Momente wie diese - Julya Rabinowich - E-Book

Momente wie diese E-Book

Julya Rabinowich

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Beschreibung

Das Donauinselfest – Europas größtes Freiluft-Musikfestival bei freiem Eintritt ist untrennbar mit Wien verbunden. Es ist ein Fest für alle: Hardrockhörer und Schlagerfans, Junge und Alte, Familien und Liebespaare. Alljährlich erleben Besucherinnen und Besucher musikalische Highlights und emotionale Achterbahnfahrten gleichermaßen: vom ersten Live-Erlebnis ihrer Lieblingsband über durchtanzte Nächte bis hin zu persönlichen Gänsehautmomenten ist und war im vierzigjährigen Bestehen des Festivals alles dabei. Es sind Momente wie diese, die den Geist des Donauinselfestes einfangen wie keine anderen und die Julya Rabinowich in vierzig literarische Geschichten verwandelt hat. Momente und Geschichten, die berühren, amüsieren und das Warten auf das nächste Donauinselfest versüßen.

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Seitenzahl: 179

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Julya Rabinowich

Momentewie diese

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Momentewie diese

40 Geschichten aus 40 Jahren Donauinselfest

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© 2023 by Amalthea Signum Verlag GmbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung und Satz: Anna Haerdtl und Barbara Reiter mit Elena Hirn, Bureau A/O

Umschlagabbildungen: Covermotiv: © Markus Sibrawa; Rückseite:

links und Mitte: © Alexander Müller, rechts: © Matthias Lechner;

vordere Klappe: © Alexander Müller

Lektorat: Senta Wagner

Herstellung: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

Gesetzt aus der Minion Pro, Ivy Presto und Neue Haas Grotesk

Designed in Austria, printed in the EU

ISBN 978-3-99050-259-4

eISBN 978-3-903441-21-7

Inhalt

40 Jahre DIF – 10 Fragen an Bürgermeister Dr. Michael Ludwig

40 Jahre DIF – 10 Fragen an SPÖ-Wien-Landesparteisekretärin Barbara Novak, MA

Momente, Menschen, Metamorphosen

Alpha oder Der Vater des Festes

Des Rabenkindes Inselschnee

Frau Nina oder Der tiefe Schlaf 1

Das Mädchen und der Kommissar

Günstige Winde und Wetterzauber

Von der Leine gelassen

Wir sind Helden

Es lebe die Insel und alle ihre Toten

Große Erwartungen, große Beratungen

Die Mathematik der Attraktion oder Der Kuss

Im Festcluster

My name is Jackie

Der Mensch ist dem Menschen ein Biber

Die Großmeisterin

Das Doch-nicht-Inselkind

Going under

Tage-Diebe

Der Hendlfriedhof

Laute Inselwesen im Schmelztiegel

Im Sternbild der Großen Klappe

Im Wendekreis der Udos

Das Kabarett und die Insel

Eye of the tiger

Erstickter Schrei

Ode auf die Freiwilligen

Vom Suchen und Finden

Alles Schöne, alles Wilde

Alla Pugatschowa: zwischen gestern und morgen

Die beste Medizin

Generationenvertrag

Familienangelegenheiten oder Der tiefe Schlaf 2

Orange ist das neue Cool oder Die Junischneepflüge

Alter Ega

Der starke Mann und die Insel

Seasons change

Total Eclipse

Die Vergrämung der Mutmaßlichen

Life is life

Wie RAF uns 2023 auf die Weltkarte gesetzt hat

Alles ist erleuchtet/Schnittstelle

Danksagung

Bildnachweis

Die Autorin

40 Jahre DIF – 10 Fragen an Bürgermeister Dr. Michael Ludwig

Das Donauinselfest ist …

… ein Fest des respektvollen Miteinanders und sozialen Zusammenhalts. Es ist nicht nur ein Fest für die Wienerinnen und Wiener. Es wird auch aktiv von ihnen mitgetragen. Es wäre ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in dieser Form gar nicht möglich. Dafür bin ich dankbar. Wir halten bei jeder Wetterlage, jedem Zwischenfall und jeder Herausforderung zusammen.

Mein erstes Donauinselfest war …

… am Parkplatz bei der Floridsdorfer Brücke, als es noch ein ganz kleines Familienfest war. Mittlerweile ist es ein etwas größeres Familienfest und ein Fest aller Generationen.

Das Donauinselfest ist so einzigartig, weil …

… es das friedlichste und größte Open-Air-Festival Europas bei freiem Eintritt ist.

Das Donauinselfest läuft seit 40 Jahren so gut, weil …

… rund 600 Ehrenamtliche und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem Strang ziehen, um den Wienerinnen und Wienern sowie vielen Gästen unserer Stadt Jahr für Jahr ein wundervolles und friedliches Donauinselfest zu bieten.

Das Donauinselfest ist ein Fest für alle, weil …

… es für Jung und Alt, für Sportbegeisterte und Genießerinnen und Genießer, für Metalheads und Schlagerfans ein Angebot gibt – all das drei Tage lang bei kostenlosem Eintritt. Neben Spaß und Unterhaltung steht der Service für die Besucherinnen und Besucher im Vordergrund: Die Gewerkschaft sowie viele gemeinnützige Organisationen beraten zu wichtigen Fragen rund um Arbeit, Gesundheit, Bildung und Soziales.

Am liebsten besuche ich das Donauinselfest …

… gemeinsam mit anderen Menschen.

Meine schönste Erinnerung an das Donauinselfest ist …

… allen Wetterereignissen getrotzt zu haben und alles top organisiert zu wissen. Von Hitze über Regen und Sturm bis hin zu Überschwemmungen.

Mein bester Donauinselfest-Act …

… war unter anderem das legendäre Falco-Konzert bei strömendem Regen – für mich damals vermutlich ein ähnlicher Fanmoment wie für die Jugend von heute das RAF-Camora-Konzert.

Was für mich am Donauinselfest niemals fehlen darf …

… sind die Helfer Wiens. Die Einsatzkräfte der Blaulichtorganisationen, darunter zahlreiche Ehrenamtliche, sorgen für unsere Sicherheit und unser Wohlbefinden am Donauinselfest. Ihnen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Fest sowie der Gewerkschaft gilt großer Dank und Respekt, denn ohne sie wäre das Donauinselfest nicht möglich.

Wen ich gerne (noch) einmal zum Donauinselfest einladen würde …

… alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Denn das unterscheidet das Donauinselfest von anderen kommerziell organisierten Events.

40 Jahre DIF – 10 Fragen an SPÖ Wien-Landesparteisekretärin Barbara Novak, MA

Das Donauinselfest ist …

… wie die Wiener Melange und das Riesenrad untrennbar mit Wien verbunden. Es ist das größte Open-Air-Festival Europas bei freiem Eintritt und für sich einzigartig. Seit seinem Beginn steht das Donauinselfest für leistbares Leben, sozialen Zusammenhalt und respektvolles Miteinander.

Das erste Donauinselfest …

… fand als „kulturelles Frühjahresfest“ vor 40 Jahren mit Auftritten von Minisex, Tom Pettings Hertzattacken und Heli Deinboek im Bereich der Floridsdorfer Brücke statt. Die Donauinsel befand sich damals noch im Endausbau. Seither gab es 118 Tage fulminantes Musikprogramm von mehr als 10 000 Künstlerinnen und Künstlern bei immer freiem Eintritt. Rund 60 Millionen Gäste verzeichnet das Fest in 40 Jahren – damit könnte das Donauinselfest weltweit 167 Großstadien sechsmal befüllen.

Das Donauinselfest ist so einzigartig, weil …

… es sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt. Neben heimischen und internationalen Musikacts bietet das Fest seinen Besucherinnen und Besuchern auch ein umfangreiches Rahmenprogramm sowie viele wertvolle neue und altbewährte Serviceleistungen: von der Beratung durch die Gewerkschaft und durch zahlreiche gemeinnützige Organisationen, der Leistungsschau von Polizei, Bundesheer, Feuerwehr, Rettung, Samariterbund und den Helfern Wiens bis hin zu der beim letzten Fest neu geschaffenen Job Recruiting Area und den ARBÖ-Fahrradgaragen.

Das Donauinselfest läuft seit 40 Jahren so gut, weil …

… ein tolles Organisationsteam und rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 600 Ehrenamtliche, im Hintergrund den reibungslosen Ablauf des Festes sicherstellen. In Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr, Rettung und Securities sorgt ein umfassendes Sicherheitskonzept dafür, dass sich die Hunderttausenden Besucherinnen und Besucher am Donauinselfest wohl und sicher fühlen. Mit der Aktion „Ich bin dein Rettungsanker“ des Wiener Frauenservice wird auch besonderer Wert auf die Sicherheit von Frauen gelegt.

Das Donauinselfest ist ein Fest für alle, weil …

… dies seit jeher der zentrale Gedanke ist, der dem Fest zugrunde liegt. Jede und jeder, unabhängig von Herkunft, Alter oder Einkommen soll an drei Tagen unbeschwerten Festivalgenuss bei freiem Eintritt genießen können. Durch seine Barrierefreiheit ist das Donauinselfest ein Fest ohne Hürden. So leisten wir einen wichtigen Beitrag für die hohe Lebensqualität für alle in Wien.

Am liebsten besuche ich das Donauinselfest …

… mit guter Ausrüstung für alle Witterungsbedingungen. Hitze, Regen, Schlamm und Temperatursturz bis auf knapp 12 Grad im Jahr 1987 – das Donauinselfest hat in 40 Jahren allen Wetterlagen standgehalten.

Meine schönste Erinnerung an das Donauinselfest ist …

… als das Donauinselfest nach zwei Jahren Corona-Pandemie endlich wieder uneingeschränkt stattfinden konnte. Stolz blicke ich aber auch auf die beiden Pandemiejahre zurück: Hier ist es uns gelungen, das Wiener Donauinselfest als eine der wenigen Kulturveranstaltungen, und das auch noch bei freiem Eintritt, aufrechtzuerhalten. Dies war nicht nur für die Wienerinnen und Wiener ein wertvoller Lichtblick in Pandemiezeiten, sondern auch eine wichtige Unterstützung für die heimischen Künstlerinnen und Künstler.

Momente, Menschen, Metamorphosen

Vorwort

Das Donauinselfest ist ein Ort der Transformation. Alle Schicksale, die man in diesem Buch kennenlernt, haben einen großen gemeinsamen Nenner: Aus unterschiedlichsten Gründen und mit unterschiedlichsten Erwartungshaltungen kommen die Menschen auf die Insel, aber alle verlassen sie auf die eine oder andere Weise verändert wieder. Ob das jetzt ein Liebespaar, eine Musikerin, ein verloren gegangener Hund oder Jugendliche in diversen Ausnahmezuständen sind, ob ein Großstadtcowboy oder ein entlaufenes Kind mit Tigerschminke im Gesicht. Momente wie diese bilden die Grundlage für Metamorphosen aller Art. Momente, Metamorphosen, Musik. Hunderttausend Chancen in 40 Jahren.

Natürlich ist es ein unmögliches Unterfangen, alle Facetten, alle Aspekte dieses funkelnden Kaleidoskops namens Donauinselfest von Alpha 1983 bis zum vorläufigen Omega 2023 in einem Buch einzufangen. Ich beuge also demütig mein Haupt und beleuchte Momente aus 40 Jahren ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ich bin ja nicht wahnsinnig, nur inselverliebt. Einige der Geschichten sind von Erzählungen und Einsendungen inspiriert, unter anderem von Hörerinnen und Hörern des Stadtradiosenders Radio Wien. Ein paar andere habe ich selbst erlebt. Die geneigte Leserschaft wird recht bald feststellen, dass sich manche der Geschichten in der Ich-Perspektive entfalten, das Ich, das hier agiert, leihe ich mir von anderen – bis auf zwei, die tatsächlich nur mein Ich enthalten, meine Vergangenheit, mein ganz persönliches Donauinselfest: „Des Rabenkindes Inselschnee“ und „Alla Pugatschowa: zwischen gestern und morgen“. Und, wenn man sehr genau sein will, auch ein kleines Stückchen aus „Total eclipse“.

Manche Geschichten lassen sich einem bestimmten Jahr zuordnen, andere nicht – so erklärt sich das Vorhandensein oder Fehlen von Jahreszahlen bei den Titeln der Geschichten.

Möglich gemacht wurden 40 Jahre Momente wie diese durch die Verzahnung von Inspiration, Wagemut, einer Prise Glück und einem Zauberkessel voll Hingabe.

Die Jubiläumsausgabe 2023 ist vorbei. Es gilt also: Das Donauinselfest ist tot, es lebe das Donauinselfest! Nächstes Jahr kann es sich weiter an den eigenen Fünfziger heranarbeiten, Tanzschritt für Tanzschritt. Ein Event dieser Größe und Diversität ermöglicht Begegnungen aller Art, wenn auch nicht der dritten. Aber vielleicht passiert auch das noch bis 2033. Man soll niemals nie sagen.

Hier entstehen Ehen, hier zerfallen sie, hier gehen Herzen und Hunde verloren. Hier sieht man Menschen altern: immerhin von der Stunde Null bis zur vierzigsten Ausgabe, Fans und Stars gleichermaßen, ein gemeinsamer, langsamer, aber unerbittlicher Prozess. Bei manchen läuft er aus diversen Gründen schneller ab als bei anderen. Hier verabschiedet man Lieblinge, die einen ein Leben lang begleitet haben, hier findet man funkelnagelneue, unerwartete Lieblinge. Hier kann man sich durch so viele Musikrichtungen schnuppern, bis es einen dreht. Von Schlager bis Elektro ist alles zu haben, und Jazz Gitti ist auch immer da, Jazz Gitti ist wie Diamanten forever, sie schwebt über den Wassern und ist unausweichlich, sie ist wohl auch in zehn Jahren wieder da, mit den Aliens. Hier campen Hardcorefans vor den Bühnen, um sich die besten Plätze zu sichern. Hier trotzt man mit und ohne Schirm den Gezeiten, Regen hin, flirrende Hitze her. Hier sind die Freiwilligen unentbehrlich und begeistert bei der Sache. Hier hofft man auf günstige Winde und keinen Hagel, hier werden Massen von Menschen in sicheren Bahnen aus öffentlichen Verkehrsmitteln und von Parkplätzen zur Insel und von der Insel geleitet. Hier geben sich die Businessgrößen, die Publikumslieblinge, die Geheimtipps und die blutigen Anfängerinnen und Anfänger die Klinke in die Hand. Die Insel ist für alle. Und sie ist gratis, wenn auch nicht umsonst.

Hier treffen Bundesheer, Therapiehunde, Sportfans und Sozialberatende aufeinander. Hier lässt die Stadt ihre Facetten glänzen. Hier gibt es Hip-Hop für Kinder und für Fortgeschrittenste. Hier gibt es Steckerlfisch, Langos, Grillhendl und Trockenfrüchte, hier gibt es Kabarett und Literatur. Manchmal auch Absurdes und Skurriles. Hier gibt es nur ganz, ganz selten Ausflüge auf die Bluatwiesn, vielmehr ein Nebeneinander, das ganz, ganz oft in ein Miteinander übergeht.

Möglich gemacht wurden 40 Jahre Momente wie diese durch die Verzahnung von Inspiration, Wagemut, einer Prise Glück und einem Zauberkessel voll Hingabe. Wenn man also annimmt, der Moment Alpha sei die Inspiration des Harry Kopietz auf der noch nicht fertiggestellten Donauinsel gewesen, so muss man ihm auch das vorläufige Omega 2023 einräumen. Heute ist diese Inspiration zu Europas größter Party herangewachsen, die jedes Jahr im Juni Kulturschaffende und Besucherscharen aus Wien, anderen Regionen und Ländern anlockt. „Die Idee dahinter ist, dass jeder unbeschwert daran teilnehmen und die positive Atmosphäre Wiens genießen kann. Die Stadt und ihre Veranstaltungen sollen für alle Besucher etwas Positives sein“, sagt Harry Kopietz, der im diesjährigen Jubiläumsjahr seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag feiert. Und noch eines: Er bereut nichts. „Das Donauinselfest bietet ein so weitverzweigtes Programm wie kein anderes Freiluftfestival sonst in Europa. Es ist eine faszinierende Geschichte, die zeigt, wie viel man mit Engagement und ehrenamtlichem Einsatz erreichen kann, indem man ein so großes Fest auf die Beine stellt.“ Kurz zusammengefasst: Harry Kopietz’ Kopfgeburt ist Legende geworden und hat tiefe Wurzeln zwischen den Wassern der Donau geschlagen. Ganze 25 Jahre lang bleibt Kopietz alleinverantwortlich für die Veranstaltung, dann zieht er sich nach und nach zurück, das Kind braucht Freiräume, Kopietz lässt es los.

Was ihm am wichtigsten war in all dieser Zeit? Die Offenheit. Die Gastfreundschaft, die er durch den Erfolg des Festes ausleben konnte. Was er sich für die Zukunft wünscht? Dass auch in den kommenden 40 Jahren weiterhin friedliche Feste ohne besondere Zwischenfälle stattfinden werden, so wie es jedes Jahr sein sollte. Und er hofft, dass er das fünfzigste Fest noch erleben darf. Ein Fest für alle, mit freiem Eintritt. Und sollte sich dann ab und zu jemand daran erinnern, dass es Harry Kopietz war, der das Fest entwickelt hat, würde ihn das zusätzlich erfreuen. Wie könnte man das jemals vergessen! Und natürlich feiert er mit. Man feiert schließlich Feste, wie sie fallen. Bis 120. Mindestens.

Alpha oder Der Vater des Festes

1983

Die Donauinsel wurde 1972 geboren. Als die Verfasserin dieser Zeilen zwei Jahre alt war und noch in Leningrad lebte, das erst später wieder zu Sankt Petersburg wurde. Wir sind also fast gleich alt, die Insel und ich. Und wir durchlebten auch beide einige Metamorphosen. Manche getrennt voneinander, manche sogar gemeinsam. 1977 zog ich jedenfalls der Insel hinterher und landete in Wien. Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. Hier und jetzt geht es nicht um mich, sondern um den Vater des Donauinselfestes, es geht hier um Harry Kopietz.

Alles, was gelingen soll, muss gut organisiert werden. Und alles, was bahnbrechend werden soll, muss erdacht und gewagt werden. Es gibt Menschen, die oft nicht wissen, wo die rechte Hand ist und was die linke tut, das aber kombiniert mit sprühenden Ideen und Eingebungen. Sie sind unverzichtbar, wenn es um Inspiration und die Entstehung von Kunst geht. Aber wenn es um etwas geht mit vielen, vielen Künstlerinnen und Künstlern, mit kreativem Chaos und Hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern, mit riesigem Gastro-Aufgebot und mit dem Überblick über so verschiedene Angebote und so verschiedene Botschaften an so verschiedene Adressatinnen und Adressaten, wie das beim Donauinselfest der Fall ist, dann braucht es nicht nur sprühende Ideen, sondern auch Zähigkeit im Planen und eiserne Disziplin bei der Umsetzung. Um es kurz zu fassen: Hätte ich das Donauinselfest koordinieren müssen, wäre es bereits bei der Größe eines mittleren Kindergeburtstags gescheitert. Glücklicherweise bin nicht ich die Mutter des Festes, sondern Harry Kopietz der Vater, dessen Idee von und die Liebe zu Kunst und Kultur für alle sich in den unterschiedlichsten Projekten gezeigt hat.

Hier und jetzt geht es nicht um mich, sondern es geht hier um den Vater des Donauinselfestes, es geht um Harry Kopietz.

Um das große Ganze zu sehen, ist es nun wichtig, ein paar Schritte zurückzugehen, ja sogar an die Ursprünge zurückzukehren – als Harry Kopietz zum absoluten Beginner des Donauinselfestes wurde. Er gebar das Donauinselfest wie Zeus die Pallas Athene, es war eine Kopfgeburt, eine, die sich ihm offenbarte, als er ganz allein auf der noch nicht fertiggestellten Donauinsel spazieren ging, in ihrem Wind und in ihrer Sonne badete und sich an der zukünftig noch definierteren, aber schon jetzt sich manifestierenden Schönheit der Umgebung erfreute. Auge in Auge mit dem Genius Loci fing ihn die Inspiration ein, oder eher: er sie. Das, so schien ihm, war doch eine prächtig geeignete Stelle, um Feste zu feiern. Frühlingsfeste. Musikfeste. Ein wenig Woodstock an der blauen Donau. Noch gab es diesen definierten Ort nicht, aber Harry Kopietz wusste in diesem Moment: Er würde um ihn kämpfen.

1983 materialisierte sich seine Idee ganz konkret. Die Insel war da zwar noch immer nicht fertiggestellt, sie blieb hinter der Inspiration des Kopietz noch ein wenig zurück, aber das Donauinselfest würde einfach geduldig darauf warten, mit ihr eins zu werden – später. Der Überwältigung durch die schiere Menge an Feierwilligen folgte übrigens eine kurze Ernüchterung um vier Uhr früh: In weißen Bergen von Pappbechern auf der Festwiese sei er gewatet, ein eilig herbeigerufenes Rollkommando inklusive Freiwilliger und Amtspersonen sei seinem Notruf gefolgt, um den Müll wegzuräumen. Die Insel lehrt, und die Veranstaltenden lernen: Seit es Pfand auf Becher gibt, haben sie dieses Problem wieder ziemlich im Griff.

Ja, das erste Fest sprengte von Beginn an die Erwartungen, die Auftritte von Minisex, Tom Pettings Herzattacken und Heli Deinboek zeigten Sogwirkung – statt der erwarteten 15 000 Menschen kamen 160 000, und megalomanisch ging die Geschichte des Festes weiter. Es war einfach die richtige Person am richtigen Ort zur richtigen Zeit gewesen: mit einer Idee für die vielen. Und die vielen waren begeistert. Bis 2023. Und sicher darüber hinaus.

Frühlingsfeste. Musikfeste. Ein wenig Woodstock an der blauen Donau. Noch gab es diesen definierten Ort nicht, aber Harry Kopietz wusste in diesem Moment: Er würde um ihn kämpfen.

Es war einfach die richtige Person am richtigen Ort und zur richtigen Zeit gewesen: eine Idee für die vielen.

Des Rabenkindes Inselschnee

2009

Ich trug meine Lieblingskapuzenjacke, in der ich mich jung und unabhängig fühlte, die Jacke ließ sich über dem Busen gerade noch, über dem Bauch gerade nicht mehr schließen, deswegen entschied ich mich dazu, den Reißverschluss unterhalb der Brustlinie lässig offen zu lassen. Ich war gerade erst einem brechend vollen U-Bahn-Waggon entstiegen, bewegte mich in einer langen Reihe Menschen, die somnambul auf die Zielgerade einschwenkten, von der U1-Station hin zur Insel. Über meinem Kopf ein weiter Himmel voller Sterne, hinter mir ein sehr, sehr junger Mann, der mich, ohne mich je von vorne gesehen zu haben, präventiv im Vorfeld des Festes zu bezirzen versuchte. Ich drehte mich um, er sah mein Gesicht und vielleicht auch die Schwangerschaftsstreifen unterhalb des hochgerutschten T-Shirts und verstummte peinlich berührt. Zu Hause warteten mein Mann und meine kleine Tochter, ich war ausgebrochen, um in mir die Illusion zu hegen, ich wäre wieder ein Teenie, unbeschwert und leicht so wie früher, oder sogar noch früher, als Zehnjährige, als ich die ersehnten Töne, die über das Wasser wummerten, als „Heldenmusik“ bezeichnete, während das Gesicht meiner Großmutter vor Entsetzen entgleiste. Vermutlich wegen der Vorstellung, ich würde mich tatsächlich unter die „Rocker und Hippies“, die sie drüben auf der gefährlichen Insel vermutete, mischen wollen ohne Rücksicht auf Verluste, wenn man mich nicht so explizit wie beherzt festhielte. Ein Rabenkind!, dachte sie wohl, eine Revoluzzerin, wenn man nicht gut genug aufpasste, immerzu bereit, sich mit Gesocks zu vermischen, schrecklich.

Ein Rabenkind!, dachte sie wohl, eine Revoluzzerin, wenn man nicht gut genug aufpasste, immerzu bereit, sich mit Gesocks zu vermischen, schrecklich.

Das ehemalige Rabenkind querte in kleinen Schrittchen die glänzende Fläche des Flusses mit einer Mischung aus Vorfreude und Nachdenklichkeit, das Gefühl der Freiheit wollte sich nicht recht einstellen, das Lebensgefühl als kinderloser Teenie fühlte sich ähnlich an wie die Jacke, es passte nicht mehr richtig. Ich irrte im Halbdunkel über die Insel, an küssenden und streitenden Menschen vorbei, Zuckerwattebratwurstlangosduft in der Nase, kippende Bierbecher und Musikschwellkörper auf diversen Bühnen, der Sound war ein Ungetüm mit sehr unterschiedlichen Ausformungen, das beständig vor sich hin mutierte. Ich hatte keinen Plan, keine Clique, ich trieb vollkommen allein in der anbrechenden Nacht dahin und wusste nicht einmal mehr, ob ich das so wollte oder nicht. Das neue Bild, das ich von mir haben sollte, war noch nicht ausgereift, das alte noch nicht verabschiedet, ich steckte in meinem eigenen Geburtskanal fest. Ich erstand eine Cola und einen gegrillten Maiskolben, um wenigstens etwas Greifbares in Händen zu halten, wenn schon keine Partystimmung im Herzen, irgendwann ließ ich mich von der Strömung zu einer der größeren Bühnen tragen, der Platz davor war schon vollständig besetzt, Leib an Leib, ein bisschen erinnerte das Nähe-Distanz-Verhältnis des Publikums mich an die Moskauer U-Bahn, von der Dichte her. Die Tokioter U-Bahn hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausprobiert, sie fehlte daher als Vergleichsmöglichkeit. Kurz und bündig gesagt: Mir blieben nur die hinteren Ränge.

Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, zu weit weg, aber ich wusste, der Mann war eine Offenbarung. Close your eyes and think of somewhere.

„Welche Band?“, fragte ich meinen Nachbarn, der gut zwei Meter groß war und über die Wand von Rücken und Schultern blicken konnte, die sich vor mir aufgebaut hatte. Ich hoffte auf einen mir bekannten Namen. Ich wollte mich jung fühlen, wie gesagt.

„Snow Patrol“, sagte er. Nie gehört, dachte ich. Nie gesehen. Meine Jugend schwamm mir immer weiter mit den Fellen alternder Popmusik davon, mit Cyndi Lauper und Depeche Mode (dass Depeche Mode wildeste Metamorphosen über Jahrzehnte durchleben würden, war mir da nicht klar, ist aber eine schöne Tatsache), Bonnie Tyler und a-ha. Ich beschloss, dennoch um dieses wilde Gefühl der geschenkten Unsterblichkeit zu kämpfen, und blieb trotzig stehen. Die Menge wuchs an, die Menschen drängelten sich dichter und dichter aneinander, ich wollte nicht mitdrängeln und wich auf eine kleine Anhöhe aus, um die Bühne als leuchtenden Fleck im Finstern zu beobachten. Die Anhöhe war uneben und ich musste beständig das Gleichgewicht halten. Weit, weit weg erschien die Band, die ich nicht kannte, egal, ich würde sie schon noch kennenlernen!

Und dann kam dieser Mann mit diesen Locken auf die Bühne und sang. Es war ein Schwanengesang für die Heldinnen und Helden meiner Teenietage, er klang anders. Es war ein Phönixgesang einer neu anbrechenden Lebensphase, er klang wunderbar, er klang überwältigend, die Texte seiner Lieder rissen Erinnerungen an Shakespeare an oder die russische Lyrik, die mir meine Mutter vorgelesen hatte, seine Worte hatten Eleganz und Gewicht, seine Stimme hatte hingegen Erotik. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, zu weit weg, aber ich wusste, der Mann war eine Offenbarung.