Mord auf vier Pfoten - Lilo Beil - E-Book

Mord auf vier Pfoten E-Book

Lilo Beil

4,9

  • Herausgeber: Conte Verlag
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Wussten Sie, dass unser lieben Vierbeiner jedes Wort verstehen, das wir sprechen? Oder auch nur denken? Was alles passieren kann, wenn aus harmlosen Haustieren handelnde Personen werden, erzählen mit viel schwarzem Humor und Spannung die Miniaturen der bekennenden Tierfreundin Lilo Beil. In 22 Kurzkrimis belegt sie, dass Tiere uns in vielen Aspekten voraus sind. Auch moralisch. Die Schöpferin des Odenwälder Kommissars Gontard gönnt ihrem Serienhelden eine Pause und lässt den Tieren das Wort.

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Seitenzahl: 241

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Inhaltsverzeichnis
Cover
Lilo Beil - Mord auf vier Pfoten
Widmung
Motto
Gustav am Fenster
Ilsebill
Kein Fall für Miss Marple
Ein Fall für »Hund«
Wie Hund und Katz
Die Leseratte
Reinrassig
Der Untermieter
Die Katze, die ein Hund war
Gretchen
Die Mühle
Romeo
Filou
Mörderisches Katzenduett
Mimi, die Herbstkatze
Cave Canem
Anubis
Bellas Rache
Nebel
Luzifer, die Weihnachtskatze
Olga, Oleg und die Vuvuzela
Die Hundeprinzessin
Zur Autorin
Impressum
Lesetipps

Für die Katzen Dicke und Lakritze, das Katerchen Heinz und die Hunde Bimbo, Elvis und Lennie.

Four legs good.

Two legs bad.

George Orwell: Animal Farm

Gustav am FensterEine Hommage an Alfred Hitchcock

Gestatten Sie, meine Damen und Herren, dass ich mich Ihnen vorstelle: Mein Name ist Gustav. Gustav Mahler. Aber Sie können mich schlicht und einfach Gustav nennen. Ich bin beinahe achtzehn Jahre alt und liege fast immer an meinem gemütlichen Plätzchen am Fenster. Am Fenster zum Hof.

Wenn man so ein alter Kater ist, gibt es kein besseres Plätzchen als ein breites Fensterbrett, mit knuddeligen, weichen Kissen gepolstert. Und die Aussicht ist einfach berauschend und nie langweilig, vor allem, wenn man ein Opernglas zur Verfügung hat, mit dem man die Bäume jenseits des Hofs und sogar die Berge in der Ferne besehen kann. Und die Leute, die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses, die Passanten, die Besucher, die Bummler und die Eiligen, die Freundlichen und die Unsympathischen, die Glücklichen und die Traurigen.

Beides, das Opernglas und meinen für einen Kater etwas ungewöhnlichen Namen, muss ich Ihnen nun wohl erklären, meine Damen und Herren. Gustav Mahler hat mich mein Herrchen genannt, weil er früher als berühmter Bariton durch die Welt zog. Einer der berühmtesten Mahler-Interpreten war er in seinen guten Tagen, und ich als sein Kater und Maskottchen begleitete ihn auf seinen Tourneen durch die ganze Welt, von Tokio bis Wien, von St. Petersburg bis Melbourne, von New York bis Kairo. Alle großen Opernhäuser und Konzertsäle der Welt bereisten wir. Ich fehlte auf keinem Starfoto.

Peter Vandenburg, mein Herrchen, brillierte nicht nur als Interpret von Mahlers Liedern, sondern auch in den großen Rollen der Opern von Richard Strauß.

Er sang Barak, den Färber, aus der Oper Die Frau ohne Schatten, den Rittmeister Waldner aus Arabella, den Baron Ochs auf Lerchenau aus dem Rosenkavalier, den Jochanaan aus Salomé. Blutrünstig, letztere Oper, und Jochanaan verliert im Lauf der Handlung den Kopf, wie man weiß. Aber ich verliere mich in Erinnerungen, wie das so ist bei alten Menschen und alten Katern. Methusalem sollte ich heißen, denn wenn ich mich im Spiegel betrachte, was immer seltener geschieht, erschrecke ich über den Anblick meines struppigen Fells, einst prachtvoll und seidig glänzend. Dahin die Jugendblüte, dahin schon lange meine besten Jahre. Sic transit gloria mundi.

Nachdenklich bin ich geworden, was an der schwermütigen Musik von Gustav Mahler und Richard Strauß liegen mag, mit der ich ein Leben lang berieselt wurde. Auch mein liebes Herrchen, Peter Vandenburg, ist mit den Jahren melancholisch geworden, und nun, da seine Karriere zu Ende ist, nun, da er im reiferen Alter seine Stimme fast verloren hat, verbringt er seine Tage damit, den Schallplatten und CDs zu lauschen, die seinen göttlichen Bariton der Nachwelt erhalten haben. Peter hat damit begonnen, seine Memoiren zu schreiben, und seitdem ist er heiterer, ausgeglichener, hoffnungsfroher.

Ich vergnügte mich, wie bereits erwähnt, am Fenster zum Hof und hielt Ausschau.

Ausschau wonach? Ein vages Gefühl sagte mir, es würde bald etwas Ungewöhnliches passieren, ein Ereignis der besonderen Art würde mich aus der Eintönigkeit meines Daseins als alternder, nutzloser Kater eines von der Welt vergessenen Künstlers reißen.

Und ich irrte mich nicht. Ich wartete und wartete, hielt Ausschau nach etwas Undefinierbarem, und ich wurde nicht enttäuscht.

Im Haus gegenüber, einem Mietshaus, wohnen mehrere Parteien, wie man so sagt, meist einzelne Personen: drei Studenten, zwei ältere Damen, aber auch ein Ehepaar und eine Familie mit einem kleinen Kind.

In meinen gesünderen Tagen, als ich noch nächtens auf Brautschau ging und auf den Dächern und Balkonen herumschlich, in der Hoffnung, eine attraktive Katzendame zu verführen, kam ich gelegentlich in Konflikt mit den Bewohnern des Nachbarhauses. Nicht mit den Studenten, nicht mit den alten Damen, die mir immer ein Schälchen mit etwas Besonderem hinstellten, nicht mit der kleinen Familie. Das Ehepaar war es, das man als Katzenhasser bezeichnen konnte. Besonders der Mann war, wie es schien, von einer ausgesprochen ausgeprägten Katzenphobie besessen. Er lauerte mir auf und versuchte, mich zu erschrecken. Einmal warf er mit einem Küchenmesser nach mir. Er war gerade beim Kartoffelschälen, als ich auf dem Gesims vor seinem Balkon balancierte, harmlos und nach Katzenart niemand schadend.

Ein dicker, stiernackiger Mensch war er, seine Frau das pure Gegenteil, ein zierliches Persönchen, schlank wie eine Elfe, hübsch zum Verlieben. Dennoch schien auch sie mich nicht zu mögen, denn sie klatschte laut in die Hände, um mich zu verscheuchen, wenn immer ich in der Nähe auftauchte. Dabei schaute sie böse drein. Das Problem, mit diesem Ehepaar in Konflikte zu geraten, erledigte sich von selbst, je älter, behäbiger und gebrechlicher ich wurde. Nun beäugte ich meine beiden Feinde durch mein Opernglas, und schon seit längerer Zeit hegte ich einen Verdacht, der durch meine genauen Beobachtungen nach und nach unterstützt wurde: Sie hatte einen Liebhaber.

Einmal hatte ich durchs Opernglas beobachtet, wie im schwach erleuchteten Wohnzimmer des Ehepaars ein Mann und eine Frau sich umarmten. Die Frau war sehr schlank, der Mann ebenfalls. Der Mann war nie und nimmer der stiernackige Gatte. Dieser war wohl auf Geschäftsreise, da ich ihn mehrere Tage nicht gesehen hatte. Er war, soviel hatte ich herausbekommen, für eine größere Firma als Vertreter tätig und deshalb häufig unterwegs. Die Frau war immer zuhause. Ganz das treusorgende Weibchen, das sehnsüchtig auf die Heimkehr des ebenfalls treusorgenden Gatten wartet. Doch diese Mär bekam nach und nach Risse. Bald nach der amourösen Begegnung im Wohnzimmer gab es den Abschied vor der Haustür, die Schlanke umschlang den Mann, der ganz entschieden nicht der Gatte war, auf der von einer Funzel nur schwach beschienenen Treppe. Eine gewagte Begegnung, aber offenbar trotzte diese leidenschaftliche Affäre allen Gefahren und Risiken. Liebe macht blind, wie auch ich in meinem bewegten Leben des Öfteren hatte feststellen können. Warum sollte es bei den Menschen anders sein?

Nicht lange nach dem zärtlichen Abschied kam der Gatte zurück. Das war knapp gewesen. Mein Herrchen schrieb die ganze Zeit über an seinen Memoiren zu den Klängen von Die Frau ohne Schatten.

Doch nun möchte ich Ihnen von jenem ominösen Abend erzählen, an dem sich Ungeheuerliches zutrug. Gegen halb elf Uhr abends, das Opernglas an meine trotz meines hohen Alters noch fabelhaft funktionierenden Augen gepresst, sah ich in der Küche das Ehepaar wild gestikulieren und streiten. Das Küchenfenster war geschlossen, und dennoch hörte ich Schreie, Männergebrüll und Frauengekeife. Beschimpfungen und wüste Worte musste ich mitanhören, die zu wiederholen mir meine gute Kinderstube verbietet.

Ich sah, wie die Riesenpranken des Mannes den zarten Hals der Frau umspannten, dann erlosch plötzlich das Licht. Nach einiger Zeit, es kam mir jedoch wie eine Ewigkeit vor, ging das Licht im Badezimmer an. Die mit Milchglas versehenen Scheiben des Fensters spiegelten eine seltsam verwaschene Silhouette wider. Mir schien, eine große Gestalt trüge eine kleine, sehr zierliche auf den Schultern in Richtung Badewanne. Bei offenem Fenster hatte ich einmal, als ich noch gut zu Pfoten war, einen Blick erhascht und kannte daher die Einrichtung des Badezimmers genauestens.

Das Licht erlosch nun auch hier, keine verwaschene Silhouette mehr, doch bald darauf erschien mir der Raum wieder sehr schwach erleuchtet, wie mit einer Taschenlampe oder einer Kerze. Ich hielt den Atem an.

Unverkennbar zeichneten sich die Umrisse eines großen Messers am Milchglas des Badezimmerfensters ab. Eines riesengroßen Messers, das mit, wie mir schien, großer Hektik betätigt wurde.

Dann wieder Dunkelheit. Ich wartete lange, doch Katzen sind geduldig. Meine Geduld wurde belohnt. Nach etwa zwei Stunden, oder waren es deren mehr, es war weit nach Mitternacht, bewegte sich ein Schatten vor der Haustür. Der Nachbar, beleuchtet von der Straßenlaterne, schleppte zwei schwere Koffer, beide großkariert, in Richtung Garage. Der Wagen wurde gestartet. Auto und Fahrer verschwanden in der Nacht. Mein Herrchen war eingenickt über dem Schreiben seiner Memoiren, untermalt von den Klängen der Oper Salomé. Er lächelte im Schlaf, das Schreiben hatte ihn offenbar glücklich gemacht und ihm sanfte Träume von vergangenen, ruhmvollen Tagen beschert. Nun fuhr er hoch und begab sich tastend zu Bett.

Ich harrte an meinem Fensterplatz aus und wartete, wartete, indem ich gegen den Schlaf ankämpfte. Ich war gerade am Einnicken, als das Auto vorfuhr.

Der Mann stieg aus. Seine Hände waren leer. Fast federnden Schritts ging er zum Eingang, schloss die Haustür auf, sah sich nach allen Seiten um, bevor er im Haus verschwand. Oben im Nachbarhaus, in der Wohnung des Ehepaars, ging das Licht an, der Mann durchquerte die Wohnung bis zum Bad. Trübes Licht durchs Milchglas ließ eine Gestalt erkennen, die sich mit Putzeimer und Lappen zu schaffen machte. Lange, sehr lange …

Das Licht erlosch, der Tag begann zu dämmern. Ich schlich zu meinem Katzenkörbchen und schlief, bis mich die besorgten Rufe meines Herrchens weckten. Peter Vandenburg brachte mir eine große Portion meines Lieblingsessens, aber ich hatte keinen rechten Appetit. Doch ich zwang mich, um keinen Verdacht zu erregen, futterte alles brav auf und begab mich an meinen Fensterplatz.

Ich wartete wieder. Wartete auf die Frau, die jeden Morgen von zehn bis halb zwölf Einkäufe machte und in letzter Zeit länger weggeblieben war, offenbar, um sich mit ihrem Liebhaber in der Stadt zu treffen. Es war zehn vor zehn, aber sie erschien weder um zehn Uhr noch danach. Sie erschien den ganzen Morgen nicht. Ob sie unpässlich war nach dem hässlichen Streit mit dem Stiernackigen? Ich ahnte, dass ihre Unpässlichkeit von ganz besonderer Art war.

Den ganzen Tag verbrachte ich am Fenster, von kleinen notwendigen Gängen zum Katzenklo abgesehen. Ich fühlte weder Hunger noch Durst. Die Frau ließ sich nicht blicken, nicht am Fenster, nicht auf dem Balkon, nicht vorm Haus, nirgends. Abends, in der erleuchteten Wohnung, bewegte sich nur der Ehemann.

Am nächsten Morgen erschrak ich, als beim Zeitunglesen meinem Herrchen ein Entsetzensschrei entfuhr. Ab und zu, wie das bei einsamen Menschen so ist, redete mein Herrchen laut vor sich hin: »Grauenvoll. Grauenvoll. Der Fund von zwei großen karierten Koffern mit weiblichen Leichenteilen. Noch unidentifiziert. Unter der Brücke an der Kirche St. Bartholomäus. Entsetzlich.«

Meine Ohren waren noch nie im Leben so gespitzt gewesen. Die Brücke an St. Bartholomäus. Das war zwar nicht gerade um die Ecke, aber erreichbar. Ich kannte den Platz an der Brücke. Früher, in meinen besten Jahren, war ich dort unten öfter auf Brautschau gewesen, denn das Viertel war für seine eleganten, seine begehrenswerten Katzenmädchen bekannt. Zudem gab es kein lauschigeres Plätzchen für gewisse Stunden in der ganzen Stadt.

Ich hatte einen Plan. Ich würde versuchen, über meinen Schatten zu springen und meiner Behäbigkeit zu trotzen, hinunter zur Brücke gehen und … ich wusste nicht, was ich mir von dieser kühnen Tat erhoffte. Irgendetwas in mir raunte mir zu: »A cat must do what a cat has to do.«

Die Gelegenheit, meinen Plan auszuführen, ließ nicht lange auf sich warten.

Als mein Herrchen den Müll hinunter zum Hof trug, schlüpfte ich unbemerkt an ihm vorbei. Von der Schallplatte ertönten die Lieder eines fahrenden Gesellen.

Ich war erstaunt, wie flink ich trotz meiner behäbigen Lebensweise immer noch war.

Es war dämmrig, ich durchstreifte das Gebiet, das von der Polizei markiert war. Die Absperrung zu umschleichen war für mich gelenkigen alten Kater ein Kinderspiel. Die Abdrücke dort drüben im Schlamm, das musste der Fundort der beiden Koffer sein. Ich schnüffelte. Ich roch Menschenblut. Unverkennbar. Und ich suchte, ohne genau zu wissen, was genau ich eigentlich suchte. Eine Stunde war vergangen, auf St. Bartholomäus schlug es bereits neun Uhr. Nichts hatte ich gefunden.

Ich wollte mich etwas frustriert schon auf den Heimweg machen, als mein Blick zum rechten Brückenpfeiler ging. Ein Auto mit grellem Scheinwerferlicht fuhr gerade über die Brücke, und da sah ich es: An einem spitzen Stab, der auf halber Höhe aus dem Brückenpfeiler ragte, hing ein Stück Stoff, und ich erkannte sofort, woher der Stoff stammte. Das war das Pepitamuster des Anzugs, den der Nachbar so oft trug. Er hatte auch in jener Nacht diesen Pepitaanzug getragen. Bei seiner nächtlichen Arbeit, ohne es zu merken, musste er an der Eisenspitze hängengeblieben sein. Am Stofffetzen war ein Knopf befestigt. Und der Stofffetzen war schmutzig. Eingetrocknetes Blut, stellte ich fest.

Ich nahm vorsichtig das Indiz in mein Maul und schlich zurück nach Hause. Peter Vandenburg stand an der Haustür, rief verzweifelt meinen Namen. Der Arme.

Zum Glück war er sehr kurzsichtig, und so konnte ich unbemerkt hinter ihm in den Hauseingang schlüpfen. Nach einiger Zeit kam er die Treppe heraufgeschlurft. Als er mich in meinem Katzenkörbchen liegen sah, rief er erleichtert: »Da bist du ja, Gustav. Ach, meine Augen werden immer schwächer. Ich dachte, du seist weg.«

Ich gab ein beruhigendes Miau von mir, um den lieben Menschen zu trösten, er streichelte mir das Fell, mein Schnurren war ihm Belohnung und Freude zugleich.

Das blutige Beweisstück hatte ich bereits an einem sicheren Ort versteckt, ganz oben auf dem Schrank, unerreichbar für mein altersschwaches Herrchen.

Ich musste zwei Tage lang warten, bis geschah, was geschehen musste. Gegen Mittag klingelte es an der Haustür.

Zwei jüngere Männer, einer in Zivil und einer in Polizeiuniform, befragten die Nachbarn, ob sie am Abend des 24. Mai etwas Verdächtiges im gegenüberliegenden Haus beobachtet hätten. Der 24. Mai, das war der Abend des Streits gewesen. Frau Kirchlechner von gegenüber sei verschwunden, es seien zwei Koffer mit Leichenteilen gefunden worden, man nehme an, es handele sich um die sterblichen Überreste der Frau.

Kirchlechner also hießen sie.

»Entsetzlich, grauenvoll«, rief mein Herrchen wie schon bei der Zeitungslektüre vor einigen Tagen. Er sagte aus, er habe nichts gesehen und gehört an jenem Abend, in jener Nacht. Er habe die ganze Zeit über an seinen Memoiren geschrieben, diese Arbeit verlange seine ganze Konzentration, da versinke er in der Vergangenheit und nähme die Gegenwart nicht wahr. Als Peter Vandenburg habe man der Nachwelt so einiges mitzuteilen. Mein Herrchen war sichtlich enttäuscht, dass der Name Peter Vandenburg bei den beiden Männern nichts auslöste, keinen Ausruf: Ach, Sie sind der weltberühmte Bariton? Nichts. Mich beachteten die Männer gar nicht, doch mit einem Satz sprang ich aus dem Körbchen, so behände, wie es meine von Arthrose geplagten Gelenke zuließen.

Ich wusste: jetzt oder nie.

Ich sprang auf den Schrank, packte den blutgetränkten Stofffetzen mit den Zähnen, legte das Indiz vor den Füßen der Polizisten ab. Erstaunt bückte sich der Polizist in Uniform, schaute verdutzt in die Runde.

»Gustav«, fragte mein Herrchen. »Gustav, du bist also doch ausgebüchst vor ein paar Tagen?«

Und er berichtete, dass er mich vermisst hatte, dass ich wohl heimlich weggeschlichen war. Er schaute mich an, als solle ich seine Aussage bestätigen. Mein kräftiges Miau musste die Männer überzeugt haben.

»Guck mal, das eingetrocknete Blut. Das Stoffstück sieht aus, als passe es genau zu dem Pepitaanzug, den der Kirchlechner im Schrank hängen hatte.«

»Ja, wie er erschrocken ist, als wir ihn gefragt haben, wo er sich den Anzug zerrissen hat. Er hat was von einem Hund gefaselt, der ihn angegriffen hat. Das kam mir gleich fadenscheinig vor.«

Der Polizist in Uniform steckte das Beweisstück vorsichtig in eine mitgebrachte Plastiktüte.

Der Mann in Zivil ging zum Fenster und schaute auf das Mordhaus, so möchte ich es nun nennen. »Oh, ein Opernglas«, sagte er und nahm es hoch.

»Ja, es gehört Gustav. Ein Souvenir aus früheren, glücklicheren Zeiten, als er mich auf meine Tourneen rund um die Welt begleitet hat. Er saß immer auf dem Logenplatz und verfolgte alle meine Aufführungen.«

Verklärt sah Peter Vandenburg vor sich hin und bemerkte nicht die Blicke, die sich die Polizisten zuwarfen. Der Uniformierte tippte sich leicht an die Stirn und grinste dabei.

»Sie haben uns wahrscheinlich sehr geholfen«, sagte der Mann in Zivil. »Wir werden das Stoffstück im Labor untersuchen lassen.«

Von mir war nicht die Rede.

Wie undankbar und unhöflich Menschen doch sein können, dachte ich und schlich gekränkt in mein Körbchen.

Doch ich tat den beiden Polizisten Unrecht. Schon am nächsten Tag erschienen sie mit einem Präsentkorb voller erlesenster Katzendelikatessen: Fleischragout vom Feinsten in allen Variationen.

Nichts davon würde ich anrühren, ich wusste es. Das Gesche­hen der letzten Tage hatte mich zum Vegetarier werden lassen. Das Riesenmesser, mit dem der Nachbar im Badezimmer hantierte. Der Inhalt der beiden Koffer. Sie verstehen, was ich meine?

Doch es war lieb gemeint, eine reizende Geste, dieser Präsentkorb, und letztlich zählt der Gedanke. Die Polizisten verabschiedeten sich, und beim Hinausgehen schaute der Mann in Zivil zum Fenster hinüber, wo mein Opernglas lag.

Mit einem prüfenden Blick in meine Richtung verließ er kopfschüttelnd die Wohnung.

Ilsebill

Bevor man etwas brennend begehrt, sollte man das Glück dessen prüfen, der es bereits besitzt.

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