Molly findet eine Freundin - W. Bruce Cameron - E-Book

Molly findet eine Freundin E-Book

W. Bruce Cameron

0,0
8,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Worin besteht der Sinn eines Hundelebens? Für die kleine Molly ist das ganz klar: Sie soll bei C.J. sein, mit ihr spielen, schmusen und das Mädchen trösten, wenn es traurig ist. Aber stattdessen muss Molly sich dauernd im Keller verstecken und leise sein … wie langweilig! Da hilft nur quengeln, bis C.J. wiederkommt und ein Leckerli mitbringt. Dann werden die beiden getrennt, und Molly landet im Tierheim. Das muss ein böser Fehler sein! Wie soll sie denn jetzt auf C.J. aufpassen? Molly muss ganz schnell einen Weg zurück finden! Bestsellerautor W. Bruce Cameron erzählt mit viel Charme und Einfühlungsvermögen von einer besonderen Freundschaft, die alle Hindernisse überwindet! Liebevoll illustriert von Richard Cowdrey Weitere Bände von W. Bruce Cameron: Bailey findet ein Zuhause Ellie findet das Glück Bei Antolin gelistet

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 194

Veröffentlichungsjahr: 2018

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



W. Bruce Cameron

Molly findet eine Freundin

 

Aus dem Amerikanischen von Naemi Schuhmacher

 

Über dieses Buch

 

 

Worin besteht der Sinn eines Hundelebens?

Für die kleine Pudelmischlingshündin Molly ist das ganz klar: Sie muss bei ihrer Menschenfreundin C.J. sein, mit ihr spielen, schmusen und sie trösten, wenn sie traurig ist. Aber stattdessen soll Molly sich dauernd im Keller verstecken und leise sein … wie langweilig! Da hilft nur quengeln, bis C.J. wieder kommt und ein Leckerli mitbringt.

Aber dann werden die beiden getrennt und Molly landet im Tierheim. Das muss doch ein Missverständnis sein! Wie soll sie denn jetzt auf C.J. aufpassen? Molly muss ganz schnell einen Weg zurück zu ihrem Mädchen finden!

Bestsellerautor W. Bruce Cameron erzählt mit viel Charme und Einfühlungsvermögen von einer besonderen Freundschaft, die alle Hindernisse überwindet!

Liebevoll illustriert von Richard Cowdrey

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

W. Bruce Cameron, geboren 1960, ist der New-York-Times-Bestseller-Autor von ›Ich gehöre zu dir‹, ›Ich bleibe bei dir‹ und ›Weihnachten auf vier Pfoten‹. 2011 wurde er von der »National Society of Newspaper Columnists« als Kolumnist des Jahres ausgezeichnet. Als er ungefähr acht Jahre alt war, brachte sein Vater ihm eines Tages einen Labrador-Welpen mit. Diesen Augenblick der uneingeschränkten Freude und grenzenlosen Zuneigung erzählt er in ›Bailey findet ein Zuhause‹. W. Bruce Cameron lebt mit seiner Frau und seinem Hund in Kalifornien, USA.

 

Alle Bücher von W. Bruce Cameron bei FISCHER KJB:

Bailey findet ein Zuhause (Band 1)

Ellie findet das Glück (Band 2)

Molly findet eine Freundin (Band 3)

 

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden sich auf

www.fischerverlage.de

Inhalt

Widmung

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Anmerkung des Autors

Mehr zum Thema Krebsspürhunde

Bevor ihr einen Hund zu euch holt

Weitere Bücher von W. Bruce Cameron

Für Sadie.

Danke, dass du den Zirkus mitmachst!

 

 

 

1

Zuerst war alles dunkel.

Um mich herum spürte ich Wärme, und ich roch andere Welpen, die sich an mich kuschelten. Auch meine Mutter spürte ich. Sie bedeutete Sicherheit, Geborgenheit und Essen.

Wenn ich hungrig wurde, kroch ich auf ihren Geruch zu und fand Milch zu trinken. Wenn mir kalt war, drängte ich mich eng an ihre Flanke oder schob mich unter eines meiner Geschwisterchen. Und dann schlief ich, bis ich wieder Hunger bekam.

Als ich ein paar Tage später zum ersten Mal die Augen öffnete, wurde die Sache schon interessanter.

Jetzt sah ich, dass das Fell meiner Mutter kurz, kraus und dunkel war. Die meisten meiner Geschwister ähnelten ihr in dieser Hinsicht. Nur zwei hatten Fell so dunkel wie das meiner Mutter, aber glatt und weich ohne jede Welle.

Eines Tages schlief ich nicht sofort ein, nachdem mein Magen gut gefüllt war. Stattdessen nahm ich alle Kraft zusammen und stellte mich auf meine wackeligen Beine. Ich machte ein paar Schritte und bumste Nase voran gegen etwas Glattes mit einem komischen, langweiligen Geruch. Ich leckte es ab. Es schmeckte auch langweilig, nicht annähernd so interessant wie das Fell meiner Mutter oder meiner Geschwister.

Die ganze Aufregung hatte mich ganz schön mitgenommen, also bahnte ich mir meinen Weg zurück zu meiner schlafenden Schwester und quetschte mich für ein Nickerchen unter sie. Später wagte ich mich noch ein Stück weiter vor. Der Pappkarton schloss uns von allen Seiten ein. Er war auch unter meinen Pfoten. Wir waren in einer Kiste.

Manchmal kam eine Frau, beugte sich über die Kiste und sprach mit uns. Dann blinzelte ich sie verschlafen an. Ihre Stimme klang freundlich, und ihre Hände waren sanft, wenn sie in die Box griff und mich streichelte. Meine Mutter wedelte mit dem Schwanz, um uns zu erklären, dass diese Frau eine Freundin war.

Eines Tages schob sich ihre Hand unter meinen Bauch und hob mich hoch in die Luft.

»Du brauchst einen Namen«, erklärte sie, während sie mich vor ihre Nase hielt. Ich schleckte sie ab, und sie kicherte. »Süß bist du allemal. Wie wäre es mit Molly? Du siehst mir ganz wie eine Molly aus. Willst du die Umgebung erkunden? Diese Beinchen haben schon Kraft.« Sie setzte mich auf eine neue Oberfläche. Sie war runzlig und weich. Eifrig steckte ich die Nase hinein. Ich roch Seife, weiche Baumwollfusseln und andere Hunde. Dann knabberte ich daran. Die Frau lachte.

»Das ist nichts zu fressen, Dummerchen. Hier, vielleicht brauchst du etwas Gesellschaft. Ich glaube, diesen hier nenne ich Rocky.« Noch ein Welpe, einer meiner Brüder, landete auf der Decke neben mir. Es war einer mit kurzem Fell. Er legte den Kopf schief, begutachtete mich, nieste und kaute auf meinem Ohr herum.

Ich schüttelte ihn ab und machte mich auf, mehr über diesen neuen Ort herauszufinden. Er war erschreckend groß. Ich konnte viele, viele Schritte hintereinander machen. Staunend nahm ich zur Kenntnis, wie viel Platz es auf der Welt gab! Als ich mit der Nase gegen ein neues Paar Schuhe stieß, war ich völlig erledigt. Ich hatte gerade noch genug Kraft, mit den Zähnen den Schnürsenkel zu packen und ein wenig daran zu zerren.

Die Besitzerin der Schuhe beugte sich über mich und zog mir den Schnürsenkel aus dem Maul. Ich knurrte, um ihr klarzumachen, dass der mir gehörte.

»Wie niedlich!«, sagte die Person mit den Schuhen. »Ist sie ein Pudel, Jennifer?«

»Zur Hälfte«, sagte die Frau, die mich aus der Kiste gehoben hatte. Sie hieß wohl Jennifer. »Die Mutter ist ein reinrassiger Pudel, so viel ist sicher. Aber der Vater – wer weiß? Ein Cockerspaniel vielleicht? Ein Terrier?«

»Wie viele hat sie?«

»Sieben«, sagte Jennifer. »Sie war trächtig, als ich sie gefunden habe. Sobald die Welpen entwöhnt sind, muss ich mich um ihre Kastration kümmern. Dann suche ich ihr ein neues Zuhause.«

»Und ein Zuhause für all die Welpen?«, fragte die Frau mit den Schuhen. »Zwei nehmen wir, mehr geht leider nicht.« Sie nahm mich mit ihren sanften Händen hoch und setzte mich zurück in die Kiste, wo ich mich an meine Mutter kuschelte und mir einen Imbiss genehmigte.

»Natürlich. Das verstehe ich«, sagte Jennifer. »Keine Sorge. Ich kümmere mich schon ziemlich lange um Pflegehunde. Normalerweise kommt zur rechten Zeit auch der rechte Mensch.«

Sie strich mir über den Kopf, als ich mich neben meiner Mutter, wo ich hingehörte, für ein Nickerchen zusammenrollte.

Von da an holte Jennifer uns immer öfter aus der Kiste. Ich bekam die Chance, das Wohnzimmer zu erkunden, wo ich mich auf ein Sofakissen stürzte, um ihm zu zeigen, wer hier das Sagen hatte, und sah mich sogar im Flur um, wo der Boden so glatt war, dass mir die Pfoten unter dem Körper wegrutschten. Als ich hingeplumpst dalag, wollte meine Schwester auf mich klettern, aber auch sie fand mit den Hinterbeinen keinen Halt, also klappte das nicht. Ich musste mich nur zur Seite rollen und sie abschütteln.

Da erhaschte ich zum ersten Mal den Geruch eines anderen Hundes in der Luft.

Mein Kopf schoss hoch. Auch die Ohren spitzte ich. Mit großen Augen und angestrengt schnüffelnd kam ich auf die Beine. Am anderen Ende des Flurs stand ein großer Hund und beobachtete mich.

»Barney? Sei nett zu den neuen Welpen«, sagte Jennifer.

Barney war sehr groß, viel größer als meine Mutter, und ich roch, dass er ein Männchen war. Er hatte überraschend lange Ohren, die an beiden Seiten seines Gesichts herunterhingen und hin und her pendelten, als er den Kopf senkte.

Ich war wie hypnotisiert. Solche Ohren hatte ich nicht. Genauso wenig wie meine Mutter oder meine Geschwister. Dem musste ich auf den Grund gehen. Meine Schwester blieb hinter mir und winselte leise nach unserer Mutter, damit sie kam und uns rettete. Aber ich wollte mehr erfahren.

Bei jedem Schritt rutschten meine Pfoten fast unter mir weg. Meine Krallen waren keine Hilfe, auf dem polierten Holz fanden sie einfach keinen Halt. Aber ich gab nicht auf, und bald stand ich vor dem neuen Hund.

Barney senkte seine riesige Schnauze auf den Boden. Sie war genauso groß wie ich! Er schnüffelte mir ins Gesicht. Dann beschnupperte er mich am ganzen Körper und schubste mich so fest mit der Nase, dass ich das Gleichgewicht verlor und auf den Hintern plumpste. Aber ich hielt still. Er war größer und älter, und ich wusste, dass ich mich ruhig verhalten musste, während er machte, was ihm einfiel.

»Braver Hund, Barney«, sagte Jennifer. Seine Nase wanderte zurück zu meinem Kopf. Er ließ ein Seufzen hören und wandte sich zum Gehen.

Seine langen, labbrigen, seidenweichen Ohren schwangen vor und zurück, vor und zurück. Und ich konnte nicht widerstehen.

Ich sprang vor und schnappte mit meinen Zähnchen nach diesen Ohren. Barney schnaubte und zog den Kopf weg. Ich ließ nicht los. Das war wie Tauziehen! Wirklich fest zubeißen konnte ich mit meinem schwachen Kiefer noch nicht, aber dieses Spiel liebte ich bereits. Ich spielte es mit meinen Geschwistern in der Kiste, wann immer wir etwas zum Zerbeißen fanden. Aber mit etwas so Tollem wie diesem langen, weichen, baumelnden Ohr hatte ich noch nie gespielt.

»Molly, nein!«, rief Jennifer und versuchte, streng zu klingen. Aber sie lachte. Barney wich mit ratloser Miene zurück. Weil ich immer noch an seinem Ohr hing, schleppte er mich mit. Dann schüttelte er seinen großen Kopf, und ich verlor den Halt, machte einen Salto und landete, alle viere von mir gestreckt, flach auf dem Boden.

Barney schnaubte noch einmal und trabte davon. Ich rappelte mich auf, bereit, ihn zu jagen und das Ohr wieder zu erbeuten. Aber Jennifer sammelte mich rasch auf und setzte mich zurück zu meinen Geschwistern in die Kiste.

Fair war das nicht, denn ich wusste, wenn ich mich mit den Füßen hätte abstemmen können, hätte ich ganz doll an seinem Ohr gezerrt. Aber eine anständige Mahlzeit und ein Nickerchen brachten mich schnell auf andere Gedanken.

Während meine Wurfgeschwister und ich immer größer wurden, schien die Kiste mehr und mehr zu schrumpfen, und unsere Mutter brauchte öfter mal welpenfreie Zeit. Jennifer ließ uns jetzt immer wieder zum Spielen nach draußen.

Ich liebte Draußen. Es war toll!

Es gab Gras, auf dem man herumkauen konnte, und sein spannender, fruchtiger Geschmack war anders als alles, was ich aus dem Haus kannte. Dann gab es da Stöckchen, die sogar noch besser schmeckten. Vögel flatterten über unseren Köpfen. Einmal kratzte ich die Erde auf und fand einen Wurm, der sich unter meinen Pfoten drehte und wand. Freudig schnupperte ich an ihm, bis einer meiner Brüder mich umrannte. Der Wurm grub sich wieder ins Erdreich, während ich mich um den Störenfried kümmerte.

Barney kam selten nach draußen. Am liebsten verbrachte er seine Tage schlafend auf einem weichen Bett in einer Ecke im Haus. Aber da war noch ein Hund namens Che, der fast nie nach drinnen ging, höchstens zum Essen. Che war groß, hatte graues Fell und liebte es, zu rennen. Noch besser gefiel es ihm, wenn er gejagt wurde.

Als ich das allererste Mal draußen war, schoss er auf mich zu, als ich neben Rocky saß. Che legte seine Vorderbeine flach auf den Boden, das Hinterteil streckte er in die Luft, sein Schwanz wedelte wild hin und her. Dann sprang er auf und rannte weg. Mit einem Blick über die Schulter prüfte er, ob wir verstanden hatten.

Rocky und ich schauten ihn mit großen Augen an. Was wollte er?

Che bemerkte wohl, dass wir es nicht kapiert hatten. Er kam zurück, verbeugte sich ein weiteres Mal und flitzte wieder davon. Ches buschiger Schwanz schien Rocky zu interessieren. Er jagte hinter ihm her, und ich blieb Rocky auf den Fersen. Er sollte ohne mich keinen Spaß haben.

Im Kreis rannte Che durch den Garten, so schnell, dass er wieder hinter uns ankam. Ich fuhr herum und starrte ihn an. Rocky bellte mit schriller Stimme.

Che verbeugte sich erneut und raste weiter. Wir schossen hinterher, rannten so geschwind, wie uns unsere kurzen, unbeholfenen Beinchen trugen. Anscheinend machten wir das richtig. Von da an bat Che uns jedes Mal, wenn wir in den Garten kamen, ihn zu jagen. Und wir taten ihm den Gefallen.

Aber Che blieb nicht lange bei Jennifer. Eines Tages kam eine Frau zu Besuch und nahm Che mit. »Was Sie tun, ist wirklich wundervoll«, sagte sie zu Jennifer, als sie mit Che an der Leine am Gartentor stand. »Würde ich beschließen, Pflegehunde aufzunehmen, müsste ich zum Schluss wahrscheinlich alle behalten.«

Jennifer lachte. »Das nennen wir ›Pfleger-Fehlfunktion‹. So kam ich zu Barney. Er war mein erstes Findelkind. Aber ich habe erkannt: Wenn ich mich nicht zusammenreiße, dann adoptiere ich ein paar Hunde, und dann war’s das, und ich kann keinem anderen Hund mehr helfen.«

»Komm, Che«, sagte die neue Frau und zupfte an der Leine. Schwanzwedelnd hüpfte Che ihr hinterher. Sie traten durch das Tor, und es fiel hinter ihnen ins Schloss. Che war fort.

2

Ich rannte zum Tor und stemmte die Vorderpfoten dagegen. Dann jaulte ich, so laut ich nur konnte. Wo war Che? Kam er nicht zurück? Wen sollte ich jetzt jagen?

Jennifer trat zu mir und streichelte mir den Kopf. »Ist schon gut, Molly«, sagte sie leise. »Hunde suchen sich den richtigen Menschen und leben dann bei ihm. Das ist der Lauf der Dinge.«

Die Worte verstand ich nicht, aber ihr Streicheln tröstete mich. Ich ließ mich eine Weile tätscheln, dann eilte ich zurück zu meiner Mutter und vergrub mich in ihrer weichen, warmen Flanke. Sie leckte mich ab, und es ging mir schon besser.

Trotzdem war es schwer zu verstehen, was mit Che passiert war. Ich war nur froh, dass ich nirgendwohin musste. Dass ich für immer in diesem Garten bleiben konnte, bei Jennifer und Rocky, meinen anderen Geschwistern und meiner Mutter.

Ein paar Tage später kam eine neue Hündin. Rocky und ich spielten gerade im Garten, als Jennifer sie durchs Tor führte.

Ich setzte mich auf, Rockys Pfote immer noch im Maul, und schaute sie an. Sie war sehr dünn, hatte helle Augen und ein ebenso helles Fell.

»Na, ihr Kleinen, das ist Daisy«, sagte Jennifer. Sie griff nach Daisys Halsband, um die Leine zu lösen. Die Hündin schreckte vor Jennifers Hand zurück, und kaum war sie frei, flitzte sie davon und versteckte sich unter einem Gartentisch. Dort fühlte sie sich anscheinend sicher.

Meine Mutter lief zu ihr, um sie eingehend zu beschnuppern. Daisy hielt still, dann schnüffelte sie zurück. Auch Rocky und mir begegnete sie ohne Scheu. Sie senkte den Kopf, damit wir sie beschnuppern konnten, und ließ sich für ein kleines Raufspiel sogar fallen. Ich beschloss, Daisy zu mögen. Balgen machte tatsächlich noch mehr Spaß als Jagen.

Als aber Jennifer mit unseren Futter- und Wassernäpfen nach draußen kam, wartete Daisy ab, bis Jennifer weit genug entfernt war, bevor sie sich auf ihr Fressen stürzte und es in drei Happen verschlang.

»Feines Mädchen«, sagte Jennifer leise. Sie saß auf der Treppe zum Haus und beobachtete Daisy beim Fressen. »Du gewöhnst dich schon noch an nette Menschen. Das wird nicht lange dauern. Willst du dich noch ein bisschen verstecken?«

Daisy schleckte ihren Napf sauber und flitzte zurück unter den Gartentisch, gerade als das Gartentor aufging und zwei neue Menschen eintraten. Beide waren kleiner als Jennifer. Der eine war männlich, der andere weiblich – das konnte ich riechen. Und beide lachten.

Jetzt erkannte ich, dass sie jung waren. So etwas wie menschliche Welpen. Ein Junge und ein Mädchen.

Das war spannend.

»Wie süß«, rief das Mädchen aus. Sie ließ sich auf die Knie fallen und breitete die Arme aus. Was das bedeutete, wusste ich sofort. Meine Mutter blieb bei Daisy am Gartentisch, aber ich flitzte, Rocky neben mir, auf das Mädchen zu.

Da war etwas an diesem Mädchen – an dem warmen Geruch ihrer Haut und ihrer Haare, an dem Klang ihres Lachens, als sie mich in die Luft hob und vor ihr Gesicht hielt, an dem Geschmack von Toast und Butter und Honig an ihrem Mund, als ich sie ableckte. Dieses Mädchen war etwas Besonderes.

In diesem Moment beschloss ich, dass dieses Mädchen mir gehörte.

Adrenalin schoss durch meine Adern, und ich konnte nicht mehr stillhalten. Ich wand mich, bis das Mädchen mich auf den Boden setzte, und dort tanzte und wirbelte ich durch die Wiese, während mein Schwanz wild wedelte. Ich rannte von dem Mädchen weg, machte einen Bogen und kehrte zu ihr zurück, um ihre Hände abzuschlecken und zu hören, wie sie noch mehr lachte.

Der Junge neben ihr lachte auch. »Komm mit, hierher!«, rief er und rannte ein paar Schritte. Auch ohne die Verbeugung, die Che immer machte, war klar, was er wollte. Rocky raste hinter ihm her und hüpfte auf seine Tennisschuhe.

»Und, was meinst du, Trent?«, fragte das Mädchen.

»Er ist super!«, antwortete der Junge.

Sonst liebte ich Jagdspiele auch, aber dieses Mal blieb ich bei dem Mädchen, versuchte, an ihr Gesicht heranzukommen, und leckte ihr das Kinn.

»Scheint ganz so, als hätte Molly sich verguckt«, sagte Jennifer zu dem Mädchen. »Ich komme gleich wieder. Lernt ruhig erst einmal die Welpen ein bisschen kennen.«

Jennifer ging hinein, aber das Mädchen blieb an meiner Seite. Und das war auch richtig so. Das war es, was sie tun sollte. »Ach, bist du niedlich«, sagte das Mädchen und strich mir die Ohren aus dem Gesicht. Ich gab ihr einen Handkuss. »Aber meine Mom würde mir nie einen Hund erlauben«, erklärte sie mir. »Ich bin nur mit Trent mitgekommen.«

Der Junge hob Rocky hoch und kam mit ihm zu uns zurück. »Schau, C.J., siehst du seine Pfoten? Er wird mal größer als diese da. Wie heißt sie?«

»Molly«, antwortete sie. Als ich meinen Namen aus ihrem Mund hörte, wedelte ich vergnügt mit dem Schwanz. Sie stand auf, und ich stellte mich auf die Hinterbeine, hielt mich mit den Vorderpfoten an ihrer Jeans fest und machte mich so lang ich nur konnte, bis sie mich hochnahm.

Sie hatte warme braune Augen und Sommersprossen im ganzen Gesicht. Ich kuschelte mich in ihre Arme und schaute ihr tief in die Augen.

Und da kam mir ein neuer Gedanke. Ich sollte mich um dieses Mädchen kümmern. Das war meine Aufgabe.

Vielleicht hatte Che deshalb den Garten verlassen! Womöglich war die Frau, mit der er gegangen war, sein Mensch, und er musste auf sie aufpassen, so wie ich auf das Mädchen achtgeben sollte. C.J., so hieß sie. C.J. war mein Mädchen, und ich würde so gut auf sie aufpassen, wie ich nur konnte.

Beim Gedanken daran, den Garten, meine Mutter und alles, was ich kannte, zu verlassen, fuhr mir ein dumpfer Schmerz durch die Brust. Aber solange ich mich in C.J.s Arme schmiegen konnte, war das in Ordnung.

»Den möchte ich«, sagte der Junge nun. »Rocky, kommst du mit mir nach Hause?« Rocky wand sich in seinen Armen, und Trent setzte ihn vorsichtig in die Wiese. Mein Bruder stürzte sich auf einen Gummiknochen und schüttelte ihn.

»Ist das aufregend«, sagte C.J. Sie ließ auch mich sanft zu Boden gleiten. »Du hast wirklich Glück, Trent.«

Sie versuchte, Rocky zu streicheln, aber ich drängte mich zwischen die beiden und schob den Kopf unter ihre Hand. Sie lachte.

»Molly mag dich«, sagte Trent.

»Ich weiß.« Irgendwie hatte sich eine Spur Trauer in ihre Stimme eingeschlichen. Wie komisch, dass sie traurig war, obwohl wir zusammen waren! Ich bekam einen ihrer Socken mit den Zähnen zu fassen und zog.

»Aber Gloria«, fuhr das Mädchen fort. »Ich höre schon ihre Stimme. ›Die sind so dreckig. Sie sabbern alles voll.‹ Sie hasst Hunde. Sie erlaubt mir nie im Leben einen.«

»Aber cool wäre es schon«, sagte Trent. Auch er klang ein wenig betrübt. »Dann hätten wir Bruder und Schwester.«

»Ja.« C.J. ging in die Hocke und zog mir den Socken aus dem Maul, dann umfasste sie mein Gesicht mit den Händen. »Ja, das wäre wirklich cool. Ach, Molly, tut mir leid, Kleines.«

Ich schleckte ihr die Nase ab.

Jennifer kam wieder nach draußen und lächelte, als sie Trent mit Rocky und mich mit C.J. sah. »Muss ich irgendwelche Papiere ausfüllen?«, fragte Trent.

»Nein. Das hier ist ja kein richtiges Tierheim. Ich bin nur die nette Dame aus der Nachbarschaft, die Streuner aufnimmt und ihnen ein neues Zuhause sucht.«

»Also ist es in Ordnung, wenn ich Rocky nehme?« Er legte sich meinen Bruder über die Schulter.

»Mehr als in Ordnung. Aber eine Bitte: Wenn es aus irgendeinem Grund nicht klappt, bring ihn wieder hierher zurück.«

»Oh, es wird super klappen. Rocky? Bereit für dein neues Zuhause?«, fragte der Junge grinsend.

C.J. ließ mich los. Ich setzte mich hin, kratzte mir das Ohr und wartete darauf, dass sie mich wieder aufhob.

»Oh, schau sie nur an«, sagte C.J. »Es ist fast, als wüsste sie, dass ich ohne sie gehe.«

»Komm schon, C.J.«, meinte Trent. »Gehen wir.«

Wir vier – der Junge und sein Hund, mein Mädchen und ich – liefen zum Tor. Ich hielt inne, um einen Blick zurück zu meiner Mutter zu werfen, die immer noch neben dem Gartentisch saß. Und ich zögerte. Sie legte sich hin und bettete den Kopf auf die Pfoten, dabei ließ sie uns nicht aus den Augen. Es war, als wollte sie mir sagen, dass alles in Ordnung war. Dass ich das Richtige tat. Hunde mussten ihre Mutter verlassen, damit sie ihre Aufgabe erfüllen konnten. Damit sie sich um ihre Menschen kümmern konnten.

Ich musste mich um C.J. kümmern. Es war Zeit zu gehen.

Jennifer öffnete das Tor. Rocky und Trent gingen hindurch. C.J. folgte ihnen. Ich blieb ihr dicht auf den Fersen.

»Nein, Molly«, sagte Jennifer und stellte mir einen Fuß in den Weg.

Das Tor fiel ins Schloss.

Ich setzte mich hin und starrte das hölzerne Tor an.

Auf der einen Seite war ich, das Mädchen auf der anderen. Das war nicht richtig! Da lief etwas gewaltig schief!

»Ist schon gut, Molly«, beruhigte mich Jennifer.

Ich jaulte und ärgerte mich gleichzeitig über mein dünnes Stimmchen. Wie sollte mich mein Mädchen so hören? Ich sprang an Jennifer vorbei, stemmte meine kleinen Pfoten gegen das Tor und kratzte. C.J. konnte doch nicht ohne mich gehen! Ich musste mitkommen!

Aber das Tor blieb fest verschlossen. C.J. war fort. Rocky war fort. Ich bellte und bellte mit meiner nutzlosen, leisen Welpenstimme. Jennifer war hier, genau wie meine Mutter und meine Freundin Daisy. Trotzdem fühlte ich mich, als wäre ich ganz allein auf der Welt.

3

Während ich so bellte, kam Daisy und schnupperte an mir. Sie bemerkte, dass ich unglücklich war, das sah ich ihr an. Aber warum, verstand sie nicht. Ein paar Menschen hatten den Garten verlassen. Wo lag das Problem? Tatsächlich wirkte Daisy fröhlicher, wenn keine Leute da waren.

Ich biss in den unteren Rand des Tors, davon taten mir aber nur die Zähne weh. Ich lief zu meiner Mutter, und sie leckte mich von Kopf bis Fuß ab, aber das konnte mich auch nicht trösten. Ich wollte zu meinem Mädchen!

»Molly?«

Der Klang ihrer Stimme traf mich wie der Blitz. Ich drehte mich um und bellte wieder. Da war sie. C.J. Sie stand im offenen Gartentor.

Jennifer stand lächelnd neben ihr.