Das gläserne Glück - Lilo Beil - E-Book

Das gläserne Glück E-Book

Lilo Beil

4,8

Beschreibung

Ein strahlender Herbsttag 1996: Friedrich Gontard, Kripochef im Ruhestand, und seine Frau Anna erkunden Wissembourg im nördlichen Elsass. Im alteingesessenen Café Rebert trifft Gontard seinen ehemaligen Klassenkameraden Georg Fuhrmann. Dieser freudige Zufall gibt Anlass zum Austausch: über ihre Leben, über Lalique-Glaskunst und über ihre gemeinsame Schulzeit im Dritten Reich. Als Gontard bald darauf der Einladung des Freundes in dessen Haus im Wasgau folgt, findet er den Gastgeber ermordet vor. Zwei weitere Schulfreunde, die den Holocaust und die "Hölle von Gurs“ überlebt haben, werden als Zeugen in den Mordfall hineingezogen. Ein Raubmord? Rache? Oder die Schatten der Vergangenheit? Einer der schwersten Fälle für den pensionierten Friedrich Gontard. Das sechste kriminalistische Zeitgemälde um Friedrich Gontard führt den Leser ins Elsass, in die Südpfalz, den vorderen Odenwald und an die Bergstraße, aber auch nach Südfrankreich …

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Inhaltsverzeichnis
Cover
Lilo Beil - Das gläserne Glück
Widmung
Motto
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Danksagung
Literatur
Die Autorin
Impressum
Lesetipps

Meinem lieben Verleger Roland Buhles gewidmet. In dankbarer Erinnerung.

H. Peter Paisley (vormals Herbert Peiser, geb. 1921) gewidmet, der die Hölle von Gurs überlebt hat.

Das Gedicht vom glesîne gelücke, vom gläsernen Glück:

Swenn es uns under ougen spilt und schînet aller Beste.

Sô brichet ez vil lihte in kleiniu stücke.

Gottfried von Straßburg, um 1200

»Wenn es uns vor den Augen wunderbar erglänzt,

so bricht es leicht in kleine Stücke.«

1. Kapitel

Wissembourg

Wissembourg, Weißenburg, wie die Südpfälzer das Städtchen im benachbarten Elsass unbeirrt nannten. Friedrich Gontard wunderte sich jedes Mal aufs Neue, wie der unvergleichliche Zauber dieses Ortes zu erklären war und weshalb es ihn und Anna immer wieder ins nördliche Elsass und speziell in diese Kleinstadt zog. Sie hatten soeben die Grenze passiert, ohne einen Ausweis vorzeigen zu müssen. Eine Grenze, die nun keine mehr war. Die Zollhäuschen hinterm Weintor in Schweigen, stumme Zeugen der Jahre vor dem Schengener Abkommen, standen verwaist. Die Metallrollos waren herabgelassen, die Baracken wirkten verwahrlost, vielleicht würde alles bald abgerissen werden.

Gontard schaute zu Anna hinüber, die auf dem Beifahrersitz neben ihm ebenso wie er in Vorfreude auf einen unbeschwerten Ausflugstag die malerische mittelalterliche Silhouette des Städtchens in sich aufnahm.

Er fuhr an der alten Wehrmauer mit dem Pulverturm vorbei und parkte seinen VW-Bus auf dem riesigen Place de la Foire, wo es immer eine freie Stellfläche gab, noch dazu gratis.

Und heute, an diesem 3. Oktober 1996, dem Tag der Deutschen Einheit, wurde das Städtchen von Bundesbürgern, die den Feiertag für einen Ausflug nutzten, geradezu überschwemmt. Man sah neben den einheimischen Autos mit der Zahl 67 viele Kennzeichen aus dem Saarland, aus Baden-Württemberg, aus der Pfalz und dem Hessischen.

Eine goldene Herbstsonne hüllte die Fachwerkhäuser mit ihren schiefen Dächern und uralten Ziegeln in ein warmes, leicht milchiges Licht.

Anna und Friedrich Gontard schlenderten Hand in Hand in Richtung Rue de l’Etang du Cygne und bogen in die Rue Nationale ein. Von hier aus bot sich ihnen von Weitem schon der Blick auf die Häuserzeilen mit dem imposanten Rathaus aus dunkelrotem Stein auf der rechten Seite, und ganz in der Ferne waren die Umrisse der Eglise Saints-Pierre-et-Paul wahrzunehmen, der gotischen Abteikirche, der nach dem Straßburger Münster zweitgrößten Kirche im Elsass.

Anna blieb stehen und sagte: »Warte mal einen Moment. Ich lauf nur schnell zu La Tour Blanche. Ich soll ein Buch für Lilli mitbringen. Sie hat mir den Titel aufgeschrieben, eine Herbst-Neuerscheinung.«

Nach fünf Minuten kam sie freudestrahlend aus dem Laden und überreichte ihrem Mann ein Päckchen.

»So, sie hatten es schon. Und für dich hab ich ganz spontan auch was gekauft. André Weckmann. Den magst du doch. Auf Französisch, damit du deine Sprachkenntnisse wieder ein bisschen aufpolieren kannst.«

»Oh, prima, danke. Ja, klar mag ich André Weckmanns Bücher. Und dieses hier kenne ich nicht. La Roue du Paon: Das Rad des Pfaus. Weckmann ist übrigens im gleichen Jahr geboren wie ich, 1924. Und er war ein Malgré-nous wie ich.«

Anna verstand nicht. »Ein Malgré-nous? Was ist das?«

»So nannten sich die jungen Elsässer und Lothringer, welche die Nazis gegen ihren Willen nach 1940 in deutsche Wehrmachtsuniformen gesteckt haben. Kanonenfutter für die Ostfront zumeist.«

»Na ja, aber du warst doch kein Elsässer?«

»Aber gegen meinen Willen haben sie mich auch in eine Uniform gesteckt. Das haben André Weckmann und ich gemeinsam. Und vielleicht noch dies und das.«

»Ach, Friedrich. Schon wieder das alte Thema. Komm, lass uns den Tag genießen. Carpe diem.«

Sie hakte sich unter und lachte.

»Manchmal bist du ein alter Brummbär.«

»Hast Recht, mit der Betonung auf ›alt‹.«

Vor den Auslagen der kleinen Boutique an der Ecke zur Rue des Juifs blieb sie stehen, deutete auf einen schicken Blazer in ihrer Lieblingsfarbe Taupe mit kleinen eleganten perlmuttfarbenen Pailletten am Kragen.

»Den probier ich mal an.«

Sie drückte ihrem Mann die Tüte mit den Büchern in die Hand. »Willst du warten oder mitkommen?«

Und schon war sie in der Boutique verschwunden, ohne eine Antwort abzuwarten.

Typisch Anna, dachte Gontard und trug es mit Gelassenheit.

Schon nach wenigen Minuten kam sie zurück.

»Es sollte nicht sein, in 40 gab es den Blazer nicht. Nur in Puppengröße.«

Sie waren am Maison du Sel angekommen, dem alten Salzspeicher mit dem auffallend gewellten Dach. Am Brückchen über der Lauter blieben die beiden kurz stehen und schauten hinüber zur Abteikirche.

»Heute ist vielleicht der letzte Tag, an dem ich im Freien skizzieren und zeichnen kann«, sagte Anna. »Komm, lass uns rübergehen zu den Wasserspeiern und Dämonen und zum Kreuzgang.«

Als sie vor der Fassade der Eglise Saints-Pierre-et-Paul standen, zeigte Anna nach oben.

»Guck mal, den habe ich noch nie richtig wahrgenommen. Ein schwebender Mensch unter all den Vogel- und Löwengestalten da oben.«

Der in Stein gehauene nackte Mann, welcher der Schwerkraft zu trotzen schien, ragte aus dem Pfeiler neben dem riesigen Rosettenfenster hervor, ein Bein ausgestreckt, das andere eingeknickt, als wolle er sich im Gemäuer festkrallen. Mit beiden Händen hielt er sich die Ohren zu, sein Mund war weit geöffnet. Schrie er vor Entsetzen? Wollte er die Menschen, die seit Jahrhunderten unter ihm vorbeigingen, ohne von ihm Notiz zu nehmen, warnen? War sein Schrei ein Hilfeschrei?

Gontard fiel ein, was er über die wechselvolle Geschichte des Städtchens Wissembourg und dieser Kirche gelesen hatte: Der steinerne Warner hatte die grausamen Hinrichtungen des Mittelalters erlebt, das Rädern der Juden, denen man Ritualmorde vorgeworfen hatte, später das Lodern der Scheiterhaufen, auf denen zur Zeit des Schwarzen Todes ihre Glaubensbrüder als Sündenböcke für das Ausbrechen der Pest verbrannt worden waren. Die Aufständischen der Bauernkriege, im Mai 1525 erbarmungslos abgeschlachtet von den Soldaten des Herzogs von Lothringen. Im siebzehnten Jahrhundert die fast völlige Verwüstung der Stadt und deren Entvölkerung während des Dreißigjährigen Krieges. Er war steinerner Zeuge des Erbfolgekriegs gewesen und hatte gesehen, wie die mordgierigen Soldaten des Generals Mélac vorbeizogen, um im Auftrag Ludwigs XIV. die links- und rechtsrheinische Pfalz zu brandschatzen und die Bevölkerung grausam niederzumetzeln. Dann folgte Ende des achtzehnten Jahrhunderts der blinde Vandalismus der Fanatiker der Französischen Revolution. Der Krieg von 1870/71 und danach die fast ein halbes Jahrhundert andauernde preußische Herrschaft. Im zwanzigsten Jahrhundert die beiden Weltkriege und die erneute Verfolgung der jüdischen Bürger von Wissembourg, ihre Deportation 1940 gemeinsam mit den Juden von Elsass-Lothringen, des Saarlandes, der Pfalz und Badens nach Gurs in Südfrankreich und dann nach Au­schwitz. Der steinerne nackte Mann da oben schrie, doch er schrie vergeblich. Er hatte all die Jahrhunderte vergeblich geschrien. Egal, ob als Warner oder als Hilfesuchender. Er hielt sich die Ohren zu, um das Schreien der unschuldigen Opfer oder das eigene vergebliche Schreien nicht hören zu müssen.

Gontard behielt all diese Gedanken für sich, denn er wollte den heiteren Tag nicht verdüstern. Anna hätte ihm den Kopf zurechtgerückt und sich halb mitleidig, halb belustigt über ihn mokiert. Mein altes Sensibelchen, hätte sie vielleicht gesagt. Der Mann da oben ist schlicht und ergreifend ein Wasserspeier. Den Mund hat er so weit geöffnet, damit er das Regenwasser in einem hohen Strahl ausspucken kann. Lass deine Weltschmerzgedanken.

Anna hatte Recht. Sie sollten diesen schönen Herbsttag genießen, bevor es Winter wurde.

»Gehen wir zuerst rein in die Kirche? Das Wetter sieht stabil aus. Draußen kann ich später noch kurz skizzieren.«

Orgeltöne empfingen die beiden Besucher.

Das ist das Magnificat von Claudio Monteverdi, dachte Friedrich Gontard. Wie schön. In dem Moment griff der Organist arg daneben, und Anna und Friedrich mussten lachen.

Wie in allen Kirchen roch es auch hier muffig, vermischt mit einem zarten Duft nach Weihrauch. Vor dem monumentalen, elf Meter hohen Christophorus-Fresko blieb Anna stehen und zündete drei Teelichter an, stellte sie zu den vielen anderen auf die Metallhalterung, warf drei Mark in den Opferstock. »Für dich, Lilli und mich. Ach, und für meine Mutter, sie kann es gut gebrauchen«, flüsterte sie ihrem Mann zu, entzündete eine weitere Kerze und warf noch ein weiteres Markstück in den Schlitz. »Ein bisschen braucht man das Spirituelle ja doch, oder?«

Sie schlenderten nach links zum Hauptschiff. »Da gibt es was für dich zum Zeichnen, guck mal«, sagte Friedrich Gontard leise. »Mir ist, als sähe ich Einiges heute zum ersten Mal. Die Figuren da, welche die beiden Säulen links und rechts tragen. Der Architekt? Die Handwerker?«

»Und dort drüben an der Säule ganz oben, guck mal, die Fratzen«, flüsterte Anna.

Sie ließen sich in der ersten Reihe der Kirchenbänke nieder.

»Hier bleib ich, hier fang ich an mit dem Zeichnen«, sagte Anna und holte aus ihrer geräumigen Umhängetasche Skizzenblock und Zeichengeräte. »Die Fratzen reizen mich.«

Es waren sieben Köpfe, jeder anders gestaltet, und der Kopf in der Mitte trug eine Narrenkappe und hatte den Mund weit geöffnet. Aber dieser hier war kein vor Entsetzen geöffneter Mund wie der des steinernen Nackten an der Außenfassade, sondern ein zu einem grotesken Lachen nach oben gezogener Mund – unheimlich auch er.

Der Kopf daneben streckte den beiden Betrachtern die Zunge heraus, obszön und ordinär. Die anderen Köpfe schienen entspannt und gelassen zu lächeln. Oder war es das alberne Lächeln der Dummen, die sich mit dem billigen Glück zufrieden geben?

Friedrich Gontard liebte es, Anna beim Zeichnen zuzusehen. Wenn sie zeichnete und malte, schien sie ganz und gar bei sich selbst zu sein, alles um sich vergessen zu haben.

Doch der Schein trog.

»Langweilst du dich nicht, mir zuzugucken, wenn ich zeichne?«

»Es irritiert dich, stimmt’s?«

»Erraten. Mir wäre es lieber, du würdest schon mal ins Café Rebert vorausgehen.«

»Einen Milchkaffee trinken, ein Zigarillo rauchen, ein Törtchen essen, eine französische Zeitung lesen. Gute Idee. Das mach ich.«

Er erhob sich etwas schwerfällig von der niedrigen Kirchenbank, rieb sich ein wenig den Rücken.

»Bis nachher«, sagte Anna, ohne von ihrem Skizzenblock aufzublicken.

Gontard legte kurz seine Hand auf ihre Schulter, sah zu ihr hinunter auf den Zeichenblock. Das dritte Fratzengesicht von rechts streckte ihm breit die Zunge heraus.

»Gut wird das«, sagte er und ging ganz leise zum Ausgangsportal.

Monteverdi wurde nun von Bach abgelöst, der dem Organisten eher zu liegen schien als der italienische Komponist.

Als Gontard sich umblickte, schien durch die gotischen hohen Glasfenster am Hauptaltar die Oktobersonne und tauchte die Szenerie für einen Moment lang in ein fast überirdisches, scharlachrotes Licht.

So, eine Zeitung brauche ich nun, das gehört dazu, wenn ich schon mal in Frankreich bin, dachte Friedrich Gontard und ging in die nächste Bar-Tabac. DNA, Dernières Nouvellesd’Alsace, prangte es ihm in großen weißen Lettern, rot unterlegt, entgegen.

Und eine Riesenüberschrift mit dem Foto einer verwüsteten Wohnung gleich auf der ersten Seite: Trio Infernal: Antiquaire trouvé mort à Seebach.

Während Gontard sich am Zeitungsständer zu schaffen machte und überlegte, ob er sich noch ein Paris Match kaufen sollte, jenes Magazin, von dem ein französischer Bekannter behauptete, das sei ein Käseblatt und nur gut für das Einpacken von Fischen auf dem Markt, kam ein Kunde herein. Der Schreibwarenhändler und der Mann, beide um die sechzig und wohl Einheimische, unterhielten sich auf Elsässerditsch und wechselten ständig von ihrem alemannischen Patois ins Französische.

»Charles, salut, wie geht der’s?«, fragte der Händler den Kunden.

»Ca va, mon vieux. ’s geht so.«

»Hosch du g’hört vun dem antiquaire, dem in Seebach?«

»Bien sûr, drei Männer sollen’s si, la police les cherche partout.«

Gontard erinnerte sich, an der Gendarmerie nahe dem Parkplatz mehrere Polizeiwagen gesehen zu haben. Er hatte sich noch gewundert. Wissembourg war ihm nicht als besonders kriminelles Pflaster bekannt.

Die beiden Männer ergingen sich nun in grausamen Einzelheiten des Mordes an dem Seebacher Antiquitätenhändler. Er sei garottiert worden, mit einer Drahtschlinge erwürgt.

»D’r halbe Kopf … tu comprends, Charles? Ab. Et du sang partout. Iwwerall Blut.«

Der Händler begleitete seine Schilderung durch entsprechendes Gestikulieren und Charles traten fast die Augen aus dem Kopf, so stark fühlte er den Hergang der grausigen Tat mit.

Vor Friedrich Gontards geistigem Auge stiegen Bilder von Francisco Goya auf. Auf vielen Darstellungen des spanischen Malers waren Opfer jener besonders grausamen Hinrichtungsart zu sehen, des Garottierens. Die Opfer, Frauen wie Männer, wurden mit einer an einem Drahteisen befestigten Metallschlinge erdrosselt.

Die drei von der Polizei gesuchten mutmaßlichen Mörder waren in einem Wagen mit deutschem Kennzeichen geflüchtet. Sie hatten wohl nicht ganz das gefunden, was sie gesucht hatten und waren dann ausgerastet, hatten aus Wut und Frust alles verwüstet. Oder vielleicht war doch Bargeld gefunden worden und pure Zerstörungswut war im Spiel gewesen?

Der Händler und Charles ereiferten sich nun darüber, dass die Grenzöffnung vielleicht doch nicht ganz das Wahre gewesen sei. Schengen hin, Schengen her. Da kam doch allerhand Gesindel ins Land.

Friedrich Gontard, der sich zurückgehalten hatte, sagte: »Da ist was Wahres dran, meine Herren.«

»Mir mäne nit Sie, Monsieur«, beeilte sich der Händler zu sagen.

Gontard lachte: »Sicher nicht. Ich nehme die Dernières Nouvelles und den Paris Match.«

Der Fall interessierte ihn, und er wollte alles selbst nachlesen. Er lüftete sein Inkognito nicht, gab sich nicht als ehemaliger Chef der Ludwigshafener Kriminalpolizei zu erkennen. Wen interessierte das auch? Das war in seinem ersten Leben gewesen, wie er es nannte.

Er sehnte sich nach seinem café crème, seinem Zigarillo und dem Zeitunglesen.

Friedrich Gontard kaufte noch eine Vogue für Lilli, sie würde sich darüber freuen, seine frankophile Tochter, die seit diesem Frühjahr ein Studienjahr an der Sorbonne absolvierte, bevor es zum Abschlussexamen ging. Auf dem Cover der Zeitschrift war eine fast zu dünne sommersprossige Rothaarige: Kate Moss. Ein neues Gesicht in der Modewelt. Sie sah ein wenig aus wie Lilli, die jedoch nicht hungern musste, um schlank zu sein.

Eine stämmige kleine Dame um die siebzig betrat den Laden, einen Mops an der Leine. Er kläffte laut und wollte nicht mehr aufhören.

»Arrête, Chopin. Uffhöre. Bisch ruhig!«

Chopin. Mit Betonung auf der ersten Silbe. Friedrich Gontard zerriss es innerlich vor Lachen.

»Messieurs-dames«, empfahl er sich und verließ das Tabac, seine drei Zeitungen unter dem Arm.

Draußen fuhr gerade im Schritttempo ein Polizeiauto vorbei und bog wie Gontard in die Rue de la République ein.

Auf der Höhe des Petite Venise, dem malerischen Winkel an der Lauter, von den Einheimischen auch Schlupf genannt, machte das Polizeiauto kehrt und fuhr zurück in Richtung Hôtel de Ville. Ob sie den Bürgermeister und seinen Gemeinderat festnehmen wollten?

Ich bin pensioniert, was geht mich dieser Mordfall an, dachte Friedrich Gontard und betrat das Café Rebert. Was hatte Anna gesagt? Carpe diem. Freu dich des Augenblicks, du alter Brummbär. Recht hatte sie.

2. Kapitel

Eine unverhoffte Begegnung

Gontard war am Café Rebert angekommen und öffnete beschwingt die Tür, die mit ihrem alten Messinggriff das nostalgische Ambiente des gesamten Etablissements ankündigte. Schon der Blick auf die Theke mit den fantasievoll dekorierten Törtchen, den Baisers, den pastellfarbenen, gefüllten Macarons und den elsässischen Guglhupfen ließ sein Herz höher schlagen.

Sein Gewissen meldete sich unverzüglich, denn heute Morgen hatte ein flüchtiger Blick in den Spiegel ihm gesagt, dass es für seine Silhouette besser wäre, vorläufig auf Süßes zu verzichten. Aber ein einziges Törtchen würde er sich wohl leisten können, dachte er. Sie waren ja miniklein, diese verführerischen Gebilde. Er suchte sich ein viereckiges Schokoladentörtchen aus, das oben mit einem verziert war. Dann nahm er den Zettel entgegen, den er der Bedienung am Tisch geben würde.

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