Mit Rucksack & Gitarre - Lino Battiston - E-Book

Mit Rucksack & Gitarre E-Book

Lino Battiston

4,8

Beschreibung

Auf dem Chemin de R. L. Stevenson nimmt der Autor den Leser mit durch die wilde einsame Berglandschaft der Cevennen. Kurzweilig und spannend, voller liebenswerter Anekdoten, immer wieder ergänzt mit poetischen Zitaten, schildert er detailliert seinen Weg, den er, nicht wie Stevenson mit einer Eselin, sondern mit einer selbstgebauten Wandergitarre geht. Selbst für Nicht-Wanderer eine unterhaltsame Lektüre, die zum Wandern animiert, und - wer weiß? - eines Tages durch die Cevennen führt.

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Ein herzliches Dankeschön

für die freundschaftliche Unterstützung

bei der Realisation dieses Buches

an Hans-Dieter Eggers und Erich Jacob.

Lino Battiston, 1953 geboren, ist Gitarrist, Komponist und Liedtexter. Neben der Musik gilt seine Leidenschaft dem Wandern. Nach dem Buch »Tage in der Provence«, in dem er mit Kurzgeschichten und instrumentaler Gitarrenmusik auf beigefügter CD von seinen Erlebnissen an der Ardèche in Südfrankreich erzählt, ist seine zweite Publikation dem Wandern gewidmet, inspiriert durch den schottischen Schriftsteller R. L. Stevenson.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorbereitung

Von der Planung bis zum Start

Warmlaufen

Von Le Puy nach Le Monastier

Auf einsamen Wegen

Von Le Monastier nach Le Bouchet

Seeblick

Von Le Bouchet nach Pradelles

Stock und Bestien

Von Pradelles nach Chaudeyrac

Kreuze und Kirchen

Von Chaudeyrac nach La Bastide-Puylaurent

Stockübungen

Von La Bastide-Puylaurent nach Le Bleymard

Über den Mont Lozère

Von Le Bleymard nach Le Pont-de-Montvert

Markt, Menschen & Mythen

Ein Tag in Le Pont-de-Montvert

Grüß Gott am Signal du Bougès

Von Le Pont-de-Montvert nach Mijavols

Ein Wiedersehen unter Platanen

Von Mijavols nach Florac

Vier Sterne und ein Liqueur du Camisard

Von Florac nach Cassagnas

Sentier de la lune

Von Cassagnas nach Saint-Étienne-Vallée-Française

Nackt auf dem Col de Saint-Pierre

Von Saint-Étienne-Vallée-Française nach Mialet

Letzter Tag

Von Mialet nach Alès

Nachwort

Von der Wirklichkeit zur Unendlichkeit

Quellen & Literaturhinweise

Vorwort

Es war im Sommer 2010, am zweiten Tag einer Rundwanderung durch die nördlichen Cevennen, als ich zusammen mit einem Freund die ersten Häuser von Le Pont-de-Montvert erreichte.

Über die Hälfte der Tagesetappe war geschafft. Ohne schlechtes Gewissen beschlossen wir, unseren Durst mit einem kühlen Bier zu löschen, das uns von einem freundlichen Kellner unter einer schattigen Platane serviert wurde.

Hier an der alten Brücke, die über den Tarn führt, hätten wir uns noch gerne etwas länger ausgeruht und dem regen Treiben dieses malerischen Dörfchens zugeschaut. Doch ein mühsamer Anstieg bis nach Finiels, einer einsamen Ansiedlung am Fuße des Mont Lozère, war noch zu bewältigen.

Robert Louis Stevenson

Bevor wir uns wieder auf den Weg machten, schlenderten wir durch ein paar Gässchen, vorbei an kleinen Geschäften und Souvenirläden. Hier las ich, an einem Schaufenster verweilend, den Namen »Robert Louis Stevenson«. An diesem Tag dachte ich noch nicht an den berühmten schottischen Schriftsteller, der die Klassiker »Die Schatzinsel« und »Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde« geschrieben hatte.

Abgebildet auf etlichen Büchern, Wanderführern und Broschüren weckte er mein Interesse. Ein junger Mann mit Hut, Wanderstock und einem Esel an der Leine. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Dieser Stevenson musste wohl eine besondere Persönlichkeit gewesen sein, wenn sogar ein Wanderweg nach ihm benannt wurde. Meine Augen leuchteten, als ich sah, dass es hier auch noch ein wunderschönes Klappmesser mit seinen eingravierten Initialen zu erwerben gab. Die Verlockung war groß, es zu kaufen, aber ich widerstand der Versuchung. Wir folgten alsbald dem Wanderweg GR 70 (GR steht für Grande Randonnée - Großer Wanderweg, die Nummer für den Stevensonpfad) in Richtung Mont Lozère, dessen rot-weiße Markierung uns nach Finiels führte. Der Name Stevenson ließ mich von jetzt an nicht mehr los und ich nahm mir vor, mich später intensiver mit ihm zu beschäftigen. Damals ahnte ich noch nicht, welche Folgen und Erlebnisse dieser Vorsatz mit sich bringen würde.

Wieder zu Hause las ich alles, was im Internet über Stevenson zu erfahren war. Bei einem kleinen Verlag wurde ich fündig und bestellte mir dort sein faszinierendes Reisetagebuch »Reise mit dem Esel durch die Cevennen«.

Stevenson verließ am 22. September 1878 das Dorf Le Monastier-sur-Gazeille, gelegen im französischen Zentralmassiv der Haute-Loire, etwa 20 km südöstlich von Le Puyen-Velay, um durch die wilde Gebirgslandschaft der Cevennen gegen Süden zu wandern.

Begleitet wurde er von der störrischen Eselin Modestine, mit der er nach 12 Tagen, etwa 220 km und vielen Abenteuern, am 3. Oktober Saint-Jean-du-Gard erreichte. Ich war begeistert. Für mich stand fest: Die nächste Wanderung wird mich auf den Spuren Stevensons durch die Cevennen führen.

Lino Battiston

Vorbereitung

Von der Planung bis zum Start

»Nun, um eine Fußwanderung richtig genießen zu können, sollte man sie alleine unternehmen. Ist man in einer Gesellschaft oder selbst zu zweit unterwegs, so handelt es sich nur noch um den Namen nach um eine Fußwanderung; es ist etwas anderes, das eher einem Picknick gleicht. Eine Fußwanderung sollte man allein unternehmen, denn Freiheit ist von entscheidender Bedeutung; man muss in der Lage sein, zu verweilen und weiterzugehen, und diesem oder jenem Weg zu folgen, wie es einem gerade in den Sinn kommen möge; und weil man seinem eigenem Rhythmus folgen muss, anstatt hinter einem Meisterläufer einherzutraben oder in den Trippelschritt eines Mädchens zu verfallen. Und dann muss man offen sein für alle Eindrücke und die Gedanken mit dem einfärben, was man sieht. Man muss wie eine Pfeife sein, auf der jeglicher Wind spielen kann.« (Stevenson)

Klar, ich werde meine Wanderung solo bewältigen. Aber Stevenson hatte zumindest seine Eselin »Modestine« dabei, die er beschimpfen, dirigieren konnte und die ihm auch noch sein Gepäck tragen durfte. Das war ein handfestes Argument für mich, ebenfalls über das Anmieten eines Esels nachzudenken. Diesen Gedanken schlug ich mir aber gleich wieder aus dem Kopf, denn ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, mit einem störrischen Esel an der Leine durch die Cevennen zu ziehen. Da die zeitgemäße Hightech-Ausrüstung für Wanderfreunde heute keine Wünsche mehr übrig lässt, trage ich mein Gepäck doch lieber selber. Und mit gebuchten Gepäcktransfer-Wanderungen sind mir, zumindest aus heutiger Sicht, keinerlei Wanderfreuden zu entlocken.

Meine Ausrüstung war schnell zusammengestellt. Einen Satz Wanderklamotten trage ich am Körper, den anderen verstaue ich im Rucksack. Dazu werden Regen- und Fleecejacke, ein Paar Sandalen und Socken gepackt. An Kleinmaterial fehlen jetzt nur noch Trinkbehälter, Taschenmesser, Fotoapparat, GPS (Verlaufen unmöglich), Wanderkarten, Waschbeutel, Handtuch, Blasenpflaster, Fußbalsam, Medikamente und nach reiflicher Überlegung auch ein kleiner zusammenfaltbarer Regenschirm.

Übernachtet wird in Hotels, Pensionen oder Herbergen und gegessen wird in Gasthöfen. Daher sind Schlafsack, Isomatte, Kocher und Zelt sowie der dazugehörige Kram unnötig. Wanderstöcke mag ich sowieso nicht. Und einen Revolver, wie Stevenson ihn in seinem Gepäck mit sich trug, brauche ich hoffentlich auch nicht.

Das war's!

Oder?

Nein, da war noch etwas!

Einen wesentlichen Aspekt bei meinen Wandervorbereitungen habe ich bisher verdrängt. Was mache ich denn drei Wochen ohne meine Gitarre? Seit mehr als vierzig Jahren komme ich kaum länger als ein paar Tage ohne sie aus. Folglich brauchte ich unbedingt eine Reisegitarre, die genau auf diese Wanderung zugeschnitten sein musste. Leicht, klein, wohlklingend und super bespielbar muss sie sein. Selbstverständlich aus massiven Edelhölzern hergestellt. Da bin ich schon etwas verwöhnt.

Gedacht getan. Nach vielen Überlegungen, wie Leichtgewichtigkeit und Ausmaß mit hervorragenden Klangeigenschaften und guter Bespielbarkeit des Instruments verbunden sein könnten, habe ich eine sehr ungewöhnliche Konstruktion entworfen und zu Papier gebracht. Unterstützt durch den fachlichen Rat meines Sohnes, er ist Gitarrenbauer, ging ich guten Mutes an die Arbeit. Mit viel Geduld und dem festen Glauben an das Gelingen ist letztendlich eine wunderschöne kleine, kaum 2 kg schwere Gitarre entstanden, die sich sehen und vor allem hören lassen kann.

So ein edles Schmuckstück braucht natürlich auch einen würdigen Namen, wobei mir die Namenswahl überhaupt nicht schwerfiel. Ich habe sie einfach »Modestine« getauft.

Die exakte Planung einer Wanderung weckt bei den meisten Menschen eine gewisse Vorfreude. So auch bei mir. Ich besorgte mir Wanderkarten im Maßstab 1:25000 und markierte dort die gesamte Route. Da ich die GPS-Daten zur Verfügung hatte, konnte ich die Wanderstrecke auch virtuell am Bildschirm mit Google Earth ablaufen und mir sogar das Höhenprofil anzeigen lassen. Entsprechend meinen geschätzten Kräften legte ich die Länge der Tagesetappen fest.

Die Buchungen der Hotels, Pensionen und Herbergen vorzunehmen, ist durch das Internet heute problemlos geworden. Der Verein »Sur le chemin de R. L. Stevenson« hat sich seit 1994 zum Ziel gesetzt, diesen kulturellen Weg bekannt zu machen und hat Dienstleistungen zusammengestellt, die dem Wanderer bei der Vorbereitung seines Abenteuers zur Verfügung stehen. Der gesamte Weg ist anfangs als GR 430 und später als GR 70 markiert, beginnt in Le Puy-en-Velay und endet nach rund 250 km in Alès. Zwischen diesen Städten besteht eine Bahn- und Busverbindung, wodurch die Rückfahrt zum Ausgangspunkt erleichtert wird.

So, alle Vorbereitungen sind getroffen, ich sehne mich jetzt danach, endlich zu starten.

Warmlaufen

Von Le Puy nach Le Monastier

Am späten Nachmittag, nach sieben Stunden Autobahnfahrt, erreichte ich die Stadt Le Puy-en-Velay im französischen Massif Central. Das Thermometer zeigte bedrohliche 36 Grad an, als mich beim Bummeln durch die wunderschöne Altstadt ein Hauch von Zweifel über die Durchführbarkeit meines Vorhabens beschlich.

Der Gedanke, dass ich bei diesen Temperaturen im Schnitt etwa 25 km täglich wandern sollte, bereitete mir Unbehagen. Bin ich den konditionellen und physischen Anforderungen gewachsen, die rund 250 km der Gesamtstrecke zu bewältigen? Muss ich aufgeben, weil ich mir den Fuß verstauche oder meine Füße wundlaufe? Werde ich krank, bekomme ich Zahnschmerzen? Verliere ich, oder klaut mir jemand mein Geld und alle Papiere? Erreicht mich eine SMS, die mich wieder nach Hause beordert, weil besondere Vorkommnisse dies erfordern?

Und, welchen Komfort bieten die Übernachtungen in den Chambres d'hôtes, (Pensionen) Hôtels und Gîtes d'étapes (Wanderherbergen)? Kann ich mich auf die telefonischen Buchungszusagen verlassen? Wenn nicht, gibt es Alternativen, eventuell eine Übernachtungsmöglichkeit in einer Auberge, oder finde ich zur Not auch Zuflucht in irgendeinem Heuschober?

Dies alles bekümmerte mich, während ich in einem der vielen gemütlichen Straßencafés der Altstadt meinen Espresso schlürfte. Das Ende einer langen Häuserschlucht gestattete mir einen Blick auf die riesengroße, rosarot angemalte Marienstatue mit Kindchen auf dem Arm, die von weither sichtbar auf einem der beiden Puys (Basaltspitzen aus kegelförmig erstarrter Lava) über die Stadt wacht. Die 1860 errichtet Statue misst 16 Meter, gegossen aus 213 Kanonen, die 1855 im Krimkrieg bei Sewastopol erbeutetworden waren. Ob diese Dame mir wohl bei meinem Vorhaben beistehen wird?

Blick zur Marienstatue

So saß ich eine Weile in Gedanken versunken, da fiel mir der weise Satz von Dale Carnegie ein: »Mit den Jahren entdeckte ich schließlich, dass 99 Prozent aller Dinge, über die ich mir Sorgen machte oder vor denen ich Angst hatte, nie passierten.«

Wie wahr! Warum sollte ich mir eigentlich Sorgen machen. Denn habe ich mir jemals beim Wandern den Fuß verstaucht? Nein! Nun gut, meine Füße hatte ich mir einige Male wundgelaufen, oder eine schmerzende Blase hatte mich dermaßen gequält, dass ich sogar auf das Wandern fluchte. Dagegen habe ich aber diesmal mit Wundsalbe und Blasenpflaster im Gepäck vorgesorgt. Zahnschmerzen? Oh je, oh je, hoffentlich nicht! Irgendeinen Dentisten finde ich bestimmt. Habe ich jemals mein Geld oder meine Papiere verloren? Nein! Man hat mich auch niemals bestohlen oder überfallen.

Ich dachte an eine Textpassage von Stevenson aus seiner Unterhaltung mit einem Kaufmann: »Irgendetwas kann jederzeit in Deinem Inneren platzen. Damit wärst Du erledigt, und wenn Du Dich dreifach in deinem Zimmer eingeschlossen hättest.« (Stevenson)

Also, ab sofort ist positives Denken angesagt. Bisher lief doch alles wunderbar.

Die erste Übernachtung fand im Hotel Le Bilboquet statt, in dessen Restaurant ich am Abend aufs Vorzüglichste meinen Gaumenfreuden frönte. Um mein Auto brauchte ich mich auch nicht zu sorgen, denn ich hatte es für die Zeit meiner Wanderung für eine geringfügige Miete in der Hotelgarage sicher abgestellt. Schusters Rappen waren ab sofort mein Transportmittel.

Am anderen Morgen war ich fit und ausgeruht, guter Dinge und voller Tatendrang. Nachdem ich mir ein riesiges Sandwich, belegt mit Schinken, Ei, Salat und Käse in der Altstadt besorgt hatte, startete ich gut gewappnet kurz nach 8.00 Uhr zu meinem ersten Etappenziel. Durch ein Labyrinth von engen Straßen und Gassen schlendernd, fand ich alsbald, dank meines GPS, den Anschluss zu meinem Wanderweg, der mich nach Le Monastiers-sur-Gazeille, dem eigentlichen Startpunkt von Stevensons Wanderreise, führen sollte.

Etwa 150 Höhenmeter mussten bewältigt werden, um zu einem Aussichtspunkt zu gelangen, der mir einen letzten Blick auf die wunderbar erhaltene mittelalterliche Stadt, die Marienstatue und die auf dem zweiten Puy thronende Kirche Saint-Michel d'Aiguilhe schenkte. Le Puy ist voller historischer Gebäude. Im Zentrum steht eine eindrucksvolle Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert. Die Stadt zählt über 18000 Einwohner, war früher ein bedeutender Wallfahrtsort und ist heute immer noch eine zentrale Anlaufstelle für Jakobspilger.

Kurz darauf bekam ich erstmals einen Esel zu Gesicht, der einsam auf einer Weide stand und graste. Er begrüßte mich, breitbeinig hinter dem Weidezaun stehend, mit Geräuschen, die eher nach den ersten Übungsversuchen eines Anfängers der Trompete klangen, als nach dem schönen »IA« aus dem Lied »Der Kuckuck und der Esel.« Eventuell war der Arme einfach nur erkältet, stand mir aber trotzdem bereitwillig für ein Fotoshooting als Model zur Verfügung.

Zu dem Ort Ours führte ein schmaler, steiniger, leicht ansteigender Weg auf eine offene Weidelandschaft. Dieser Weg war zum Teil mit Weidezäunen und Trockenmauern gesäumt. Eine befestigte Straße brachte mich schließlich nach Coubon in das Tal der Loire.

Es war Mittag geworden, als ich die Loire überquerte, die sich mir hier noch als kleines schmales Flüsschen präsentierte. Jetzt war ich gut eingelaufen und an das Rucksackgewicht gewöhnt. Allerdings schmerzten meine Schultern unter der Last von etwa 12 kg ein wenig im Bereich der Tragegurte. Zum Pausieren hatte ich aber noch keine Lust. Meine Modestine, die mit einem Expander am Rucksack befestigt war, hatte ich mit einer roten Regenschutzplane zusätzlich gegen die brennend heiße Sonne geschützt. Dem GR 430 folgend wanderte ich nun über eine langweilige Asphaltstraße kontinuierlich talaufwärts.

Ich nuckelte ständig an meinem »Schnuller«, um meinen Durst zu löschen. Übrigens eine geniale Sache. Ein Beutel mit zwei Liter Wasser ist im Rucksack verstaut und mit einem nach außen führenden Trinkschlauch verbunden, der am Tragegurt mit einem Klettband fixiert ist. Eine Art verschließbarer Schnuller am Schlauchende versorgt den durstigen Wanderer mühelos und jederzeit mit dem Beutelinhalt. Einfach klasse. Stevenson, der mit einer stinkenden Lederflasche unterwegs war, wäre neidisch gewesen.

Die Hitze der Straße stieg mir unangenehm ins Gesicht, als ich langsamen Schrittes über den weichen Asphalt wanderte, der an meinen Schuhsohlen festzukleben drohte. Während einer kurzen Verschnaufpause nach vorne blickend, sah ich für heute den ersten Wanderer, der hin und her taumelnd, mit schwerem Rucksack bepackt, sich in kleinen Schritten langsam weiter bewegte. Es sah aus, als wäre er am Ende seiner Kräfte angelangt. Kurze Zeit später, nachdem ich ihn eingeholt hatte, musste ich allerdings überrascht feststellen, dass in der völlig verschwitzen Wanderkluft der Körper einer Frau steckte. Hut ab, dachte ich bei mir. Sie hatte bestimmt auch Stevenson gelesen, der das Alleinwandern beschwört. Ein freundliches Lächeln aus verschwitzten Gesichtern und ein kurzatmiges »Bonjour« wurden ausgetauscht und nach einem aufmunternden »Bonne marche« (Gutes Wandern) fand jeder wieder seinen Schritt. Nicht der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt zum Plaudern.

Das Thermometer zeigte an diesem Tag sicherlich über 35 Grad an. Der Schweiß brannte in meinen Augen, als ich die Anhöhe erreichte. Etwas abseits des Weges erblickte ich einen Schatten spendenden Baum, eine kleine Eiche. Gelegenheit zu einer Pause. Ich war gut in der Zeit, womit einer längeren Rast nichts im Wege stand. Ich verdrückte genüsslich die Hälfte meines Sandwichs und gönnte mir danach mit ausgestreckten Beinen, Rucksack im Nacken, ein kleines Nickerchen, umringt vom Zirpen und Summen der Insekten und dem Duft der Sommerwiese. Ein angenehmes Gefühl.