Mythor 190: Kampf um Caer - Hubert Haensel - E-Book

Mythor 190: Kampf um Caer E-Book

Hubert Haensel

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Beschreibung

Mythors Weg auf der durch ALLUMEDDON veränderten Welt ist verschlungen. Da geht es um die Gründung von Inseln des Lichts und um die Abwehr von Invasionen durch Xatan und seine finsteren Horden. Es geht um das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie. Und es geht schließlich um die drohende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um das BUCH DER ALBTRÄUME, deren einzelne Kapitel in Verstecken ruhen. Diese Verstecke waren nicht sicher genug. Jedenfalls gelang es Trillum, dem Dämon, und Xatan, je ein Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME an sich zu bringen. Dann aber nimmt Gorgan, der Ewige Krieger, den Kampf mit dem Wolfling auf und bringt ihm eine schwere Schlappe bei. Während Gorgan nun die Auseinandersetzung mit Vanga, seiner Intimfeindin, sucht, trachtet Mythor danach, das dritte Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME vor dem Zugriff Unberufener zu sichern. Sein Weg führt ihn von Tahokum nach Ptaath und dem Hexenstern - und wieder zurück nach Tahokum. Indessen begegnen Gorgan und Albtraumritter Coerl O'Marn in höchster Not den Lohanis, den Nomaden des Meeres, und der Krieger schafft es, seine Retter in kürzester Zeit so zu beeindrucken, dass sie ihm folgen zum KAMPF UM CAER ...

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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Nr. 190

Kampf um Caer

von Hubert Haensel

Mythors Weg auf der durch ALLUMEDDON veränderten Welt ist verschlungen. Da geht es um die Gründung von Inseln des Lichts und um die Abwehr von Invasionen durch Xatan und seine finsteren Horden. Es geht um das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie. Und es geht schließlich um die drohende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um das BUCH DER ALBTRÄUME, deren einzelne Kapitel in Verstecken ruhen.

Diese Verstecke waren nicht sicher genug. Jedenfalls gelang es Trillum, dem Dämon, und Xatan, je ein Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME an sich zu bringen. Dann aber nimmt Gorgan, der Ewige Krieger, den Kampf mit dem Wolfling auf und bringt ihm eine schwere Schlappe bei.

Während Gorgan nun die Auseinandersetzung mit Vanga, seiner Intimfeindin, sucht, trachtet Mythor danach, das dritte Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME vor dem Zugriff Unberufener zu sichern. Sein Weg führt ihn von Tahokum nach Ptaath und dem Hexenstern – und wieder zurück nach Tahokum.

Indessen begegnen Gorgan und Albtraumritter Coerl O'Marn in höchster Not den Lohanis, den Nomaden des Meeres, und der Krieger schafft es, seine Retter in kürzester Zeit so zu beeindrucken, dass sie ihm folgen zum KAMPF UM CAER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Gorgan – Der Krieger greift nach Caer.

Coerl O'Marn – Der Albtraumritter kämpft für Gorgan.

Walhyld – Tochter des Herrschers der Lohanis.

Balestryn – Hofmagier der Lohanis.

Beorn ap Grayn

1.

Die langsam hinter den Bergen von Rukor aufgehende Sonne offenbarte eine Armada, die sich fast bis an den Horizont erstreckte. An die 3000 Schiffe hatten im Meer des Blutes Zuflucht vor den vergangenen heftigen Stürmen gesucht – 3000 Galeeren, mit schwarzen Aufbauten, schwarzen Rudern und schwarzen Segeln.

Lange Zeit stand Coerl O'Marn wie erstarrt und blickte von der letzten Passhöhe auf die Bucht hinab. Erinnerungen überkamen ihn, Erinnerungen an das Herzogtum Caer, an gemeinsam geschlagene Schlachten, an eine Zeit der Ideale. Vieles hatte sich seither geändert, selbst seine Vorbilder waren nicht mehr die gleichen wie einst.

Benommen fuhr der Albtraumritter sich mit der Hand übers Gesicht. Er war ein Caer, wie wohl die meisten Krieger auf den schwarzen Schiffen. Doch seine Herkunft zählte nicht mehr. Auf keinen Fall durfte er sich durch solche Empfindungen zur Unvorsicht verleiten lassen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, von der mehr abhing als gefühlsbetonte Regungen.

Bis zum Strand mit seinen vorgelagerten, von Wind und Wetter glattgeschliffenen Felsen war es nicht mehr weit. Obwohl sie nahezu die ganze Nacht hindurch marschiert waren, zeigten die 300 Lohanis kaum Anzeichen von Erschöpfung. Der Anblick der riesigen Flotte und die zu erwartende Beute ließen jede Müdigkeit von ihnen abfallen. Dabei schienen sie sich gar nicht zu fragen, ob sie überhaupt eine Chance gegen die ebenfalls kampfgewohnten Caer besaßen.

Coerl O'Marn war für sein kleines Heer vor allem auf ausreichende Deckung bedacht, weil er überraschend zuschlagen musste. Die am nächsten gelegenen Galeeren ankerten mehr als fünfhundert Mannslängen vom Strand entfernt. Die Flotte wirkte wie ein schwarzer, unüberwindlicher Wall, der die See vom Himmel trennte.

Wie lange würden die Caer noch im Meer des Blutes bleiben? Weiter draußen wurden schon Segel gesetzt. Wenn sie jetzt aufbrachen, war alles vergebens, dann würden sie zudem Gorgans Schiffen auf hoher See begegnen, und in einer offenen Schlacht sprach das zahlenmäßige Verhältnis zugunsten der Caer.

O'Marn reagierte unwillig, als einer der Lohanis ihn anstieß und den Strand entlang deutete. Aber dann bemerkte er die beiden Boote, die mit kraftvollen Ruderschlägen dem Ufer zustrebten. Sie kamen, um Frischwasser aufzufüllen, wie die mitgeführten Fässer bewiesen. Anscheinend hatte das Gros der Flotte noch nicht die Absicht, aufzubrechen. Möglicherweise waren die Einheiten, die inzwischen unter voller Takelage standen, nur als Kuriere oder Späher unterwegs.

Die beiden Ruderboote verschwanden inmitten der gischtenden Brandung. Augenblicke später landeten sie an und wurden von den Caer weiter den Strand hinaufgeschleift.

Zwanzig Männer waren es, die sich die Fässer auf die Schultern luden und zielstrebig landeinwärts gingen. Die Boote blieben unbewacht zurück.

Coerl O'Marn grinste in sich hinein. Die Caer würden sich wundern. Einigen seiner Männer winkte er, ihm zu folgen. Im Schutz halb verdorrter Ginstersträucher huschten sie den Strand entlang, bis der Boden lehmiger wurde und sanft gewellte Hügel sich in nördliche Richtung erstreckten. Schon nach wenigen hundert Schritten war das Meer nicht mehr zu sehen. Auf dem mittlerweile üppig wuchernden Moos verwischten alle Spuren schnell, doch der Schwarm Vögel, der schimpfend aus einem nahen Birkenwäldchen aufstieg, verriet genug.

»Überfallen wir sie, wenn sie zurückkommen?«, raunte einer der Lohanis.

Coerl O'Marn vollführte eine entschieden ablehnende Bewegung. Er bedeutete seinen Kriegern, den Hain zu umstellen und zwischen die teils mannsdicken Stämme einzudringen. Trotz aller Geschicklichkeit, die sie an Bord ihrer Schiffe bewiesen, wirkten sie an Land noch immer unbeholfen. O'Marn erstarrte förmlich, als er einen dürren Ast brechen hörte.

Auch die Caer schreckten auf. Der Albtraumritter sah sie keine dreißig Schritt vor sich an einer mit Steinen eingefassten Quelle. Kristallklares Wasser ergoss sich hier in einem mit Schilf und Schlingpflanzen zugewucherten Tümpel.

»Da ist jemand.«

»Unsinn. Ein Tier wird das Geräusch verursacht haben.«

»Ein zweibeiniges ...«

»Und wenn schon. Ganz Rukor ist in unserer Hand. Wen sollten wir zu fürchten haben?« Gelächter pflichtete dem Sprecher bei, der sich wieder nach seinem Fass bückte, um es aufzufüllen.

Im nächsten Moment ließ er ein dumpfes Gurgeln vernehmen; er schwankte, wollte sich aufrichten und schlug der Länge nach ins Wasser. Bevor die anderen überhaupt begriffen, was geschah, warf ein zweiter die Arme hoch und brach lautlos zusammen.

Dann ging alles sehr schnell. Weitere Pfeile fanden ihr Ziel, die Lohanis drangen auf die Lichtung vor. Die Stille des Waldes wich dem Klirren der Waffen, dem Fluchen und Schnaufen der Kämpfenden. Vergeblich versuchten die Caer, die Umzingelung zu durchbrechen. Die Tatsache, dass sie sich sicher gewähnt hatten und doch überrascht worden waren, ließ sie mehr oder weniger konfus reagieren.

Auch Coerl O'Marn schwang seine Klinge mit tödlicher Wucht. Das Schwert beidhändig führend, parierte er die Angriffe zweier stämmiger Gegner, die wie er jede Finte, jeden Hieb schon im Ansatz erkannten. So gekämpft hatte er lange nicht mehr. Armdickes Stangenholz splitterte unter seinen Hieben; seine Füße stampften den Boden, zerfetzten die dicken Moospolster. Vielleicht hätte er den Kampf abkürzen können, doch er fand zunehmend Gefallen daran. Immer heftiger krachten die Schwerter aufeinander, jeder Streich kostete mehr Kraft als der vorangegangene. Die beiden Caer riefen sich etwas im Dialekt des Hochlands zu. Keiner, der nicht im Herzogtum geboren war, hätte die Worte verstanden, doch O'Marn erkannte, was seine Gegner planten. In dem Moment, in dem sie versuchten, ihn zwischen sich zu bringen, wirbelte er herum, seinen Schwung über die Arme in die Klinge ableitend. Der heftige Widerstand, als das Schwert die Kettenglieder eines Eisenhemds durchtrennte, riss ihm fast das Heft aus der Hand. Sofort fuhr er abermals herum. Die Waffe des zweiten Caer schrammte an seiner entlang, und die Parierstangen verhakten sich; mit einem wütenden Ruck zerrte O'Marn den anderen zu sich heran und stieß ihm sein Knie in den Unterleib. Ächzend brach der Gegner zusammen. Ein Tritt gegen das verlängerte Rückgrat beendete seinen Versuch, wieder auf die Beine zu kommen.

Schwankend und schwer atmend, stand O'Marn über ihm. Die Spitze seines Schwertes ließ dem Caer keine andere Wahl, als sich geschlagen zu geben.

»Coerl!«, stieß er plötzlich keuchend hervor. »Coerl O'Marn!«

»Du kennst mich?« Das Schwert verharrte zitternd, während der Albtraumritter vergeblich versuchte, sich zu entsinnen. Das bärtige, leicht gerötete Gesicht mit den tief in ihren Höhlen liegenden Augen sagte ihm nicht viel.

»Einst kämpften wir Seite an Seite und nicht gegeneinander«, kam es schwerfällig. »Ich hatte das Glück, von dir zu lernen.«

Nachdenklich kniff O'Marn die Brauen zusammen. Zu viele Jünglinge hatte er in der Kunst des Zweikampfs unterwiesen, um heute noch jeden von ihnen zu kennen.

»Mehr als zwanzig Sommer sind seither ins Land gezogen. Du warst zugegen, als ich den Ritterschlag erhielt. Entsinnst du dich der Gräfin, deren Mieder just in dem Moment aufplatzte, als sie sich über den Tisch des Herzogs beugte ...?«

Coerl O'Marn stieß sein Schwert in die Scheide zurück. Ein rascher Rundblick überzeugte ihn davon, dass die Lohanis den Kampf gewonnen hatten, ohne auch nur ein Opfer beklagen zu müssen. Ihre Gesichter drückten Zuversicht aus. Ein wenig verfrüht zwar, denn im Vergleich zu dem, was ihnen noch bevorstand, war alles bisherige lediglich ein harmloses Geplänkel gewesen.

Ein Lächeln stahl sich auf O'Marns Züge. Und ob er sich der Festtafel anlässlich des Ritterschlags erinnerte. Die üppige Oberweite der Gräfin war seinerzeit der Anlass zu einer der herrlichsten Raufereien gewesen, und das Fest hatte um Tage verschoben werden müssen, da nicht einmal der Herzog mehr in der Lage gewesen war, sich auf den Beinen zu halten.

»Murdo Brennan«, entsann sich der Albtraumritter. »Du musst Murdo sein, ich erkenne zumindest deine Augen wieder.«

Der andere richtete sich ächzend auf und wischte sich die Hände am Wams ab. »Warum kämpfst du gegen uns?«, wollte er wissen. »Immerhin waren wir einmal so etwas wie Gefährten.« Sein Blick streifte den toten Caer. »Sie waren es auch«, fuhr er anklagend fort.

»Das ist eine lange Geschichte«, wehrte O'Marn ab.

»Erzähle sie.«

»Später vielleicht. Du wirst ohnehin sehr bald erfahren, um was es geht.« Der Albtraumritter befahl den Lohanis, die Kleidung der Caer anzuziehen. »Und füllt die Fässer«, fügte er hinzu. »Alles soll normal aussehen.«

»Was habt ihr vor?«

»Wir gehen jetzt zum Strand zurück, dann wirst du uns das Schiff zeigen, von dem die Boote gekommen sind«, sagte O'Marn.

»Das ist verrückt«, begehrte Brennan auf. »Selbst du kannst nicht ein einzelnes Schiff kapern und unbehelligt an der ganzen Flotte vorbeisegeln.«

»Wer behauptet, dass wir die Bucht verlassen wollen?«, grinste Coerl O'Marn. »Nein, mein Freund, wir wollen die ganze Flotte.«

*

Bald darauf waren die Wasserfässer in den Booten verstaut. Die auflaufende Flut machte es schwer, vom Strand wegzukommen. Es gehörten Kraft und Geschicklichkeit dazu, schräg gegen die anrollenden Brecher anzurudern.

Murdo Brennan kauerte im Bug des ersten Bootes. Der Druck von O'Marns Klinge zwischen den Schulterblättern zwang ihn, sich ruhig zu verhalten. »Ich verstehe nicht, wieso du zum Verräter werden konntest«, murmelte er zum wiederholten Mal.

»Zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die schwer zu begreifen sind. Hast du schon vergessen, wie viel Leid und Unglück wir Caer über andere Völker gebracht haben?«

»Aber bald beherrschen wir die halbe Welt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Shalladad ...«

»Still jetzt!«, zischte O'Marn und verstärkte den Druck seiner Klinge. Sie erreichten den Windschatten einer Galeere.

»Ist es eine Tagesarbeit, die paar Fässer zu füllen?«, erklang es ungehalten von Deck.

»Na los«, raunte O'Marn Brennan zu. »Antworte. Aber ein falsches Wort und ich vergesse, dass ich dich jemals gekannt habe.«

Brennan nickte schwer.

»Die Quelle war verschlammt«, rief er. »Wir mussten sie erst säubern.«

»Dann beeilt euch wenigstens jetzt.« Der Caer warf eine Strickleiter herab und zog sich wieder zurück.

»Tut mir leid, Murdo, aber es muss sein.« Ehe Brennan reagieren konnte, schickte O'Marn ihn mit dem Knauf seines Schwertes ins Reich der Träume.

Nacheinander enterten die Lohanis das Schiff. Die Fässer, die sie auf den Schultern trugen, verhinderten, dass jemand vorzeitig Verdacht schöpfte.

Coerl O'Marn war einer der ersten, die das Deck der Galeere betraten. Ein flüchtiger Rundblick verriet ihm, dass nur fünf Caer hier oben weilten, alle anderen befanden sich offenbar noch in ihren Unterkünften. Schnurstracks ging er auf die Treppe zu, die in den Bauch des Schiffes hinabführte.

»He, wohin willst du mit dem Wasser?«

»Ich weiß nicht«, erwiderte O'Marn im Dialekt des Hochlands.

»Warum muss ich mich nur mit lauter Dummköpfen abgeben?«, erklang ein wahrer Stoßseufzer. »Bring das Fass her zu mir!«

Der Albtraumritter zögerte.

»Worauf wartest du? Hast du nicht gehört?«

Der Caer, es war der, der die Strickleiter ausgeworfen hatte, kam auf O'Marn zu. Dabei ließ er die geflochtenen Lederstreifen seiner Peitsche durch die offene Hand gleiten.

»Dummheit lässt sich austreiben«, zischte er.

Die Peitsche klatschte auf O'Marns Rücken herab. Der Albtraumritter biss die Zähne zusammen. Noch waren nicht alle seine Männer an Bord; wenn er jetzt angriff, würden einige Caer womöglich Gelegenheit finden, die anderen zu warnen.

»Stell das Fass ab!«

»Natürlich.« O'Marn hantierte derart ungeschickt, dass er dem Caer den Rücken zuwandte. Trotzdem wurde der Mann stutzig.

»Wer bist du überhaupt?«

»Hä?«, machte O'Marn. Seine Rechte tastete nach dem kurzen Dolch, den er im Gürtel trug.

»Ich kenne dich nicht.« Der Caer packte ihn an den Haaren und zwang ihn mit eisernem Griff herum. »Wer bist du, Bursche?«

»Das dürfte dich kaum interessieren.« Blitzschnell zuckte der Dolch vor, ließ den Caer lautlos zusammenbrechen. Um die Waffe vor den Blicken der anderen zu verbergen, fing O'Marn den leblosen Körper auf.

»Was ist mit ihm?«, rief einer vom Vorschiff.

»Schlecht geworden«, erwiderte der Albtraumritter. »Keine Ahnung, was er hat.«

»Wir helfen dir.« Zwei Krieger eilten herbei. Im letzten Moment bemerkten sie das Blut auf den Planken. Aber Coerl O'Marn war schneller als sie. Sein Schwert erstickte ihren warnenden Aufschrei noch im Ansatz.

Auch die Lohanis benötigten nur Augenblicke, um die übrigen Caer zu überwältigen. Und alles geschah fast völlig lautlos.

O'Marn deutete nach unten. Wie viel Krieger mochten sich unter Deck aufhalten? Vor den anderen huschte er die Treppe hinab. Ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht, als er das Schnarchen vernahm. Irgendwo polterte ein Becher über die Planken.

Je weiter der Albtraumritter kam, desto intensiver roch es nach Rum. Offenbar hatte ein Teil der Mannschaft die Wartezeit auf ihre Weise genutzt.

»Fesselt und knebelt sie!«, befahl er den Lohanis. »Wir wissen nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt.«

Er stieß die nächstbeste Tür auf. Ein Caer taumelte ihm entgegen, starrte ihn aus glasigen Augen an; er war halbnackt, trug nur ein um die Hüften geschlungenes buntes Tuch und sein Schwert. Aber trotz des Alkohols, den er ausdunstete, zerrte er beim Anblick der Lohanis die Klinge aus der Scheide. Coerl O'Marn streckte ihn mit bloßen Fäusten nieder.

*

»Sie haben es geschafft. Nun sind wir dran.« Die am Ufer zurückgebliebenen Männer hatten geradezu sehnsüchtig auf das verabredete Zeichen gewartet, auf das Aufblitzen zweier gekreuzter Schwerter im Schein der inzwischen hoch stehenden Sonne. Einzeln huschten sie über den Strand und warfen sich in die Wellen, tauchten in die Bucht hinaus, wo die feindliche Flotte vor Anker lag.

Jeder von ihnen war auf sich allein gestellt, wer entdeckt wurde, musste damit rechnen, dass die Caer ihn gnadenlos jagten. Aber sie waren gute Schwimmer, die sich unter Wasser nicht minder geschickt bewegten als an der Oberfläche. Und sie konnten lange ohne Atem zu holen auskommen.

Ihr Ziel waren die Ruderblätter der Schiffe, ihre Schwerter durchschnitten die Zugtaue und machten die Galeeren dadurch mehr oder weniger manövrierunfähig. Eine gefährliche Arbeit, bei der man leicht abrutschen und von den sich am Schiffsrumpf brechenden Wellen unter den Kiel gezogen werden konnte.

Noch nicht einmal eine Stunde war vergangen, als die Raubfische kamen. Nur ihre kantigen Rückenflossen ragten aus dem Wasser. Lauernd umkreisten sie ihre vermeintliche Beute.

Dann stießen die ersten zu. Vor ihren messerscharfen Zähnen gab es kein Entrinnen. In der Nähe mehrerer Schiffe begann das Wasser zu schäumen, weil die Tiere sich gegenseitig anfielen.