Mythor 66: Die Katakomben von Acron - Hubert Haensel - E-Book

Mythor 66: Die Katakomben von Acron E-Book

Hubert Haensel

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Beschreibung

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen. Anderswo - das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist. Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird. Gegenwärtig, zur Zeit des Aasenmonds, hält sich Mythor mit seinen Gefährten auf der Insel Gavanque auf, die sich schnell genug als heißer Boden herausstellt, da die meisten Hexen und Amazonen der Zaubermutter Zaem die Neuankömmlinge als Diener der Dunkelmächte ansehen, die es zu jagen gilt. Gegenwärtig ist der Sohn des Kometen allerdings selbst auf Verfolgungsjagd. Seine Gefährten sind überwältigt und zu Traumwandlern gemacht worden. Sie zu retten, ist Mythors Bestreben - und er folgt ihnen in DIE KATAKOMBEN VON ACRON ...

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Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Nr. 66

Die Katakomben von Acron

von Hubert Haensel

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen.

Anderswo – das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist.

Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird.

Gegenwärtig, zur Zeit des Aasenmonds, hält sich Mythor mit seinen Gefährten auf der Insel Gavanque auf, die sich schnell genug als heißer Boden herausstellt, da die meisten Hexen und Amazonen der Zaubermutter Zaem die Neuankömmlinge als Diener der Dunkelmächte ansehen, die es zu jagen gilt.

Gegenwärtig ist der Sohn des Kometen allerdings selbst auf Verfolgungsjagd. Seine Gefährten sind überwältigt und zu Traumwandlern gemacht worden. Sie zu retten, ist Mythors Bestreben – und er folgt ihnen in DIE KATAKOMBEN VON ACRON ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mythor – Der Sohn des Kometen auf der Spur seiner Gefährten.

Scida, Gerrek und Lankohr – Sie sind zu Traumwandlern geworden.

Burra – Die Amazone beginnt umzudenken.

Yacub – Die Bestie wütet in den Katakomben von Acron.

Zaem

1.

Die Finsternis besaß viele Gestalten.

Mythor hastete durch eine nahezu vollkommene Schwärze. Alton hatte er in die Scheide zurückgeschoben, um sich durch das Leuchten des Gläsernen Schwertes nicht zu verraten.

Irgendwo vor ihm erklangen Geräusche, die nur von den Vermummten stammen konnten.

Der Boden war feucht und glitschig, schleimige Moose wuchsen hier. Bleiches Gewürm huschte über den Felsen.

Der unterirdische Gang führte sanft ansteigend in die Höhe. Mehrmals weitete er sich zu kleinen Höhlen. Die Wände waren dann von silbern schimmernder Feuchtigkeit überzogen.

Mythor sorgte sich um seine Freunde, nachdem das Orcht ihnen jenes Gift eingeflößt hatte, das sie zu vertrockneten Mumien machen sollte.

Plötzlich schlug etwas hart gegen seine Beine. Noch im Sturz streckte er die Arme vor und rollte sich ab. Wie von selbst glitt seine Rechte an den Knauf des Gläsernen Schwertes.

Ein schrilles Kichern ertönte. Zwei helle, wässrige schimmernde Augen starrten den Gorganer aus der Dunkelheit an.

Du musst weiter!, durchfuhr es ihn. Oder willst du die Spur verlieren?

Mit einem tiefen Seufzer brach das Kichern ab.

Mythor warf sich herum, wollte weitereilen ... Ein krächzender Laut hallte hinter ihm her. Gleichzeitig schlangen sich biegsame Fesseln um seine Knöchel und brachten ihn erneut zu Fall.

»Orcht«, wurde eine Stimme laut, die kaum noch menschlich zu nennen war. Und wieder dieses irre Gelächter. Mythor hörte leise, schlurfende Schritte auf sich zukommen. Jemand atmete gepresst.

»Die Zeit ist da, um Rache zu nehmen. Lange habe ich gewartet, aber nun endlich folgst du den Räubern ...«

Der Sohn des Kometen fühlte, dass etwas sich langsam an seinen Beinen hochwand. Er zog Alton, dessen Leuchten wie ein Blitz in dieser Finsternis war.

Ein erschreckter Aufschrei antwortete ihm. Im gleichen Augenblick zuckte eine Schwertlanze herab, die nur eine Handspanne neben seinem Kopf auf den Boden schmetterte.

Glucksendes Gelächter begleitete den Streich.

»Ich – ich hätte dich töten können. Aber du sollst leiden. Leiden, hörst du? Rede, jammere ...!«

Ein schmerzhafter Fußtritt traf Mythor in die Seite. Er wollte mit der Linken zupacken, aber unvermittelt wurde sein Arm zurückgezerrt.

»Gut, mein Freund«, kicherte die Stimme. »Zwinge dieses Biest in deine Gewalt.«

Mythor erkannte, dass es Wurzelstränge waren, die nach ihm griffen. Endlich konnte er auch den Fremden sehen – ein altes, verhutzeltes Männchen. Nur mehr Fetzen von Kleidungsstücken hingen an seinem Körper. Doch bodenlanges, schlohweißes Haar und ein langer Bart bedeckten die Blößen.

»Wer bist du?«, fragte Mythor.

»Ich ...?« Der Mann schüttelte heftig den Kopf und begann erneut zu kichern. »Du kennst mich nicht mehr? Hihi, ist es denn so lange her?«

»Wovon sprichst du?«

Übler Geruch schlug Mythor entgegen. Der Alte klebte vor Schmutz.

»In Sicherheit wiegen willst du mich. Ja, ja, ich weiß, aber du wirst mich nicht bekommen, Orcht.«

Wild fuchtelte der Mann mit den Armen. Dass sein Verstand gelitten hatte, konnte nicht verborgen bleiben.

»Du irrst«, sagte Mythor betont langsam. »Auch ich bin ein Feind des Monstrums.«

Der Alte hielt inne und stierte ihn an.

»Du redest nur mit einem Mund, um mich zu täuschen. Aber Gerban lässt sich nicht in die Irre führen. Ich weiß, dass du viele Körper hast, ich habe sie selbst gesehen, gestern, in deiner Höhle. Sie sind scheußlich – einer mehr als der andere, aber ganz besonders abscheulich ist der mit den vielen Köpfen. Hihi, hättest du geglaubt, dass ich dir entfliehen könnte? Sag endlich, gestehe ein, dass ich stärker bin als du. Lange habe ich auf diesen Moment gewartet.«

»Seit gestern?«

»Wer behauptet das? Unzählige Jahre sind vergangen. Du hast mich meine Jugend gekostet, und dafür werde ich dich töten.«

Immer schneller sprudelte es aus Gerban hervor.

»Packt ihn!«, kreischte er schließlich. »Zerquetscht ihn.«

Die Umklammerung der Wurzeln wurde stärker.

»Wir sind Verbündete«, rief Mythor. »Auch ich konnte dem Orcht entfliehen.«

»Pah.« Gerban spie aus. »Alles Lüge.« Mit seinen dürren, knochigen Händen, die unter den verfilzten Haaren hervorschossen, schien er einen unsichtbaren Gegner niederzuringen.

Mythor versuchte, sich herumzuwälzen, was ihm aber nicht gelang. Die pflanzlichen Fesseln hielten ihn fest umschlugen. Nur den rechten Arm konnte er noch ein wenig bewegen. Er hob Alton und ließ das Schwert auf zwei Wurzeln herabsausen, die soeben nach ihm griffen.

Gerban stieß einen brüllenden Schrei aus und taumelte. Erst an der Wand des Stollens fand er Halt.

Bleiche Strünke schnellten von allen Seiten heran und zuckten auf Mythor zu. Aber vor dem Gläsernen Schwert schienen sie zurückzuschrecken. Der Gorganer musste plötzlich um sein Leben kämpfen. Es war ihm unmöglich, sich aufzurichten.

»Du Bestie«, krächzte der alte Mann und stürzte sich auf ihn. Seine Finger suchten Mythors Kehle, wobei er Kräfte entwickelte, die einer Amazone zur Ehre gereicht hätten.

Der Gorganer hatte Mühe, Gerban abzuwehren. Mit dem Ellbogen gelang es ihm schließlich, den Alten von sich zu stoßen. Indem er mit der Rechten dann eine kreisende Bewegung vollführte, durchtrennte er mehrere Wurzeln zur gleichen Zeit.

»Du bringst sie um«, schluchzte Gerban. »Hörst du nicht, wie sie schreien?«

»Es sind Pflanzen«, schnaufte Mythor.

Der Alte stierte ihn aus seinen großen Augen an. Ganz ruhig wurde er.

»Sie leben. Wenn du ihnen Leid zufügst, kannst du kein Freund sein.«

»Dann sollen sie von mir ablassen.«

»Niemals!«

»Du willst es nicht anders ...« Klagend schnitt Alton durch die Luft. Mythor handhabte die Klinge so geschickt, dass sein linker Arm freikam.

Gerban hüpfte wie besessen herum. Tränen rannen über seine Wangen.

Dem Sohn des Kometen tat der Alte leid. Aber er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. Wenn er länger zögerte, mochten die Vermummten mit Gerrek, Scida und dem Aasen Lankohr nicht mehr aufzufinden sein.

Das Schwert wie beim tabigata dicht über den Boden führend, verschaffte Mythor sich endgültig Luft. Er kümmerte sich nicht um Gerban, der jammernd in sich zusammensank und ihm die wildesten Flüche hinterherschickte.

Ein Gedanke indes verfolgte den Gorganer für kurze Zeit:

Fühlen Pflanzen wirklich wie Menschen, fragte er sich. Oder ist dies nur einem kranken Geist entsprungen?

*

Endlich erhellte das Licht des Tages die Finsternis des Felsengangs. Mythor gelangte auf ein Hochplateau, über das ein schneidender Wind wehte. Eine gute Sicht bot sich ihm von hier aus. Im Osten erhoben sich langgestreckte Bergketten, während weit im Westen das Meer gegen die Küste Gavanques anrollte. Schleierwolken trieben schnell über das Firmament dahin.

Mythor hörte das Tosen des Wasserfalls irgendwo unter sich. Der Wind trug auch das Heulen der Wildhunde zu ihm herauf. Und da war Acynthas Ruf, der die Tiere anspornte. Die Amazone musste mittlerweile aus ihrer Betäubung erwacht sein.

Mythor suchte nach Spuren, die ihm die Richtung wiesen, fand aber nichts auf dem nackten Fels.

Am Horizont zeigte sich ein Luftschiff. Wenn es mit dem Wind trieb, würde es irgendwann über dem Orcht-Sumpf erscheinen.

Gib mir ein Zeichen, Quyl!, dachte Mythor. Damit ich Gerrek und die anderen wiederfinde.

Aber der Gott der Marn, der ihm in früheren Zeiten oftmals beigestanden hatte, schien ihn in Vanga nicht zu hören.

Mythor musste nahezu die halbe Felsplatte absuchen, bis er endlich den geknickten Ast entdeckte. Obwohl die Sträucher dürr schienen, war ein wenig Harz aus der Bruchstelle ausgetreten – und es war noch zähflüssig.

Der Gorganer atmete auf. Dies schien der richtige Weg zu sein. Häufiger fand er nun Hinweise, dass hier vor kurzem jemand gewesen war.

Schließlich stieß er auf einen ausgetretenen Pfad, der sanft bergab führte. Üppiges Grün säumte den Weg. Auch ragten schon vereinzelte Bäume bis in mehrfache Mannshöhe auf. Den Ballon, den er vor kurzem erspäht hatte, verlor Mythor wieder aus den Augen. Doch gab es Wichtigeres für ihn.

Im nächsten Moment prallte er erschrocken zurück.

Keine zehn Schritte von ihm entfernt standen die Verfolgten. Es war fast ein Wunder, dass sie ihn nicht bemerkt hatten. Hastig zog Mythor sich zurück, bis er hinter einigen Büschen Schutz fand. Trotzdem konnte er alles beobachten, was geschah.

Sieben in lose, weit fallende Umhänge gehüllte Gestalten waren es. Die Mehrzahl von ihnen besaß in etwa Mythors Statur, was aber nicht besagen musste, dass es sich um Männer handelte. Bis zum Hals reichende, nur mit Augenschlitzen versehene Kapuzen verdeckten ihre Gesichter.

Was sie taten, vermochte der Sohn des Kometen sich zunächst nicht zu erklären. Allerdings hatte er auch mehr Augen für die drei Scheintoten, die steif dastanden.

Die Vermummten umringten sie in einem magischen Ritual und fassten sich an den Händen. Jetzt erst sah Mythor das seltsame Zeichen, das auf den Vorderseiten ihrer Kapuzen prangte.

Es handelte sich um einen Kreis, der durch eine einfache Schlangenlinie in eine weiße und eine schwarze Hälfte unterteilt wurde. Im dicken Ende der dunklen, linken Hälfte gab es einen weißen, in der hellen einen schwarzen Punkt.

Der Blick des Gorganers saugte sich daran fest. Irgendwie schienen seine Gedanken auf schnellen Flügeln davonzueilen, einem unbekannten Ziel entgegen.

Zauberei!

Unvermittelt dachte Mythor an Fronja, und das brachte ihn in die Wirklichkeit zurück.

Was immer dieses Zeichen darstellte, trug es gleichzeitig Gut und Böse in sich, indem es Licht und Schatten symbolisierte?

Die Vermummten lüfteten eine nach der anderen ihre Kapuzen. Frauen mochten es sein, denn eine lange, wallende Haarpracht fiel ihnen bis über die Schultern.

Mythor sah Augen, die groß waren und weiß, und schauderte. Sie wirkten starrer noch als die Augen von Toten, denn ihnen schien die Regenbogenhaut zu fehlen. Aber um das genauer festzustellen, hätte er näher herangehen müssen.

Bevor er sich dazu entschließen konnte, geschah das Unglaubliche.

Gerrek erwachte aus der Totenstarre. Aus seinen Nüstern kräuselten sich winzige Rauchwölkchen, während das Drachenmaul sich zu einem leisen Fauchen öffnete. Nie hatte Mythor dieses Geräusch lieber gehört, als in dem Augenblick.

Unkontrolliert begann Gerreks Schwanz über den Boden zu peitschen, wirbelte Gras und Blumen auf. Zögernd machte der Mandaler einen ersten Schritt. Noch schien er nicht wieder völlig Herr über seinen Körper zu sein, denn die Bewegungen wirkten eckig und ungelenk.

Auch Scida und Lankohr kehrten zurück ins Reich der Lebenden. Die alte Amazone griff sofort zum Schwert, verharrte dann aber abrupt.

Mythor hielt es nicht länger in seinem Versteck. Vorsichtig näherte er sich den Vermummten.

Kein Wort fiel. Die Frauen verständigten sich auch nicht durch Zeichen miteinander. Dennoch war ihr Handeln genau aufeinander abgestimmt.

Gemeinsam wandten seine Freunde sich in östliche Richtung. Obwohl ihre Augen geschlossen blieben, wichen sie jedem Hindernis aus. Wie Traumwandler bewegten sie sich zwischen den Vermummten. Nur Gerrek ließ hin und wieder ein leises Stöhnen vernehmen.

Mythor folgte der seltsamen Prozession.

Allmählich wurde das Gelände ebener. Der Sohn des Kometen hielt Ausschau nach dem Luftschiff und stellte erleichtert fest, dass es inzwischen am südlichen Himmel kreuzte. Zumindest vorerst drohte von dort keine Gefahr.

Jetzt, da keine Felsen mehr den Weg einengten, trennten die Frauen sich. Längst hatten sie die Kapuzen wieder vor ihre Gesichter gezogen.

Mythor musste sich entscheiden, wem er folgen sollte. Er blieb Gerrek auf den Fersen.

Wie die anderen, stapfte der Mandaler unverdrossen durch das kniehohe Gras. Starr war sein Blick geradeaus gerichtet.

Einige der Vermummten gerieten außer Sichtweite. Trotzdem war Mythor überzeugt davon, dass alle nur ein Ziel kannten. Auch seine Freunde. Das bedeutete, dass Gerrek, Scida und Lankohr wussten, wohin sie zu gehen hatten. Doch woher bezogen sie diese Kenntnis?

In weiten Windungen schlängelte sich ein Wasserlauf durch die Steppe. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, um Mythor klar vor Augen zu führen, dass seine Begleiter nicht mehr ihres eigenen Willens mächtig waren, so würde er ihn hier, in diesem Augenblick, gefunden haben.

Gerrek, der eine geradezu krankhafte Abneigung vor Wasser empfand, schritt unbekümmert hindurch. Kein Zögern, kein wütender Aufschrei, als das Nass ihm bis an die Hüfte reichte.

Rein zufällig blickte er wenig später zum Firmament empor.

Er erschrak, als er die beiden Ballons bemerkte, die in lautlosem Flug gegen den Wind kreuzten. Noch konnten die Amazonen ihn nicht gesehen haben, aber sie kamen schnell näher.

Mythor wusste, dass er, allein auf sich gestellt, diesmal kaum eine Chance hatte. Die Landschaft war offen, und erst in der Ferne zeigte sich dichter Baumbewuchs.

Ihm blieb nur, auf sein Glück zu vertrauen.

Wo er gerade stand, ließ er sich fallen. Gleichzeitig zog er Alton und führte das Gläserne Schwert mit weit ausholender Bewegung. Singend fuhr die Klinge durch das Gras, mähte die Halme ab.

In fliegender Hast raffte Mythor das Grün zusammen und warf es über sich, während er sich eng an den Boden presste.

Kaum höher als zwanzig Schritte, glitten die Luftschiffe dahin. Dies war der Augenblick, in dem die Amazonen ihn entdecken mussten. Doch nichts geschah. Der Wind trug Mythor verzerrte Stimmen zu; er verstand nicht, was sie sagten.

Die Ballons sanken tiefer, folgten den Vermummten. Für eine Weile schienen sie in der Luft stillzustehen, dann schwenkten sie nach Norden ab und entfernten sich, ohne dass es zu einem Zwischenfall gekommen wäre.

Mythor konnte es nicht begreifen. Die Kriegerinnen mussten zumindest auf Scida und den Beuteldrachen aufmerksam geworden sein, wenn schon der Aase ihren Blicken durch das hohe Gras verborgen blieb.

Weshalb hatten sie nicht angegriffen?

Mythor wartete, bis er sicher sein konnte, dass die Luftschiffe nicht zurückkamen, dann sprang er auf und hastete hinter den Freunden her. Verlassen lag die Ebene vor ihm. Nur einige Vögel erhoben sich mit schwerem Flügelschlag und zogen krächzend weit droben im hellen Blau ihre Kreise.

Mythor lief weiter nach Osten. Angst um das Schicksal der Gefährten trieb ihn vorwärts. Aber nirgendwo sah er die Vermummten.

Unter flirrendem Dunst erstickte die Steppe. Hinter ihm stand die Sonne am wolkenlosen Himmel und sandte sengende Strahlen über das Land.

Mythor wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er wusste nicht mehr weiter. In der kurzen Zeitspanne, die verstrichen war, konnten die Gesuchten unmöglich eine solche Entfernung zurückgelegt haben.