtätigkeit auf unserem Hof, der Bürokram ist nicht zu unterschätzen. Nadine steht um halb fünf Uhr in der Früh auf, weil das Licht für das Fotoshooting dann am besten ist. In einer Atmosphäre von Betriebsamkeit kommt keine Langeweile auf. Mal nichts tun? Eher schwer.

Wir wohnen an der Straße, der alten Verbindung zwischen Bischofswiesen und Berchtesgaden. Auf der Straße ist immer viel Verkehr, leider. Aber das lässt sich verschmerzen, denn wir haben einen der schönsten Bergblicke in den Alpen. Das Motiv hat es sogar auf die Verpackung einer bundesweit bekannten Molkerei geschafft.

Auf der anderen Straßenseite liegt eine Wiese, die gehört uns, zum Glück. Deshalb kann nie jemand auf die Idee kommen, uns diese Sicht zu verbauen. In der Ferne, oft in Wolken eingehüllt, steht der Watzmann. Nicht der höchste, vielleicht aber der schönste Berg in Deutschland. Was mir nicht zuletzt dadurch bewusst wird, dass ständig Touristen bei uns im Vorgarten stehen, um Panoramafotos zu knipsen.

Der Watzmann ist zwar nur ein Berg, in Wahrheit aber Teil eines ganzen Massivs von neun Bergen. Der Sage nach war er ein grausamer König, der zur Strafe versteinert wurde, seine Frau und seine sieben Kinder gleich noch dazu.

Direkt unter meiner Wohnung im Anbau ist der Verkaufsraum, in dem ich meine Arbeiten ausstelle, wo ich aber auch Mathe-Nachhilfe vor allem für Abiturienten gebe. Dahinter die Werkstatt, daneben das Holzlager. Was für eine Location, was für ein Arbeitsplatz!

Meine Werkstatt hat eine Geschichte, sie war schon mal eine Werkstatt – mein Opa hat darin gearbeitet, lange bevor ich geboren wurde. Er war Schreiner, aber er war nicht Chef im eigenen Haus. Ein Schreinermeister hatte den Anbau gemietet, mein Opa, der Hausherr, war nur sein Geselle.

Es ist eine komplizierte Familiengeschichte mit dem Opa, und an ihr zeigt sich, dass es das Idyll nicht gibt. Heute würde man sagen: Er war alkoholkrank. Bei uns hieß es, er hat sich totgesoffen. Er hat seine Frau, meine Oma verlassen. Seinetwegen musste sein Sohn, mein Vater, schon mit zwanzig den Hof übernehmen. Man hat nicht so viel von ihm geredet bei uns. Es gibt ein Foto von meiner Taufe, da sitzt er dabei, schon aufgedunsen. Ich habe ihn nie kennengelernt. Aber seitdem ich mit Holz arbeite, interessiert er mich. Sein Gesellenstück, eine Kommode, steht noch bei uns auf dem Hof. Manchmal schaue ich sie mir an. Über seine Arbeiten habe ich eine emotionale Verbindung zu ihm. Er hat seinen Platz in meinem Leben. Ich wüsste gerne mehr vom Opa, und ich bin ihm ein bisschen dankbar, weil ich von ihm meine Liebe zum Holz geerbt habe. Das sagt zumindest meine Oma.

Die Umgebung schafft eine Atmosphäre, einen Rahmen, sie beflügelt. Und sie kommt meiner Persönlichkeit zugute. Ich knie mich gerne in die Materie hinein, das ist schon länger ein Erfolgsrezept von mir. Es ist mein Ehrgeiz, gut zu sein, es bringt mir Befriedigung, etwas zu durchdringen. Eine neue Technik gelernt zu haben macht glücklich. Daran arbeite ich, und deshalb arbeite ich gern.

Ich bin ernst, kann bei der Sache bleiben, bin konzentriert. Und dabei bin ich offen für Neues, für Experimente. Sich für etwas begeistern können, Interesse zeigen, Feuer fangen – ohne Leidenschaft geht nichts.

Kreativ sein ist wichtig. Aber verstehe ich mich als Künstler? Ich betrachte den Kunstbetrieb ziemlich skeptisch. Beim Betrachten mancher Werke geht mir oft der Spruch durch den Kopf: »Everybody is so fucking talented these days.« – »Jeder ist so verdammt talentiert heutzutage.« Es stellt sich aber heraus, dass nicht jeder dazu bestimmt ist, ein Wissenschaftler zu sein. Nicht in jedem steckt ein Bestsellerautor, und in nur wenigen ist ein Künstler.

Ob ich einer bin? Ich frage mich eher, ob ich überhaupt einer sein will. Der heilige Franz von Assisi, der mit den Tieren sprach, der also viel von Natur verstanden haben muss, soll einmal gesagt haben: »Wer mit den Händen arbeitet, ist ein Arbeiter. Wer mit den Händen und dem Kopf arbeitet, ist ein Handwerker. Und wer mit den Händen, dem Kopf und dem Herzen arbeitet, der ist ein Künstler.« Das gefällt mir, da finde ich mich wieder.

Im Englischen nennt man Leute wie mich auch »Maker«, »Macher«. Das finde ich eine sehr schöne und passende Bezeichnung.

In unserem Vorgarten steht eine Holzskulptur mit Motiven des heiligen Franz von Assisi. Eine Meisterarbeit von der Schnitzschule, gefertigt von einem Freund meines Vaters. Über zwei Meter hoch, dennoch sehr grazil und elegant. Kein Alpenkitsch. Ich schaue immer wieder gerne hin.

Ich stehe im Dialog mit dem Holz. Mit ihm muss ich mich verständigen, manchmal muss man sich ihm unterwerfen, ansonsten bin ich frei. Ich arbeite in meinem eigenen Tempo, nach meinen eigenen Plänen. Die Arbeit ist eine Chance, eine Verantwortung. Das ist eine Form der Freiheit, die ich über alle Maßen schätze.

Heute bin ich, ist meine Arbeit nicht mehr der Willkür anderer ausgesetzt. Diesen Zustand der totalen Abhängigkeit, den kenne ich auch. Als ich noch für andere gearbeitet habe und nicht für mich selbst, als ich noch nicht selbstständig war, da war ich abends einfach nur fertig. Die Gedanken kreisten: Wann ist das nächste Mal Urlaub? Um neun Uhr morgens der erste Blick zur Uhr: Wie lange muss ich noch?

Das ist vorbei. Heute schaue ich auf die Uhr und rechne nach: Wie lange darf ich noch? Auch im Urlaub gehe ich manchmal drechseln. Wie sagt Konfuzius: »Wähle einen Beruf, den du liebst, dann brauchst du keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.«

Am Rand unserer Weide hat die Familie ein kleines Stück Wald und etwas weiter noch ein größeres, sieben Hektar insgesamt. Hier gibt es immer genug Material, wenn ich mal Holz brauche. Die eigenen Ressourcen sollen möglichst geschont werden. Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten, um an Holz zu kommen, vielleicht sogar zu viele. Aus welchen Gründen auch immer: Es werden mehr Bäume umgeschnitten als nötig. Hier, wo jeder jeden kennt, da denken sie schon an mich, wenn sie einen Baum haben, der weg soll. Bekannte, Baumpfleger, die Gemeinde: Sie rufen von sich aus an. Es ist nicht immer das Richtige dabei, aber oft komme ich so an große und kleine Schätze.

Vielleicht denkt jetzt jemand: Den ganzen Tag in Holzspänen wühlen – wie erfüllend kann das sein? Ist das nicht auf Dauer eintönig? Keineswegs. Zum einen ist Holz der wunderbarste Werkstoff, den man sich denken kann. Der Geruch, die Strukturen, die unterschiedlichen Maserungen, die unterschiedliche Härte, das Raue, das Glatte, die Formen, die Farbe: Alles findet sich im Holz.

Und nichts an ihm bleibt, wie es ist. Ein Freund von mir hat einmal einen fünfzig Jahre alten Rundling gedrechselt. Der lag Jahrzehnte auf einem trockenen Dachboden. Als die Schalen fertig waren, haben sich seine Objekte sofort verzogen. Die Feuchtigkeit hatte sich ein halbes Jahrhundert im Stamm gehalten.

Meine Arbeit ist ein Prozess, den ich steuere. Ich könnte auch Tischbeine oder Geländer drechseln. Aber dann wäre meine Arbeit wieder nur ein Teil eines größeren Ganzen, ich wäre ein Rädchen im Getriebe. Und das will ich nicht mehr sein. Die Arbeit an einer Schale zieht sich über Wochen hin – wenn es schnell gehen muss. Es kann aber auch Jahre dauern. Auch das kann ich steuern. Im Lager liegen rund vierzig Holzsorten. Darunter sind an den Stirnseiten gewachste Eiben-Rundlinge, beispielsweise. Die müssen vier bis fünf Jahren liegen, bis man sie verarbeiten kann. Sie sollen in aller Ruhe trocknen, denn Eibe ist eines der wenigen Hölzer, die man auch als ganzen Stamm ohne größere Risse trocknen kann. Eiche muss ähnlich lange lagern, aber unter völlig anderen Bedingungen. Nicht vorgeschnitten, sondern am Stück. Wenn sie richtig im eigenen Saft schmort, bis der Splint – das ist der helle äußere Teil des Holzes – verfault ist, dann hat das Holz die richtige Konsistenz, es lässt sich dann schneiden wie Butter. Und es lässt sich leichter trocknen.

Andere Hölzer lagern nur Wochen bis zur Verarbeitung – und wehe, man wartet zu lange! Sie haben alle ihren Zeitpunkt, es gibt für jeden den richtigen Moment. Plötzlich, von einer Nacht auf die andere, reißen sie. Oder sie sind zu marode, um sie noch zu drechseln. Das heißt: Ich muss aufmerksam sein, ich kann nicht einfach warten und nichts tun, ich muss mich kümmern um meine Arbeit, um meine Rohstoffe, bei jedem Schritt.

Neben der Werkstatt, dem Lager und dem Wald gibt es noch den Stadl als vierten Arbeitsplatz im Haus. Hinter alten Bretterwänden finden sich Maschinen, Werkzeuge, die Motorsäge. Heu liegt dort oben, Futter für die Kühe. Mein Vater nennt die Tiere »meine Buam«. Weder mein Bruder noch ich sind beleidigt.

Der Stadl ist der Platz, an dem ich mein Holz zuschneide. Hier hängt der Heukran, mit dem ich auch die Stämme bewegen kann. Hier schneide ich mit der Motorsäge Stücke vom Stamm wie dicke Scheiben von einer Salami. Nur sind meine Hölzer viel mächtiger. Die Länge der Stücke richtet sich nach dem Durchmesser der Schalen, die ich drechseln will.

Im Stadl ist gerade wenig Platz. Stapel rötlicher Eschen-Scheiben blockieren den Boden. Nach dem Schnitt hat die Feuchtigkeit aus dem Holz die Plastikfolie beschlagen lassen, in der sie jetzt eingeschlagen sind. Es soll nicht passieren, dass sie nach dem Zuschneiden reißen. Dann wären sie reif für den Brennofen.

Rot ist das Holz, weil der Holzsaft mit dem Luftsauerstoff reagiert. Später, nach dem Drechseln und Schleifen, bekommt es wieder seine typische helle Farbe. Als Nächstes werden Rohlinge daraus – grob gedrechselte Schalen, die erst nächstes Jahr weiterverarbeitet werden.

Ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie ich vorgehe, wo welche Maserung sein wird. Ich muss im Holz lesen. Oft sind es intuitive Entscheidungen, die auf die richtige Spur führen. Man entwickelt ein Gefühl dafür. Kann ich mich immer darauf verlassen? Nein. Manchmal macht man auch Fehler. Aber auch das ist ein Lernprozess – beim nächsten Mal wird’s besser. Versuch und Irrtum, learning by doing. Wenn man mit Enttäuschungen umgehen kann, ist das eine der besten Lernmethoden.

Eine schwere Arbeit ist das in der Scheune. Im Hochsommer heizt sich das dunkle Holz der Wände auf, die Sonne scheint durch die Spalten. Es ist schweißtreibend, mit der Motorsäge, mit der Bandsäge, an der Drechselbank. Im Stadl messe ich aus, was drin ist im Stamm – durchaus auch nach dem Gesichtspunkt, was ich brauche. Denn bei aller Freiheit, die mir meine Selbstständigkeit gibt: Ich will meine Produkte auch verkaufen, und so muss ich doch immer mal wieder mein Lager durchforsten und sehen, was fehlt und nachproduziert werden muss.

Diese Arbeit ist ein Ganztagesjob, nichts für zwischendurch. Mal einfach für eine Stunde in die Werkstatt gehen, das geht nicht. Erstens ist man binnen kürzester Zeit voller Staub und Späne. Das heißt, man kleidet sich vorher richtig ein und geht nachher trotzdem gründlich duschen. Und zweitens brauche ich immer eine Stunde, um in den richtigen Flow zu kommen. Das Werkzeug muss geschliffen, die richtigen Spannfutter für das Werkstück aufgeschraubt werden. Allein für die Vor- und Nachbereitung geht viel Zeit drauf. Richtig produzieren geht nur ab vier, fünf Stunden. In der Zeit kann man sich hineindenken in sein Material, in seine Idee, in sein Stück. Ich muss mich in das Holz einfühlen, physisch und psychisch richtig an meinem Arbeitsplatz ankommen. Es gibt auch Tage, an denen klappt das nicht richtig.

Will man in den Profibereich vorstoßen, dann braucht es auch eine Stange Geld. Meine Maschine hat um die 7500 Euro gekostet, mittlere Preisklasse. Das ist viel Geld einerseits, andererseits aber ist es wieder günstig. Hätte ich mich fürs Schreinern entschieden, wäre es viel teurer geworden. Als Drechsler brauchst du im Wesentlichen nur eine Maschine, die Drechselbank, als Schreiner brauchst du fünf, sechs teure Profimaschinen, bevor du richtig arbeiten kannst.

Aber auch wenn es für alles die richtigen Werkzeuge und Maschinen gibt: Nichts kann den richtigen Blick ersetzen. Wo liegt die Schale oder die Dose im Holz? Wo sind die Herausforderungen und die Möglichkeiten im Werkstück? Die falsche Entscheidung, und wo das Potenzial zu einer perfekten Schale war, entsteht nur eine mittelmäßige. Alle Versuche, das nachträglich zu korrigieren, sind verzweifelt und meistens nutzlos. Nach dem Motto: »Dreimal abgeschnitten und immer noch zu kurz«, ist mir das auch schon passiert. Ich sammle Erfahrungen. Sie sind unersetzlich, aber sie sind nicht alles.

Es gibt einfach Sachen, die kannst du nicht lernen. Bis zu einem gewissen Punkt kann man vieles mit Ehrgeiz schaffen, aber irgendwann braucht man auch Talent.

Jeder kann Klavier spielen lernen, aber deshalb wirst du kein Mozart. Ich habe zwölf Jahre Gitarre gespielt, aber groß was daraus geworden ist nicht. Es gibt Leute mit Formengefühl und solche, die haben es nicht. Viele Lehrer lehren den Goldenen Schnitt und andere Gestaltungsregeln. Manchen hilft das auch, aber das hat Grenzen. Seine Grenzen erkennen und damit leben: Das ist ein Reifeprozess, den jeder durchlaufen muss. Bei mir war es ein besonders schwieriger Prozess.

Es hat geholfen, sich mit ein paar Unabänderlichkeiten, man kann auch sagen: mit Grenzen abzufinden. Oder wie Albert Einstein sagt: »Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden.«

Das ist mir nicht immer leichtgefallen, vor allem, weil ich zu einer gewissen Hartnäckigkeit neige, man kann auch sagen, zu einem gewissen Perfektionismus. Aber auch für meine Arbeit hat das Genie einen passenden Spruch. Einstein fordert zwei Dinge: »Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Arbeit und Zeit gesteckt hat, wegzuwerfen.« Klingt locker, ist aber oft verdammt schwer.

Nach dem groben Vorschneiden und Filetieren der Bäume im Stadl kommen die so entstandenen eckigen Holzstücke ins Holzlager, wo die Bandsäge steht. Dort werden sie rundgesägt, um später beim Drechseln Zeit zu sparen. Gleich im Anschluss werden die Rundlinge noch im nassen Zustand auf der Drechselbank aufgespannt. Dort bekommen sie schon mal eine ungefähre Schalenform. Feuchtes Holz lässt sich viel leichter verarbeiten als trockenes.

Ist diese Arbeit erledigt, kommen die Rohlinge zurück ins Holzlager, wo sie luftig aufgestapelt und mindestens für Monate, vielleicht sogar mehrere Jahre liegen und getrocknet werden. Vorgedrehte Rohlinge trocknen bis zu fünf Mal schneller als Holzbohlen.

Nach dem Trocknen beginnt beim Drechseln eine spannende Phase. Die Rohlinge sind ins Ovale verzogen, die Spannungen im Holz haben sich entladen. Aber die runde Form ist das Ziel.

Mit den getrockneten Rohlingen geht es in die Werkstatt, jetzt rotiert wieder die Maschine, und ich tauche tief ein in meine Welt. Jeder Span, der fliegt, tut meiner Seele gut. Irgendwann werden die Partikel immer kleiner. Mindestens zehn verschiedene Schleifpapiere, von der groben 80er Körnung bis zum hauchfeinen 1500er Papier nehmen die letzten Unebenheiten und Bearbeitungsspuren vom Werkstück. Staub ist in der Werkstattluft, die Absauganlage läuft auf Hochtouren, das Gefühl der makellosen Oberfläche verschafft ein Gefühl der Zufriedenheit.

Es hat lange gedauert, bis ich eine gesunde Form von Perfektionismus gefunden habe. Es fiel mir lange schwer, meinen eigenen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Mittlerweile gibt es einen Punkt, an dem ich loslassen, meine Arbeit aus der Hand legen kann. Einen Punkt, an dem ich zufrieden bin und sage: gar nicht mal schlecht! Ich kann drei Stunden mit dem 1500er Schleifpapier arbeiten, da ist die Gefahr nicht mehr so groß, dass ich zu viel wegnehme. Trotzdem kommt es auf den richtigen Moment an. Man muss wissen, wann es Zeit ist zum Aufhören.

Eine Schale, bei der zu wenig weggenommen wurde, die ist nicht schön. Eine Schale, an der ich auch nur einen Hauch zu viel weggedrechselt habe, die ist reif für den Ofen. Es ist eine Sache von Haaresbreiten. Anfänger machen oft den Fehler, von einem schönen Stück Holz immer möglichst viel erhalten zu wollen. Aber was hilft das schönste Holz, wenn die Form nicht gut ist?

Nach dem Schleifen kann ich mit dem Ölen beginnen. Hartwachsöl, Hanföl, manchmal auch selbst gemixte Wachsmischungen bringen das Stück der Vollendung näher. Und wieder ist es ein Geduldsspiel. Bis zu drei Monate dauert es beispielsweise, bis das besonders lebensmittelechte Mohnöl getrocknet ist.