My Year With Girls - Stephan Borchers - E-Book

My Year With Girls E-Book

Stephan Borchers

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Beschreibung

Jungs schreiben keine Tagebücher! Das ist wohl auch einer der Gründe, weshalb der Protagonist von Stephan Borchers’ Roman My Year With Girls lieber ungenannt bleibt. Das ist nämlich so: Zu Weihnachten bekommt er von seiner Tante ein Notizbuch geschenkt, und obwohl er das Geschenk als Beleidigung seiner Männlichkeit empfindet, fasst er – quasi als guten Vorsatz fürs neue Jahr – den Entschluss, das Buch von Anfang bis Ende, 365 beknackte Tage lang, mit seinen Be- und Erkenntnissen zum Thema 'Kindheit, Jugend, Sex' zu füllen. Immer noch besser als mit dem Rauchen aufzuhören, findet er – vor allem, wenn man noch nicht einmal damit angefangen hat. Überhaupt hat er mit so einigem noch nicht angefangen, was eigentlich zum Erfahrungsschatz eines Fast-schon-Mannes gehört. Mit den Mädchen zum Beispiel: Während seine Kumpels schon heftig mit unterschiedlichen Sexpraktiken und Beziehungsmodellen herumexperimentieren, hat er selbst noch nie ein Mädchen geküsst. Und so gilt es, neben den üblichen Fragen nach dem Sinn des Lebens oder der Schule vor allem einer Frage nachzuforschen: Wie verbessert man seine Chancen bei den Girls? Zum Beispiel bei Birte, der Klassenschönsten, die leider schon an einen Jungen vergeben ist, dessen Name wie eine Hunderfuttermarke klingt. Oder bei Inse, die von den Eltern ja eigentlich als Latein-Nachhilfe engagiert worden ist. Bald kann unser jugendlicher Held neben einigen Abfuhren zu seiner eigenen Verblüffung durchaus auch den einen oder anderen Erfolg bei den Mädels verbuchen. Und so könnte sein Liebesleben eigentlich angenehm und ohne allzu große emotionale Verpflichtungen vor sich hin plätschern. Wäre da nicht Tessa …

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Seitenzahl: 352

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Stephan Borchers

MY YEAR WITH GIRLS

Tagebuch eines Mädchenschwarms

Roman

Prolog

OH TAGEBUCH, OH TAGEBUCH, WIE LEER SIND DEINE SEITEN …

Ich beginne dieses literarische Meisterwerk mit einem Prolog. Ein Prolog ist so was wie der Anfang, bevor es richtig losgeht. Ein Prolog ist so was wie Petting vor der Erektion, so was wie Vorglühen vor der richtigen Party. So was wie ein alkoholfreies Bier, bevor dir endlich jemand eine Colamischung mit hundert Prozent Weinbrand hinstellt. Ist so was wie eine Einleitung. Also leite ich mal ein und beginne – was bleibt am Jahresende schon groß übrig – mit Weihnachten.

Weihnachten, um das ein für allemal klarzustellen, und ohne zu unter- oder zu übertreiben, ist volle Kanne Moppelkotze. Richtige klumpige klebrige Moppelkotze. Weihnachten bringt alles zum Vorschein, was die Welt sowieso nicht braucht. Der Bundespräsident hält die langweiligste Rede des Jahres und darf dafür sogar im Fernsehen auftreten, der Papst macht genau dasselbe, mitten in Rom vor seinem deutlich zu groß geratenen Altersheim – und meine Mutter backt Kekse, die man nicht einmal seinem toten Hamster anbieten würde.

Oh du fröhliche, oh du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit … Ja, genau, oh, was bin ich jedes Jahr wieder fröhlich und selig. Kann man sich kaum vorstellen. All die Liebe, die Düfte, die leuchtenden Kerzen und das ganze wunderbare Drumherum-Dideldum. Einfach nur herrlich. Eine Welt gepackt in Harmonie und Frieden, und es begab sich zu der Zeit, als der Kaiser Augustus … Ach, leckt mich doch alle am Arsch.

Oh Tannenbaum … Verdammte, vernadelte Tanne. Ja, klar, du dämlicher Baum. Und wer hat das große Glück und die unvermeidliche Ehre, dich mit Kugeln und glitzerndem Lamettamist zu schmücken? Sicher doch, ich natürlich! Weil meine Eltern total der Meinung sind, dass das total eine Sache für den Nachwuchs ist. Und da meine Eltern gleich zweimal total für Nachwuchs gesorgt haben, Miss »Da kann man sich einen Fingernagel abbrechen« aber für künstlerische Herausforderungen wie diese nicht zu gebrauchen ist und ohnehin woanders weilt, bleibt das ganze Tamtam halt an mir hängen. Und während ich so Lametta aufhänge, überlege ich, ob ich mich nicht gleich selbst mit aufhängen sollte …

Jeder Mensch verbindet mit Weihnachten ein Ritual. Ich auch. Ein Ritual direkt aus der Hölle, beginnend natürlich mit den ach so lieben Verwandten. Da ist zum Beispiel Tante X, die so extrem alt und runzelig ist, dass man jedes Mal denkt, dies wäre nun endlich und Gott sei Dank ihr letztes Weihnachten, nur um sie im kommenden Jahr erneut begrüßen zu dürfen. Sie erscheint stets mit Koffern aus Schweden, weil deutsche Koffer nichts taugen. Sie selbst kommt aus Bayern, einem -Königreich fernab jeglicher Könige irgendwo im Nirgendwo der Republik.

Tante X hat mir ein Notizbuch geschenkt, das ich als Tagebuch nutzen soll. »Weil ihr Kids ja immer so coole Sachen treibt.« Richtig – coole Sachen. Ist klar. Was soll ich denn bitte mit einem verflixten Tage-buch? Tante X, hör mal, ich bin ein Mann. Haste gehört? M-A-N-N! Und ein Mann mit Stil und Niveau schreibt nicht Tagebuch. Da kann ich ja gleich meine Klamotten auf Schweinchenrosa umstellen.

Dann ist da natürlich Onkel Y, Mann von Tante X, vollkommen und unübersehbar scheintot, aber Zigarre rauchend, Dutzende davon, und zwar stündlich, weil wegen »man gönnt sich ja sonst nichts«. Onkel Y, so sagt Mama, hat schon seinen eigenen Sarg zu Hause im Keller stehen, falls es doch mal ganz dicke kommen sollte. Kommt es aber nicht, zumindest noch nicht, aber wenn, dann ist der Mann wenigstens vorbereitet. Onkel Y hat mir ein Zigarettenetui geschenkt. Mama fand das mal gar nicht witzig.

Diese beiden Herrschaften beglücken uns also alljährlich – gerade sind sie abgefahren, das Taxi biegt um die Ecke und nur noch der Zigarrenduft deutet darauf hin, dass sie die letzten Tage vollkommen sinnlos bei uns verrottet sind. Der Zigarrenduft und Mamas schlechte Laune. Und Papas schlechte Laune. Und meine Laune, welche sich nicht mehr in Worte fassen lässt. Verwandte sind eine tolle Sache, sagt Papa, aber eher am Telefon, nicht als Live-Konzert. Wenigstens haben wir bis nächstes Jahr Ruhe, sagt Mama, aber ich fürchte, das nächste Jahr kommt wieder mal schneller als gedacht. Bis dahin haben wir jedenfalls noch Unmengen an selbst gebackenen Keksen und Plätzchen zu essen. Mama wirft aus Prinzip niemals Lebensmittel weg. Niemals. Bis tief in den Sommer hinein wird also auf dem Tisch im Wohnzimmer ein Trog mit schwarzen, kohleartigen Teilen herumstehen. Natürlich wird niemand das Zeug essen, sofern er auch nur ansatzweise einen Überlebensinstinkt hat.

Nach Weihnachten kommt – große Überraschung – Silvester, jener dämliche Endtag, wo jeder Dödel nichts Besseres zu tun hat, als sich für das kommende Jahr gute Vorsätze zu machen. So was wie »Ich höre mit dem Rauchen auf. Nur noch diese eine. Und morgen allerhöchstens noch die zwanzig Schachteln, die ich im Garten versteckt habe. Und danach wirklich nur noch in absoluten Notfällen.«

Das zumindest sagt Papa. Seit gepflegten zehn Jahren. Mama hingegen setzt sich realistische Ziele. »Ab sofort wird Diät gemacht. Viel frisches Gemüse, viel frisches Obst und überhaupt ganz viel Körnerzeugs aus dem Öko-Bio-Reform-Haus für Komplettdeppen. Nichts Ungesundes mehr und vor allem – kompletter Verzicht auf Pralinen. Vor allem auf diejenigen mit Likörfüllung. Werde mich definitiv nie wieder sinnlos vollstopfen.«

Apropos vollstopfen: All diese Wörter hier hab ich gerade höchstpersönlich zu Papier gebracht. In mein Tagebuch. Männer schreiben keine Tagebücher, so weit, so klar, aber wenn Männern komplett langweilig ist, suchen sie sich manchmal ziemlich ätzende Hobbys. Und da ich hin und wieder auch mal was Sinnvolles tun sollte, werde ich eben dieses Buch hier führen. Von Anfang bis Ende. Beginn: morgen. Heute zählt noch nicht. Heute ist Prolog.

365 Tage hat ein Jahr. Ganz schön viel. Ist aber immer noch besser, als mit dem Rauchen aufzuhören, was schon deshalb blöd wäre, weil ich noch nicht mal damit angefangen habe. Zumindest nicht ernsthaft. Und Diät machen wie Mama passt mal überhaupt nicht. Von dem ganzen frischen Grünzeugscheiß bekommt man ja Ausschlag am Arsch.

JANUAR

WO ICH GANZ OBEN BIN UND FAST SCHON FLIEGE UND NOCH HÖHER HINAUS WILL

DIENSTAG, 1. FEBRUAR

Hab meine Englischarbeit zurück. Eine lässige Vier! Darunter steht doch allen Ernstes: »Please look at the back of the page next time.« Yeah, thanks for telling me, you old bloody bitch! Wir sind wahrscheinlich die einzige Klasse, die am Tag der Halbjahrszeugnisse auch noch eine Englischarbeit zurückbekommt. Wobei die Arbeit nicht den Hauch von Korrekturen oder Randbemerkungen aufweist – hingerotzt und hingepfuscht. Also, Halbjahreszeugnisse. Läuft. Deutsch gut. Mathe ausreichend. Englisch befriedigend, trotz ohne Rückseite. Chemie / Physik / Biologie befriedigend (in Bio hab ich Sexualkunde versiebt), Sport gut (lächerlich), Religion ausreichend (nur weil ich einmal gesagt habe, dass Gott nicht existiert). Geschichte sehr gut, Erdkunde sehr gut (ich kenne mich eben aus in der großen weiten Welt), Latein vollkommen mangelhaft (sogar noch mit Minuszeichen), Beten und Singen sind keine -Fächer. Kunst nur befriedigend. Obwohl ich eigentlich künstlerisch begabt bin! Meine abstrakten Penisse sind der absolute Renner. Sie sehen aus wie gigantische Türme, inklusive Aussichtsplattform. Andere Fächer – drauf geschissen. Könnte zeugnistechnisch irgendwie alles besser sein. Ginge auch schlechter. Ist eh egal – Halbjahr damit fertig. Willkommen im nächsten Level. Hat auch wirklich lang genug gedauert.

Zu den Zeugnisfeierlichkeiten (und zur Feier ihrer Rückkehr) hat Annika heute gekocht – natürlich französisch. Cassoulet heißt der Mist, mit dem sie uns beglücken wollte. Das Ding ist so was wie ein Eintopf und sieht verdächtig nach allem aus, bloß nicht nach menschlicher Nahrung. Wirkt optisch wie ausgekotzte Innereien. Besteht aus Bohnen, Kräutern, Speck und Fleisch. Schmeckt genau wie Currywurst mit Pommes, nur halt ohne Currywurst. Und ohne Pommes. Cassoulet ist aber mit jeder Menge frischer, gesunder Mayonnaise und einem halben Pfund Chilipulver absolut essbar. Blöd nur, dass man danach Unmengen an Fürzen in die Welt verteilt.