Mythor 133: Der Todesstern - Hubert Haensel - E-Book

Mythor 133: Der Todesstern E-Book

Hubert Haensel

0,0

Beschreibung

Mythor, der Sohn des Kometen, begann vor rund zweieinhalb Jahren seinen Kampf gegen die Mächte des Bösen in Gorgan. Dann wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und obwohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen Achtung zu verschaffen und den Hexenstern zu erreichen, wo er endlich mit seiner geliebten Fronja zusammenkam. Inzwischen haben der Sohn des Kometen und seine Gefährten, zu denen neben Fronja, der ehemaligen Ersten Frau von Vanga, eine beachtliche Streitmacht zählt, Carlumen, die Fliegende Stadt des legendären Caeryll, in Besitz genommen und mit diesem ehemaligen Fahrzeug des Lichts schon eine wahre Odyssee innerhalb und auch außerhalb der Schattenzone hinter sich. Carlumens gegenwärtiger Aufenthaltsort ist der Goldene Strom, denn nur dort existiert die Möglichkeit, die in der Starre des Scheintods verharrenden Carlumer - und das betrifft die große Mehrzahl der Mitglieder an Bord der Fliegenden Stadt - zu neuem Leben zu erwecken. Nachdem dies geschehen ist, kommt neues Unheil auf die Carlumer zu. Dieses Unheil verkörpert DER TODESSTERN ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Veröffentlichungsjahr: 2015

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 133

Der Todesstern

von Hubert Haensel

Mythor, der Sohn des Kometen, begann vor rund zweieinhalb Jahren seinen Kampf gegen die Mächte des Bösen in Gorgan. Dann wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und obwohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen Achtung zu verschaffen und den Hexenstern zu erreichen, wo er endlich mit seiner geliebten Fronja zusammenkam.

Inzwischen haben der Sohn des Kometen und seine Gefährten, zu denen neben Fronja, der ehemaligen Ersten Frau von Vanga, eine beachtliche Streitmacht zählt, Carlumen, die Fliegende Stadt des legendären Caeryll, in Besitz genommen und mit diesem ehemaligen Fahrzeug des Lichts schon eine wahre Odyssee innerhalb und auch außerhalb der Schattenzone hinter sich.

Carlumens gegenwärtiger Aufenthaltsort ist der Goldene Strom, denn nur dort existiert die Möglichkeit, die in der Starre des Scheintods verharrenden Carlumer – und das betrifft die große Mehrzahl der Mitglieder an Bord der Fliegenden Stadt – zu neuem Leben zu erwecken.

Nachdem dies geschehen ist, kommt neues Unheil auf die Carlumer zu.

Dieses Unheil verkörpert DER TODESSTERN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mythor – Der Sohn des Kometen auf dem Weg zum Todesstern.

Gerrek und Sadagar – Mythors Begleiter.

Boozam – Der Aborgino handelt unbedacht.

Fronja – Die Tochter des Kometen im Bann des Todessterns.

Tertish – Kriegsherrin von Carlumen.

Vangard

1.

Lankohrs Blick ließ viel von der inneren Unruhe erkennen, die er empfand.

»Ich werde ein verdammt ungutes Gefühl nicht los«, schimpfte er. »Diese Krieger, die uns der Domo auf den Hals gehetzt hat, machen alles andere als einen vertrauenerweckenden Eindruck. Falls es ihnen in den Sinn kommt, werden sie Carlumen im Handstreich nehmen.«

»Sie müssen verwegen sein, wenn sie gegen den Todesstern antreten wollen«, erwiderte Heeva.

Lankohr seufzte. »Benehmen wir uns deshalb wie die Wilden? Wir sind gesittet, zurückhal...«

»Ganz besonders du«, fiel die Aasin ihm ins Wort. »Ich habe keine Angst vor den Männern. Im Gegenteil. Womöglich werden wir auf ihre Waffen angewiesen sein.«

Ohne eine Erwiderung machte Lankohr auf dem Absatz kehrt und entfernte sich in Richtung Wurzelstock des Lebensbaums. Heeva blickte ihm kopfschüttelnd hinterdrein. Sie hatte das Gefühl, dass Lankohr nichts mehr mit sich anzufangen wusste. Das war so, seit Caeryll sich aus den Lebenskristallen gemeldet und von seinem gedanklichen Zwiegespräch mit Mythor erzählt hatte. Und seit Carlumen von Visavy aus in die Tiefe der Schattenzone aufgebrochen war, um sich mit dem Sohn des Kometen beim Todesstern zu treffen. Völlig unerwartet hatten der Domo und die anderen Aborginos sie ziehen lassen, aber nur, weil ihnen jeder Kämpfer gegen das herannahende Böse willkommen war. An die hundert in vielen Schlachten erprobte Helden hatten sich auf ihren Befehl hin an Bord der Fliegenden Stadt eingeschifft.

Längst waren die beiden Städte am Ufer des Goldenen Stroms, Watalhoo und Visavy, im Dunst verschwunden. Die Vorboten des Bösen machten sich zunehmend bemerkbar. Immer öfter verdunkelten dichte Schwaden der Finsternis das goldene Flimmern, obwohl der Todesstern noch gut eine Tagesreise entfernt war. Die von ihm ausgehende Bedrohung ließ sich nicht mehr leugnen. Vielleicht machte dies Lankohr zu schaffen. Heeva wusste es nicht.

Nachdem Carlumen erst vor kurzem an einer Gruppe morsch wirkender, überfüllter Boote vorbeigefahren war, schien man jetzt wieder auf dem Strom allein zu sein. Das Lärmen an Bord übertönte die fernen Stimmen aus rauen Kehlen, die manchmal mit dem Nebel kamen. Auch entlang der Ufer zogen Kriegerscharen in südlicher Richtung. Etwa alle sieben Jahre fiel der Todesstern in den Goldenen Strom, die Lebensader der Schattenzone, ein und hinterließ Unheil und Zerstörungen.

Unwillkürlich ballte Heeva ihre zierlichen Hände zu Fäusten. Diesmal sollte das Glück den Kämpfern des Lichts hold sein. Hatte wirklich nur ein Zufall Mythor und Fronja ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt zurück in die Schattenzone geführt? Oder standen andere Mächte lenkend dahinter? ALLUMEDDON war nahe, wenn man den vielfältigen Zeichen Glauben schenken durfte.

Ein spitzer, schriller Schrei ertönte, unterbrochen von dröhnendem Gelächter. Heeva fuhr von der Wehr herum ... Der Schrei wiederholte sich. Dann folgte das Klirren von Waffen.

Ihren Zauberstab aus dem Gürtel zerrend, lief die Aasin los. Kaum hatte sie die Beiboote der Fliegenden Stadt hinter sich gelassen, bot sich ihr ein absonderliches Bild. Lankohr kämpfte gegen ein halbes Dutzend verwegen anmutender Krieger; wie ein Besessener schlug er mit seinen beiden Dolchen um sich.

Im ersten Moment erstarrte Heeva, dann wurde ihr klar, dass die Männer nur mit Lankohr ihr Spiel trieben. Aber offenbar nahm er alles für bare Münze.

Ein Schwerthieb wirbelte eines seiner Messer davon. Er stürzte sich auf seinen Gegner, einen gut sieben Fuß großen, gerüsteten Hünen, dessen Kettenhemd deutlich die Spuren manchen Kampfes erkennen ließ. Das Gesicht des Mannes verschwand völlig unter einem bis auf die Brust reichenden, wallenden Vollbart von der Färbung glühender Kohlen. Nur zwei große, stechende Augen waren zu erkennen. Das Haupthaar, ebenfalls von dunklem Rot und schulterlang, war zu Zöpfen geflochten, an deren Enden abgebrochene Pfeilspitzen baumelten.

Mit den Füßen voran sprang Lankohr den Hünen an, zugleich zuckte seine Rechte vor, und der Dolch schnitt eine tiefe Kerbe in den Bart.

»Ho«, brüllte der Krieger, sein Schwert verfehlte den Aasen nur um Haaresbreite. »Du wagst es, meine Manneszier zu schänden.«

Als kräftige Hände Lankohr packten und gänzlich entwaffneten, begann er, blindlings mit den Fäusten um sich zu schlagen. Plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen. Ein Mann hielt ihn im Nacken und am Hosenboden fest und schwenkte ihn wie ein nasses Wäschestück.

»Hier, Elrammed, sieh zu, was du mit ihm machst.«

Hilflos mit den Armen rudernd, flog Lankohr in hohem Bogen durch die Luft. Der Hüne ließ einfach sein Schwert fallen und fing ihn auf.

»Ein toller Vogel kommt da«, brüllte er lautstark vor Vergnügen. »Soll ich dich rupfen, Kleiner?«

»Untersteh dich, du, du Monstrum.« Lankohr zappelte wild und bewegte seine Arme wie Dreschflegel, aber der Krieger hielt ihn sich mühelos vom Leib.

»Lass ihn in Frieden!«

Überrascht blickte der Mann auf Heeva hinab, die unbemerkt herangekommen war. Keine drei Schritte stand sie vor ihm, die Fäuste herausfordernd in die Hüfte gestemmt. Lankohrs Zetern verstummte.

»Ihr sollt damit aufhören! Sofort!« Wütend stampfte die Aasin auf.

»Noch so ein Wicht. Was meint ihr ...« Auffordernd sah Elrammed in die Runde.

Heeva richtete ihren Zauberstab auf ihn. »Lass Lankohr los, oder ich verwandle dich in eine stinkende Kröte.«

Der Krieger lachte wieder, doch dieses Lachen gefror ihm auf den Lippen, als Heevas Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten und sie begann, Zaubersprüche zu murmeln.

»Vielleicht kann sie es tatsächlich«, gab einer der Umstehenden zu bedenken.

»Unsinn.« Verächtlich spie Elrammed aus. »Meiner Klinge vermag der beste Zauberer nicht zu widerstehen.« Lankohr noch immer im Nacken festhaltend, bückte er sich nach seinem Schwert, zuckte jedoch entsetzt zurück, als ein durchdringendes Zischen ertönte. Dort, wo eben noch seine Waffe lag, wand sich nun der schillernde Leib einer giftigen Natter.

Ungläubig wanderte der Blick des Kriegers von Heeva zu der Schlange und wieder zurück.

»Glaube ihr nicht«, rief ein anderer. »Sie will dich täuschen.«

»Ich sagte, eine stinkende Kröte ...« Heeva triumphierte. Auf einen befehlenden Wink mit dem Zauberstab hin, stellte Elrammed Lankohr wieder auf die Füße.

»Gesindel!«, keifte der Aase. »Wüstlinge!«

Einer der Männer bückte sich nach der Schlange, deren Schädel sofort herumzuckte. Langsam näherte sich seine Rechte dem Tier; er packte in dem Moment zu, in dem die Natter zustieß. Die Giftzähne glitten an der eisernen Manschette um sein Handgelenk ab; als seine Finger den geschuppten Leib umklammerten, versteifte sich dieser und wurde wieder zu Elrammeds schartigem Schwert.

»Habe ich es nicht gesagt. Alles nur Blendwerk. Werft die beiden über Bord.«

Lankohr fuhr herum und wollte fliehen, stolperte aber über das ausgestreckte Bein eines Kriegers und schlug der Länge nach hin. Heeva indes hatte weitaus mehr Vertrauen zu ihrer Magie. Ein lautes, quakendes Geräusch ließ die Männer verblüfft innehalten. Allerdings fanden sie schnell heraus, dass keiner von ihnen zur Kröte geworden war – zu schnell für Heeva, die nicht rasch genug davonkommen konnte. Der erste, der nach ihr griff, verbrannte sich die Hände und starrte entgeistert auf die anschwellenden Brandblasen, die es ihm zumindest in den nächsten Stunden unmöglich machten, ein Schwert zu führen. Doch die Übermacht war zu groß. Jemand entriss der Aasin den Zauberstab, dann wurde sie von harten Fäusten hochgezerrt.

»Was habt ihr mit uns vor? Wir kämpfen genau wie ihr gegen das Böse der Schattenzone.«

»Kämpfen?«, höhnte Elrammed. »Dazu bedarf es ganzer Männer. Ihr seid uns nur im Weg.«

Johlend ging er auf die Wehr zu. Heeva begann zu befürchten, dass die Krieger sie tatsächlich über Bord werfen würden.

»Du bist mir ein guter Freund«, funkelte sie Lankohr an. »Anstatt mir beizustehen, versuchst du nur, deine eigene Haut zu retten.«

»Ich wollte Hilfe holen.«

»Schwächling. Zusammen hätten wir es diesem Pack zeigen können. Gerrek hat schon recht, du bist und bleibst ein Angst-Aase. Wie konnte ich mich nur jemals in dich verlieben?«

»Denk jetzt nicht daran. Wir müssen zum Ufer schwimmen.«

»Wie? Ich habe gehört, dass nur besonders Geübte das können. Der Goldene Strom hat seine Tücken.«

»Dann möge der Lichtbote uns beistehen«, stieß Lankohr weinerlich hervor.

»Der Lichtbote, wenn er jemals wiederkommt, hilft er nur den Starken.« An Armen und Beinen festgehalten, wurden die beiden Aasen in schaukelnde Bewegung versetzt. Der Schwung würde sie weit über die Bordwand hinaustragen, dass sie nicht einmal hoffen konnten, von den Schleppsegeln aufgefangen zu werden.

*

»Haltet ein!«

Der Ausruf von schneidender Schärfe duldete keinen Widerspruch.

»Eine Frau«, spotteten die Krieger. »Was will sie mit dem Schwert? Uns Angst einjagen?«

»Sie glaubt tatsächlich, mit uns kämpfen zu können.«

»Warum nicht? Tun wir ihr den Gefallen, wenn sie so wenig an ihrem Leben hängt.«

»Nicht so voreilig«, rief Elrammed. »Ich könnte mir vorstellen, dass wir für ihre Schönheit eine andere ...«

»Gebt endlich die Aasen frei!« Die Frau war fast heran.

Heeva und Lankohr wurden einfach fallen gelassen. Nicht eben sanft prallten sie auf die Schwammscholle.

Wüste Verwünschungen auf den Lippen, massierte der Aase sein verlängertes Rückgrat. »Das werde ich ihnen heimzahlen, diesen ...« Er stockte, riss die Augen auf, als könne er nicht glauben, was er sah. »Das ist Fronja!«

Die Krieger hatten die Tochter des Kometen umringt, die breitbeinig dastand und ihr leicht gebogenes Schwert mit beiden Händen hielt. Kein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. Das Haar von der Farbe reifen Sommerweizens hatte sie im Nacken zusammengebunden.

Elrammed trat ihr entgegen; seine Klinge steckte in der Scheide. Dicht vor Fronja blieb er stehen, berührte erst ihre Schultern und dann ihren Nacken, als sie ihn mit einer unwilligen Bewegung abschüttelte. »Es wäre schade, müsste ich dich verletzen«, sagte er bedauernd. »Du könntest uns die Zeit bis zur Begegnung mit dem Todesstern auf schönere Weise verkürzen.«

Lankohr wollte etwas rufen, aber Heeva presste ihm ihre Hand auf den Mund. »Nicht«, raunte sie erschrocken. »Wenn du verrätst, wer sie ist, hilfst du ihr bestimmt nicht.« Sie hielt ihren Zauberstab hoch, den sie wieder an sich genommen hatte. »Weshalb sollten wir nicht ein wenig Schicksal spielen. Pass auf, was geschieht.«

»Bedeutet es euch nichts, dass wir für dieselben Ziele eintreten?«, herrschte Fronja die Krieger an.

Elrammed entblößte zwei Reihen gelber, fauliger Zähne. »Wir sind dir wohl nicht fein genug?« Abschätzend wanderte sein Blick über ihre Kleidung, bevor er erneut versuchte, sie an sich zu ziehen.

Die Tochter des Kometen stieß mit dem Knie zu und wand sich aus seinem Griff. Zugleich klirrte ihr Schwert mit der flachen Seite auf sein Kettenhemd.

»Eine Wildkatze«, strahlte der Krieger. »Du sollst haben, was du willst.«

Hart prallten ihre Klingen aufeinander. Fronja parierte jeden Hieb mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit. Während Elrammed nicht zum Schlag kam, zog sie ihm zweimal ihr Schwert über den Oberkörper, ohne ihn allerdings zu verletzen. Ein Laut der Überraschung folgte dem anderen, vermutlich hatte er nie zuvor eine Frau so kämpfen sehen. Immerhin legte er nun mehr Wucht in seine Hiebe.

Fronja beschränkte sich darauf, ihn zu reizen, was ihr durch seine ungestüme Art leicht gemacht wurde. Inzwischen traf sie manch bewundernder Blick.

Von spöttischen Ausrufen seiner Gefährten angestachelt, schlug Elrammed mit aller Härte zu. Der Kraft seines muskelbepackten Körpers hatte Fronja kaum sehr viel entgegenzusetzen. Sie war gezwungen, zurückzuweichen.

»Was ist jetzt?«, stöhnte Lankohr. »Fronja verliert, wenn du nicht endlich etwas unternimmst.«

Heeva stand da wie erstarrt, hatte die Augen halb geschlossen und den Zauberstab an ihre Stirn gepresst.

Im selben Moment geriet Elrammed ins Taumeln. Es sah aus, als sei er auf der Schwammscholle ausgeglitten. Fronjas Hieb konnte er zwar abschwächen, vermochte aber nicht zu verhindern, dass ihre Klinge eine tiefe Kerbe über sein Kettenhemd zog. Etliche Glieder sprangen auf, das Hemd begann zu rutschen und behinderte ihn, gerade als er im Begriff war, wieder auf die Beine zu kommen. Ein Fußtritt wirbelte ihm das Schwert aus der Hand, Fronjas Klinge senkte sich auf seine nunmehr ungeschützte Brust herab.

»So«, schnaufte sie und wischte sich mit der Linken den Schweiß von der Stirn. »Ich denke, du und deinesgleichen werdet für den Rest der Fahrt keinen Streit mehr suchen, oder ihr wünscht euch, nie einen Fuß auf Carlumen gesetzt zu haben.«

Elrammed starrte sie ungläubig an. Sie ließ ihn gewähren, dass er sich erhob und sein Schwert wieder an sich nahm. Hart stieß er die Klinge in die Scheide zurück.

»Wer bist du?«, wollte er schließlich wissen.

»Nenne mich Fronja, die Tochter des Kometen.«

*

Das goldene Flimmern der Circulur-Ader erlosch von einem Augenblick zum anderen. Schwärze durchzog den Strom, dämmte sich turmhoch auf und brach dann mit verheerender Gewalt über die Fliegende Stadt herein. Carlumen wurde schwer erschüttert und ließ ein unheilvolles Ächzen vernehmen. Die Schwammscholle holte weit über, legte sich quer vor die entstehende Strömung aus Finsternis und bot dieser somit eine noch größere Angriffsfläche.

Das Ufer kam näher. Weit in den Strom hineinragende schroffe Felsen wurden sichtbar. Carlumen würde unweigerlich an ihnen zerschellen.

Vergeblich versuchten Tertish, die Kriegsherrin, und Robbin, der Pfader, das ausbrechende Chaos zu übertönen. Nur wenige befolgten ihre Befehle. Schleppsegel wurden eingeholt. Fronja erkannte es daran, dass die Schwammscholle erneut herumruckte. Zugleich verlangsamte sich die bis dahin rasende Fahrt.

Allerdings zerrte das verbliebene Tuch Carlumen weiter dem Ufer entgegen.

»Helft mir!«, rief Fronja Elrammed und den anderen Kriegern zu. Gerade auf ihrer Seite der Fliegenden Stadt bauschten sich noch alle Segel.

Die Männer erkannten die Notwendigkeit. Höchstens zwanzig Schritt war Carlumen noch vom Ufer entfernt. Die straff gespannten Taue ließen sich nur schwer einziehen. Auf jeden Fall würde alles viel zu lange dauern.

Der Lärm war ohrenbetäubend.

»Kappt die Seile!«, schrie Fronja. Als niemand verstand, was sie wollte, zwängte sie sich zwischen den Kriegern hindurch und schwang sich auf die Wehr. Hilfreiche Hände, die sie offenbar aus falsch verstandener Absicht zurückhalten wollten, stieß sie einfach von sich. Die düster dräuende Flutwelle zerrte hier oben noch schlimmer an ihr. Es fiel ihr schwer, sich nur mit einer Hand gegen diese Gewalten zu behaupten und mit der anderen das Schwert zu ziehen und auf die nächsten Taue einzuschlagen.