My Dirty Secret - Sophia Chase - E-Book
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My Dirty Secret E-Book

Sophia Chase

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Beschreibung

Drei Männer, die das Spiel mit der Gefahr lieben: Der prickelnde Hot-Romance Sammelband »My Dirty Secret« jetzt als eBook bei dotbooks. KISSING THE BOSS: Als die Journalistin Luisa auf einer Gala mit dem begehrtesten Mann des Abends tanzt, fühlt sie sich wie Cinderella – doch Julian Davis ist ausgerechnet der Mann, über den sie die nächste brandheiße Insider-Story veröffentlichen soll. Luisa wird undercover in das Unternehmen des berüchtigten Londoner CEOs eingeschleust. Aber was wird passieren, wenn sie Julians Geheimnissen zu nahekommt? BEACH DREAMS – EIN KUSS FÜR IMMER: Schon viel zu lange läuft Mary vor ihrer dunklen Vergangenheit davon – bei ihrem Cousin in Miami hofft sie, endlich einen unbeschwerten Sommer zu erleben. Doch sie hat nicht mit seinem höllisch attraktiven Mitbewohner gerechnet. Jared ist ebenso arrogant wie undurchschaubar. Was hat es mit dem exklusiven »Diamond Club« auf sich, in dem er jede Nacht verschwindet? FALLING FOR YOUR TOUCH: Um den Familienfrieden zu wahren, braucht Gesa dringend einen Alibi-Mann. Leider kommt dafür nur einer infrage: der überhebliche Womanizer Enver. Für den ist zwar allein die Vorstellung von Hochzeit die Hölle auf Erden, aber zu Gesas Erleichterung willigt er schließlich in den Deal ein. Aber welchen Preis wird er dafür fordern? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Sammelband »My Dirty Secret« vereint die drei sinnlichen Liebesroman-Highlights »Kissing the Boss«, »Beach Dreams - Ein Kuss für immer« und »Falling for your Touch«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 1190

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Über dieses Buch:

KISSING THE BOSS: Als die Journalistin Luisa auf einer Gala mit dem begehrtesten Mann des Abends tanzt, fühlt sie sich wie Cinderella – doch Julian Davis ist ausgerechnet der Mann, über den sie die nächste brandheiße Insider-Story veröffentlichen soll. Luisa wird undercover in das Unternehmen des berüchtigten Londoner CEOs eingeschleust. Aber was wird passieren, wenn sie Julians Geheimnissen zu nahekommt?

BEACH DREAMS – EIN KUSS FÜR IMMER: Schon viel zu lange läuft Mary vor ihrer dunklen Vergangenheit davon – bei ihrem Cousin in Miami hofft sie, endlich einen unbeschwerten Sommer zu erleben. Doch sie hat nicht mit seinem höllisch attraktiven Mitbewohner gerechnet. Jared ist ebenso arrogant wie undurchschaubar. Was hat es mit dem exklusiven »Diamond Club« auf sich, in dem er jede Nacht verschwindet?

FALLING FOR YOUR TOUCH: Um den Familienfrieden zu wahren, braucht Gesa dringend einen Alibi-Mann. Leider kommt dafür nur einer infrage: der überhebliche Womanizer Enver. Für den ist zwar allein die Vorstellung von Hochzeit die Hölle auf Erden, aber zu Gesas Erleichterung willigt er schließlich in den Deal ein. Aber welchen Preis wird er dafür fordern?

Eine Übersicht über die Autorinnen finden Sie am Ende dieses eBooks.

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Sammelband-Originalausgabe April 2024

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Die Originalausgabe von »Kissing the Boss« erschien erstmals 2014 unter dem Originaltitel »Falling - Verfallen« im Selfpublishing; Copyright © 2014 Jennifer Schumann. Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München.

Die Originalausgabe von »Beach Dreams – Ein Kuss für immer« erschien erstmals 2014 unter dem Originaltitel »The Diamond Guys Jared « im Selfpublishing; Copyright © 2015 Hannah Siebern. Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München.

Die Originalausgabe von »Falling For Your Touch« erschien erstmals 2016 unter dem Originaltitel »Venus & Faunus: Der Deal« bei Cupido; Copyright © 2016 Cupido Books / Karin Struckmann. Copyright © der aktualisierten Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/BlueSkyImage

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fe)

ISBN 978-3-98952-094-3

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Sophia Chase, C. J. Crown und Mira Tal

My Dirty Secret

Drei Spicy-Romance-Romane in einem eBook

dotbooks.

Sophia ChaseKissing the Boss

Als die Journalistin Luisa auf einer Gala mit dem begehrtesten Mann des Abends tanzt, fühlt sie sich in seinen Armen wie Cinderella – doch schon bald zerbricht dieser Märchentraum in Scherben: Julian Davis ist ausgerechnet der Mann, über den Luisa eine brandheiße Story veröffentlichen soll, denn das Privatleben des berüchtigten CEOs ist von Geheimnissen umhüllt. Um mehr herauszufinden, schleust sich Luisa undercover in sein Unternehmen ein. Aber hat Julian sie durchschaut, oder warum scheinen seine dunklen Blicke ihr überallhin zu folgen? Immer tiefer verstrickt sie sich in seine Welt – und schon bald schwelt ein Feuer zwischen ihnen, das alles zu gefährden droht: Luisas Auftrag, ihren Ruf – und ihr Herz …

Kapitel 1

Der Taxifahrer, der uns vor dem The Blue Posts aussteigen lässt, muss meine beste Freundin Kelly und mich für völlig bescheuert halten. Nicht nur, dass wir ihn mehr als eine Viertelstunde haben warten lassen, er durfte auch als stummer Zuhörer unser hitziges Wortgefecht mitverfolgen.

Ich hasse meine Freundin, würde ihr am liebsten auf der Stelle eine knallen. Sie würde taumeln, hinfallen, ihr billiges Kleid würde nass werden und wir müssten nach Hause fahren.

Falls du denkst, du kannst mich mit deiner guten Laune anstecken, hast du dich geschnitten, Puppe. Ich würde diese Worte niemals – never ever – laut sagen, aber denken kann man doch, was man will.

Meine Pläne für diesen Abend waren simpel – fernsehen, Chips mampfen, chillen. Mit Kelly in die Londoner Innenstadt zu fahren, um eine Veranstaltung zu besuchen, auf die weder sie noch ich passen, stand nicht auf meinem Programm. Das Tüpfelchen auf dem i ist, dass ich Angst habe. Ich fürchte mich davor, zu stolpern und mit der Nase im delikat angerichteten Hummer zu landen. Daher folge ich Kelly betont langsam. Vor dem blau-goldenen Zaun bleibt sie stehen, dreht sich unwillig zu mir um und mustert mich von oben bis unten.

»Kommst du endlich?«, tadelt sie mich in ihrem gewohnt betulichen Tonfall. »Ich möchte nicht erst in dem Moment aufkreuzen, in dem Davis die Auszeichnung erhält, und wie ein Elefant den Höhepunkt der Veranstaltung stören. Begreifst du nicht, es geht um mein Leben.«

Kopfschüttelnd versuche ich, unbeschadet über einen Kanaldeckel zu steigen. Schließlich trage ich nicht jeden Tag High Heels. »Um dein Leben?«, wiederhole ich unbeeindruckt. »Skalpiert dich deine Chefin, wenn du zu spät kommst und obendrein jemanden mitbringst, der überhaupt nicht eingeladen ist?«

»Luisa, Ronja und ich haben uns den Arsch aufgerissen, um diesen Fisch an Land zu ziehen. Ich meine, es geht doch nicht um einen Kindergeburtstag – Davis, Walter Davis ist der Star des Abends. Er soll eng mit der Queen befreundet sein. Seine Familie hat mehr zur Entwicklung dieses Landes beigetragen als die meisten anderen zusammen.«

Kelly arbeitet bei einer Veranstaltungsagentur, die endlich den ganz großen Auftrag ergattert hat. Ich verstehe durchaus, dass sie stolz darauf ist. Nur warum um Himmels willen muss ich hier antanzen?

Mein Gott, die Queen. Was, wenn sie ebenfalls anwesend ist? Wenn Davis diese verdammte Auszeichnung aus ihren Händen entgegennehmen darf? Macht die so etwas überhaupt? Die verleiht doch nur diesen Ritterorden – verdammt, ich stehe vielleicht gleich der Queen herself gegenüber. Kein Wunder, wenn meine Knie zittern. Ich muss bei der Sache bleiben, bevor Kelly mich unwillentlich auch noch auf die Bühne zerrt, um aller Welt zu erklären, dass ich ein illegaler Besucher bin – falls man es nicht schon beim ersten Aufeinandertreffen mit der feinen Gesellschaft bemerkt.

Meine Finger verkrampfen sich, ich hole tief Luft und steuere auf die royalblaue Überdachung zu. Kelly bleibt an meiner Seite und fasst nach meiner Hand. Gerade als ich an dem freundlich nickenden Portier vorbeigehen will, hält sie mich zurück.

Ihr Blick sucht den meinen. Mit einem Mal wirkt sie ziemlich ernst. »Luisa, ich freue mich wirklich auf den heutigen Abend, aber du weißt genau, dass ich dich nicht umsonst hergeschleppt habe.«

»Ja«, gebe ich zu und sehe zur Seite.

»Noch ist es nicht zu spät. Noch kannst du aussteigen, dein Gewissen und dein Herz beruhigen.«

Die Worte meiner Freundin berühren mich. Ich weiß, wie sehr die Situation Kelly belastet. Es war meine Entscheidung und daher habe ich auch ganz allein die Konsequenzen zu tragen. Weder Kelly noch sonst jemand darf in diese Sache hineingezogen werden. Kelly will in der Veranstaltungsbranche Karriere machen – und ich als Journalistin.

Seit einigen Wochen arbeite ich bei einem nicht ganz unbedeutenden Society-Magazin in London. Ich bin einundzwanzig und noch nicht lange in diesem Bereich tätig. Zuvor habe ich kleinere Brötchen gebacken. Ich arbeitete in einem Klamottenladen, kellnerte oder half in einer Kindertagesstätte aus. Dabei ging es immer nur darum, Geld zu verdienen, denn Kelly und ich mussten schließlich unsere Miete bezahlen. Natürlich wäre es sehr bequem, meine Eltern anzupumpen, aber das entspricht nicht dem, was ich mir vom Leben erwarte.

Durch Zufall wurde mein jetziger Boss Isaac Brown auf mich aufmerksam und bot mir eine Stelle in seiner Redaktion an. Überglücklich sagte ich zu, obwohl ich wusste, dass ich lediglich einen Platz am untersten Ende der Karriereleiter einnehmen würde. Ich darf Leserbriefe beantworten und einmal konnte ich sogar einen winzigen Artikel im hintersten Teil des Magazins unterbringen. Dabei bin ich auf den Geschmack gekommen. Ich muss gestehen, mein Job gefällt mir, aber ich habe noch viel zu lernen. Derzeit muss ich mich zwar mit Peanuts begnügen, aber ich kann die gebratenen Tauben bereits riechen. Eine eigene Kolumne, eine Titelstory, vielleicht sogar eine Stelle als Ressortleiterin, Chefredakteurin, Herausgeberin – na ja, das klingt ziemlich hochgegriffen, aber hin und wieder gestatte ich mir solche Tagträume. Denn nur mit Visionen erreicht man etwas. Oder etwa nicht?

»Ich will mir nicht eines Tages vorwerfen müssen, dass ich es nicht wenigstens versucht habe. Das ist meine Chance, mir einen Namen zu machen, und du wirst mich durch diesen Mummenschanz hier nicht von meinem Vorhaben abbringen.«

Kelly wirkt sauer, wie immer, wenn ich mich in dieser Angelegenheit ereifere. Wir kennen uns seit Jahren und nicht immer sind wir ein Herz und eine Seele gewesen, wir haben uns gestritten, haben geweint und geflucht – und uns immer wieder ausgesöhnt. Kelly lebt alleine in London, ihre Familie in Irland. Gerne betont sie, ich sei nun ihre Familie, der einzige Grund, weshalb sie nicht längst den Hut draufgeschmissen und aufgegeben habe. Darum kann ich ihre Zweifel gut verstehen, doch mein eigener Weg – den, den ich mir ausgesucht habe – scheint mir im Augenblick über allem anderen zu stehen.

»Für deinen Boss bist du doch nur ein Bauernopfer, Luisa. Wie oft soll ich dich noch warnen? Es ist zwar nicht meine Schuld, doch sollte etwas passieren, werde ich mir die bittersten Vorwürfe machen.«

»Es geht aber nicht um Leben und Tod – ich schnüffle ein wenig, grabe die Leichen aus seinem Keller aus und ehe er überhaupt registriert, was geschehen ist, bin ich schon wieder verschwunden. Ich kann auf Isaac zählen, er wird mich nicht hängenlassen.«

Meine Worte klingen bestimmt, auch wenn ich sie selbst nicht glaube. Ich gebe zu, dass ich, als mich Isaac vor knapp zwei Wochen in sein Büro gebeten hat, fassungslos war. Ich, das kleine, unscheinbare Mädchen für alles, soll mit dieser Aufgabe betraut werden. Er legte die Karten auf den Tisch, gestand, wie schlecht es um das Magazin bestellt war, weil aufgrund der harten Konkurrenz immer weniger zu unserem Blatt griffen und wir immer tiefer in die roten Zahlen schlitterten.

»Mir liegt dieses Unternehmen sehr am Herzen. Ich trage die Verantwortung für meine Mitarbeiter … Die Welt hat sich verändert, die Menschen werden von Tag zu Tag sensationsgeiler, sie wollen, dass wir schmutzige Geheimnisse aufdecken und sie ihnen in appetitlichen Häppchen servieren«, sagte er, während er in seinem Büro auf und ab schritt.

Eigentlich erwartete ich nach diesen Worten meine Kündigung, stattdessen blieb er unvermittelt vor mir stehen und sah mich durchdringend an.

»Was verkörpert unser Magazin?«, fragte er mich und kniff die buschigen grauen Augenbrauen zusammen.

Isaac ist ein Urgestein in dieser Branche. Er weiß, was Sache ist, auf seinen Rat kann man bedenkenlos hören und doch ist er gerade dabei, die Firma an die Wand zu fahren. Meiner Meinung nach liegt das daran, weil unsere Reportagen zu brav sind und wir den Lesern nichts Spektakuläres zu bieten haben. Ja klar, es ist schwer, in einem überwilderten Wald ein Reh zu finden, aber wir brauchen dringend einen Knaller, damit unser Magazin erste und nicht zweite Wahl ist.

In meinem Kopf ratterte es, ich durchforstete mein Gehirn auf der Suche nach der richtigen Antwort. »London. Die High Society. Luxus. Glam. Intrigen. Tratsch. Klatsch. Enthüllungen«, verkündete ich schließlich.

Mit ausgestrecktem Zeigefinger deutete Isaac in meine Richtung, wedelte dabei so wild vor meiner Nase herum, dass ich kurz zusammenzuckte. »Jackpot«, verkündete er stolz – wobei ich nicht sagen kann, ob auf mich oder sich selbst. »Enthüllungen. Was macht ein trister, grauer Fisch, der in einem Becken voll mit Artgenossen unsichtbar ist?«

»Er wird anfangen, sich bunte Schuppen wachsen zu lassen.«

»Bingo – ein sehr kluges Mädchen, Miss Adams«, lobte er mich und lehnte sich gegen die Kante seines Schreibtisches. »Doch unser Fisch hat ein Problem: die Natur. Es gibt keine bunten Sardinen. Was macht er jetzt?«

Ich kam gar nicht dazu, etwas zu erwidern, denn Isaac gab gleich selbst die Antwort. »Er hat zwei Möglichkeiten: Entweder er überlistet Mutter Natur und verpasst sich einen bunten Anstrich oder er findet einen Weg, seinen schäbigen Teich zu verlassen und dort zu reüssieren, wo er einzigartig ist.«

»In beiden Fällen wird er sehr gewitzt sein und sich vielleicht sogar unlauterer Methoden bedienen müssen, um ans Ziel zu kommen.«

Isaac grinste übermütig und strich sich durch sein schulterlanges Haar, welches oftmals etwas ölig wirkt. »Diejenigen, die sehen, wie bunt, wie schillernd und unvergleichlich er ist, werden sich aber nicht mehr darum kümmern, wie diese Verwandlung vor sich gegangen ist. Sie werden ihn bewundern und ihm seine Schönheit neiden.«

»Sie werden zu Recht eifersüchtig auf ihn sein«, bestätigte ich begeistert.

Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, aber unser Magazin war nun einmal eine graue Sardine in einem Schwarm. Höchste Zeit also, dass wir unsere Schuppen färbten. Aber was hatte ich damit zu tun?

»Kennen Sie diese Frau, Miss Adams?« Isaac hielt mir das Bild einer blonden, umwerfend schönen Frau unter die Nase. »Eva Schaper – wer kennt sie nicht?« Eva ist Model. Ein ziemlich erfolgreiches sogar. Sie reist um die ganze Welt, besticht durch ihr Aussehen, ihren Charme und ihren Esprit. Aber sie gilt auch als Furie, männerverschlingender Vamp und die Launenhaftigkeit in Person.

»Eva Schaper und Enthüllungen – es gibt doch kaum etwas, das wir nicht über sie wissen.«

»Na ja«, entgegnete er nachdenklich und legte das Bild vor mir auf den Tisch. »Im Moment trifft sie sich mit dem wohl geheimnisvollsten und undurchschaubarsten Mann des Landes.«

»Julian Davis.«

»Julian Davis«, echote er und die Fältchen um seine Augen vertieften sich. »Mir geht es nicht um Eva – sie ist mir egal. Julian ist der, den ich haben möchte.«

»Er lässt niemanden an sich heran, schweigt wie ein Grab. Wir wären nicht die Ersten, die sich an ihm die Zähne ausbeißen.«

Julian Davis ist Anfang dreißig und ein ganz dicker Fisch. Niemand kann genau sagen, wie viele Firmen er bereits aufgekauft und saniert hat und nun gewinnbringend weiterführt. Er ist ein unternehmerisches Multitalent und nicht einmal ich kann umhin, ihn insgeheim zu bewundern. Leider ist ihm der Ruhm zu Kopf gestiegen, denn er begegnet allem und jedem mit einer Überheblichkeit, die ihresgleichen sucht. Außerdem scheut er die Öffentlichkeit. Würde er nicht ab und an zufällig einem Fotografen über den Weg laufen, wir hätten kein einziges aktuelles Foto von ihm. Er besucht nur selten Veranstaltungen und huscht dann unauffällig durch den Hintereingang. Bedingt durch sein seltsames Verhalten sind viele Gerüchte im Umlauf, aber niemand weiß etwas Genaueres. Ich selbst denke, dass Davis einfach null Bock auf die Presse hat. Nicht jede Berühmtheit ist zwingerdermaßen süchtig nach Publicity. Auch ist nicht jeder und jede durchgeknallt oder verrückt oder hat eine Leiche in seinem Garten verbuddelt. Doch wo es nach Kuchen duftet, sucht man so lange, bis man welchen findet – so lautet unser Leitspruch. Oder wie ich gerne sage: Die Made riecht den Speck.

 »Schon über seine Firmen dringt wenig nach draußen, aber vor allem hält er sein Privatleben bedeckt. Zu dumm nur, dass Eva letzte Woche in einem Interview ein paar unbedachte Worte über seine speziellen Vorlieben herausrutschten.«

»Was sind das für Vorlieben?«, fragte ich neugierig.

»Keine Ahnung«, sagte er und zuckte die Schultern. »Sie machte nur vage Andeutungen.«

»Was denken Sie, dass es ist?«

»Ein Mann, der genug Geld hat, um sich alles kaufen zu können, was er möchte, braucht wohl einen besonderen Kick. Etwas, das keiner von ihm erwartet. Vielleicht sammelt er lediglich Briefmarken und zeigt sie seinen Angebeteten … oder er ist ein sadistisches Monster mit einer hübschen, kleinen Folterkammer im Keller.«

»In dem Fall hoffe ich doch, dass es sich um eine Briefmarkensammlung handelt.«

»Ich tippe auf die Folterkammer.«

Einige Sekunden sahen wir uns schweigend an, dann ließ Isaac endlich die Katze aus dem Sack.

»Ich will, dass Sie sich Zugang zu seinem Haus verschaffen, sein Vertrauen gewinnen, ihn aushorchen, Fotos machen. Wir werden dann eine tolle Story bringen und damit alle anderen Fische im Teich ausstechen.«

Meine Kinnlade klappte vor Überraschung nach unten. »Ich kann doch nicht einfach in sein Haus spazieren und ihn fragen, welche dunklen Obsessionen er hat und ob ich Bilder davon machen dürfte.«

»Da gebe ich Ihnen recht, Miss Adams«, bestätigte er meine Bedenken, stand auf und zückte einen braunen Umschlag. »Hier ist die offizielle Einladung von Julian Davis.«

»Was?«

Lässig reichte mir Isaac den Umschlag. Mit zitternden Fingern zog ich die Lasche auf und beförderte das Schreiben ans Tageslicht.

»Eine Praktikumsstelle?«

»Herzlichen Glückwunsch, Miss Adams, Sie werden seiner persönlichen Assistentin zur Hand gehen und somit ganz nah an seiner Seite sein.«

»Ich … warum ich?«

»Weil ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann. Sie sind ehrgeizig, klug und werden es, wenn Sie meine Erwartungen erfüllen, sehr viel weiter schaffen, als Sie sich im Augenblick vorstellen können.«

Ich schluckte, las immer wieder meinen Namen und das Firmenlogo: Davis Inc. Schluck. Meine Finger waren taub, mein Fuß zuckte und ich hatte das Gefühl, dass der Boden unter mir schwankte.

»Drei Monate – schaffen Sie das, Miss Adams?«, riss mich Isaac aus meinen Gedanken.

»Was? Ähm … was soll ich da machen?«

»Davis besitzt ein Haus in Kensington. Was sage ich da? Er besitzt dort einen ganzen Straßenzug, funktionierte die ehemaligen Wohnhäuser zu Büros um und arbeitet jetzt gleichsam in seinem Wohnzimmer. Er hat zwar ein offizielles Büro, doch in der Hauptsache dirigiert er die zahlreichen Unternehmen von seinem Privathaus aus. Während Ihres Praktikums können Sie sich dort frei bewegen.«

»Davis gilt als misstrauisch, kontrollsüchtig, übervorsichtig, ich kann mir nicht vorstellen, dass er meinen Lebenslauf nicht genauestens durchgelesen hat.«

»Das hat er auch getan, aber unterschätzen Sie nicht meine Möglichkeiten.«

Wow! Fassungslos blickte ich auf meinen Namen. Auf welche krumme Tour sollte ich mich da einlassen? Andererseits war ich strebsam und ambitioniert. Wollte mehr. Immer mehr. Ich hatte meine wilden Zeiten, als ich noch jünger war. Ich rauchte, trank und feierte jedes Wochenende. Irgendwann wurde ich ruhiger, während es bei anderen erst richtig losging. Ich mag in Isaacs Augen geeignet erscheinen, um mich an Davis heranzumachen, aber auch ich habe ein Geheimnis, das ich Isaac ganz bestimmt nicht anvertrauen werde.

Denn während bei anderen Mädchen der Bär steppte und sie sich mit Jungs vergnügten, kam Letzteres für mich nicht infrage. Ich hatte schlichtweg Angst. Angst vor einer Zurückweisung. Angst, jemand könnte sich über mich lustig machen. Irgendwann hatten alle einen festen Freund, nur ich blieb außen vor.

Kurzum: Meine sexuellen Erfahrungen reichen über oberflächliches Fummeln nicht hinaus.

Alleine beim Gedanken daran werde ich wütend auf mich selbst. Ich lebe in einer Großstadt, hier gibt es Tausende junge, hübsche Männer, trotzdem schafft es die dumme Luisa Adams nicht, den Einen zu finden. Genau genommen weiß ich nicht einmal, was ein Mann haben muss, um mir zu gefallen. Kelly zieht mich immer damit auf, dass es diesen Mann nur auf dem Mars gibt. So hoffen wir also beide auf eine baldige Marsmission inklusive Besiedelung.

Und obwohl Kelly mich oft aufzieht, weiß sie doch, wie sehr ich unter dem Alleinsein leide. Noch habe ich nicht vor, ins Kloster zu gehen, aber Tatsache ist, dass ich keine Dates habe. Ich habe soziale Beziehungen, aber keine Dates.

Irgendwie bin ich ungeschickt, ich kann nicht flirten, kann nicht kokett sein oder die zweideutigen Avancen eines Mannes nonchalant parieren. Dazu bin ich viel zu zurückhaltend, zu ruhig und zu sensibel. Und dann soll ausgerechnet ich Julian Davis um den Finger wickeln?

Herrgott … selbst ich werde bei Julian Davis genauso schwach wie vermutlich neunundneunzig Prozent aller Frauen im Land. Die Unschuld und der Frauenheld … was für eine herrliche Reality-Show das geben wird!

»Luisa, ich kann Ihre Bedenken verstehen, aber Sie können mir vertrauen. Ich werfe Sie doch nicht den Raubtieren zum Fraß vor, ohne einen Fluchtweg offen zu lassen.«

»Was, wenn ich nicht einmal in die Nähe dessen komme, was wir suchen? Wenn ich auffliege?«

Isaac ergriff meine Hand. »Immer ruhig bleiben. Sollte sich die Lage zuspitzen oder zu gefährlich werden, hole ich Sie da raus. Es wird Ihnen nichts passieren.«

Außer Davis kommt mir auf die Schliche und frisst mich bei lebendigem Leib zum Frühstück.

Nach einer unruhigen Nacht willigte ich in Isaacs Plan ein. Mir blieb auch gar nichts anderes übrig, wollte ich das Magazin retten und auf der Karriereleiter nach oben klettern. Könnte ich eine interessante Story an Land ziehen, wäre ich bekannter als ein bunter Hund. In der Branche würde man sich um mich reißen.

Kelly jedoch war alles andere als begeistert, die halbe Nacht redete sie mir ins Gewissen, schilderte mir in den düstersten Farben die Gefahren, auf die ich mich da einließ. Ich hörte zu, gab ihr Kontra und gemeinsam googelten wir nach Davis.

»Siehst du«, gab sie die Oberlehrerin, als wir auf einen ähnlichen Fall in der Vergangenheit stießen. Eine Reporterin hatte sich an ihn herangeschmissen, um geheime Firmenakten zu durchstöbern. Sie flog auf, Davis verklagte sie, es kam zum Prozess – und sie war erledigt.

»… als scheine er nicht von dieser Welt zu sein, setzt er sich über gesellschaftliche, aber auch physikalische Gesetze hinweg«, las Kelly laut aus einem Artikel vor.

Ich musste lachen und nippte an meinem billigen Supermarktwein. »Bah, physikalische Gesetze – er ist doch nicht Spiderman! Er hat einfach nur genug Kohle, um anderen den Mund zu stopfen.«

»Oder Schmeißfliegen aus dem Weg zu schaffen.«

»Isaac wird mich nicht verrecken lassen.«

»Isaac muss ja auch nicht jeden Tag seinen Arsch in Davis´ Haus bewegen.«

Kellys Einwand stieß bei mir auf taube Ohren.

»Du wirst ihn nicht täuschen können, Luisa. Er riecht Verrat auf hundert Meter Entfernung.«

»Wie der eine Wart zum anderen im Krähennest der Titanic sagt: ›Ich kann Eis riechen.‹ – Peng, schon rammt das unsinkbare Schiff den Eisberg und verschwindet in den Tiefen des Atlantiks. Davis ist auch nur ein Mensch.«

»Du bist echt krank, Luisa«, echauffierte Kelly sich. »Hast du keine Skrupel, im Leben eines Mannes herumzustochern, der dir nichts getan hat?«

Nein, Skrupellosigkeit kann man mir wahrlich nicht nachsagen, auch wenn ich es durchaus verstehe, meine Ziele zu verfolgen. Im Grunde wundere ich mich selbst, weshalb ich im Fall von Julian Davis unserem Ruf als Aasgeier alle Ehre machen will.

»Davis ist ein kaltblütiges Arschloch, das sich herzlich wenig um andere schert. Warum sollte ich ihn schonen?« Peng – auf den Punkt gebracht.

Kelly setzte ihre Schulmeistermiene auf und sah mich durchdringend an. »Davis hat gerade einen umstrittenen Deal abgeschlossen – irgendetwas im Bereich Energieversorgung. Er muss deswegen eine ganze Menge Kritik einstecken.«

»Oh, du darfst ihn gerne trösten, wenn dir danach ist«, stichelte ich und erntete dafür einen fetten Rippenboxer, sodass mir die Schale mit den Chips fast vom Schoß gerutscht wäre. Ich fing sie gerade noch auf, fischte ein Stück heraus und schob es mir in den Mund.

»Er mag gute Gründe haben, warum er sein Privatleben unter Verschluss hält. Außerdem hat er jedes Recht dazu. Wie würdest du es finden, wenn alle Welt erfährt, dass Luisa Adams mit Anfang zwanzig noch Jungfrau ist?«

Unangenehm berührt zuckte ich zusammen. »Danke auch«, bockte ich und stellte die Schale zurück auf den verschrammten Ikea-Tisch. »Ich wusste gar nicht, dass ich in derselben Liga wie Davis spiele.«

Kellys Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Könnte alle Welt in der Zeitung lesen, dass ich noch unberührt bin, wäre ich am Boden zerstört und würde alles tun, um die Gerüchte zum Verstummen zu bringen. Davis mag ein Arsch sein, aber wenn er sich bedeckt hält, ist das sein gutes Recht.

Irgendetwas stinkt da gewaltig zum Himmel, irgendjemand möchte da einem anderen eines auswischen.

Dieser Gedanke ließ mir keine Ruhe. Nachts konnte ich nicht mehr schlafen und wanderte unruhig durch unsere kleine Wohnung in Wanstead. Was sollte ich bloß tun? Konnte mir denn keiner eine Lösung aufzeigen? Auf Kelly durfte ich nicht zählen. Sie war in diesem Fall wirklich keine Hilfe. Meine Nerven lagen die ganze Woche über blank, bis es Kelly schließlich zu dumm wurde. Heute schleppt sie mich ins Ritz, damit ich mir einen ersten Eindruck von dem Mann verschaffen soll, dem ich ab Montag hinterherschnüffeln werde.

Das soll einen Sinneswandel bewirken, wie Kelly noch gestern Abend meinte, als sie mir alle wichtigen Details über die Veranstaltung erzählte.

Ich soll ihn mit eigenen Augen sehen und mich von der Macht überzeugen, die von ihm ausgeht. Er sei undurchschaubar, habe Nerven aus Stahl und zerquetsche jeden, der ihm in die Quere kommt. Niemals könnte ich es mit einem Mann wie Davis aufnehmen – das soll ich endlich erkennen und die Finger von der heiklen Mission lassen.

Abenteuerlustig wie ich bin, nehme ich die Herausforderung an und begleite sie tatsächlich. Gleich ist es so weit, gleich werde ich mein Zielobjekt aus der Nähe sehen.

Kapitel 2

Noch ist es nicht zu spät.Für manche Dinge ist es nie zu spät. Doch heute ist Kellys Abend. Sie hat wochenlang hart gearbeitet, musste Zeit und Nerven in die Planung investieren, damit die Veranstaltung ein Erfolg wird. Heute trifft sich hier die Londoner High Society und für die Organisation ist die Firma zuständig, für die Kelly arbeitet.

Seit dem Beginn unserer Freundschaft jagen wir nun schon unseren Träumen hinterher. Kelly ist die Zielstrebigere von uns beiden. Sie weiß, was es braucht, um voranzukommen, lernt beständig dazu und wahrt den Überblick über unsere zugegebenermaßen mageren Finanzen. Gegen ihren starken Charakter kann ich mich nur selten zur Wehr setzen. Warum ich es dennoch immer wieder versuche, ist mir selbst schleierhaft. Ich muss wohl über eine masochistische Ader verfügen.

»Kelly, gehen wir doch erst mal rein und schauen wir uns die Chose an.«

Zu meinem größten Erstaunen nickt sie. Befriedigt streiche ich mein schwarzes, an den halblangen Ärmeln und am Kragen mit Spitze verziertes Cocktailkleid glatt. Es ist der teuerste Fummel, den ich mir jemals zugelegt habe. Beim Gedanken, dies ausgerechnet für Julian Davis getan zu haben, ohne dass er mich bewusst wahrnehmen wird, macht sich aber so etwas wie Missmut in mir breit. Dieser eingebildete Schnösel verlangt mir ganz schön viel ab! Wie viel Zeit ich investiert habe: Kleid kaufen, rasieren (als würde er irgendein Fleckchen davon sehen), baden, schminken, passende Schuhe suchen, Haare zu einer passablen Frisur formen. Okay, meine Frisur wird keinen Preis gewinnen – zumindest diesen Punkt hätte ich mir sparen können.

All meine Gedanken sind wie weggeblasen (auch jener, für meinen Aufwand Davis eine hübsche Rechnung zu schicken), als wir das Innere des weltberühmten Hotels betreten. Ich fühle mich von dem Prunk, dem Reichtum und Protz wie erschlagen. Dazu muss ich sagen, dass ich Kitsch liebe, was Kelly, die eher für Minimalismus schwärmt, bei der Einrichtung unserer Wohnung einige Kompromisse abverlangt hat. Als ich in der großen, ziemlich überwältigenden Eingangshalle stehe und meine Augen durch den mit Gold ausstaffierten Raum gleiten lasse, wird mir bewusst, wo ich gesellschaftlich stehe. Ich bin winzig, klein und nun möchte ich am Montag mit Panzern diese Bastille stürmen, um dem Papst höchstpersönlich in den Arsch zu kneifen.

Schluck.

Mit einem Mal gerät mein Entschluss ins Wanken. Alles um mich herum wirkt so einschüchternd, dass mir mit einem Schlag deutlich wird, wie blauäugig ich bin. Ich kann dieses Spiel nicht gewinnen. Ich werde kläglich versagen und untergehen. Dieser Luxus wird mich auffressen. Am liebsten würde ich weglaufen und mich für den Rest meines Lebens unter der Bettdecke verkriechen.

Kelly greift nach meinem Oberarm, um mich, die sich aufführt wie ein staunendes Kind im Legoland, weiterzuziehen. Sie selbst kennt sich an diesem Ort ganz gut aus, schließlich ist sie in den vergangenen Tagen einige Male hier gewesen, um die Vorbereitungen zu überwachen. Zielsicher bugsiert sie mich in einen Seitenbereich, wo eine geschlungene Messingtreppe nach oben führt. Dort treffen wir auf die ersten Gäste, eine Frau und zwei Männer, die bestens in dieses vornehme Ambiente passen. Mit Schrecken stelle ich fest, dass mein Outfit, dessen Preis den Rahmen meines schmalen Budgets bei weitem sprengte, nicht mit dem geschmackvollen Kleid mithalten kann, welches die Dame, die ungefähr im Alter meiner Mutter sein muss, trägt. Zum Glück nimmt sie keinerlei Notiz von mir, bleibt zu hoffen, dass sich die meisten anderen Gäste ähnlich verhalten.

Die erste Hürde ist genommen, nun stehen wir vor der Herausforderung, die Treppe zu erklimmen. Unwillkürlich schweifen meine Gedanken zurück ins Jahr 1906, als das Ritz eröffnete und elegant gekleidete Damen und Herren die Stufen emporschwebten. Gut ein Jahrhundert später wandelt Luisa Adams in einem Kleid von Mango auf ihren Spuren, während im Hintergrund leise der Imperial March ertönt. Mein Gott, wenn Kelly wüsste, was mir gerade durch den Sinn geht! Oh Mann, sie würde mir eine ordentliche Standpauke halten! Wie komme ich in diesen ehrwürdigen Hallen eigentlich auf Star Wars? Ich grinse dämlich, stolpere und wäre fast der Länge nach hingeschlagen – falls jemand fragt, die Schuhe sind schuld an diesem Beinahe-Missgeschick.

Oben angekommen finden wir uns im Empfangsbereich wieder. Hinter einem Pult steht Kellys Chefin Ronja, die strahlend die Gäste begrüßt. Kelly und Ronja tauschen ein paar höfliche Worte aus, während ich mich umsehe: Kellner eilen geschäftig mit Tabletts voller Champagnergläser umher, gedämpfte Gesprächsfetzen dringen aus dem Saal an mein Ohr. Alles wirkt sehr gediegen und vornehm. Ich bin hier wirklich fehl am Platz! Nervös schnappe ich mir ein Glas und nehme einen großen Schluck.

»Wir können reingehen«, flüstert Kelly plötzlich neben mir. »Ronja sagt, Davis sei schon hier. Also Augen auf, Schätzchen.«

Mut! Wo nehme ich auf die Schnelle genügend Mut her? Ah, der restliche Inhalt meines Glases muss auf der Stelle daran glauben!

»Wie läuft das Spektakel eigentlich ab?«, frage ich neugierig, während wir uns durch die Menschenmenge schieben.

»Zuerst wird gegessen. Wir haben mehrere Gänge vorbereitet: etwas Leichtes für den Anfang, eine Suppe, dann der erste Hauptgang. Unmittelbar darauf wird die Auszeichnung verliehen. Walter Davis wollte das so, damit die Gäste nicht wegschlafen. Zum Schluss gibt es ein fettes Dessert und jede Menge Kuchen.«

Kelly geleitet mich zu unserem Tisch, der etwas abseits steht und an dem auch Ronja und ihr Mann Platz nehmen werden. Aha, der Pöbel wird an den Rand verbannt, schießt es mir durch den Kopf.

Wir setzen uns, umgehend halten wir ein Glas in den Händen und prosten uns lächelnd zu. Meine schlechte Laune hat sich etwas gelegt. Es hat schon etwas für sich, mit den Reichen und Schönen feiern zu dürfen. Zumindest kann man sich gratis den Bauch vollschlagen.

»Davis wird dort vorne sitzen«, erläutert Kelly und deutet mit dem Zeigefinger in Richtung des großen Marie-Antoinette-Gemäldes.

»Wie ist er? Versteht er sich mit seinem Vater?«

»Oh Luisa, ich werde kein Wort verraten. Schon gar nicht, wenn du mich mit dieser investigativen Stimme fragst.«

Ich grinse und drehe den Stiel meines Glases zwischen den Fingern. »Meine Neugierde ist rein privater Natur.«

»Na ja, keine Ahnung. Man sagt, ihr Verhältnis sei etwas gespannt.«

Interessant!

»Du weißt es vielleicht ja«, fährt Kelly fort, »aber Walter wollte, dass Julian Geschichte studiert und das Erbe seines Großvaters, Moses Finley, weiterführt. Julian hatte keine Lust dazu, machte stattdessen seinen Abschluss in Wirtschaft und gründete mit Mitte zwanzig sein eigenes Unternehmen. Wahrscheinlich hat sein Vater ihm das nie verziehen.«

Ich nicke. »Das denke ich auch. Ein Freund von Julian erklärte der Sun gegenüber, dass er ein Egozentriker und Sturschädel sei. Er habe sich schon als Kind gegen die Familientradition aufgelehnt.«

Wir schweigen einige Sekunden, in denen mich Kellys Blick förmlich durchbohrt. »Und daraus wollt ihr Zeitungsleute eine Skandalgeschichte basteln?«

Ich setze bereits zu einer Erklärung an, werde aber durch das Erscheinen Ronjas und ihres Ehemannes daran gehindert. »Es geht los. Alle sind da. Ich bin so verdammt aufgeregt.«

Mit einem Mal setzt sanfte Streichmusik ein, Kellner gleiten beinahe lautlos in den Saal, um den ersten Gang zu servieren. Ich genieße das Essen, die Unterhaltung mit Ronja und ihrem Mann und während der Vorsitzende der Historian Foundation das Podest betritt, wird es im Saal mucksmäuschenstill. Als selbst die Musik verstummt, beginnt der graumelierte Herr mit seiner Lobeshymne auf Walter. Er hebt besonders seine Arbeit am Jesus College hervor und verweist natürlich auf seinen Vater, dessen Forschungsarbeiten noch heute von enormer Bedeutung sind.

Dann betritt Walter, ein attraktiver, groß gewachsener Mann Anfang sechzig, die Bühne, nimmt mit stolz geschwellter Brust die goldene Trophäe entgegen und hebt zu seiner Dankesrede an. Ich lausche gespannt, bin wie hypnotisiert von der Energie, die von Walter ausgeht und die alle Anwesenden mitreißt. Nicht umsonst gibt es für seine Kurse lange Wartelisten. Anders als seine Kollegen strahlt er Präsenz und Charisma aus, Eigenschaften, die er zweifelsfrei an seinen Sohn weitervererbt hat. Und genau diesen Sohn versuche ich nun zu entdecken. Ich möchte seinen Gesichtsausdruck sehen, möchte darin seine Gefühle ausmachen. Was mag nun in ihm vorgehen?

Doch so sehr ich meinen Kopf auch drehe und wende – ich kann ihn nirgendwo finden.

Walter verlässt inzwischen die Bühne, schüttelt dabei Hände, die sich ihm entgegenstrecken, und als er an seinen Tisch zurückkehrt, sehe ich ihn plötzlich: Er hat es den Gästen gleichgetan und sich erhoben, um seinem Vater Respekt zu zollen. Er wendet mir sein Profil zu: eine gerade, aristokratische Nase, dieselbe Statur wie Walter, schwarze Haare, die im Licht glänzen. Ich schlucke, kann kaum atmen. Julian Davis schlägt mich selbst aus dieser Entfernung augenblicklich in seinen Bann, denn er ist all das, was Kelly versprochen hat: stark, dominant, von einer ganz speziellen Aura umgeben.

Als er den Kopf in unsere Richtung dreht, fühle ich mich zuerst wie einem dieser Kitsch-Filme, in denen er mich in der Menge ausmacht, unsere Augen sich treffen und romantische Musik erklingt. Doch seine Aufmerksamkeit gilt der blonden, schlanken Frau, die neben ihm steht und Walter mit einem aufgesetzten Lächeln um die Lippen die Hand reicht. Julians Augen sind zusammengekniffen, sein Mund ist ein schmaler Strich. Ich kann nicht sagen, ob er und Eva Schaper sich gestritten haben, ob er diesen Auftritt schlichtweg zum Kotzen findet oder ob dies seine Art ist, mit Frauen umzugehen.

Mir kommen Isaacs Worte in den Sinn: Julian sei ein kontrollsüchtiger, dominanter Mann mit schmutzigen Geheimnissen.

Ob Eva darüber Bescheid weiß? Vielleicht teilt sie ja seine Vorlieben. Vielleicht ist sie ihm mit Haut und Haaren verfallen und kann sich nicht mehr aus seinen Fängen befreien.

»Trink!«, befiehlt Kelly und hält mir ein Champagnerglas unter die Nase.

Dankbar nehme ich einen Schluck. Als ich wieder aufsehe, stelle ich enttäuscht fest, dass Julian weg ist. Na ja, wahrscheinlich hat er sich einfach wieder hingesetzt und ist deshalb aus meinem Blickfeld entschwunden. Mit ihm hat sich aber auch das Prickeln in meinem Bauch aufgelöst.

Er ist wie eine Droge. Ich will mehr von ihm.

»Ganz schön beeindruckend, nicht wahr?«, flüstert Kelly und sieht mich scharf an.

Sie kennt mich genau, kann jede Veränderung an mir deuten. Und das amüsiert sie ungemein. »Eins zu null«, sage ich atemlos.

»Für mich, Luisa. Glaubst du im Ernst, du spazierst nächste Woche in sein Haus und kochst ihn ein?«

Ich gebe mich zerknirscht. Spätestens jetzt ist mir klar, dass dies ein Himmelfahrtskommando wird, denn in Julians Gegenwart kriege ich bestimmt kein Wort über die Lippen.

Ich nehme die Serviette von meinem Schoß und stürze den Inhalt meines Glases hinunter. »Entschuldige mich bitte, ich gehe schnell für kleine Königstiger.«

Kelly beginnt herzhaft zu lachen und beinahe fürchte ich, alle im Saal starren uns an.

»Was ist?«, unwirsch drehe mich zu ihr um.

»Nichts, Miss Adams. Kühlen Sie sich ab. Die Luft kann manchmal ganz schön dünn sein, nicht wahr?«

»Dumme Kuh«, murmle ich, kann mir aber trotzdem ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Wider Erwarten ist das stille Örtchen im Ritz modern und schnörkellos. Heftig atmend stehe ich vor dem dunkelgrauen Waschbecken und stütze mich mit beiden Armen auf der kühlen Keramikfläche ab. Wie schwer es doch ist, meinen Kopf frei zu bekommen!

Ich muss es einfach schaffen. Ich muss vergessen, wer Davis ist. Aber das ist nicht die schwierigste Aufgabe. Vor allem gilt es, meine Hormone in Schach zu halten.

»Seit Jahr und Tag bist du Männern gegenüber praktisch immun. Warum bringt dich bloß dieser Kerl so aus dem Konzept? Reiß dich zusammen, Luisa«, ermahne ich mich, nehme das dünne Kettchen von meinem Hals und besprenge die roten Stellen, die dort verräterisch blitzen, mit kühlem Wasser.

Wie sehr ich diese Flecken hasse! Dass sie immer in Momenten höchster Aufregung auftreten müssen! Ich habe keine Ahnung, warum Julian Davis mich derart … fasziniert. Schließlich träume ich nicht von einem Ritter in edler Rüstung, der eines Tages vor meinem Turm auftaucht und mich rettet. Ich bin bodenständig … warum dann also gerade Davis? Er mag überaus attraktiv sein, doch er wird sein Schwert geradewegs in mein Herz bohren. Daran besteht kein Zweifel!

Schnell lege ich meine Kette wieder an, denn draußen ertönen Stimmen. Gleich darauf geht die Tür auf und zwei Frauen betreten die Toilette. Ich quetsche mich an ihnen vorbei auf den Gang hinaus und spüre in derselben Sekunde, wie meine Kette zu Boden gleitet. Einen leisen Fluch ausstoßend bücke ich mich, um sie aufzuheben, aber eine Männerhand kommt mir zuvor.

Bleibt mir heute denn gar nichts erspart?

Mein Blick wandert von den schlanken, wohlgeformten Fingern hinauf bis zum Handgelenk, an dem eine Rolex blitzt, und dann den Ärmel eines Smokings entlang. Ohne dem Mann ins Gesicht zu sehen, weiß ich, wer Rapunzels Kette an sich genommen hat. Mir wird speiübel. Lange weigere ich mich, ihn anzuschauen, aber schließlich hebe ich doch den Blick und verliere mich in seinem ebenmäßig schönen Gesicht.

Sein Blick ruht auf mir, sein Mund ist immer noch zu einem schmalen Strich gestaucht. Seine Haut ist glatt, lediglich der dunkle Schatten rund um sein Kinn stört die Harmonie. Seine Augen sind blau, sie durchleuchten mich, können bis tief in mein Innerstes sehen und darin, Süßer, kommt einiges zum Vorschein, das mir wahrlich nicht schmeichelt. Mein Gott, sind das Augen! Wie leicht könnte ich mich darin verlieren!

Ich könnte nicht nur … ich … tue es. Er übt eine unbeschreibliche Wirkung auf mich aus. Macht er das absichtlich? Macht er das unbewusst? Doch der Schleier, der das Blau seiner Augen durchzieht, ist viel zu verrucht – es muss einfach Kalkül dahinterstecken. Was will er? Ich konzentriere mich auf seine Lippen. Sie laden mich ein, Verbotenes zu verlangen. Sie bringen meinen Bauch zum Vibrieren. Mir wird warm. Verdammt, ist mir heiß!

Fast schäme ich mich für meinen Körper, diesen Verräter. Ich sollte mich anders verhalten. Zum Beispiel könnte ich mich abweisend geben, ihm die Kette entreißen und davoneilen. Was aber, wenn er sich mein Gesicht einprägt und es am Montag, wenn ich bei ihm antanze, wiedererkennt? Ich könnte ihm auch einfach nur danken und dann verschwinden. Was soll ich nur tun? Ich bin wie gelähmt, fühle mich wie eine leblose Statue.

»Danke«, stoße ich mit rauer Stimme hervor, räuspere mich und strecke die Hand nach der Kette aus.

Muss ihm diese schlichte Geste nicht gar wollüstig und gierig vorkommen?

»Der Verschluss ist kaputt«, konstatiert Davis und wiegt die Kette bedächtig in seiner Hand. Ich starre wie gebannt auf dieses Schauspiel, stelle mir eine Sekunde lang vor, er beschäftigt sich auf diese Weise mit meinen Haaren oder – verdammt! – mit meinen Brüsten, die sich auf einmal schwer und hungrig anfühlen.

Er ignoriert meine ausgestreckte Hand, die, als er sich erhebt und von oben auf mich herabblickt, zu zittern beginnt.

Hilf mir, Gott, werde ich in Sekundenschnelle gläubig, mache es Davis gleich und stehe ebenfalls auf. Er überragt mich trotz meiner Heels um einige Zentimeter. Du lieber Himmel, nur nicht schwanken, nur nicht nach hinten kippen und mit weit gespreizten Beinen vor ihm landen!

»Julian Davis«, stellt er sich vor. »Und Sie sind?« Er greift nach meiner Hand – das Kettchen bleibt sicher verwahrt in der anderen.

Selbst wenn ich das dringende Bedürfnis verspürt hätte, ihm meinen Namen unter die Nase zu reiben, so sollte mir dieser Versuch spätestens jetzt misslingen. Ich meine, ich weiß gar nicht, was das soll. Ich blicke mich nach einer versteckten Kamera um, auf einen hinterlistigen Moderator, der Julian Davis mit einem Handschocker ausgestattet hat. Spinne ich, es hat doch gerade wirklich geknistert – noch mehr, als zuvor. Seine Haut auf meiner zu spüren kommt der Intimität eines Kusses gleich. Seine Finger sind lang, umschließen kinderleicht die meinen, während sein Daumen genau an der Stelle liegt, an der er meinen viel zu schnellen Puls spüren kann.

 »Ähm …«, stottere ich. »Ich … ähm …« Wo ist nur das Loch zum Verkriechen, wenn man es einmal braucht? »Ich bin Luisa Adams.« Jetzt ist es endlich raus.

Luisa, die ehrliche Haut, die dumme Kuh! Soll ich ihm gleich gestehen, dass ich ab Montag als Praktikantin für ihn arbeiten werde? In was für eine Kacke habe ich mich eben hineingeritten? Wäre ich doch bloß daheimgeblieben!

Ich sollte ihm meine Hand entziehen, damit ich wieder klar denken kann. Ich sollte weglaufen. Alle Alarmglocken schrillen. Aber diese Hand … diese verdammten Augen … wie er mich ansieht, wie er mich berührt! Als er hauchzart über meine Handinnenfläche streicht, zucke ich zusammen.

Sag etwas, flehe ich stumm und presse meine Lippen fest aufeinander, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Sag etwas, verdammt!

»Miss Luisa Adams«, wiederholt er versonnen, als würde dieser Name pure Leidenschaft verströmen. »Sie sollten sie sicher verwahren.«

Verständnislos blicke ich ihn an. »Die Kette, meine ich«, fügt er hinzu. »Sie verlieren sie sonst noch.«

»Danke.«

Wie oft willst du ihm noch danken? Er hat bloß eine billige Kette aufgehoben und nicht dein Leben gerettet!

»Ich muss wieder zurück an meinen Platz«, murmle ich undeutlich und zaubere damit ein mildes Grinsen auf Davis’ Gesicht. Na prima, jetzt lacht er mich auch noch aus!

»Möchten Sie …«

»Da bist du ja.« Wie aus dem Nichts taucht plötzlich Eva Schaper neben uns auf. Sofort lässt Davis meine Hand los und sie sinkt kraftlos nach unten. Oh, jetzt gibt es sicher ein Riesentheater, denn wäre Davis mein Freund und ich würde ihn dabei ertappen, wie er eine andere Frau auf diese Art ansieht … oh, spinne ich? Er ist nicht mein Freund und wird es auch nie sein. Irgendwann wird er mich sogar hassen. Spätestens in drei Monaten werde ich jedes schmutzige Detail aus seinem Leben ans Tageslicht gefördert haben. Ich werde ihn nicht schonen, auch wenn er mir längst den Kopf verdreht hat.

Eva tritt an Julians Seite, berührt ihn an der Schulter und schenkt mir dasselbe kalte Lächeln, wie sie es schon bei Walter Davis getan hat. »Gibt es ein Problem?«

Kurz breitet sich ein unangenehmes Schweigen zwischen uns aus, doch Davis fängt sich rasch, räuspert sich und lächelt Eva freundlich an. »Alles in Ordnung. Hier ist Ihre Kette, Miss Adams.«

Mit diesen Worten gibt er mir mein Eigentum zurück. Die Kette in meiner Hand fühlt sich warm an. Es ist Davis’ Wärme, die nun in meinen Körper übergeht. Himmel …. I believe I can fly … Klappe, R. Kelly, dazu wird es nicht kommen. Unzählige einsame Abende liegen vor mir, wenn Kelly mit irgendeinem Typen ausgeht. Aus Mitleid wird sie mich wohl mit seinem besten Freund verkuppeln wollen und dann stellt sich heraus, dass ihr superheißer Feger einen übergewichtigen, Chips in sich hineinstopfenden, spielsüchtigen Kumpel hat, der bedauerlicherweise auf Lara Croft steht und mich allen Ernstes in ein Wettcafé ausführen will. Du meine Güte, sieht meine Zukunft tatsächlich so aus?

Eva ahnt nichts von meinen Gedanken, ihre Augen funkeln mich zornig an. Warum eigentlich? Ich kenne sie doch nicht einmal, aber wenn zwischen den beiden etwas läuft, ist ihre Reaktion nur zu verständlich.

Also, Luisa, was willst du? Bei dem Kerl hast du sowieso keine Chance. Aber warum wirft er mir dann so verführerische Blicke zu? Du musst dich irren! Nein, er wirft mir verführerische Blicke zu! Gut so, weiter so, Mister Davis! Sie sollten meine Hand zurück in die Ihre legen. Sie sollten mich ein einziges Mal küssen. Einmal. Nur ganz leicht, damit ich sicher sein kann, dass Sie echt sind. Weg hier, Luisa! Zwei Gläser Champagner – oder waren es drei? Vier? – sind einfach zu viel für dich!

»Einen schönen Abend noch«, wünsche ich und bemühe mich, mir das Zittern in meiner Stimme nicht anmerken zu lassen.

Ich eile wie von Furien gehetzt zurück in den Saal. Mein Herz pocht wild. Die Kette, die er in Händen gehalten hat, presse ich eng an meine Brust.

Ich sollte dringend nach Hause gehen und diesen kleinen Vorfall vergessen. Davis hat bloß einer Laune nachgegeben und im Grunde überhaupt kein Interesse an mir.

»Wer ist diese Frau?«

»Ich weiß es nicht.«

Eva schweigt, wofür ich ihr mehr als dankbar bin. Mein Blutdruck bewegt sich ohnedies auf Rekordlevel. Ich bin nicht auf diese Begegnung vorbereitet gewesen. Dabei bringt mich selten etwas aus dem Konzept. Miss Adams wirkte zwar schüchtern und verschreckt – die Sorte Frau, die ich üblicherweise meide, da sie sich in einen verlieben und nur Schwierigkeiten und Gerede heraufbeschwören, was ich auf den Tod nicht leiden kann. Andererseits hat sie dieses gewisse Etwas ...

Wer ist diese Frau?

»Ich habe Sarah erreicht. Sie wartet in deiner Wohnung.«

Ich nicke gottergeben, auch wenn ich weder Lust auf Sarah noch auf Eva habe. Die Wut, die ich schon den ganzen Abend über verspüre, steigert sich allmählich ins Unermessliche. Zuerst die stichelnde Bemerkung, die mein Vater über Eva fallen gelassen hat. Dann das inhaltsleere Geschwätz unserer Tischnachbarin, das mich an den Rand des Wahnsinns trieb. Ich gehöre nicht hierher. Ein Auftritt wie dieser ist die reinste Folter für mich. Ich mag nicht immer in dieselben hinterfotzigen Gesichter blicken. Verabscheue ihre Intrigen, die falschen Freundschaftsbekundungen und den oberflächlichen Small Talk.

Aber heute, heute war es anders. Heute bin ich – dem Zufall sei Dank! – auf die Nadel im Heuhaufen gestoßen. Heute bin ich dem einzigen lebendigen Wesen unter lauter entseelten Marionetten begegnet. Mein Schwanz zieht sich bei der Erinnerung an ihren unsicheren Blick gierig zusammen. Luisa Adams ist in meinen Augen mit einem rohen Block aus feinstem Marmor zu vergleichen, den der Künstler mit seinem Werkzeug zu höchster Vollendung führen wird. Noch kann alles daraus entstehen – eine prüde Ordensschwester oder ein ewig hungriger Vamp. Beide Frauentypen sind für mich tabu. Lange genug habe ich es mit Frauen wie Luisa Adams versucht. Ich lernte sie auf Veranstaltungen, auf Partys oder auf der Straße kennen. Und jede bescherte mir auf ihre Weise Martern aller Art. Damit ist es nun vorbei. Für mich kommt nur noch eine Sorte Frau infrage, die Sorte, zu der auch Sarah zählt – dienstbeflissen, diskret und ohne emotionale Verwicklungen. Mit ihnen befriedige ich meine Sucht. Diese Sucht hält mich fest in ihren Klauen. Sie bestimmt meinen Alltag, mein Denken, meine Befindlichkeit. Ich bin auf immer und ewig mit ihr verbunden. Scheiße, wie oft wollte ich mich von ihr befreien. Doch sie ist hartnäckig. Ich komme nicht gegen sie an und muss mich wohl mit ihr arrangieren. Es zermürbt mich, denn ich schaffe alles, was ich mir in den Kopf setze. Nur an dieser Sache scheitere ich.

Luisa Adams – zum ersten Mal seit … keine Ahnung … vielleicht einem Jahr will ich wieder eine normale Frau vögeln. Himmel, ich will sie ficken, bis sie ihre unschuldigen Augen nicht mehr aufbringt. Ich will sie zum Glühen bringen. Ich will, dass sie stöhnt, dass sie meinen Namen schreit … Ich fahre mir nervös durchs Haar und bringe meine geschniegelte Frisur in Unordnung. Nun ja, nicht nur sie ist in Unordnung geraten.

»Du willst sie nicht?«, unterbricht mich Eva und sieht mich von der Seite an. Eva kennt mich lange genug, um hinter meine Fassade zu blicken. Es gibt nur wenig, das sich vor ihr geheim halten lässt. Ich kann nur darauf vertrauen, dass sie dies nicht einmal gegen mich verwenden wird.

Nein, verdammt. Ich will Sarah nicht. Aber ich muss. Zumindest, wenn ich diese Nacht vögeln möchte. Luisa. Wieso schleicht sie sich permanent in meine Gedanken? Verdammt, Julian, lass die Finger von ihr. Du zerstörst ihr Leben. Denk nach. Versuch, vernünftig zu sein. Du kennst Frauen wie Luisa Adams zur Genüge. Sie sind jung, leben mit ihrer besten Freundin zusammen, weil sie alleine nicht die Miete aufbringen können. Sie jagen ihren Träumen hinterher und diese Träume beinhalten ein Haus mit Garten, Kinder, einen netten Mann. Okay, ich könnte ihr vierzig Häuser mit Garten bieten, aber sie kann ja doch nur in einem einzigen wohnen. Ich könnte ihr zig Kinder machen, doch sie hätte wenig Freude mit mir, wäre ich doch ein miserabler Vater – und ein noch mieserer Ehemann. Ich würde sie unglücklich machen. Sie würde in einem luxuriösen Anwesen sitzen und traurig aus dem Fenster blicken, während ich in Dubai oder in New York oder sonst wo irgendein Callgirl ficke. Sie würde mich hassen – und ich könnte es ihr nicht verdenken.

Gut, ich bin Pragmatiker. Sehr gut. Sehr, sehr gut. Sieh es als Deal – du kannst entweder diesen geilen Schuppen mitten in London kaufen, der zwar den einen oder anderen Schönheitsfehler hat, aber aus dem sich einiges herausholen lässt. Oder du legst dir ein idyllisches Landhaus zu ...

»Ich bin Luisa Adams.« Krieg bloß diese Stimme aus dem Kopf!

»Was ist jetzt, Davis? Soll ich Sarah absagen? Du denkst doch nicht etwa darüber nach, dieses Mädchen zu ficken? Willst du ihr Nachhilfestunden geben, damit sie ihren Schulabschluss hinkriegt? Machst du seit neuestem auf Sugar-Daddy?«

»Doch. Nein … ich meine, Sarah ist okay. Sie ist jeden Penny wert und ich kann ihr vertrauen.«

Evas Finger fassen ganz unvermittelt nach der Stelle an meiner Hose, an der sich mein harter Schwanz abzeichnet. »Warum trauerst du dann diesem Girlie nach?«

Grob schubse ich ihre Hand beiseite. »Das geht dich einen verdammten Scheißdreck an!« Ich lasse sie stehen, kehre zurück an meinen Platz und biete all meine Kräfte auf, um nicht an Luisa Adams denken zu müssen, nicht nach ihr Ausschau zu halten, denn irgendwo in diesem Raum versteckt sie sich schließlich. Beinahe spüre ich sie körperlich – mein Schwanz wird davon auch nicht gerade weicher.

Eva schleicht heran, mustert mich verdrossen von der Seite und schnappt sich ihre Zigaretten. »Ich bin draußen, wenn du mich suchst.«

Ich antworte ihr nicht, sondern hefte meinen Blick fest auf mein Glas. Ich sollte mich betrinken. Ich sollte abhauen. Doch mein Vater würde mich dafür zur Schnecke machen. Es ist sein Abend. Genau, Luisa Adams ist wahrscheinlich eine seiner Studentinnen, die doch alle in ihn vernarrt sind. Beim Gedanken, wie hinterhältig sich mein Vater meiner Mutter gegenüber verhält, werde ich noch wütender, als ich es ohnehin schon bin. Ich weiß schließlich ganz genau, wie schwer es meinem Vater fällt, die Finger von den jungen Küken an der Uni zu lassen. Meine Mutter steckt entweder den Kopf in den Sand, was ziemlich traurig wäre, oder sie akzeptiert die Situation, was ich noch beschämender fände. Wie hätte bei solchen Eltern ein normaler Mann aus mir werden sollen? Ich bin das Produkt zweier Wahnsinniger, die sich früher oder später den Kopf einschlagen werden. Angesichts solcher Horrorvorstellungen erscheint mir meine Sucht noch als das kleinere Übel.

Ein letzter Schluck, dann ist mein Glas leer. Ich habe heute Abend viel zu viel in mich hineingeschüttet. Doch was soll’s? Wenn ich mich schon nicht mit Miss Adams bei den Damentoiletten vergnügen darf, kann ich mich wenigstens betrinken – früher oder später befindet sich der Großteil der hier Anwesenden in einem ähnlichen Zustand. Mehr Alkohol muss her! Ich sehe mich nach einem Kellner um, doch die scheinen alle mit dem Auftragen der Nachspeise ausgelastet zu sein und würdigen mich keines Blickes. Auch gut. Irgendwo wird es doch eine verdammte Bar geben. Mein Kopf geht erst nach links, dann nach rechts. Und da ist sie ja! Nicht nur die Bar, sondern auch Luisa Adams! Sie wendet mir den Rücken zu, scheint in ein Gespräch mit ein paar Leuten vertieft zu sein. Vielleicht ist sie ja doch keine Verehrerin meines Vaters, denn sie sucht keineswegs seine Nähe. Worauf warte ich noch? Stopp, bei Frauen wie ihr ist es besser, sie hinzuhalten und abzuwarten.

Das gibt mir ausreichend Gelegenheit, ihre Rückenansicht zu betrachten. Sie ist schlank, hat einen knackigen Hintern – wie mich das anmacht! Tausend Dinge könnte ich mit ihr anstellen! Und immer würde sie dabei nackt sein, allerhöchstens mit Nylonstrümpfen bekleidet. Luisa Adams weckt die Gier nach frischem Fleisch in mir, sie könnte mir einen nie gekannten Kick geben.

Roboter gleich erhebe ich mich. Meine Beine steuern wie von selbst auf Luisa zu. Wie eine Raubkatze pirsche ich mich an meine Beute heran. Als Luisa auf mich aufmerksam wird, überzieht sich ihr hübsches Gesicht mit einer schüchternen Röte. Sie verkrampft sich, als hätte sie Angst vor mir, was sie genau genommen auch haben sollte, da ich hungrig wie ein Löwe bin und sie den schönsten Braten abgibt, den man sich vorstellen kann.

Ich bin sorgsam darauf bedacht, meine Händen in den Taschen zu halten. Erstens verhindert das, dass ich Luisa umgehend packe, über meine Schulter werfe und hinaustrage – egal, wohin. Zweitens möchte ich den Anschein von Lässigkeit erwecken.

»Was für eine tolle Veranstaltung. Ein Lob den Organisatoren«, schmeichle ich, da ich erkannt habe, mit wem sich Luisa unterhält.

»Danke, Mister Davis. Ich denke, alle amüsieren sich großartig«, meint die Kleine von der Eventagentur. Kelly, heißt sie, oder so. Ich denke, ich bin ihr schon einmal begegnet.

Ich ringe mir ein charmantes Lächeln ab und versuche, den Blick von Luisa zu nehmen, die ihr Glas wie eine Waffe vor sich herträgt. »Welche anderen Referenzen haben Sie denn?«, wende ich mich wieder an Kelly, die gleich lossprudelt und Veranstaltung über Veranstaltung aufzählt. Ich höre nur mit halbem Ohr zu, denn es ist wesentlich interessanter zu beobachten, wie Luisa in meiner Gegenwart schrumpft. Zuerst gibt sie noch vor, Kellys Ausführungen zu lauschen, sie trinkt einen Schluck, lässt ihr Glas unsicher von einer Hand in die andere wandern und streicht sich eine vorwitzige blonde Haarsträhne hinters Ohr. Ich bemühe mich, Kelly meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, nicke, wenn es mir erforderlich scheint, und werfe hin und wieder eine Bemerkung ein. Doch in Wahrheit inspiziere ich jeden Millimeter von Luisas Körper, auch wenn es mir tausendmal lieber wäre, ihn haptisch zu erforschen.

Sie atmet schnell, dabei heben und senken sich ihre Brüste, die perfekt in meine Handflächen passen würden. Welche Farbe ihre Nippel wohl haben mögen – rosa, braun? Wie wird ihre Stimme klingen, wenn sie mich anfleht, sie härter zu ficken? Ich sehe sie vor mir – nackt, mit gespreizten Beinen, während ich immer wieder in sie stoße, bis sich ihre Augen verschleiern, weil sie auf den Höhepunkt zusteuert. Sie windet sich unter mir, während ich, Schwein, das ich bin, sie noch etwas quäle, damit sie nicht aufhört zu jammern. Irgendwann würde ich mich dann herablassen, sie zu erlösen. Oh Gott, sie würde so heftig kommen, dass sie mich nie wieder vergisst!

Aus Luisas Körperhaltung, aus ihrem gesenkten Blick, der meinem auszuweichen versucht, aus ihrem verhaltenen Lächeln schließe ich, dass sie angebissen hat. Und ich? Ich bin verrückt nach ihr, ich will sie haben – und wenn wir beide daran zugrunde gehen.

 »Vielleicht werde ich einmal auf Ihre Agentur zurückkommen, man weiß ja nie«, stelle ich gönnerhaft in Aussicht.

»Gerne«, stottert Kelly, »das wäre eine große Ehre für uns.«

Es ist an der Zeit, diese sinnlose Unterhaltung zu beenden. Auf der Tanzfläche hat sich inzwischen eine Handvoll Paare eingefunden.

Ich muss mit Luisa alleine sein. Ich muss sie berühren. Ich will sie dicht an meinem Körper spüren. Was läge da näher, als sie aufzufordern?

 »Möchten Sie tanzen?«, frage ich an Luisa gewandt. Sie scheint davon wenig begeistert zu sein. Ob es jemanden gibt, der auf sie wartet? Wie dumm von mir, dass ich diese Möglichkeit noch nicht in Betracht gezogen habe. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie Single ist.

Zeigt sie mir etwa die kalte Schulter? Das darf doch nicht wahr sein! Auch wenn es vermutlich ziemlich abgehoben klingt, so wette ich doch, dass sich jede Frau in diesem Saal, egal, welchen Alters, darum reißen würde, von mir gevögelt zu werden. Nur Luisa will offenbar nichts mit mir zu tun haben. Was gibt ihr das Recht, mich zurückzuweisen? Sofort finde ich einen weiteren Grund, sie vögeln zu wollen – Niederlagen sind in meiner Lebensplanung nun mal nicht vorgesehen.

Schließlich ringt sie sich zu einer Antwort durch. »Nein, danke … meine Füße schmerzen.«

Na gut, denke ich und kann mir ein provokantes Lächeln nicht verkneifen. Wenn du spielen willst, dann spielen wir eben. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie Ihre Füße nicht mehr spüren, Miss Adams. Sie sind bei mir in den besten Händen.« Ich mache einen Schritt auf sie zu, berühre ihren Oberarm, die weiche Haut unter meinen Fingern überrascht mich, aber ich dirigiere sie unbeirrt hin zur Tanzfläche.

Luisa ist viel zu verwirrt, um sich mir zu widersetzen. Ich schlinge die Finger meiner rechten Hand um ihre und platziere die andere knapp über ihrem Arsch, während wir uns sanft im Rhythmus der Musik wiegen. Unsere Haltung ist comme il faut, aber ich fühle auch die unterschwellige Spannung, die sich zwischen uns ausbreitet. Hinter ihrer Stirn tobt ein wilder Kampf, der mir nicht verborgen bleibt. Sie rührt mich und ich bin fast versucht, Mitleid mit ihr zu empfinden. Meine Nähe verunsichert sie und das macht mich auf seltsame Weise scharf.

Wer hätte gedacht, dass so etwas eines Tages einer Frau wie Luisa Adams gelingen wird? Keine Frage, sie passt nicht ins Ritz und doch ist sie hier der einzige Lichtblick für mich. Ich genieße ihre Nähe, ihre Unsicherheit, den verzweifelten Unterton in ihrer Stimme, als sie realisiert, dass sie mich nicht so schnell loswird. Unglaublich, wie mich all das erregt!

Kapitel 3

So muss es sich anfühlen, wenn Menschen die Kontrolle verlieren. Bis heute ist mir Derartiges fremd gewesen – jetzt bin ich damit vertraut.

Davis hat mein Zögern ignoriert und mich ungefragt auf die Tanzfläche gezerrt. Wie in Trance folgte ich ihm. Vermutlich war das dem festen Griff seiner Hand zu verdanken, der keinen Widerstand zuließ, ohne jedoch grob zu sein. Es fühlte sich nicht einmal falsch an. Und jetzt bekomme ich die Rechnung für meine Willenlosigkeit auf einem hübschen Silbertablett serviert.

Er ist mir so nahe – näher als mir lieb ist. Seine Finger umschließen die meinen und wie durch Zufall streichen sie ab und zu sanft über meine Handinnenfläche. Ein wohliger Schauer durchflutet meinen Körper, ich wage es nicht, ihn anzusehen, sondern hefte meinen Blick auf eines der anderen Paare auf der Tanzfläche.

Ich kann keinen klaren Gedanken fassen und obwohl ich dieses Prickeln spannend finde, muss ich verhindern, dass sich zwischen uns allzu viel Intimität einstellt. Mit den Worten »Miss Schaper ist Ihre Freundin?« versuche ich, ihn zur Räson zu bringen.

Er sieht mich schief an, ein schelmisches Lächeln zuckt um seine Lippen, aber er lässt sich mit der Antwort Zeit. Viel Zeit. Als er sich endlich dazu bequemt, klingt seine Stimme weder sauer noch belustigt.

»Macht es Sie so nervös, mit mir zu tanzen, dass Sie eine dritte Person hereinholen? Wollen Sie mich etwa auf Abstand halten?«

Ich fühle mich ertappt. Mein Ablenkungsmanöver ist total in die Hose gegangen.

»Nein, sie ist nicht meine Freundin«, erklärt er, während seine Finger leicht an meinem Rücken entlangstreichen.

Was macht dieser Mann bloß mit mir? Wenn das so weitergeht, bekomme ich noch mitten auf der Tanzfläche einen fetten Orgasmus. »Alle Welt denkt das aber«, presse ich hervor.

»Mir ist es egal, was die Welt über mich denkt.«

»Entschuldigung.« Herrgott, Luisa, was bist du für ein Trampel! Du stolperst von einem Fettnäpfchen in das nächste. Kannst du nicht einmal spontan und witzig sein? Musst du immer alles verderben? »Ich …«