Mythor 120: Das Crusenriff - Hubert Haensel - E-Book

Mythor 120: Das Crusenriff E-Book

Hubert Haensel

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Beschreibung

Mythor, der Sohn des Kometen, begann vor rund zweieinhalb Jahren seinen Kampf gegen die Mächte des Bösen in Gorgan. Dann wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von den Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und obwohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen Achtung zu verschaffen und den Hexenstern zu erreichen, wo er endlich mit seiner geliebten Fronja zusammenkam. Gegenwärtig befinden sich der Sohn des Kometen und seine Gefährten, zu denen auch Fronja, die ehemalige Erste Frau von Vanga, zählt, inmitten der Schattenzone. Mythor hat mit seiner Schar Carlumen in Besitz genommen, die Fliegende Stadt des legendären Caeryll. Dieses Gefährt des Lichts ist jedoch zum Spielball dunkler Kräfte geworden und hat eine Fahrt angetreten, die ausweglos erscheint. Allerdings ist es Mythors magiekundigen Gefährten inzwischen gelungen, Yhr, die Schlange des Bösen, die Carlumen in ihrem Leib mit sich führt, in Fesseln zu schlagen und Einfluss auf den Kurs der Fliegenden Stadt zu nehmen. Dieser Kurs führt, nachdem man den Stamm der Rohnen gerettet und an Bord genommen hat, Carlumen genau gegen DAS CRUSENRIFF ...

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Veröffentlichungsjahr: 2015

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Nr. 120

Das Crusenriff

von Hubert Haensel

Mythor, der Sohn des Kometen, begann vor rund zweieinhalb Jahren seinen Kampf gegen die Mächte des Bösen in Gorgan. Dann wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von den Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und obwohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen Achtung zu verschaffen und den Hexenstern zu erreichen, wo er endlich mit seiner geliebten Fronja zusammenkam.

Gegenwärtig befinden sich der Sohn des Kometen und seine Gefährten, zu denen auch Fronja, die ehemalige Erste Frau von Vanga, zählt, inmitten der Schattenzone. Mythor hat mit seiner Schar Carlumen in Besitz genommen, die Fliegende Stadt des legendären Caeryll.

Dieses Gefährt des Lichts ist jedoch zum Spielball dunkler Kräfte geworden und hat eine Fahrt angetreten, die ausweglos erscheint.

Allerdings ist es Mythors magiekundigen Gefährten inzwischen gelungen, Yhr, die Schlange des Bösen, die Carlumen in ihrem Leib mit sich führt, in Fesseln zu schlagen und Einfluss auf den Kurs der Fliegenden Stadt zu nehmen.

Dieser Kurs führt, nachdem man den Stamm der Rohnen gerettet und an Bord genommen hat, Carlumen genau gegen DAS CRUSENRIFF ...

Die Hauptpersonen des Romans

Ioban und Yurkas – Bewohner des Crusenriffs.

Darkon – Der Herr der Finsternis greift persönlich ein.

Mythor – Der Sohn des Kometen auf der Suche nach einem Baustein des DRAGOMAE.

Xyrana und Hermon

Prolog

Hoch über dem Chaos herrscht noch immer Stille, eine unheimliche, tödliche Stille. In endloser Reihe stehen sie da, erstarrte, vermummte Gestalten, die längst den Griff nach der Herrschaft angetreten haben und ihrem Ziel näher sind denn jemals zuvor.

Hier ist das Dach der Schattenzone, der Hort der Dämonen, wo sie sich unbesiegbar fühlen. Von hier greifen sie nach den Völkern des Nordens und des Südens, um sie zu ihren Sklaven zu machen, sie in ihre völlige Abhängigkeit zu bringen. Sie wissen, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern ist, da die Lichtwelt fallen wird. Sie wissen es, weil dem Licht des Tages unweigerlich die Finsternis der Nacht folgen muss – nur wird diese neue Finsternis allumfassend sein, vom Hexenstern in Vanga bis hin zum Nordstern Gorgans, und auch auf andere Welten und Zeiten wird sie sich herabsenken wie ein düsterer Schleier.

Der Tag, da sich diese Prophezeiung erfüllen wird, ist nicht mehr fern: ALLUMEDDON. Der Tag des Triumphs, dem nichts und niemand widerstehen kann. Selbst jene nicht, denen es gelungen ist, bis heute in der Schattenzone zu überleben. Seit nunmehr 160 Tagen trotzen sie den Mächten der Dämonen, den Widernissen des Schicksals und allen Fährnissen.

»Sie sind Günstlinge des Glücks.« Des Darkons giftiger Odem schien aufzuwallen; schier undurchdringlicher Nebel hüllte den Herrscher aller Dämonen ein, und aus diesem Nebel heraus entstanden Bilder, die ihm verrieten, zu welchem Ausmaß die Gefahr wirklich angewachsen war. Vielleicht hatte er den Sohn des Kometen unterschätzt. Und nicht nur er, auch andere hatten dies getan, beispielsweise die Schlange Yhr.

Der Darkon stampfte wütend auf, als er daran dachte, und ein Brausen und Toben hob an.

Für Yhr gab es kein Entkommen mehr, denn der Tillornische Knoten verband ihr Schicksal zu eng mit dem von Carlumen. Nicht Mythor allein besaß die Kraft, sich die Schlange gefügig zu machen, sondern andere hatten ihm dabei geholfen, magisch Begabte. Trotzdem waren ihre Kräfte ein Lächerliches, verglichen mit denen des Herrn der Finsternis. Ihren Erfolg hatten sie letztlich jenen Kristallen zu verdanken, die für Außenstehende unscheinbar und wertlos sein mochten, in denen sich aber die ganze Macht Weißer Magie verbarg.

Der Darkon schüttelte sich bei dem Gedanken daran, dass es dem Sohn des Kometen gelingen mochte, das Zauberbuch DRAGOMAE wieder zu vereinen.

Der Herrscher über die Schattenzone ahnte den Weg von Caerylls Fliegender Stadt Carlumen, und er wusste, wo weitere Bruchstücke des kristallenen Zauberbuchs der Weißen Magie angeschwemmt worden waren.

1.

Inmitten der Düsternis glomm ein Funke vager Helligkeit, dessen Widerschein über Schründe und Schroffen huschte. Mächtige, bleiche Felsen ragten aus dem Dunkel auf; an ihnen brach sich die Strömung der Schattenzone und bildete tückische Wirbel.

Dieses Land war ausgehöhlt vom steten Fluss Schwerer Luft, denn es trotzte seit endlosen Zeiten den anbrandenden Gewalten und wuchs sogar in die Finsternis hinaus. Nur – ein Menschenalter genügte nicht, um den Schatten auch nur eine Handbreit Raum abzugewinnen.

Inmitten des Chaos, inmitten eines steten Kreislaufs von Werden und Vergehen, hatte das Riff Bestand. Sicher, die Strömung wurde manchmal so stark, dass niemand ihr trotzen konnte, doch dafür schien das Land fest verankert zu sein. Irgendwo in unergründlichen Tiefen wurzelten die Felsen, und Dutzende Wagemutiger, die versucht hatten, ihr Geheimnis zu ergründen, waren nie wieder gesehen worden.

Nicht nur Menschen lebten hier. An den mitunter steil abfallenden Hängen hatten sich auch Mischwesen und andere Bewohner der Schattenzone niedergelassen.

Sie nannten ihr Land das Crusenriff, denn schon lange vor ihnen hatten die Crusen von den Felsen Besitz ergriffen – riesige, in Kolonien wuchernde Muscheln, deren Schalen hinreichend Platz boten, um darauf Hütten zu errichten. Es war sogar ein reiches Land, denn die Strömung schwemmte viel Treibgut an.

Doch reich war nicht nur jener, der über Gold verfügte und glitzernde Steine – reich waren auch Männer wie Ioban, deren Erinnerung ein nie versiegender Quell war. Ioban mochte uralt sein, sein schlohweißes Haupthaar, das ihm bis weit über die Schultern reichte, hatte er ebenso wie seinen dichten Vollbart zu Zöpfen geflochten und diese zu kunstvollen Knoten geschlungen. Sein Wams war längst zerschlissen und ließ die einstige Farbenpracht nur mehr ahnen.

Ioban lebte allein in seiner Hütte, die er aus Treibholz auf der Schale einer jungen, kaum zwanzig Schritte durchmessenden Cruse errichtet hatte. Er galt als Weiser und genoss demzufolge einige Achtung, denn er kannte Dinge und Namen, von denen andere nie gehört hatten. Und er verstand es, selbst größere Wunden zu heilen.

Im Grunde seines Herzens war Ioban stets einsam geblieben. Er träumte oft, und nur in seinen Träumen durfte er wirklich glücklich sein. Dann sah er wieder die Sonne, glaubte, ihre wärmenden Strahlen auf der Haut zu spüren, die längst bleich und faltig geworden war. Wenn er anderen von der Freiheit des Himmels erzählte, vom Spiel der Wolken, schüttelten sie verständnislos den Kopf.

Das alles vermisste Ioban. Wenngleich es ihm nicht am Willen mangelte, eine Rückkehr in seine Heimat wenigstens zu versuchen, so doch an der Kraft des Körpers.

Über die östliche Steppe Aylands hallte der Ruf seines Tokapis. Das Tier war schnell und ausdauernd, und die kleine Herde wilder Graupferde, die Ioban jagte, würde ihm nicht entkommen. Ein frischer Wind wehte von Norden her; der Ay verfluchte diese Tatsache, hatten doch die Pferde seine Witterung frühzeitig aufgenommen.

Zwischen den beiden gebogenen Hörnern seines Reittiers spannte sich die Bogensehne. Iobans erster Pfeil traf eines der Graupferde, brachte es aber nicht zu Fall. Laut wiehernd warf es sich herum.

Er wäre ein schlechter Jäger gewesen, hätte er das verwundete Tier sich selbst überlassen, nur um die Herde nicht zu verlieren.

Der Ay trieb sein Tokapi zu noch größerer Eile an.

Das Gelände wurde hügeliger, ausgedehnte Geröllfelder begannen. Nicht mehr weit im Süden erhob sich wie ein drohender Wall die Düsterzone. Etwas Bedrohliches, Furchteinflößendes ging von ihr aus.

Der Ay schleuderte eine Reihe von Verwünschungen gegen die Schattenzone. Er musste das Tier erlegen. Seit mehreren Monden hatte niemand in seinem Dorf mehr frisches Fleisch gegessen – seit die schrecklichen Drei vom Hungerturm alles Vieh davongetrieben hatten.

Der Wind drehte, blies jetzt von Osten her; Staub verschleierte die Sicht. Ioban zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht.

Von irgendwoher erklang ein kurzes, abgehacktes Wiehern. Der Wind trug ihm die Laute zu. Gleichzeitig wusste der Ay, dass er nun die Beute erlegen würde.

Da war ein Licht zu seiner Rechten. Aus den Augenwinkeln heraus nahm er es wahr, aber als er den Kopf wandte, schien es verschwunden.

Hinter einem Hügel wälzte sich das Pferd auf dem steinigen Boden und versuchte so, den abgebrochenen Pfeil in seiner Flanke loszuwerden. Diesmal zielte Ioban sorgfältig und traf.

Da war das Leuchten wieder, nachdem er abgesessen war. Es zog ihn in seinen Bann.

Von einem Herzschlag zum anderen schien die Jagdbeute vergessen. Er wandte sich gen Süden, begann zu rennen, immer schneller, bis sein Atem hart und keuchend ging und es in seinen Lungen wie Feuer brannte.

Das Böse Auge der Quida hatte ihn gerufen; er konnte nicht anders, als diesem Ruf zu folgen. Zu stark war der magische Einfluss, dem immer wieder Ays verfielen.

Plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen. Wild mit den Armen rudernd, stieg er höher und höher empor, und die Furcht schnürte seine Kehle zu.

Die Düsternis sog ihn auf, und das letzte, was er wahrnahm, war ein anschwellendes Brausen wie von einem herannahenden Sturm ...

Mit einem heiseren Schrei auf den Lippen schreckte Ioban hoch. Er benötigte eine Weile, um zu begreifen, dass alles nicht wirklich war. Oft träumte er von damals, als ein ungnädiges Schicksal ihn tief in die Schattenzone verschlagen hatte.

Wie lange mochte das inzwischen her sein?

Er wusste es nicht genau, hatte vor Jahren schon aufgegeben, die Tage zu zählen. Es gab nichts mehr außer seinen Erinnerungen, die ihn noch mit der Vergangenheit verbanden.

Nur das Brausen war geblieben. Ioban hob den Kopf und lauschte. Die Geräusche wurden von der im Riff auflaufenden Strömung erzeugt. Zweifellos hatte sie sich verstärkt. Das bedeutete, dass wieder sehr viel Treibgut angeschwemmt werden würde.

Müde erhob sich Ioban und verließ seine Hütte.

*

Die Schlange Yhr, die Caerylls Fliegende Stadt Carlumen in sich trug, hatte sich wieder in die Schattenzone zurückgezogen. Das Steuerpendel war über dem Siebenstern nahezu zum Stillstand gekommen.

»Das bedeutet«, sagte der Kleine Nadomir, »dass wir mit der Strömung treiben. Yhr wird erschöpft sein durch ihre eigene Hinterlist.« Er sagte dies mit lauter werdender Stimme und blickte sich herausfordernd um, doch die Schlange blieb verborgen. Nur ein leises, durchdringendes Zischen antwortete ihm.

»Das klingt spöttisch«, bemerkte Gerrek.

Der Königstroll verzog die Lippen zu einem geringschätzigen Lächeln.

»Und wenn schon. Yhr ist unsere Gefangene, sie hat zu gehorchen, ob es ihr passt oder nicht.«

Die fünf Kristalle des DRAGOMAE ruhten an verschiedenen Eckpunkten des Siebensterns. Zögernd verschob der Kleine Nadomir zwei von ihnen zu den Spitzen hin; die Bewegung des Pendels wurde daraufhin heftiger.

»Etwas hat sich verändert ...«

»Sehr viel sogar«, brummte Gerrek, der sich in der Wand mit Caerylls Lebenskristall spiegelte. »Wäre ich nur in Orphals Reich nebenan geblieben, wo ich endlich meine wirkliche Gestalt als Mandaler zurückerlangte. Du hättest sehen sollen, welch ranker Jüngling ich einst war, ehe diese vermaledeite Hexe mich verwandelte. Und jetzt? Allem Anschein nach bin ich noch hässlicher geworden ...«

»Ganz sicher nicht«, meinte Nadomir. »Hässlicher als du gewesen, kann man überhaupt nicht werden.«

Das Lachen, das sich in die Gesichter seiner Gefährten stahl, ließ Gerrek begreifen.

»Ich verlange Genugtuung«, schrie er. »Du kannst die Waffen wählen, Zwerg.«

Der Königstroll ließ sich Zeit, ehe er sich umwandte, dann sah er den Mandaler von unten herauf treuherzig an.

»Also gut«, nickte er. »Wenn du es nicht anders willst, kämpfen wir mit dem Verstand.«

»Was ...?« Gerrek schluckte krampfhaft, und seine Glubschaugen quollen weit aus ihren Höhlen hervor. »Eigentlich ... ich meine, weshalb sollte ich dich ... wir sind doch Freunde, Nadomir, oder? Entschuldige dich für deine Bemerkung, und ich bin bereit, die Sache zu vergessen.«

»Ich wüsste nicht, weshalb. Du wolltest den Zweikampf, also sollst du ihn bekommen. Niemand wird sagen können, der Kleine Nadomir fürchte sich vor einem Großm...« Gerrek hustete so laut, dass der Rest in dem Lärm unterging.

»Schluss mit dem Blödsinn!«, befahl Mythor. »Sagt mir endlich, wo wir uns befinden.«

Der Sohn des Kometen breitete Caerylls Landkarte auf dem Steuertisch aus; der Königstroll reichte ihm das DRAGOMAE-Bruchstück, mit dem er alle Eintragungen zumindest deuten konnte, die mit bloßem Auge nicht einmal sichtbar waren. Unaufgefordert trat auch Robbin hinzu, der Pfader.

»Diese Linie«, seine dürren Finger huschten über die vergilbte Karte, »bezeichnet den Ast, auf dem wir uns bewegen. Er führt tiefer in die Schattenzone hinein.«

Mythor nickte.

»Hier sind Strudel eingezeichnet und jenes Symbol, das Caeryll häufig für eine unbekannte Gefahr setzte.«

Vor ihren Augen schienen die Eintragungen zu verschwimmen, als würde jeder einzelne Strich in Bewegung geraten. Es war, als blicke man auf die Wogen eines rasch dahinfließenden Gewässers.

»Mir gehen die Augen über«, ächzte Mythor und legte den DRAGOMAE-Kristall zurück. Mit den Fingerspitzen massierte er seine Schläfen. »Wahrscheinlich bin ich übermüdet.«

»Kaum«, meinte Nadomir. »Was du siehst, ist beabsichtigt. Ich vermute, Caeryll wollte damit auf etwas Besonderes hinweisen.«

»Frage ihn doch«, schlug Gerrek spöttisch vor. »Womöglich kann er sich sogar erinnern.«

»Das ist unnötig.« Robbin tupfte auf die betreffende Stelle der Karte. »Diese Zeichnung ist ein Meisterwerk, und fast könnte man glauben, ihr wohne eine eigene Art von Magie inne. Alles scheint sich zu bewegen, selbst die Strudel, aber wenn du noch genauer hinsiehst, wirst du erkennen, dass es eine Stelle gibt, die davon nicht betroffen ist.«

»Richtig«, stellte Nadomir fest. »Du weißt demnach, wo wir uns befinden?«

»Carlumen ist in das Riffland eingedrungen, eine schroffe, offenbar starr verankerte Landschaft, die nicht mit der Schattenzone driftet, in der aber dafür eine um so stärkere Strömung herrscht. Von uns Pfadern wird diese Zone wegen ihrer Tücken gemieden.«

Denkbar schlecht war die Sicht durch das Bugfenster. Der Nebel, in den die Fliegende Stadt eindrang, wurde zunehmend dichter.

»Wir passieren eine Region, in der schwere und giftige Luft zusammenprallen«, erklärte Robbin. »Kein Grund zur Besorgnis, solange wir den Dämpfen nicht über Stunden hinweg ausgesetzt sind.«

Mythor dachte an die etwa 400 Rohnen, die im Stadtteil Carlumens eine neue Heimat gefunden hatten. Ihnen musste das alles fremd und ungeheuerlich erscheinen. Hoffentlich bewahrten sie Ruhe.

»Jemand sollte Proscul und Jercel verständigen«, hörte der Sohn des Kometen sich sagen. »Mir ist wohler, wenn ich weiß, dass sie nicht gleich in Panik verfallen, sobald Unvorhergesehenes geschieht.«

»Seit sie das Lichtfieber überwunden haben, ist ihnen alles andere so ziemlich egal«, bemerkte Gerrek.

»Dann kannst du ja gehen.«

»Ich wüsste nicht, wieso ausgerechnet ich ...«

»Es schadet deinem Bauch bestimmt nicht, wenn du sechzig Schritte weit läufst«, kicherte Nadomir. »Oder?«

Der Beuteldrache verzichtete auf eine Antwort. Ohne den Troll eines weiteren Blickes zu würdigen, zog er sich zurück.

Allmählich wurde deutlich, dass die Fliegende Stadt in eine heftige Strömung geraten war. Ein Ächzen durchlief Carlumen, dann holte sie weit über.

»Seht!«

Die Wand mit den Lebenskristallen hatte zu leuchten begonnen. Es war ein trübes, kaltes Licht, das frösteln machte, und in dessen Schein Caerylls Körper wie eine Mumie wirkte.

Ein Raunen ging durch die Brücke.

»Er will uns warnen«, vermutete der Kleine Nadomir.

Abermals veränderte die Fliegende Stadt ihre Lage. Diesmal jedoch so abrupt, dass mancher nach einem festen Halt suchen musste.

»Wir sind in einen Strudel geraten.«

Der Ausschlag des Steuerpendels gewann an Heftigkeit. Vergeblich bemühten sich Robbin und der Königstroll, den Kurs zu stabilisieren.

»Kehrt um, ihr Narren, solange noch Zeit dazu bleibt.« Das Schwert schwingend, trat Caeryll vollends aus der Wand hervor.

Mit einem Aufschrei ließ Robbin sich fallen. Trotzdem streifte die Spitze von Caerylls Schwert seine Schulter und durchtrennte die Bandagen.

»Willst du mich töten?«

Der Ritter hörte ihn nicht.