Mythor 65: Treibjagd der Amazonen - W. K. Giesa - E-Book

Mythor 65: Treibjagd der Amazonen E-Book

W. K. Giesa

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Beschreibung

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen. Anderswo - das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist. Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird. Gegenwärtig, zur Zeit des Aasenmonds, hält sich Mythor mit seinen Gefährten auf der Insel Gavanque auf, die sich schnell genug als heißer Boden herausstellt. Die Untaten in Buukenhain und auf Schloss Behianor haben alle Hexen und Kriegerinnen der Zaem in höchsten Alarmzustand versetzt - denn die Art der Verbrechen weist eindeutig auf das Wirken dämonischer Kräfte hin, die es in Vanga eigentlich gar nicht geben dürfte. Da Mythor und seine Gefährten fälschlicherweise als Diener der Dunkelmächte angesehen werden, gilt ihnen die TREIBJAGD DER AMAZONEN ...

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Nr. 65

Treibjagd der Amazonen

von W. K. Giesa

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen.

Anderswo – das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist.

Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird.

Gegenwärtig, zur Zeit des Aasenmonds, hält sich Mythor mit seinen Gefährten auf der Insel Gavanque auf, die sich schnell genug als heißer Boden herausstellt.

Die Untaten in Buukenhain und auf Schloss Behianor haben alle Hexen und Kriegerinnen der Zaem in höchsten Alarmzustand versetzt – denn die Art der Verbrechen weist eindeutig auf das Wirken dämonischer Kräfte hin, die es in Vanga eigentlich gar nicht geben dürfte.

Da Mythor und seine Gefährten fälschlicherweise als Diener der Dunkelmächte angesehen werden, gilt ihnen die TREIBJAGD DER AMAZONEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mythor – Der Sohn des Kometen auf der Flucht.

Scida, Gerrek und Lankohr – Mythors Begleiter.

Burra – Sie will Mythor-Honga lebend.

Braegg, Naesca und Acyntha – Drei Amazonen auf Männerjagd.

1.

Die Stille täuschte – es war die Ruhe vor dem Sturm!

Hell und warm sandte die Sonne ihr Licht auf die Insel Gavanque hernieder, auf der nichts mehr so war wie früher. Für einige der auf der Insel ansässigen Amazonen war der Krieg der Hexen mit einem Schlag nebensächlich geworden, in dem sie ohnehin keine große Rolle spielten.

Leicht strich der warme Wind über die Steppengräser. Blüten wippten leicht auf ihren Stängeln, und aus der Nähe kamen pfeifende Tierlaute. Dort ging die Steppe in einen dichten Dschungel über, und hier verlor sich auch die Spur des gefährlichsten Mörders, den es je auf Gavanque gegeben hatte.

Drei Mörder ... drei, die das Hexenfort Buukenhain zerstört und die befehlende Hexe Noia getötet hatten!

Und nicht nur sie, sondern zwei weitere waren in Buukenhain umgekommen. Auch in der Schule der Hexen hatten die drei gewütet. Eine alternde Amazone, ein Mann und ein feuerspeiendes Ungeheuer, und dieses musste in der Lage sein, selbst massive Wände zu zertrümmern!

Nicht einmal die Hexe Fieda hatte sich gegen diese drei behaupten können, und an Fieda musste die Amazone Burra denken, die jetzt auf dem Boden kauerte, sich an einen Baumstamm gelehnt hatte und hin und wieder zu Acynthas Luftschiff sah. Damit war die Wilde Hündin beweglicher als alle anderen, aber Burra hatte nicht vor, sich die Beute entgehen zu lassen.

Sie musste diesen Honga in ihre Hände bekommen! Honga, den sie schon in Korum hatte haben wollen und der ihr auch auf der Schwimmenden Stadt Gondaha entwischt war. Ein Mann ...

Nur ein Mann! Aber einer, der sie förmlich anzog. Er war anders als alle Männer Vangas, und deshalb wollte Burra ihn für sich. Er sollte zu ihren »Männern für alles« gehören, die sie ständig um sich hatte, wenn sie sich an Bord ihres Schiffes Sturmbrecher befand, die für sie sorgten und mit denen sie Trainingskämpfe durchführte. Honga würde besser sein als die vier, die ihr jetzt dienten, zusammen.

Ihre Gedanken gingen wieder zu Fieda zurück. Es war ungeheuerlich! Fieda war erstarrt, nicht einmal mehr in der Lage, einen Finger zu bewegen! Burra hatte die starren, glanzlosen Augen der Hexe gesehen. Welche unheimliche Kraft mochte es gewesen sein, die die Hexe gelähmt hatte?

Sie und die Hexenschülerin Angi ...

Nachdenklich sah sie Yacub an, den Vierarmigen, der zusammen mit Honga ein leidlich gutes Dienergespann abgeben würde. Yacub hatte sich ihr sofort angeschlossen, und Yacub war es auch gewesen, der behauptet hatte, die Zerstörung von Buukenhain sei das Werk der drei Verfolgten.

»Scida«, murmelte Burra und wusste nicht einmal, dass sie den Namen der alten Amazone, die ihr Honga vorenthielt, laut ausgesprochen hatte, als Yacub den kantigen Schädel etwas drehte und sie aus dunkelrot glühenden Augen ansah.

»Nichts ...«

Yacub stand wie eine Statue da, gute acht Fuß hoch aufragend und mit vier starken Armen ausgestattet. Hart wie Stein war seine Haut und kaum zu verletzen.

Einen seiner Arme streckte Yacub jetzt aus und deutete auf die anderen Amazonen, die sich um ein rasch entzündetes, rauchloses Feuer kauerten und wild aufeinander einredeten.

»Sie beratschlagen, wie sie Hongas und der anderen habhaft werden und du siehst nur zu!«, grollte Yacub. »Hast du kein Interesse mehr?«

»Sie schwätzen«, sagte Burra kalt. »Wenn sie fertig sind, handle ich. Die Spur ist verloren, aber nicht für immer!«

»Das ist wahr«, gestand Yacub und schloss seine roten Augen, die in der Dunkelheit leuchteten wie kleine Flämmchen. Jetzt, im hellen Sonnenschein, wirkte er fast harmlos. Aber Burra hatte festgestellt, dass er ein guter Kämpfer war.

Sie sah wieder zu den anderen. Aber vielleicht hatte Yacub recht. Vielleicht war es besser, sich unter die anderen zu mischen. Vielleicht brachte eine von ihnen doch eine gute Idee hervor ...

Burra erhob sich und stampfte zum Kreis hinüber, um sich zwischen zwei andere Amazonen zu drängen. Als sie sich nach Yacub umsah, war dieser verschwunden.

Er jagt wieder, dachte Burra. Mehr dachte sie sich nicht dabei.

*

Zunächst war es Burra allein mit ihren zehn Amazonen gewesen, die den Spuren Hongas und seiner Gefährten folgten. Burra ritt das schneeweiße Pferd, das ursprünglich der Hexe Fieda gehört hatte. Doch die Hexe war erstarrt, war wie tot, und so hatte sich Burra des schönen Tieres bemächtigt. Ihre ganze Schar war beritten, wenn man von Yacub absah. Aber dieser graubraune Koloss war auch so schnell und stark genug.

Die Kunde, dass sich böse Dinge auf Schloss Behianor abgespielt hatten, hatte sich sehr schnell verbreitet, und bald waren andere zu Burras Trupp gestoßen. Fieda hatte zu den bekanntesten und einflussreichsten Hexen Gavanques gehört, und entsprechend groß war die Aufregung. Ganz Gavanque schrie nach Rache.

Dass ein Mann – Honga – an der Untat beteiligt war, machte alles natürlich noch viel schlimmer.

Den auf Gavanque ansässigen Amazonen kam das alles allerdings durchaus gelegen. Es war eine willkommene Abwechslung. Manche fragten sich schon lange, was sie überhaupt noch auf der Insel hielt. Der Krieg der Hexen war nicht ihre Sache und wurde nicht mit dem Schwert, sondern mit Zauberei ausgetragen. Amazonen wurden nur in den seltensten Fällen benötigt, um einer Hexe schlagkräftig zur Seite zu stehen.

Und jetzt war endlich etwas los!

In einem Punkt waren die Amazonen sich samt und sonders einig: dass diese Treibjagd ihre Sache war. Hier hatten sich die Hexen herauszuhalten! Auch wenn es um Fieda ging, um Noia und Buukenhain, so war diese Männerjagd doch Sache der Amazonen.

Aber damit endete die Einigkeit auch schon. Jede wollte diejenige sein, die die drei Fremden stellte, die offenbar mit dämonischen Mächten paktierten. Für das, was sie getan hatten, gab es keine andere Erklärung als das Wirken schwarzer Magie, obgleich es hieß, dass dämonische Kräfte keinen Zugang zu Vanga besaßen.

Um herauszufinden, wie diese schwarze Magie dennoch wirksam werden konnte, mussten die Amazonen Erfolg haben und die Flüchtigen einfangen. Und jede besaß den Ehrgeiz, diejenige zu sein, welche den Erfolg für sich verbuchen konnte.

Deshalb brachte das Palaver am Rand des Dschungels auch niemandem etwas ein außer den Verfolgten. Burra war sicher, dass Yacub die Spur Hongas, Gerreks und Scidas jederzeit wieder entdecken konnte, und Yacub war ihr Diener geworden. Allein dadurch besaß sie einen unschätzbaren Vorteil, wie sie meinte. Alle anderen waren im Nachteil. Sie redeten nur und schmiedeten Pläne, versuchten, ihre wirklichen Absichten zu verbergen und doch aus den Reden der anderen soviel wie möglich zu entnehmen.

Burra schwieg. Auch ihre zehn Kriegerinnen, die sie von der Sturmbrecher mitgebracht hatte und zu denen auch ihre drei engsten Vertrauten Gorma, Tertish und Gudun gehörten, hielten sich zurück. Burra selbst versuchte die anderen Jägerinnen einzuschätzen, um ihre Gefährlichkeit zu erkennen. Denn trotz Burras Überlegenheit durch Yacub konnte es sein, dass jemand schneller war als sie, und das durfte nicht geschehen.

Sie musste Honga erwischen ...

Und auch mit Scida war noch eine Rechnung zu begleichen. Das Ende des Zweikampfs, der von der Hexe Fieda unterbrochen worden war, stand noch aus.

Und da war noch Gerrek, der Beuteldrache. Burra hatte ihn offenbar unterschätzt, hatte ihn für einen harmlosen Spinner gehalten. Aber er musste mitverantwortlich sein für die Zerstörung von Buukenhain und für alle anderen Dinge ...

Neben Burra saß die Fallenstellerin Naesca. Sie verhielt sich ebenfalls sehr zurückhaltend. Sie und die Wilde Hündin Acyntha waren die einzigen Amazonen, die Burra halbwegs ernst nahm. Acyntha war mit ihrem Luftschiff gelandet, das sie allein lenkte. Sie war eine Einzelgängerin, die die Männerjagd zu ihrem Beruf gemacht hatte. Manche nannten sie Männerschinderin. Schon von weitem war sie an ihrem schweren und kunstvoll verzierten Helm zu erkennen, den sie wahrscheinlich nie ablegte. Wo immer es einen entflohenen Mann zu hetzen galt, war die Wilde Hündin nicht weit, und das Innere ihres Luftschiffs zierte eine stattliche Reihe von männlichen Schrumpfköpfen.

Burra presste die Lippen zusammen. Der Gedanke, Hongas Kopf, von Acyntha selbst kunstvoll präpariert, in deren Sammlung wiederzufinden, konnte ihr gar nicht gefallen. Ebenso wenig aber, dass vielleicht Naesca, wie schon des Öfteren geschehen, sich selbst als Köder anbot und mit Honga ...

Naesca, die Fallenstellerin, war einfach zu schön. Es hieß, dass ihr kein Mann widerstehen konnte. Auch sie lebte ausschließlich von der Männerjagd. Aber sie machte sich nicht die Arbeit, wie Acyntha, ständig neue Ideen zu ersinnen, sondern stellte Fallen – und vertraute im Übrigen darauf, dass die Männer auf ihr Aussehen hereinfielen. Wenn man einmal von ihrer Größe absah, hielt man sie bei flüchtigem Kennenlernen für alles andere denn eine Amazone. Keine Narbe verunstaltete ihr Gesicht, ihren Körper.

Burra erlaubte sich ein verächtliches Schnauben.

Es wurde Zeit, dass etwas geschah. Der Kriegsrat war sinnlos, und je mehr Zeit verstrich, desto größer war der Vorsprung, den die Verfolgten erhielten. Aber wenn Burra mit ihren Kriegerinnen jetzt aufbrach, würde sie sich nur den Zorn der anderen zuziehen. Nicht, dass ihr das sonderlich viel ausgemacht hätte – aber kleinliche Auseinandersetzungen vermied man augenblicklich lieber.

Nach einer Weile sah sie Yacub wieder auftauchen. Er hatte sich nach Norden entfernt, kehrte nun zurück und rollte sich unweit des Kreises von palavernden Amazonen zusammen, als berühre ihn die Sache kaum.

Burra konnte sich nur schwer vorstellen, wie es Honga, Gerrek und Scida gelungen war, sich so lange dem Zugriff der immer zahlreicher werdenden Verfolgerinnen zu entziehen. Einige der Amazonen gaben das auch lautstark zu bedenken. Deutete es nicht ebenfalls auf finstere Dämonenmagie hin? Denn immerhin setzte die Jagd von vielen Seiten zugleich ein. Die Jägerinnen kamen von überall, wo auch immer sie erfuhren, worum es ging.

Dass sich hier so viele getroffen hatten, gut eine Tagesreise südlich von Schloss Behianor, war Zufall.

Plötzlich hob Acyntha eine Hand.

»Um unseren Streit vorläufig zu beenden«, sagte sie mit spöttischem Unterton, »schlage ich vor, dass wir alle gemeinsam aufbrechen. Es ist zwar kaum glaublich, dass die Verfolgten mit den Dunklen Mächten paktieren, doch wenn es so ist und sie tatsächlich so stark waren, Buukenhain zu zerstören, hilft es nichts, wenn wir uns zerstreuen und versuchen, sie einzeln zu erwischen. Nur gemeinsam sind wir stark. Lasst uns also gemeinsam als starke Gruppe nach ihnen suchen, und wer sie zuerst sieht, hat das größte Anrecht.«

Burras Mundwinkel verzogen sich. Die massige Amazone grinste. Acynthas Idee war gut – für sie. Denn mit ihrem Luftschiff konnte sie die Gesuchten aus großer Höhe zweifellos eher entdecken als vom Boden aus. Burra ärgerte sich, dass sie keines ihrer Luftschiffe, die als »Beiboote« der Sturmbrecher dienten, mitgenommen hatte, sondern sich auf Pferde verließ.

Es gab nur ein paar Gegenstimmen zu Acynthas Vorschlag. Obgleich ihr Luftschiff in unmittelbarer Nähe verankert war, kam offenbar keiner der anderen Amazonen in den Sinn, was Acyntha plante. Sie würde nur im Nachteil sein, wenn die Gesuchten sich im Dschungel verbargen.

Dennoch schwieg Burra auch jetzt. Sie wartete weiterhin ab. Gudun stieß sie leicht an. »Willst du das zulassen?«

Burra lachte leise auf. »Warum nicht? Wir haben schnelle Pferde«, sagte sie. »Wir werden immer bei dem Ballon bleiben. Und bis die Wilde Hündin gelandet ist, hm ...«

»Aber Acyntha wird nicht die einzige sein, die mit einem Luftschiff jagt«, sagte Gudun.

Die anderen Amazonen erhoben sich jetzt. Acyntha schritt auf ihr Luftschiff zu. Plötzlich schrie Naesca auf.

»Wartet!«

Sie sprach jetzt die Gedanken aus, die Burra schon vorher durch den Kopf gegangen waren. »Acyntha ist auf diese Weise immer im Vorteil.«

Wir auch, dachte Burra vergnügt. Die Pferde, die sie von Schloss Behianor mitgenommen hatten, waren stark und schnell und würden manch anderes Reittier spielend schlagen.

Immerhin begann das Streitgespräch jetzt von neuem. Man kam überein, sich doch wieder in Gruppen aufzuteilen. »Eine Bedingung stelle ich«, sagte Burra schließlich. Sie fixierte Acyntha, die wohl die größten Aussichten nach ihr hatte, die Verfolgten zu erwischen. »Der Mann Honga darf nicht getötet werden. Ich will, dass er lebend gefangen wird.«

Dabei legte sie beide Hände auf die Griffe ihrer Schwerter.

Die anderen Amazonen sahen sie erstaunt an. Acyntha wollte eine Frage stellen, unterließ es dann aber.

Sie alle kannten Burra und ihren Ruf als Kämpferin. Wenn Burra eine Forderung stellte, hatte sie bestimmt auch einen Grund dafür. Und es war nicht gut, ihr zu widersprechen, wenn es um solch unwichtige Dinge ging, ob ein Mann lebend oder tot gefangen wurde.

»Einverstanden«, sagte Acyntha.

In diesem Moment ertönte vom Dschungelrand her ein lauter Schrei.

*

Burra winkte Gudun und Tertish, ihr zu folgen. Auch Yacub war aufgesprungen und starrte in südliche Richtung, von wo der Schrei erklungen war. Dort stand eine Amazone und winkte heftig.

Naesca und zwei andere folgten Burra ebenfalls. Nach ein paar Herzschlägen hatten sie die Stelle erreicht. Die Amazone deutete mit ausgestrecktem Arm auf den Dschungelrand. Burra stapfte in die angegebene Richtung.

Sie brauchte nicht einmal eine Steinwurfweite zu gehen. Dann stieß sie auf einen erstarrten Körper. Es war eine Kriegerin, die wie tot dalag.

Wie Fieda und die anderen!, durchfuhr es Burra.

Sie entsann sich, dass diese Kriegerin sich nur kurze Zeit an dem Gespräch am Feuer beteiligt hatte und dann begann, den Dschungelrand nach einer Spur abzusuchen. Und hier lag sie nun.

»Das ist doch nicht möglich!«, schrie Naesca zornig. »Sie müssen ganz in der Nähe sein! Und wir haben es nicht gewusst! Es ist nicht zu fassen!«

Burra sah, wie Tertish Yacub einen prüfenden Blick zuwarf. Auch sie erinnerte sich, dass Yacub in Schloss Behianor beschuldigt worden war. Aber er hatte doch ruhig und schlafend im Stall gelegen, neben einem frisch gerissenen Tier, zu einer Zeit, in der er angeblich die Zaubertochter Angi überfallen haben sollte. Es war unmöglich.

Und Yacub hatte sich doch zu seinem kurzen Streifzug in genau entgegengesetzter Richtung bewegt!

Burra schüttelte den Kopf. Yacub selbst gab sich unbeteiligt.

»Sie können noch nicht weit sein«, zischte Naesca, während Burra neben der wie tot daliegenden Amazone niederkniete. Ihre Finger glitten leicht über die Halswunde. Ausgetretenes Blut war zu Staub zerfallen, aber die Wunde selbst war nur klein und auf keinen Fall tödlich. Sie blutete auch längst nicht mehr.

Doch der Staub und die Starre wiesen darauf hin, dass hier der gleiche unheimliche Mörder wieder zugeschlagen hatte.

Gerrek?, dachte sie. Aber warum zeigte er diese mordenden Eigenschaften erst, seit er Gavanque betreten hatte? Weder in Korum noch auf der Schwimmenden Stadt hatte er gemordet.

Aber jetzt war es nicht die Zeit, Rätsel zu lösen. Burra richtete sich wieder auf und winkte ihren Amazonen. »Vorwärts! Sie müssen noch in der Nähe sein. Ihnen nach!«