Mystery Files - Wächter des Feuers - R.S. Graham - E-Book

Mystery Files - Wächter des Feuers E-Book

R.S. GRAHAM

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Beschreibung

Jillian verbringt den Sommer bei ihrer Tante am Meer in Bellevue Bay. Viel zu bieten hat das kleine Dorf nicht. Nur der alte Leuchtturm fasziniert Jillian. Und obwohl der Turm seit Jahren außer Betrieb ist und leer steht, beobachtet sie eines Nachts, wie ein Licht von dem Leuchtturm ausgeht. Als sie ihrer neuen Freundin Penny am nächsten Morgen davon berichtet, erzählt diese ihr von einer Legende, die sich um das alte Bauwerk rankt: Der Geist des Wärters hat den Leuchtturm angeblich nie verlassen, denn er trauert dort oben um seine Frau, mit der er wiedervereint werden will. Um sie zu finden, entzündet er die Flamme. Jillian glaubt nicht an solche Spukgeschichten und will dem mysteriösen Leuchten nachgehen. Gemeinsam mit Penny besteigt sie in der nächsten Nacht den Turm ...

MYSTERY FILES - Unerklärliche Ereignisse, mysteriöse Geschichten und paranormale Erlebnisse. Gibt es für das Übernatürliche eine logische Erklärung? Oder ist mehr da draußen, als wir alle ahnen? Für alle Fans von »Akte X« und »X-Factor - Das Unfassbare«.

Weitere Folgen der Serie:
Mystery Files - Rufe aus dem Jenseits
Mystery Files - 14 Stunden Angst
Mystery Files - Wächter des Feuers
Mystery Files - Insel der Schrecken
Mystery Files - Der Geist von Lilywhite Manor
Mystery Files - Stadt ohne Gedächtnis
Mystery Files - Galerie der Angst
Bereits erschienen unter »Wächter des Feuers« (2009)

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

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Über dieses Buch

Jillian verbringt den Sommer bei ihrer Tante am Meer in Bellevue Bay. Viel zu bieten hat das kleine Dorf nicht. Nur der alte Leuchtturm fasziniert Jillian. Und obwohl der Turm seit Jahren außer Betrieb ist und leer steht, beobachtet sie eines Nachts, wie ein Licht von dem Leuchtturm ausgeht. Als sie ihrer neuen Freundin Penny am nächsten Morgen davon berichtet, erzählt diese ihr von einer Legende, die sich um das alte Bauwerk rankt: Der Geist des Wärters hat den Leuchtturm angeblich nie verlassen, denn er trauert dort oben um seine Frau, mit der er wiedervereint werden will. Um sie zu finden, entzündet er die Flamme. Jillian glaubt nicht an solche Spukgeschichten und will dem mysteriösen Leuchten nachgehen. Gemeinsam mit Penny besteigt sie in der nächsten Nacht den Turm ...

R.S. Graham

Wächter des Feuers

1. Kapitel

»Sie müssen hier raus!«, schrie jemand hinter ihr. »Hallo, Sie da! Sie müssen raus!«

Jillian drehte sich um, doch in der Dunkelheit war nicht zu erkennen, wer sich dort aufhielt. War das da ein Schemen, der sich in ihre Richtung bewegte? Oder spielten ihre Augen ihr einen Streich? Panik erfasste sie, weil sie nicht wusste, wo sie überhaupt war. Sie konnte sich nicht mal erinnern, wo sie sich zuletzt befunden hatte, bevor sie in diese fast völlige Dunkelheit geraten war.

Sie war ... nein, es wollte ihr einfach nicht einfallen, was sie als Letztes getan hatte. Ein kühler Luftzug strich über ihr Gesicht und trug einen Gestank mit sich, als halte sich etwas Scheußliches in ihrer Nähe auf.

Langsam wurde der Gestank intensiver, was Jillian nur noch nervöser machte. Sie wusste nicht, wo sie war – wie sollte sie da die Flucht ergreifen? Was lauerte in dieser Dunkelheit auf sie? Irgendwelche Schluchten, in denen sie zu Tode stürzen würde? Oder vielleicht sogar ausgeklügelte Fallen, die ihr ein qualvolles Ende bereiteten, sobald sie hineingeriet?

O Gott, dachte sie. Ihr Herz begann zu rasen, der Puls ging schneller. Was ist nur passiert? Warum hilft mir keiner?

Der Gestank kam näher, jemand – oder etwas? – schnaufte, als hätte eine Bestie Blut gewittert und als wolle sie jetzt sofort ihre Beute reißen. Da war etwas hinter ihr, etwas Großes, Bedrohliches. Jillian konnte dessen Nähe fühlen, aber ihre Beine verweigerten ihr den Dienst. Sie schienen nicht gefesselt, ebenso wenig ihre Hände, und doch konnte sie nicht feststellen, warum sie sich nicht von der Stelle rührte.

Plötzlich legte sich eine riesige Pranke auf ihre linke Schulter, und wieder ertönte die Stimme: »Sie müssen hier raus!«

Jillian war sich sicher, dass ihr Ende gekommen war, dennoch wollte sie sich nicht kampflos ergeben. Mit aller Kraft hob sie ihre rechte Hand und versuchte, die Pranke wegzuschlagen. »Nein! Nein! Nein! Neiiiiiiin!«, kreischte sie und ... riss die Augen auf.

Schlagartig kehrte die Erinnerung zurück.

Sie hatte sich nicht in einer unergründlichen Finsternis befunden, sondern in einem Greyhound Bus. Sie saß in einem bequemen Sessel im hinteren Teil des Fahrzeugs, und die Pranke war in Wahrheit die Hand des Busfahrers. Und der abscheuliche Geruch ... nun, der ließ sich ebenfalls erklären: Der Busfahrer hatte beim letzten Zwischenstopp an einem Diner einen Hotdog mit extra viel Zwiebeln und Chilisoße gegessen, und das merkte man ihm jetzt immer noch an, sobald er den Mund aufmachte und jemanden ansprach.

»Sie müssen hier raus«, hörte sie ihn sagen, und damit wurde ihr auch klar, dass er sie schon zuvor gemeint haben musste. Ganz offenbar war sie fest eingeschlafen und hatte irgendetwas Schreckliches geträumt, und im Aufwachen begriffen musste sie geglaubt haben, dass die Stimmen zu ihrem Traum gehörten.

»W-was?«, stotterte sie und bemerkte den Gesichtsausdruck des Busfahrers, der sich wohl wunderte, wieso sie nach seiner Hand geschlagen hatte.

»Sie wollten doch nach Bellevue Bay«, erklärte der Mann. »Und da sind wir jetzt.« Er zeigte aus dem Fenster, aber Jillian musste wegen des grellen Sonnenscheins die Augenlider zusammenkneifen.

»Oh, vielen Dank«, murmelte sie und folgte dem Fahrer nach draußen, um ihren Rollkoffer entgegenzunehmen, der in einem der Gepäckfächer untergebracht war.

»Hier, das ist der richtige, nicht wahr?« Er stellte ihr den lila Koffer hin, den sie unter Tausenden wiedererkannt hätte. Als sie nickte, wandte er sich ab, hielt aber noch einmal kurz inne. »Das muss Ihnen übrigens nicht peinlich sein«, meinte er. »Ich muss fast an jeder Haltestelle Leute aufwecken, damit sie da aussteigen, wo sie auch hinwollen. Gehört zum Job.« Dann zwinkerte er ihr zu und stieg in den Bus ein.

»Nochmals danke«, rief sie ihm nach und sah dem silberfarbenen, monströsen Gefährt hinterher, als es losfuhr.

Dass sie noch gar nicht richtig wach gewesen war, wurde ihr erst nach ein paar Minuten bewusst, als sie die tatsächlich herrschende Hitze spürte. Der Temperaturunterschied zum klimatisierten Bus hätte ihr sofort auffallen müssen, doch dieser unangenehme Traum hatte bei ihr eine ungewohnte Benommenheit ausgelöst. Es war kurz vor ein Uhr am Mittag und die Sonne brannte unerbittlich vom Himmel herab. Nur die leichte Brise, die vom in Sichtweite liegenden, kleinen Hafen herüberwehte, sorgte für etwas Abkühlung.

Jillian drehte sich langsam im Kreis und schaute sich um. Das war also Bellevue Bay. Sie stand auf einer Art Marktplatz, von dem drei Straßen wegführten. Auf der zu ihrer Linken war sie mit dem Bus hergekommen, auf der nächsten hatte sich der Bus auf den Weg zu seinem nächsten Ziel gemacht, und die dritte führte hinunter zum Hafen. Vielleicht war Hafen etwas übertrieben, schließlich konnte sie nur drei Bootsstege ausmachen, an zweien lag je eine große Yacht, der dritte war frei, wenn man von ein paar Anglern absah, die sich dort niedergelassen hatten und warteten, dass ein Fisch anbiss.

Die Häuser rings um den Platz kamen Jillian vor wie eine Filmkulisse, in der alles sauber und aufgeräumt war, was sie so gar nicht nach dem wahren Leben aussehen ließ. Keines der Gebäude war höher als zwei Stockwerke, und jedes zweite oder dritte beherbergte ein Geschäft. Sie entdeckte eine Buchhandlung, einen Bäcker, ein Antiquitätengeschäft und einen Lebensmittelhändler. Die übrigen Häuser waren jedoch zu weit entfernt, sodass sie nicht erkennen konnte, was dort angeboten wurde.

In der Mitte des Platzes erstreckte sich eine großzügige Rasenfläche, der sich ein großes Bauwerk anschloss, das ein wenig an eine Miniaturausgabe des Weißen Hauses erinnerte. Ein großes Messingschild rechts der Eingangstreppe wies es als die Bellevue Bay Bibliothek aus.

»Bist du dir sicher, dass du hier aussteigen wolltest?«, hörte sie auf einmal jemanden fragen.

Sie drehte sich nach rechts, doch im gleichen Moment fegte eine Windböe über den Platz, sodass ihre schwarzen Locken ihr ins Gesicht geweht wurden. Erst nachdem sie sie zur Seite gestrichen hatte, fiel ihr Blick auf ein blondes Mädchen etwa in ihrem Alter, vielleicht ein bisschen älter, das sie freundlich anlächelte.

»Wenn das hier wirklich Bellevue Bay ist, dann wollte ich hier auch aussteigen«, sagte Jillian. »Aber nach deiner Frage zu urteilen, steigt hier sonst wohl nie jemand aus, wie?«

»So gut wie nie.«

»Ich bin Jillian Tucker.«

»Penny Grayson«, stellte sich ihr Gegenüber vor. »Ich lebe hier.« Dabei verzog sie den Mund, als sei das eine Strafe.

»Ich bin nur zu Besuch hier«, gab Jillian zurück.

»Sei froh«, kam Pennys ironische Antwort. »Du darfst wenigstens wieder nach Hause fahren. Ich bin hier zu Hause.«

Jillian entging nicht das flüchtige Lächeln, das Pennys Mundwinkel umspielte. »Ist es hier so schlimm, wie sich die Leute im Westen erzählen?«

Penny winkte ab. »Die wissen ja nicht mal die Hälfte von dem, was hier los ist.« Dann räusperte sie sich. »Nicht, dass du glaubst, ich wollte Bellevue Bay schlechtreden. Das Leben ist hier eigentlich okay, aber leider nur so lange, bis man was Besseres zu sehen bekommt.«

»Du meinst ... so was wie Chicago?«, fragte Jillian.

»So weit muss man gar nicht«, erwiderte sie. »Da reicht schon Machias, wo ich zur High School gehe. Wenn ich sehe, was es da alles gibt und was es hier nicht gibt, dann kann ich neidisch werden. Aber zurück zu dir, Jillian. Was machst du hier, wenn du tatsächlich an dieser Station aussteigen wolltest?«

»Ich besuche meine Tante.«

Penny sah sie abwartend an, doch Jillian hatte keine Lust, aus freien Stücken weiterzureden. Die Blondine war ihr zwar ganz sympathisch, aber sie wollte nicht vor einer Fremden ihre ganze Lebensgeschichte ausbreiten.

»Ungewöhnliche Frisur«, wechselte Jillian schnell das Thema und kam auf den Kurzhaarschnitt zu sprechen, der sie ein wenig jungenhaft aussehen ließ. »Ja, ich weiß«, gab Penny zurück. »Von einer Blondine werden immer lange, wallende Haare erwartet, aber du hast ja eben selbst gemerkt, was der Wind hier an der Küste mit langen Haaren anstellt.« Genauso abrupt, wie Jillian von dem eigentlichen Thema wegkommen wollte, kehrte Penny dorthin zurück, indem sie ohne Umschweife fragte: »Und wer ist deine Tante?«

»Du bist ziemlich neugierig«, stellte Jillian fest und vermied abermals eine Antwort.

»Ich will ja auch mal Journalistin werden«, ließ Penny sie wissen. »Hier in Bellevue Bay ist sonst niemand neugierig. Jeder kümmert sich nur um seine Angelegenheiten, aber nicht darum, was sein Nachbar macht.«

»Es gibt Menschen, denen gefällt so etwas sehr gut«, konterte Jillian eine Spur zu spitz.

Daraufhin erschrak Penny und wurde kleinlaut: »Sorry, ich wollte nicht so aufdringlich rüberkommen, aber hier im Dorf ist so selten mal was los, dass ich mich nicht zurückhalten konnte.«

Jillian legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ist schon okay. Aber ich komme aus Chicago, und da wird man höchstens nach der Uhrzeit gefragt. Oder ob man einen Dollar übrighat. Da kümmert es keinen, ob jemand auf einem Platz steht und so aussieht, als hätte er sich verlaufen.« Sie verzog den Mund. »Und wenn es doch jemanden kümmert, werden die Leute gleich misstrauisch und halten denjenigen am Ende noch für einen Terroristen.«

»Mhm, ich verstehe, was du meinst. Hier ist halt die Zeit stehen geblieben.« Plötzlich begann Penny zu grinsen. »Trotzdem werde ich aus dir herausholen, wer deine Tante ist.«

Eben setzte Jillian zu einer Antwort an, da wurde sie von einem lauten Hupen unterbrochen. Sie drehte sich nach links und sah, wie ein weißes Cabrio an der Bushaltestelle anhielt. Das Verdeck war heruntergeklappt, und am Steuer saß eine Frau Mitte vierzig, die ihr zuwinkte. »Tante Cathy!«, rief Jillian ihr zu und griff nach ihrem Rollkoffer. Zu Penny sagte sie: »Ich muss los. Sehen wir uns wieder?«

»Cathy Newman ist deine Tante? Die Autorin Cathy Newman?«, fragte die verblüfft.

»Ja, genau.« Jillian grinste sie amüsiert an und zwinkerte ihr zu. »Hatte ich das nicht gesagt?«

Penny ging nicht auf die Frage ein, sondern sagte: »Dann sehen wir uns garantiert wieder. Wir wohnen nämlich gleich nebenan.«

»Okay, dann bis später.« Mit diesen Worten lief sie über den breiten Fußweg und umarmte ihre Tante, die inzwischen ihren Wagen verlassen hatte, um sie zu begrüßen. Cathy überragte ihre Nichte immer noch um einen halben Kopf, doch in dem Tempo, in dem Jillian in der letzten Zeit in die Höhe geschossen war, würde sie ihre Tante bald eingeholt haben.

»Ich hoffe, du hast nicht zu lange warten müssen«, meinte Cathy und musterte sie aufmerksam. »O Mann, bist du groß geworden. Und dabei bist du erst siebzehn. Wenn du zu groß wirst, traut sich kein Junge mehr, mit dir auszugehen. Die wollen sich schließlich nicht den Hals verrenken oder auf einen Hocker steigen, um ihrer Freundin in die Augen zu schauen.«

»Ach«, gab Jillian lässig zurück. »Dann suche ich mir eben einen Basketballspieler, die sind alle groß.«

Cathy nickte. »Das ist eine gute Idee. Hätte ich mir auch vornehmen sollen, anstatt deinen Onkel Wallace zu heiraten.«

»Ja, stimmt«, überlegte sie. »Der war ja auch etwas kleiner als du.«

»Richtig. Aber er kam vor allem nicht damit klar, dass er für die Medien nur ›der Mann von Cathy Newman‹ war. Vermutlich hätte ich mich auch scheiden lassen, wenn die Verhältnisse umgekehrt gewesen wären.« Sie machte eine abwehrende Geste. »So, jetzt haben wir genug über die Vergangenheit geredet. Wir fahren erst mal zu mir, dann bekommst du was Kaltes zu trinken und erzählst mir in aller Ruhe, wie es dir geht. Schließlich haben wir noch vier Wochen Zeit, und wenn uns gar nichts Vernünftiges mehr einfällt, dann können wir immer noch über Wallace reden.«

Jillian musste sich auf einmal zu einem Lächeln zwingen, da sie sich daran erinnerte, was Penny über Bellevue Bay gesagt hatte. Wie sollte sie vier Wochen durchhalten, wenn hier wirklich absolut nichts los war? Ihre Tante legte das Gepäck auf den Rücksitz, dann stiegen sie beide ein, und Cathy fuhr los.

Die Fahrt zu Cathys Haus dauerte nur wenige Minuten und führte auf einer kurvenreichen Straße durch eine Art Dünenlandschaft. Zu ihrer Rechten konnte Jillian immer wieder einen sehr alt aussehenden Leuchtturm sehen, während von der nahen See nichts zu entdecken war.

Cathy bog in eine Seitenstraße ein, die so schmal war, dass bei Gegenverkehr beide Wagen hätten auf den grünen Randstreifen ausweichen müssen, um aneinander vorbeifahren zu können. Nach einigen Kurven mehr war das Ziel erreicht: Cathys Zuhause.

Das Gebäude im Stil eines alten englischen Cottage stand inmitten einer hügeligen Landschaft, die es auf eine natürliche Weise von den anderen, auseinander liegenden Häusern abschirmte. Zwar konnte Jillian in allen Richtungen Hausdächer ganz oder teilweise ausmachen, doch wenn man vor dem Haus ihrer Tante stand, kam es einem im ersten Moment so vor, als sei man völlig allein.

Sie sprach Cathy darauf an, und die erwiderte: »Darum gefällt es mir hier ja auch so gut. Ich habe zwar Nachbarn, aber wir hängen nicht alle dicht aufeinander. Natürlich wäre das hier nichts für alte Klatschtanten, die alles über ihre Nachbarn wissen und weitererzählen wollen, aber für mich ist das genau richtig.« Dann fügte sie an: »Und den anderen geht es ganz genauso. Ich glaube, darum hat man diese Häuser überhaupt erst so in der Landschaft verstreut gebaut.«

Nachdem Jillian ihren Rollkoffer und Cathy ihre Reisetasche vom Rücksitz genommen hatten, gingen sie hinein. Innen war das Cottage genauso gemütlich, wie man es von außen hatte erwarten dürfen. »Wow, ist das toll«, begeisterte sie sich.

Cathy lächelte, nahm das Kopftuch ab, das sie stets trug, wenn sie Cabrio fuhr, und schüttelte ihr volles, rotblondes Haar aus. »Freut mich, dass es dir hier gefällt«, entgegnete sie. »Seit ich vorletztes Jahr von Chicago hergezogen bin, hat mich meine Agentin viermal besucht, und jedes Mal beklagt sie sich, die Zimmer seien alle zu klein und sie bekäme Platzangst. Ich sage dann immer: ›Nicht jeder braucht eine Wohnung, die so groß ist wie eine Lagerhalle.‹ Aber sie jammert die ganze Zeit und will sich dann lieber in den Garten setzen.«

Jillian zuckte mit den Schultern. »Wenn es ihr so lieber ist.«

»Tja, bloß geht das nicht so, wie sie es möchte«, sagte ihre Tante. »Du musst wissen, ich habe nur eine Analogleitung zur Verfügung, aber die reicht mir auch, weil ich nicht viel im Internet surfe, und um meine Manuskripte zu versenden, ist das mehr als genug. Aber meine Agentin ist daran gewöhnt, überall über WLAN ins Internet zu gehen, und das klappt hier nun mal nicht. Also muss sie erst ein halbes Dutzend Kabel und Adapter zusammenstecken, um meinen alten Anschluss zu benutzen – und diese Kabel reichen nicht bis nach draußen in den Garten.«

»Ach, Cathy, du bist ja auch so was von rückständig«, beklagte sich Jillian unüberhörbar ironisch. »Wie kannst du deiner Agentin bloß so etwas antun.«

Cathy winkte amüsiert ab. »Ich sage mir immer, meine Agentin verdient an meinen Abschlüssen, dann muss sie auch ein bisschen leiden.«

Sie gingen durch die Diele ins Wohnzimmer, überall beherrschte dunkles Holz das Bild. In der Mitte des Zimmers stand eine schwere, mittelbraune Polstergarnitur, ihr gegenüber befand sich ein großer Fernseher.

»Nein, einen Flachbildfernseher habe ich auch noch nicht«, sagte Cathy, als sie bemerkte, wohin Jillian sah. »Hier ist noch alles so wie gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts.«

»Stört mich überhaupt nicht, Cathy«, erwiderte sie und drehte sich zu ihr um. »Ich liebe sogar altmodische Fernseher mit Bildröhre, weil ich von den neuen Dingern Kopfschmerzen bekomme, wenn ich länger als zehn Minuten hinsehe.«

»Komm, wir bringen erst mal deine Sachen ins Gästezimmer«, schlug Cathy vor und ging vor Jillian eine schmale Holztreppe hinauf. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, in einem Zimmer mit schrägen Wänden zu schlafen.«

»Ich möchte wetten, deine Agentin würde schreiend davonlaufen, wenn du sie da oben einquartieren wolltest«, meinte sie grinsend und folgte ihr in den ersten Stock.

Ihr Zimmer war recht groß, aber da die Wand an der längeren Seite abgeschrägt war, blieb für Jillian eigentlich nur eine Hälfte des Raums, in dem sie sich bewegen konnte, ohne befürchten zu müssen, dass sie sich den Kopf anstieß.

Sie ging zum Fenster und bemerkte als Erstes den alten Leuchtturm, der mitten aus einer Wiese aufzuragen schien. »Das könntest du ja fast als Zimmer mit Seeblick vermieten«, scherzte sie und zwinkerte ihrer Tante zu. Dann legte sie den Koffer aufs Bett, öffnete ihn und räumte ihre Kleidung in den Schrank gleich neben dem Bett. Die Möbel im Gästezimmer waren schlicht, vermutlich hatte Cathy sie günstig erstanden. Jillian wusste nicht, wie oft ihre Tante Besuch bekam, aber sie konnte verstehen, dass sie dieses Zimmer nicht so edel eingerichtet hatte wie ihr Wohnzimmer und wohl auch den Rest des Hauses.

Als sie ihre Schuhe unter das Fenster in der schrägen Wand stellte, fiel ihr Blick auf ein teilweise von Bäumen verdecktes Hausdach hinter dem Hügel, der dort zwischen Cathys und dem nächsten Grundstück verlief. »Und wer wohnt da?«

»Die Graysons«, antwortete ihre Tante. »Ihre Tochter Penny hast du schon kennengelernt, wenn ich das vorhin richtig gesehen habe.«

Jillian nickte. »Penny dachte, ich wäre an der falschen Station aus dem Bus ausgestiegen.«

»Das werden wohl noch mehr Leute in Bellevue Bay gedacht haben, als sie dich da sahen. Hierher verirrt sich nur selten einmal ein Fremder.« Cathy ging zur Tür. »Du hast ja noch ein paar Minuten zu tun. Ich werde uns einen schönen kalten Eistee machen und im Garten auf dich warten, okay?«

»Ja, ist gut, ich komme gleich nach.«

Sie packte den Rest aus, dann stellte sie sich noch einmal an das Fenster, von dem aus sie den Leuchtturm sehen konnte, und betrachtete ihn eine Weile. Eigenartig, überlegte sie und rätselte, was an diesem Anblick nur so faszinierend war. Es kam ihr fast so vor, als rufe der Turm sie zu sich, um ihr etwas anzuvertrauen.

Schließlich schüttelte sie den Kopf und löste ihren Blick von dem alten Bauwerk. Vermutlich lag es nur daran, dass nirgends das Meer zu sehen war und es so schien, als habe man den Leuchtturm mitten in der Landschaft platziert.

Sie schaute sich in ihrem Zimmer um und kam zu dem Schluss, dass sie alles Notwendige ausgepackt hatte. Der Rest konnte erst mal im Koffer bleiben.

Auf dem Weg in den Garten, in den sie durch eine große Schiebetür im Wohnzimmer gelangte, blieb sie kurz an dem riesigen Bücherregal stehen, das eine Seite des langen Flurs komplett in Beschlag nahm. Am liebsten hätte sie sich vor das Regal gestellt und in aller Ruhe jeden Titel gelesen, um herauszufinden, ob dort etwas Interessantes zu finden war. Sie hielt sich aber davon ab, denn erstens wäre das unhöflich gegenüber Cathy gewesen, die im Garten auf sie wartete. Zweitens hatte sie noch vier Wochen Zeit, um sich mit der Büchersammlung ihrer Tante zu beschäftigen. Wenn Bellevue Bay tatsächlich so langweilig war, wie von Penny behauptet, würde sie noch früh genug Gelegenheit bekommen, sich ein gutes Buch auszusuchen.

Sie durchquerte das Wohnzimmer und ging hinaus in den Garten, wo sie sich zu ihrer Tante an einen ausladenden, schweren Eichentisch setzte. Jillian betrachtete eine Weile die grüne Landschaft ringsum und sagte schließlich: »Eigenartig, aber wenn ich hier sitze, habe ich nicht das Gefühl, dass gleich da vorn der Atlantik ist. Wenn da nicht dieser alte Leuchtturm stehen würde, könnte man meinen, man sei irgendwo mitten auf dem Land.«

Cathy nickte. »Ja, das ist ein weiterer Grund, wieso es mir hier so gut gefällt. Es ist so, als würde man ganz dicht an der Grenze zwischen zwei verschiedenen Welten leben. Hier kannst du auf einer grünen Wiese spazieren gehen, die mitten in den Vereinigten Staaten liegen könnte, und wenn du ein paar Minuten lang dem Weg da vorn folgst« – sie deutete auf einen Trampelpfad, der in einiger Entfernung verlief –, »dann stehst du an der Atlantikküste, du hörst die Brandung, du siehst diesen riesigen Ozean vor dir, die Wellen schlagen wild an die Küste, deine Haare werden vom Wind zerzaust. Und auf dem gleichen Weg zurück bist du wieder in dieser friedlichen, ruhigen Umgebung.«

»Tja, da ist Chicago natürlich ganz anders«, überlegte Jillian. »Wenn du in der Stadt bist, fährst du erst mal eine Stunde, bis du in der Vorstadt bist, und dann dauert es immer noch ewig, bis du Chicago verlassen hast.«

»Eben«, stimmte Cathy ihr zu. »Darum bin ich auch aus Chicago weggezogen. Alles, was ich brauche, bekomme ich hier in Bellevue Bay, außer vielleicht ein paar Dinge für meinen Computer. Aber die kann ich mir liefern lassen, und damit ist das Problem auch gelöst.«

»Und dank des Leuchtturms finden dich alle Kurierfahrer notfalls auch in der Nacht«, scherzte sie.

»Nein, da muss ich dich enttäuschen, Jillian. Der Leuchtturm ist schon seit einigen Jahrzehnten außer Betrieb.« Sie lehnte sich zurück und schloss einen Moment lang die Augen. »Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dieses Dorf nur durch einen Zufall entdeckt habe ...«

»Ja, wenn ich mich nicht irre, dann warst du zu einer Autogrammstunde eingeladen, aber du hast dich im Ort vertan.«

»Richtig. Ich sollte nach Birdview Bay, und weil ich nicht richtig auf die Straßenkarte gesehen hatte, landete ich in Bellevue Bay am Marktplatz. Ich kann mich noch gut an das Gesicht vom alten Ballard erinnern, als ich in seine Buchhandlung spazierte und fragte, ob ich dort richtig sei für die Autogrammstunde.« Sie begann zu schmunzeln. »Nachdem ich ihm erklärt hatte, wer ich bin und was ich will, antwortete er: ›Also wissen Sie, Lady, selbst wenn jeder Einwohner von Bellevue Bay sich zwei Bücher von Ihnen signieren lassen würde, wären das bestenfalls vierzig Autogramm-Minuten, aber keine Stunde.‹ Tja, in dem Moment wusste ich, dass ich irgendetwas verwechselt hatte.«

Sie trank einen Schluck Eistee und setzte das Glas auf dem Tisch ab, während sie versonnen in die Ferne schaute.

»Und wann hast du gemerkt, dass du hierbleiben wolltest?«

»Eigentlich war das schon in der Buchhandlung der Fall«, erzählte Cathy. »Als der alte Ballard mich ansah und mit meinem Namen erst einmal gar nichts anfangen konnte, da wusste ich, hier kann ich ganz in Ruhe leben. Okay, ich bin nicht so prominent wie Jackie Collins oder diese Potter-Autorin – ich komme gerade nicht auf den Namen –, und ich muss mich auch nicht vermummen, weil mich die Fotografen verfolgen. Aber hier kann ich ganz ungestört arbeiten, ich muss nicht bei jeder albernen Filmpremiere im Ballkleid aufmarschieren, nur weil man das von mir erwartet. Niemand kommt auf die Idee, mich von hier nach Chicago zu schleifen, damit ich mir einen Film ansehe, der mir gar nicht gefällt, und den ich anschließend auch noch loben muss, ganz egal wie dämlich die Story war.«

»Ich dachte eigentlich, so was würde Spaß machen«, wandte Jillian ein, die ihr Glas bereits ausgetrunken hatte.