mutus wah wah slam - andreas meier - E-Book

mutus wah wah slam E-Book

Andreas Meier

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Beschreibung

als nerd und hacker ist mutus ein crack für deep-learning-algorithmen. er knackt nicht nur das luxemburgerli-rezept von chocolatier sprüngli in zürich, sondern generiert in seiner freizeit maschinen-, symbol- und primzahlgedichte. außerdem verfügt er über eine ganz besondere eigenschaft – er spricht lautlos. was er zu sagen hat, tippt er in seinen computer. sein talent wird allerdings auf die probe gestellt, als er den software-chef attila von webscan trifft. webscan scheint illegale geschäfte zu tätigen und mutus gerät in immer größere gefahr …

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Seitenzahl: 112

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99131-544-5

ISBN e-book: 978-3-99131-545-2

Lektorat: Lucas Drebenstedt

Umschlagfoto: Yufa12379, Breakermaximus | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

widmung

für sophia, rico und diego

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‘ein hacker bist du und sprichst kein wort?’, fragt mich attila. attila, software-chef von webscan, einer internet-firma, die großbanken, versicherungen und chocolatiers mit web-analysen versorgt.

‘gimme a chance’, schreibe ich auf meinen laptop. halte ihm den screen hin, damit er meinen text lesen kann. ‘was sind deine spezialitäten, mutus?’, fragt er zurück und ich erwidere mit einer weiteren textzeile: ‘deep learning und soft computing’.

algorithmen haben mich schon immer fasziniert. und zwar solche, die aus den daten was interessantes extrahieren. mustererkennung zum beispiel. du kriegst damit raus, was du bis anhin noch nicht gewusst hast. mit hard coding geht das nicht. ich meine, du benötigst methoden, die nicht nur schwarz und weiß unterscheiden, sondern mit allen grautönen und facetten umgehen.

‘beschreib mir eines deiner projekte’, holt mich attila aus meiner welt zurück. anstelle einer getippten antwort zeige ich ihm meine app findoutfriends, halte ihm den laptop hin. er zögert nicht lange und startet die suche mit seinem namen. ‘wow’, meint er und fragt weiter: ‘wie findest du raus, dass deine app meine kollegen und nicht deine herausfiltert und ihre standorte und aktivitäten displayed?’

da attila meinen laptop in den händen hält, kann ich nichts eintippen. ich führe meine rechte hand an meine schläfe, warte einen moment, forme sie kurz zu einem ball und öffne sie explosionsartig zu einem fächer in der luft. meine gestik soll darstellen, dass die ideen aus meinem kopf springen und nur noch programmiert werden müssen.

‘ich schau mir deine unterlagen nochmals an. ist das ok für dich?’ ich nicke. attila gibt mir meinen laptop zurück. wir schütteln einander die hand und beim hinausgehen ruft er: ‘noch eine letzte frage, mutus: warum schweigst du?’ ich drehe mich um, versuche zu schmunzeln und lege den zeigefinger auf meine lippen. dann bin ich draußen vor der tür.

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mutus nimmt einen umweg nach hause. er läuft das seebecken entlang in richtung zürihorn. seine gedanken kreisen um das gespräch mit attila. kriegt er nun eine chance oder kriegt er keine?

zurück an der predigergasse entscheidet er sich, an seinen maschinengedichten weiterzubasteln, um das vorstellungsgespräch aus seinem kopf zu verdrängen. dazu legt er wie so oft das köln-konzert von keith jarret auf, das er auf einer langspielplatte von seinem großvater bekommen hat. samt röhrenverstärker und plattenspieler.

maschinengedichte werden von einer maschine generiert. man braucht dazu nur input und output zu spezifizieren. zudem legt man die algorithmen zurecht, die verwendet werden. als input wählt mutus die beiden worte flipflop und hiphop.

flipflops sind keine zehenstegsandalen, sondern elektronische schaltungen. flipflops sind die grundbausteine sequentieller schaltungen und damit der digitaltechnik. mutus weiß, dass sein röhrenverstärker ähnliche schaltelemente verwendet, obwohl dieser schon in die jahre gekommen und über fünfzig ist.

djs haben in den siebzigern des letzten jahrunderts den hiphop lanciert. sie nahmen den beat aus funk-, soul- oder discomusik und wiederholten diesen, ohne das ganze stück zu spielen. natürlich haben sie auch lieder zum beat eingespielt oder die schallplatten zurückgedreht. oder plattenspieler parallel eingesetzt, mit bremsverzögerungen auf einem der plattenspieler. scratching war damals die höchste kunstform beim hiphop. hier wurden toneskapaden durch rhythmisches hin- und herbewegen der laufenden schallplatten in den raum geworfen.

die maschine spuckt unzählige gedichte raus. nach langem hin und her entscheidet sich mutus für ein poem mit elf zeilen:

flipflop

hiphop

fliphop

flophip

hopflip

flophop

hipflip

hopflop

flopflip

hophip

flipflop

mutus fragt sich, wer der erfinder dieses maschinengedichts ist: er oder die maschine? mutus hat input und output festgelegt und die algorithmen programmiert. die maschine hat unzählige gedichte mit den eingabewörtern flipflop und hiphop generiert. mutus entscheidet sich für einen elfzeiler, bestimmt das layout und druckt ihn auf dem laserprinter aus.

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seit tagen wartet mutus vergebens auf einen anruf von attila. einmal mehr scheint eine festanstellung außer reichweite. zum glück kennt er einige hacker, die ihm aufträge weitergeben, die sie aus zeitgründen oder eher aus misserfolg selber nicht bewältigen. die entschädigung für seine filterarbeit, wie er sie nennt, bleibt jeweils bescheiden. aber immerhin, er kann sich damit über wasser halten. und seine kompetenz mit deep-learning-algorithmen wächst von auftrag zu auftrag.

mutus’ erfolgsquote spricht sich rum. einige hacker möchten ihm algorithmen abkaufen, aber da weicht er aus. solange er in der hackerszene die kniffligsten aufträge bekommt, scheint seine zukunft gesichert. zudem möchte er sein know-how in seine maschinengedichte einfließen lassen und diese verfeinern.

warten ist angesagt. warten auf godot. mir ist nicht klar, ob mutus das theaterstück von samuel beckett kennt. es wurde am 5. januar 1953 im théâtre de babylone in paris uraufgeführt. die beiden landstreicher estragon und wladimir warten vergebens auf eine antwort des ihnen nur vage bekannten godot. mutus wartet ebenfalls auf eine antwort des ihm nur vage bekannten attila.

um dem denken zu entgehen, um die ursachen der katastrophe zu verdrängen, läuft das spiel weiter. an- und ausziehen der schuhe, leibesübungen, suche nach namen, herausschreien von nonsens-slams.

mutus versucht, warten und langeweile zu vertreiben. er programmiert lautgedichte im stil der konkreten poesie. er scannt die klanggedichte von eugen gomringer und lässt sich inspirieren. gomringer, der klangpoet mit avenidas/avenidas y flores/flores/flores y mujeres/avenidas/avenidas y mujeres/avenidas y flores y mujeres/un admirador. nichts für mutus. mutus ist ein nerd, ein computerfreak. sein credo: fehler im system.

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heute gibt’s ’ne abwechslung für mich. hab einige wenige kumpels gegen abend zum gaming eingeladen. klar, koche ich was, wie immer. und bier ist en masse bereits kaltgestellt.

kaufe krebsschwänze, sardellen, randen, mönchsbart, pinienkerne, salzkapern, rote zwiebeln und knoblauch. knoblauchzehen, zwiebeln und olivenöl sind meine wichtigsten ingredienzen beim kochen. dabei steht knoblauch an erster stelle, denn er soll gegen haarausfall, lungenleiden und menstruationsstörungen wirken.

auf den speisezettel setze ich also krebsschwänze mit randensalat als vorspeise und spaghetti con agretti als hauptgang. deshalb kann ich es nicht lassen, noch einen chianti in einer großen bastflasche einzupacken. zum glück weiß ich, wo ich dieses flaschenauslaufmodell samt inhalt kriege. giuseppe, der italiener um die ecke, erklärt mir regelmäßig die zusammensetzung seines chianti: sangiovese 70 %, canaiolo nero 20 % e malvasia 10 % – vitigni a bacca bianca!

meine kleine wohnung im zürcher niederdorf ist vollgestopft mit leeren bastflaschen. ich verwende sie als dekoration. die meisten sind mit staub bedeckt und haben eine patina angelegt.

endlich zu hause. ich schneide die wurzelenden des mönchsbarts ab und wasche das grünzeug. der rest kann warten.

nun lege ich keith jarret auf und reinige meine kleine wohnung. danach lege ich mich kurz hin und schwirre ins nirwana ab.

der dreiklang meiner wohnungsklingel reißt mich aus dem schlaf. anas, tina und steve stehen vor der tür. wir umarmen uns und setzen uns an den runden tisch, alle laptops aufgeklappt. ich hole bier und snacks und dann geht’s los in den cyberspace.

nach vier bis fünf stunden gönnen wir uns eine pause. ich gehe in die küche und tina fragt mich, ob sie mithelfen kann.

sie bereitet den randensalat mit roten zwiebeln, weißweinessig, olivenöl und schnittlauch zu. ich brutzle die krebsschwänze und gebe geschnittene knoblauchzehen, salbei, pfefferschoten und grüne limettenstücke bei. dann wird mit frischem ciabatta angerichtet, dazu gibt’s kühles bier.

nach einer weiteren spielrunde wollen meine kumpels zusehen, wie ich die spaghetti con agretti vorbereite. einfach: sardellen in olivenöl zerdrücken, fein gehackte zwiebeln, knoblauchzehen und salzkapern beigeben und das ganze dünsten. separat pinienkerne in sesamöl anrösten, zur sauce geben und mit salz und pfeffer würzen. dazu ein schuss weißwein.

spaghetti al dente kochen. beim servieren parmesankäse über spaghetti und sauce reiben. mit ciabatta servieren und chianti und hahnenburger auftischen. buon appetito.

beim verabschieden der kumpels bitten sie mich ums rezept der spaghetti con agretti. die kumpels kennen mich. meine lieblingsspeisen halte ich doppelt fest: auf die vorderseite einer postkarte drucke ich jeweils ein passendes maschinengedicht, auf der rückseite verrate ich das rezept, das durch persönliche verfeinerungen bei den gästen immer gut ankommt. ‘wollt ihr mein siebenzeiliges klanggedicht mit dem titel ‘hetti’ hören?’, projiziere ich auf die laptops meiner kumpels. alle nicken und ich beame den siebenzeiler auf meinen selbstgebastelten sound-synthesizer mit 300 beats pro sekunde:

spag hetti con agretti

spag hetti cen agrotti

spag hetti can ogretti

spag hetti con egratti

spag hetti can egrotti

spag hetti cen ogratti

spag hetti con agretti

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steve kontaktiert mich auf einem sicheren kanal. sicher heißt bei steve und mir, dass wir einen algorithmus der quantenkrypto anwenden. vor jahren hatte ich ein framework für die sicherheit des elektronischen nachrichtenverkehrs entwickelt und später für gutes geld verkauft. die herkömmlichen verfahren der public key infrastructure mit privaten und öffentlichen schlüsseln waren mir zu unsicher. zudem: die version des krypto-algorithmus basierend auf nanotechnologie, die ich mit steve und einigen wenigen hackern teile, ist im moment nicht knackbar. weshalb: ich habe diesen algorithmus selbst entwickelt.

steve möchte für einen chinesischen auftraggeber, der betucht sein soll – in seinem vorzimmer hängen van goghs, picassos und mirós im original – hinter die rezepte der luxemburgeli kommen. im klartext: ‘sprüngli is a swiss luxury confectionary manufacturer founded in 1836 and internationally known for its signature macarons called luxemburgerli.’ vor siebzig jahren soll ein konditor aus luxemburg – die kennen die chocolaterie seit jeher, und zwar ohne swiss milk – sein rezept für die zart gefüllten makrönchen nach zürich geschmuggelt haben. niemand kann diesen bis heute widerstehen.

ich stehe auf die klassischen luxemburgeli bourbon-vanille und chocolat. aber heute bietet sprüngli eine unzahl von aromen an: mocca, champagne, himbeere, pistache, citron, haselnuss oder caramel – you name it.

der auftrag reizt mich: spionagefall gegen swissness. chocolatier sprüngli von hackern entblößt. die luftig-leichte versuchung von sprüngli geknackt. luxemburgerli made in china.

sollte ich solcher werkspionage zum erfolg verhelfen? skrupel plagen mich. doch steve meint, wenn wir’s schaffen, kommen wir den anderen angreifern zuvor. und noch etwas: die fassade sprüngli bröckelt. die blue collar workers arbeiten bis zur erschöpfung. sechs tage pro woche sind keine seltenheit. ein elf-stunden-tag normal.

ich poste an steve, ob in china die arbeitswochen ebenfalls verlängert wurden. ob die schlitzaugen nun sieben arbeitstage und sieben arbeitsnächte für die arbeiterklasse als normal ansehen. und der clou dabei: die nomenklatura trinkt château mouton-rothschild 1er cru classé aus frankreich zum diner und danach the macallan single highland malt scotch whisky aus england, begleitet von swiss luxemburgerli von sprüngli international.

steve offeriert mir fünfzig riesen. ich sage zu.

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nach wochen des wartens erhält mutus eine einladung von webscan. ein assessment ist angesagt.

mutus klebt angstschweiß auf der stirn und er weiß nicht, ob er teilnehmen soll. nach recherchen im web wird ihm klar, dass interviews, tests, rollenspiele und stress-situationen angesagt sind. einige freaks von webscan möchten ihn unter zeitdruck analysieren. seine charaktereigenschaften aufdecken und herausfinden, ob er als programmierer für knifflige aufgaben geeignet ist oder nicht.

mutus kennt sich allzu gut: unter stress bringt er keine befehlszeile aufs papier oder besser gesagt in die maschine. sein erfolgsrezept ist ruhe. nachts, wenn alle schlafen, kurbelt er seinen mac an und dann geht’s los. befehlszeile um befehlszeile, um das problem einzugrenzen. knifflige suchschleifen, um ans geheimnis zu geraten. deep-learning-methoden, um den rechner aufs ausloten zu trimmen und und und.

zudem: ein gruppen-assessment ist angesagt. das heißt im klartext, dass er mit anderen kandidaten probleme knacken muss. die webscan-aushorcher möchten herausfinden, wer die kommunikation in der gruppe befruchtet, wer sich durchsetzen kann und wer das sagen hat.

nichts für mutus, denn das gruppen-assessment soll zwei bis drei tage dauern. horror pur. mutus sagt ab.