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Jonathan Saunders

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Beschreibung

Patty Brian entdeckt in einem Meer Rudimente uralter Energieadern, die sie bei der ersten Begegnung fast um das Leben brachten. Als die alten Energien geweckt waren, verändert sich ihr Leben rasant - Patty findet endlich Erklärungen für ihre Andersartigkeit. Nicht zuletzt dadurch, dass sie den Ältesten, den Dunedin, begegnet. Im Schutz der Dunedin, dem ersten Menschengeschlecht, entwickelt Patty ihre menschliche Natur, verliert ihre Körperlichkeit und wächst zu einer Naien heran, einem Wesen, das die Dunedin als eine Art überirdische Botin der Lebensgründer verstehen und erkennen - den Menschen bekannt als Himmelswesen, Lichtgestalt oder gar Engel.

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Seitenzahl: 1102

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Inhalt

Impressum

Widmung

Zitat

Prolog des Erzählers

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

XIX

XX

XXI

XXII

XXIII

XXIV

XXV

XXVI

XXVII

XXVIII

XXIX

XXX

XXXI

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2015 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99048-135-6

ISBN e-book: 978-3-99048-136-3

Lektorat: Annette Debold

Umschlagfotos: Dmitriy Cherevko, Sergiy Lukutin, Sam Lee | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Widmung

Gewidmet

all den Leben, die sie für mich gaben

und für uns

geben werden

Zitat

Habe nun, ach! Philosophie,

Juristerei und Medizin,

Und leider auch Theologie!

Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.

Da steh ich nun, ich armer Tor!

Und bin so klug als wie zuvor.

Faust, Der Tragödie Erster Teil,

Johann Wolfgang Goethe

Prolog des Erzählers

Als Patty Brian nach für sie zwanzig verlorenen Jahren wieder im Vereinigten Königreich ankam, erfuhr sie, dass Maynard Ganapathy und Leslie Tralee vor bereits langer Zeit gestorben waren. Ihre noch lebende, vermeintliche Freundin hatte sich unrechtmäßig während Brians Abwesenheit ihr ererbtes Vermögen angeeignet – und sie hatte nicht mehr, als sich als Mensch auf einer unbeschreiblich fantastischen Reise wachsen zu sehen. Einen Menschen, der nun offenbar vor den Scherben seines einstigen Lebens stand, das nicht mehr war.

Die einzigen Freunde, die Patty Brian geblieben schienen, waren zwei vielleicht absurd imaginäre Dohlen, die sie auf einer Insel vor Norwegen zurückgelassen hatte, von der sie selbst aufgebrochen war, um die Wirklichkeit einer diktierenden Zeit in Britannien zu begreifen, die ihr die Dohlen – falls nötig – später zu erklären gedachten.

Enttäuscht einerseits über das menschliche Versagen anderer und den trügerischen Charakter aller Zeit, andererseits aber kräftiger denn jemals zuvor, als Patty Brian noch unter den Menschen lebte, verlässt sie die britische Insel wieder, um das unbegreifliche Mysterium der verlorenen Zeit in duldsamer Einsamkeit mit den ihr ergebenen Dohlen zu verstehen.

Nachdem sie sich von dem scheinbar letzten Schatz Merlins getrennt hatte, der ihr anvertraut worden war, ein in Leder geschlagenes Buch, das sie auf magische Weise durch ihr Leben geführt hatte, machte sie sich auf den Weg zurück zu ihren Vögeln – den letzten, vertrauten Begleitern ihrer selbst, die vielleicht wertvolle Antworten schuldig geblieben waren, so unwahrscheinlich diese auch oft in ihren Ohren geklungen hatten.

Von einem Martin Doheny zu einem Flughafen gebracht, verabschiedete sie sich von ihm, stellvertretend für die Menschheit, lachend auf seine Frage,wohin sie gehen werde, mit den Worten, dass sieauf einem langen, steinigen Weg zu den Sternen sei.Damals ahnte sie noch nicht, welch dramatisches Recht sie besitzen sollte.

Von Schottland flog sie nach Norwegen, organisierte ihre Passage zu Merlins Insel, auf der sie von den Dohlen erwartet wurde, und nahm sich scheinbar aus einer Zeitgeschichte heraus, die ihr Leben für sie zu schreiben müde geworden war.

Gemeinsam mit den Dohlen Daoine und Sidhe in ihrem gewählten Exil, offenbar der vielsinnigen Welt fremd geworden, fern ihrer zweifelhaften Ereignisse, dauerte Brian an. Sie war unbemerkt. Unscheinbar. Und heimlich mit ihren beflügelten Geistern. Still … als Frau. Bescheiden und demütig … als Mensch. Allgegenwärtig … als Wesen in ihrer Einsamkeit. Und sie wuchs in streitender Gewissheit,etwassei anders mit ihr als mit anderen Menschen.

Auf dieser Insel des Nordmeeres, gebettet in ihre wattigen Nebelbänke, vermochte Zeit nur noch verwunschen zu sein und Brian ein gewinnendes Dasein zu fristen, dessen Summen sie als Mensch kaum ertragen könnte.

Und hungrig sah man sie zwischen glitschigen Felsen rutschend nach Muscheln und Tang suchen, bevor sich ihr jene Welt zeigen mochte, die Brians wahrscheinlich wirkliches Wesen offenbaren würde.

I

„Das kann man sehen, wie man will. Tatsache ist, ich weiß weder, was mir geschieht, noch habe ich die mindeste Ahnung, wie es geschieht. Und darin Erfüllung oder gar Weisheit erkennen zu wollen ist für mich durchaus gewagt. Muscheln, Seepocken, Krabben und Tang … nur das scheint mir heute noch sicher zu sein“, meinte Brian zu Sidhe, ihrer sie begleitenden Dohle, die erheblich beholfener als Brian über die glitschigen Steine am Meeressaum der Insel hüpfte. „Und alles andere ist unsicher. Höhere Bestimmung und so ein Mist … und selbst wenn ich an die Muscheln denke, so weiß ich noch nicht einmal, ob die nicht vielleicht radioaktiv belastet sind“, sprach sie und kratzte mit ihren bereits wunden Fingern eine weitere Muschel aus einer nassen, salzigen Steinspalte, die sie sich dann in ihre Jackentasche zu den vorher gefundenen steckte.

Das Meer lief mit langen, flachen Wellen gegen den alten Felsen von Merlins Insel, die für Brian einen vulkanischen Ursprung zu besitzen schien.

„Dafür hältst du dich aber immer noch gut“, lobte Sidhe Brian laut und sehr bewusst.

„Und du auch. Denn welche sprechende Dohle kann schon so geschickt über die verflixt glitschigen Steine stolzieren und gleichzeitig über die Zeit philosophieren?“, erwiderte Brian sarkastisch. „Dazu gehört einiges Talent, finde ich.“

„Was bleibt uns übrig, frage ich mich?“

„Na, dann frage einmal mich, und ich kann dir einiges sagen … Warum nur werden wir hier irgendwie festgehalten? Was hält uns bloß hier, Sidhe? Und worauf warten wir? Manchmal weiß ich, dass das Schwappen der Meereswellen hier als eine Warnung zu verstehen ist, nur hier auf diesem Felsen bleiben zu sollen“, meinte Brian und wusste kaum noch, ob es eine ihr bekannte Welt hinter diesem Ozean gab. „Du könntest ja fliegen. Aber ich …, ich sitze hier irgendwie fest und harre aus, weil sich eine Wölfin mein Schicksal so gedacht hat. Denn dass das Merlins Absicht gewesen sein könnte, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, bemerkte sie, steckte sich die noch geschlossenen Muscheln in die Tasche und meinte, man sollte wieder auf das Plateau zu der Höhle zurückkehren, da sie genügend Meerestiere für eine Mahlzeit gefunden hätte. „Und hoffentlich fängt Daoine nicht wieder mit dem Blödsinn von Reinkarnation an“, lachte sie etwas bitter. „Sieh mich an. Die Fingernägel eingerissen. Stumpf. Zerbrochen. Meine Finger kaputt und die Haut zerschunden“, meinte sie und betrachtete ihre strapazierten Hände. „Ganz zu schweigen einmal davon, dass dieser Felsen sicher für eine Maniküre völlig ungeeignet ist und sie sicher niemandem empfehlen wollte“, ergänzte sie, als Sidhe über Brians unmutigen Kommentar schmunzeln musste. „Mit deinen Flügeln bist du mir wirklich keine sonderliche Hilfe beim Umdrehen der Steine“, sagte sie und hatte sich bereits zum Gehen gedreht, um über die glitschigen Steine zurückzurutschen. „Vielleicht kommt wenigstens einmal ein neuer Haarschnitt in Betracht. Mal sehen, ob wir das nicht irgendwie hinkriegen. Durch und wegen euch bin ich hier. Also tut auch etwas für mich“, stöhnte sie mehr vor sich hin, als dass sie mit Sidhe sprach. „Es ist an euch, euren Protagonisten in der wohl traurig-komischsten Geschichte dieser Welt zu amüsieren und bei Laune zu halten.“

„Patty. Es ist deine Geschichte. Und wir sind in ihr nur die Statisten. Ob du es wahrhaben willst oder nicht. Wir sind nebensächlich“, erwiderte Sidhe und erinnerte Brian an Dinge, von denen sie gegenwärtig nichts wissen wollte.

„Ach ja?! Du meinst, da war noch etwas?!“, lachte sie wieder innerlich angespannt und rutschte seitlich auf einem der runden Steine aus. „Mist. Ich bekomme einfach kein Gleichgewicht in meinen Körper. Das sollte mir doch nach all der Zeit und der Übung besser gelingen. Und trotzdem tut es das nicht. Wie ein Spastiker auf einem Drahtseil“, fluchte sie, rutschte seitlich mit den Füßen und fiel hart auf ihre Hüfte. In ihrer Hosentasche hörte sie wenigstens eine der gesammelten Muscheln zerbersten. „Und was für ein Schiss. Meine Frutti di Mare sind auch tutti kaputti“, fluchte sie unbeherrscht, kam wieder auf die Beine, rieb sich mit den schmerzenden Händen die Hüfte und lief tapfer weiter.

Ein Abend war angebrochen und für Brian eine kaum noch denkbare Zeitspanne vergangen. Alles an und auf dieser Insel war anders, als sie es wünschend geahnt hatte. Diese Insel war nicht der Vorposten einer Zivilisation. Sie war kein Funkfeuer schließlichen Menschwerdens. Da gab es nichts verbindlich Bekanntes zu einer ihr gewordenen Welt, sondern nur den Wechsel für sie wahllos gewordener Tage eines Nordens, der sich aus der Zeit gestohlen zu haben schien. Ein Norden, der sich aus jederzeit herausnahm. Und ein Norden, der in keiner Zeit war, konnte auch kein Norden mehr sein. Und das Meer schien keinen Gezeitenhub zu kennen. Der Mond als ein verlässlicher Gefährte ihres Lebens hatte hier als Trabant vollkommen versagt, indem er jeden Abend zunehmend im Westen seinen Gang begann, dann in den Norden stieg, zum Vollmond wurde und des Morgens abnehmend im Osten verschwand, bevor die immer wiederkehrende Sonne verlässlich aufging. Jeden Tag wiederkehrend. Als Erdenmond hatte er für Brian also kläglich versagt, wie sie einmal den Dohlen gegenüber feststellte und den enttäuschend absurden Gedanken den Vögeln ausführte. Und so faszinierend das Schauspiel auch sein mochte, falls man es nur einmal erleben würde, so gewöhnlich und falsch war es für Brian geworden, da der Gang dieser Himmelskörper einfach nicht aufhören wollte, nur Schauspiel zu sein. Sosehr sich die Nächte ähnelten, falls sie sich nicht vollkommen glichen, entsprachen sich auch die Tage in ihrer Einsiedelei auf Merlins Insel, angeblich irgendwo vor Norwegen. Einer Insel keines möglichen Meeres. Einer Insel, die in einer versehentlichen Drift von der Erde verschwunden zu sein schien.

Die Sonne spendete das Licht. Das schien ihr unstrittig. Zuweilen meinte sie, dass es wenigstens der Wahrscheinlichkeit entsprechend eine Sonne sein müsse, von der man das, was gespendet wurde, Licht nennen könne. Manchmal aber war sie sich auch nicht sicher, dass es die Sonne sei, durch die ein Tag seinen Namen gegen die Nacht abgrenzte. Und die Dohlen konnten ihr keinen Aufschluss darüber geben, ob es nun tatsächlich Sonnenlicht oder irgendwie anders gespendetes Tageslicht sei, denn auch sie konnten sich viel des Geschehens auf der Insel nicht erklären. Wollten sie anfangs noch nach Antworten suchen, indem sie an die Küste Norwegens zurückgeflogen waren, um sich einer möglichen Wirklichkeit zu vergewissern, gaben sie ihre zwecklosen Flüge bald auf, da sie stets an einer kaum merklich und doch veränderten Küste ankamen, die den Dohlen mit keiner Klärung aufwartete. Sie konnten nicht sagen, ob sich die Küste wegen der vergangenen Zeit verändert hatte oder ob es sich um eine wahrhaft andere Küste handelte. Was jedenfalls als Aufschluss gedacht war, verwirrte sie nur umso mehr. Und die Geschichte einer schweigenden Küstenlinie, die sie nicht mehr zu kennen schienen, hatte Brian ihnen nicht glauben wollen. Von daher sind die Erkundungsflüge eingestellt worden. Man sprach ganz einfach nicht mehr über die Zeit einer Welt – einer vielleicht entrückten Umwelt parallel der noch gut erinnerten Heimat. Wenigstens die Anderswelt, von der farbenreiche Geschichten plastischer Schönheit und betörender Fantasie erzählt worden waren, diese Anderswelt war ihnen nicht begegnet. Sie war ihnen verschlossen geblieben, falls es sie geben sollte.Und ob sie, falls vorhanden, auf Dauer lebbar wäre, sei dahingestellt, dachte Brian. Muscheln, Krebse und Seetang sammelnd und essend. Irgendetwas schien in der Welt geschehen zu sein, was sich keiner der drei Gefährten erklären konnte. Sie fühlte sich wie in einem gläsernen Sarkophag mumifiziert, wie es Daoine einmal nicht trefflicher hätte beschreiben können.

Sich an den Sternen orientieren zu wollen, hatten sie bereits aufgegeben. Sich überhaupt an irgendeinem räumlichen Grat in ein Verhältnis zu ihrer Zeit zu setzen schien gänzlich unmöglich. Und eine Zeit an und für sich zu bestimmen war ihnen so unwichtig geworden, wie es zwecklos gewesen wäre, ihren Lebensraum einem Ort zuordnen zu wollen.

Brians Hüfte schmerzte noch, als sie über den steilen Anstieg auf das Felsplateau die Kuppe der kargen Insel erreichte. Vor dem Höhleneingang, der ihr wenigstens Herberge geboten hatte, brannte noch ein Feuer, das sie jetzt bereits sehen konnten.

„Wird sich Daoine etwas beruhigt haben? Ich meine, ihr kennt euch besser“, fragte Brian, die sich fast sicher schien, dass die beiden Vögel keinesfalls Wesen ihrer Fantasie sein konnten, sondern wahrhaftige Vögel waren, mit denen sie aus einem ihr unbekannten Grund sprechen und Gedanken austauschen konnte.

„Würde es für dich einen Unterschied machen?“, erkundigte sich Sidhe erstaunt darüber, dass Brian tatsächlich besorgt über eine Verstimmung von Daoine sein konnte. Was für einen Sinn sollte sonst ihre Frage gehabt haben, falls nicht die Sorge um eine bestimmte Harmonie in ihrem Zusammenleben im Vordergrund stehen würde?

„Nein. Du hast recht. Obwohl mir das dauernde Lamentieren nicht gefällt. Und ich will von diesem ganzen esoterischen Gesabber nichts mehr hören. Metaphysik …, die ließe ich mir noch gefallen. Darin steckt Philosophie und Melodie. Aber Esoterik …?! Und schlimm genug, dass ich schon mit Dohlen spreche“, sagte sie vorgeblich barsch und warf einen verstohlenen Blick auf Sidhe.

„Stimmt wohl. Was aber würdest du hier tun, falls du nicht mit Dohlen reden würdest?“, fragte Sidhe klug weiter.

„Dann wäre ich wohl erst gar nicht hierhergekommen, nicht wahr! Denn es bedurfte zuerst schnatternder Dohlen, die mir ein Ziel meiner Reise einreden mussten. Und hier sind wir nun.“

„Hmmm. Dann hättest du etwas verpasst, meinst du nicht auch, Patty?“

„Ach wirklich? So etwas wie Muschelbrei in meiner Hosentasche, einen entrücktenVerstand, Unsicherheit über eine unwahre Welt und …“

„Und uns!“, fügte Sidhe auf dem Weg zum Höhleneingang hinzu, bevor Brian das zu sagen vergessen hätte.

„Und euch“, bestätigte Brian, als sie auf dem Plateau angekommen waren. „Und was davon wäre das Schlimmste gewesen, das ich hätte versäumen können?“, überlegte sie, ohne den Gedanken ernsthaft zu verfolgen, als sie bereits Daoine auf dem Felsen über dem Höhleneingang hocken sahen und ihm schon von Weitem zurief: „Daoine, was immer du dir auch hast einfallen lassen können: Wir sind mit dem Thema für heute durch“, was die Dohle über die Entfernung hörte, daraufhin den Kopf in Brians Richtung drehte, den Blick aus der sonnigen Abenddämmerung wendete und sich zu den beiden herannahenden Freunden aufschwang.

„Sowohl … als auch, Patty. Für heute dann. Und ich bin nicht nachtragend“, meinte sie noch aus der Luft herab, als sie über den beiden anderen kreiste.

„Einverstanden“, sagte Brian, rieb sich die wund aufgerissenen Hände vorsichtig und hinkte immer noch leicht wegen der Schmerzen in der Hüfte. „Zum Glück ist nicht mehr passiert. Was würde ich nur machen, hätte ich mir meine Knochen gebrochen? So einen erstklassigen Spiralbruch? Oder den Schenkelhals …?“

„Hast du dich verletzt?“, fragte Daoine besorgt, und Sidhe erzählte, dass Brian zwischen den Felsen des Inselsockels am Meer ausgerutscht sei und hart auf die Hüfte gefallen sei, was ihr die Schmerzen zu bereiten schien.

„Passiert eben in diesem Leben … als Mensch. In meinem nächsten Leben – dann als Muschel – lasse ich mich von einer ausgehungerten Furie von Steinen absammeln, um in ihrer Hosentasche püriert und zermatscht zu werden“, meinte Brian schmunzelnd.

„Das Thema ist für heute erledigt, hattest du gesagt“, erinnerte Daoine Brian.

„Und du sagtest: sowohl … als auch.“

„Ja. Das sagte ich. Und?“

„Dann war das eben nur dassowohl. Und dasals auchlassen wir dann. Oder wir heben es uns auf. Vielleicht für morgen? Oder für ein Morgen, das so sein wird wie ein Gestern und Vorgestern, und sein könnte, wie ein Übermorgen. Immerfort die Zeit einer gleichen Gestalt …“, sagte Brian, während sie vor der Höhle an dem knisternden Feuer angekommen waren.

„Ein Königreich für ein Stück Seife“, meinte sie und fühlte sich von Schmutz und Salzwasser fast schon verkrustet. Sie stank, roch es aber nicht mehr. „Eine Frau in den besten Jahren. Und schaut euch mich an, was ich bin. Und wie ich hier jenseits allen Verstandes lebe … und verkomme“, lachte sie bitter. „Die Haut ist strapazierfähiger geworden … wenn nicht ledern …“, sagte Brian und griff in die Hosentasche nach den geernteten Muscheln. „Ekelig und Ekelglibber. Schleim und ’ne einzige Schweinerei. Wo ist denn nur der Kochtopf?“, fragte sie die Dohlen, die sie beobachteten. „Sagt schon: Wo ist der Topf für unser Zauberelixier, zu dem bloß noch die Kröten und Schlangengift fehlen?“, fragte sie erneut. „Wie hat das Merlin bloß gemacht? Hatte er eine andere Technik der Nahrungsmittelbeschaffung? Was hatte er sich zu essen besorgt? Oder hatte er einfach einen ganz anderen Speiseplan? Woher hatte er die Früchte, denn am Apfelbaum … da rührt sich nichts. Kein Blatt und keine Blüte. Wohl Knospen …, die aber offenbar in den nächsten fünftausend Jahren oder so nicht aufgehen werden“, meinte sie und entdeckte dann den Kochtopf allein, den wohl auch Merlin schon in ein Feuer gestellt hatte. Wozu sonst wäre er auf der Insel gewesen, dachte sie nach. „Ein guter Abend wird das schon nicht mehr werden können. Oder anders ausgedrückt: Es kann eigentlich nicht noch schlechter werden. Und von daher wird es besser als gedacht. Oder aber … wir hören einfach einmal auf zu empfinden und zu denken. Und dann ist alles urplötzlich wieder gut. Hmmm …, Mist, wo nur sind wir hingeraten?“, faselte sie vor sich her, warf die zwei Hände voller Muscheln klappernd in den Topf und stellte ihn in die Glut der tiefen Flammen. „Wieder und wieder Camping …, und dabei ist Camping eigentlich zum Kotzen.“

„Wie kommst du mit dem Schwimmen voran, Patty?“, fragte Daoine, um Brian aus ihren übellaunigen Gedanken zu ziehen, die sie zur Genüge kannten.

„Na …, wie läuft es denn bei dir mit dem Telefonieren?“, fragte sie zynisch zurück. „’tschuldigung. Das habe ich nicht so gemeint. Es ist alles komisch. Ich glaube, solange mir keine Kiemen und Schwimmhäute wachsen, werde ich euch nicht mehr los“, ergänzte sie spaßhaft, während die Dohlen über den Gedanken staunten. „Nein. Auch das war nicht so gemeint. Also, ich scheine mit der Temperatur des Wassers klarzukommen. Es müsste kalt sein, doch ich empfinde es nicht. Auch mit den Wellen verstehe ich umzugehen. Aber meine Kraft und meine Kondition lassen noch nicht allzu viel zu“, sagte sie, während sie den heißen Topf in der Glut schüttelte, schnell die Hände zurückzog und die Muscheln blechern in dem Metallgefäß klapperten.

Brian hatte vor einiger Zeit angefangen, sich an das für sie unheimliche Meer zu gewöhnen, und war von ihren anfänglichen Waschversuchen langsam zum Baden und schließlich zum Schwimmen übergegangen. Sie hatte Gefallen an dem Salzwasser gefunden, das ihr zuvor großen Respekt und intuitive Ängste eingeflößt hatte. Eine schwer begreifliche Angst, die ihr allgegenwärtig schien, bis sie Brian zu irrational wurde und sie sich innerlich dagegen wehrte. Dann hatte sie begonnen, sich zu überwinden. Zur Überraschung der Dohlen war sie eines Tages schreiend in das eisige Wasser hineingelaufen. Und ihre Stimme hatte ihr offenbar Mut gemacht. Dann war sie eingetaucht, atmete tief und war im Ozean für Momente verschwunden. Als sie kurz darauf schwerer atmend wieder auftauchte, war sie von einer veränderten, geheimnisvollen Frische gezeichnet, von der sie seitdem ergriffen war; sie wollte sie weder wieder loslassen noch auf sie verzichten.

In dem glühend heißen Topf Merlins waren die Muscheln gegart. Vorsichtig, mit raschen Bewegungen nahm Brian den Topf aus der Glut, sah das magere Resultat eines kaum nennenswerten Gerichtes als Ausbeute ihrer Jagd, schnalzte einmal verächtlich mit ihrer Zunge und machte sich dann mit einem scharfkantigen Stein als Werkzeug daran, die harten Schalentiere aufzubrechen.

„Heiß, heiß, heiß … und noch mal heiß. Verflixt …!“, rief sie und ließ die Tiere wie glühende Kohlen wieder in den Topf fallen. „Was für eine Esskultur! Wie bin ich doch heruntergekommen. Was für armselige Gewohnheiten …“, meinte sie, als die Dohlen sich ansahen, auf ihre Weise schmunzelten und davonhüpfen wollten. „Nein, nein. Ihr bleibt. Ihr sollt sehen, was aus mir geworden ist. Sahelanthropus tschadensis … dem würde ich vielleicht gerade noch Eindruck machen können“, rief sie energisch und pustete sich kalte Luft an die verbrannten Finger, als die Sonne unterging und der allabendliche Wind sanft über die Insel strich, während er unterhalb des Plateaus unter dem ewig über der See liegenden Nebel an den Klippen zu stürmen begann. „Dass ich mir meine Finger verkokeln kann, scheint das einzige Indiz einer wahrscheinlichen Körperlichkeit zu sein. Weder die Temperatur stimmt hier. Noch stimmt das Wetter. Und Wetter ist es schon gar nicht mehr zu nennen, was wir hier erleben. Ist alles ein bisschen Beinn a Ghlo und wie im Märchenland …“, meinte sie.

„Sprich nicht so über die Berge Schottlands, die du eigentlich gar nicht kennst“, wendete Daoine ein.

„Nein. Das sollte ich wahrscheinlich nicht. Und ich meinte es auch nicht ernst.“

„Dann solltest du es auch nicht sagen, Patty.“

„Schon gut. Du und deine Empfindlichkeit, Daoine. Immer musst du alles so wörtlich nehmen.“

„Und du mit deinem großen Mundwerk … manchmal.“

„Nun, die vorlaute Klappe hält mich manchmal eben am Leben. Und das wolltet ihr doch. Weil die kleine Patty Brian ach so besonders sein soll, dass man sie besser nicht unter den Menschen in Ruhe leben lässt. Bloß nicht. Weg mit ihr … und auf eine Insel verfrachtet. Und da hat sie eben manchmal ihre vorlaute Klappe …“, sagte sie ironisch.

„Ja. Rede du. Wir werden schon noch schlauer werden, was dich und diese Insel betrifft.“

„Ach ja!? So wie ihr mir die verdammte Zeit bisher nicht erklären konntet? Gesagt hattet ihr es. Ihr hattet es mir sogar versprochen. Und ich bin geflogen. Nach Großbritannien. Ich habe mich benommen und mein Mundwerk gehalten. Ich habe es dort gehalten, um hierher zurückzukommen und mir meine beschissenen Finger von scheiß heißen Muscheln zu verbrennen, die ich mir von den scheiß glitschigen Felsen kratzen darf. Aber eine Erklärung von euch über die Zeit habe ich nicht bekommen. Geschwafel und Ankündigungen en masse … Ja, ja …, ich weiß schon …“, meinte sie zu Sidhe, der bezüglich Brians Protest einwenden wollte, dass man sich auch nicht klar ob der Umstände sei, die sich ihnen aber sicherlich noch erschließen würden. „Tatsache bleibt: Statt mir Schampus und Austern zu gönnen … sitze ich hier wie ein Skunk mit Muschelbrei und Wasser und fummele mir mit brennenden Fingern die Bruchstücke der scharfen Schalen aus dem Fleisch …“, sagte Brian, ohne auch nur eine der Dohlen anzusehen. Nicht, dass die Dohlen sich über Brians zuweilige Stimmungen mehr wunderten als über ihre ersten Schwimmversuche, doch es kränkte sie immer noch, wenn der Mensch so nachtragend daherredete.

„Derzeit haben wir dir alles gesagt, was wir wissen …“

„Es ist schon gut. Ich weiß. Auch ihr habt eure Federn in der Welt gelassen. Es ist nicht so, als sei ich vergesslich geworden. Nur reichen mir eure Erklärungen nicht, die sich poetisch und schön anhören, jedoch keine Aussagen machen.Die Beliebigkeit der Zeit …was bitte soll das sein? Eine Beliebigkeit von Cäsium 133 oder sogar von Ytterbium-Atomen, mit denen die nächste Generation noch präziserer Atomuhren hergestellt wird, gibt es nicht. Was also soll das sein? Zeitränder? Ich schrumpfe hier zum Tollweibchen, ohne meinen Verstand einsetzen zu können. Was für eine Verschwendung. Anstatt mich um Angelegenheiten zu kümmern, die mich und andere betreffen. Ich kratze meine Menüs von den Felsen einer verdammten Insel …“

„Weißt du, ich sehe darin eine Übergangszeit, Patty“, meinte Sidhe.

„Schon wieder Reinkarnations-Gefasel? Wollten wir doch nicht mehr. Oder wollt ihr mir einreden, ich sei ein transmorpher Papageientaucher in einem falschen Körper und könne deshalb auch mit euch sprechen?“, und einen Augenblick später, nachdem sie still nachgedacht hatte, fragte sie laut: „Wieso kann ich eigentlich die Möwen nicht verstehen? Weshalb konnte ich selbst Akita nicht verstehen?“

„Nein. Eine Übergangszeit zu Dingen, die sich uns nicht erklären werden, sondern die du verstehen wirst. Von daher wissen wir nicht, was es ist, Patty. Alwyyn – und glaube mir –macht es, soviel wir wissen, keine Freude, nur an dem Berg zu wachen …“, meinte Sidhe und nahm Brians Frage eigentlich viel zu ernst.

„Dann sollte er sich umschulen lassen, finde ich. Zeit hatte er dazu ja genug. VomWächter von was auch immervielleicht zum Krümel-Picker ersten Grades …“, sagte Brian respektlos. „Ja, ich weiß. Es war ein unangemessener Kommentar. Faszinierend war es schon auf dem Berg, wenn ich mich auch sonderbar unwirklich fühlte. Aber die Bilder – sie waren sehr besonders, und ich empfand sie als herrlich. Und schließlich die Samen eines ganzen Waldes, die ich immer noch habe“, meinte Brian und dachte an ihr Erlebnis auf dem schottischen Berg, auf dem die Zeit eine andere gewesen war, als ihr selbst ihre Augen durch die Bewegungen der vorbeieilenden Wolken vorgaukelten. Sie dachte an den Moment, da sie Merlins Buch gegen einen Wald eintauschte, der ihr seine Samen versprechend in die Hände gefallen war. Und diese Bürde schien sie leichter zu tragen als Merlins Buch, das seinen Sinn damit getan zu haben schien, ohne dass sie es jemals richtig verstanden hatte. Vielleicht hatte in jenem Buch auch etwas für sie gestanden, falls sie die Bedingungen hätte erfüllen können, die an das Öffnen des Buches geknüpft waren: Merlins Stab in den Boden zu rammen, damit er ergrüne, und dann erst das Buch aufzuschlagen, um in ihm zu lesen. Wie dem auch sei: Sie würde es nicht mehr erfahren. Dafür aber hatte sie nun Samen mit auf Merlins Insel gebracht und hatte zuvor nicht erahnen können, was ihr seitdem begegnet war. Schließlich aber waren ihr über die Zeit die Dohlen vertraut und lieb geworden. Und sei alles andere ein Fehlschlag gewesen, eine irrige Laune eines Lebens, wie Brian den Vögeln gegenüber geäußert hatte, so sei sie froh darüber gewesen, diese Dohlen kennengelernt zu haben.

„Ja …! Wieso eigentlich nicht die Möwen?“, sagte Brian, nahm sich eine der dunklen Muscheln aus dem kalten Topf und schaute in den Westen, indem sie das magere Fleisch der Mahlzeit schluckte. „Sie müssten doch irgendwo hier nisten. Von morgens bis abends sehe ich sie …, und dann sind sie in der Dunkelheit verschwunden, um dann am nächsten Morgen wieder über uns zu fliegen. Warum versteht wenigstens ihr diese Möwen nicht?“, fragte Brian dann die Dohlen direkt, die sich daraufhin etwas verunsichert ansahen.

„Wir sind Dohlen – oder zumindest waren wir das, bis wir mit dir reisten. Und was sich Möwen zu erzählen haben, verstehen wir schon syntaktisch nicht, Patty. Noch wären wir an ihren Geschichten interessiert, glaube ich“, erfand Sidhe als schnelle Antwort.

„Aber wenn ihr sie fragen würdet, was da draußen auf See unter dem Nebel vor sich geht … und welches Jahr wir haben, hat das doch sehr wenig mit Syntax zu tun, meine ich, oder?“

„Ja. Brocken von wenigen Begriffen vielleicht. Aber die Möwen sind eine ganz besondere Spezies, glauben wir. Und sie sind schwer für uns einzuschätzen. Sie haben so ihre Vorlieben, die uns ganz und gar nicht entsprechen“, meinte Daoine.

„Warum willst du eigentlich riskieren, uns in Schwierigkeiten zu bringen? Schließlich riskierst du unser Gefieder in einem ausgewachsenen Streit, bei dem wir mit allergrößter Sicherheit den Kürzeren ziehen würden“, meinte Sidhe.

„Aber sie sehen so schön aus. Sie scheinen so ungebunden und segelnd im Wind zu stehen. Und habt ihr einmal beobachtet, wie es bei ihnen ist, wenn ihre Flügel durch die Sonne von unten her beleuchtet werden? Ein rotes Licht flackert dann auf der Unterseite ihres weißen Flügelgefieders, wie von kupfern blinkenden Spiegeln getragen, im Morgenwind segelnd, mit aller Leichtigkeit darin stehend. Wunderschön … diese erhabenen Momente … bevor sich die Vögel dann seitlich neigen und das Licht auf dem strahlenden Gefieder als Tarnung einsetzen.“

„Du schwärmst ja geradezu von diesem unsteten Gesindel“, staunte Sidhe, die nicht bemerkt hatte, wie sehr Brian in der vergangenen Zeit auf der Insel die Möwen beobachtet haben musste.

„Ich spreche eigentlich weniger von den Möwen an sich. Aber ihre schwebenden Bewegungen und das Licht, das sich durch sie neu am Himmel zeigt …“, meinte sie und aß eine weitere ihrer gefundenen Muscheln, als sie fluchend auf eine kleine Schalenscherbe gebissen haben musste, die ihr im Zahnfleisch zwischen den Schneidezähnen schmerzhaft stecken blieb. „Auch das noch. Hüftleiden … und nun zu allem Überfluss noch Zahnfleischbluten“, schimpfte sie, stand auf und stampfte mit den Beinen vor Schmerzen auf den Felsen. Dann ging sie zu dem Wasserbassin, in dem Merlin dasGesichtbegegnet sein sollte, das sie niemals überkommen war, nahm einen Schluck Wasser, gurgelte, spülte den Mund und Rachenraum und spuckte von Blut zartrosa gefärbtes Wasser auf den Felsen aus. Schließlich versuchte sie unter größeren Schmerzen mit ihren Fingern die scharfe Muschelschale aus dem Zahnfleisch zu entfernen, was ihr unter Stöhnen gelang. „Und dafür habe ich Physik studiert. Clever und gebildet bis über den Scheitel hinaus …“, nuschelte sie und ärgerte sich, nahm noch einen Schluck Wasser, das sie wieder durch die Zahnzwischenräume spülte, bevor sie es erneut ausspuckte.

„Wohl auch dafür wirst du studiert haben, Patty. Das stimmt“, meinte Daoine. „Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, finde ich“, sagte sie noch, als sich Brian schon zu ihr umdrehte, sich eine zynische Erwiderung verkniff, sie scharf ansah und sich wieder hinsetzte. Sie griff hinter sich, sah zuerst in das Feuer und dann in den fernen Westen, spürte den Schmerz noch im Mund, doch griff mit ihren Händen wie instinktiv zu einer Schnitzerei, die sie seit einigen Tagen schweigend praktizierte. Zwischen den Felsen hatte sie einen langen, angespülten Ast gefunden, den sie mit auf das Plateau genommen hatte. Als Feuerholz gedacht, hatte sie dann mit einem scharfen Feuerstein an ihm herumzuschnitzen begonnen. Viele kleine Späne waren seitdem schon gefallen, und sie dienten ihnen bei dem Entfachen des Feuers. Die Dohlen dachten zuerst, dass dies der Grund ihrer Arbeit gewesen sei, bis sich in den vergangenen Tagen ob der intensiven Arbeit Brians etwas Plastisches in ihrem Werk erkennen ließ, an dem sie scheinbar unbewusst arbeitete. Sie gab dem hölzernen Ast eine Form, die sich bisher nicht eindeutig benennen ließ, die aber einer konkreten Symmetrie entsprach. Und diese Beschäftigung hatte sie in den vergangenen Abenden ruhiger gemacht. Sie ließ sie in sich versinken und schenkte ihrer oft als nutzlos empfundenen Zeit eine Aufgabe, die sich in Resultaten ablesen ließ.

So zog die Dunkelheit auch an jenem Abend einher, und im Westen stieg ein zunehmender Mond über dem tief liegenden Nebel über dem Nordmeer auf, der das Tageslicht seines Raumes verwies. Und in seinem Licht hockten Brian und ihre Dohlen um das Feuer und ließen gewähren, was sie nicht verstanden.

II

Als Brian des Schnitzens müde geworden war, legte sie ihren Stock neben sich, schaute die Dohlen an, schüttelte den Kopf, sah dann noch einmal in die pulsierende Glut des Feuers, erhob sich steifgliedrig aus dem Schneidersitz, strich sich mit einer Hand über die Lippen des wunden Mundes und streckte sich dann dem Mond entgegen.

„Entgehen wird dir nichts“, sagte sie in Gedanken versunken, indem sie einen Mond ansprach, von dem sie meinte, dass er sie beobachten könne. „Habe keine Sorge. Dir wird nichts entgehen …“, sagte sie abermals und drehte sich zu den Dohlen. „Und euch wird sicherlich auch nichts entgehen. Ich bin müde und lege mich hin. Es war ein langer Tag …“, sagte sie und strich sich durch die struppigen Haare, als die Dohlen sie zu einer guten, heilsamen Nacht verabschiedeten. Brian reckte sich noch einmal und ging dann in jene Höhle, die den Aussagen der Dohlen zufolge von Merlin vor Hunderten von Jahren als Schutz vor dem Ungetüm des polaren Winters von ihm selbst in den Felsen geschlagen worden sein sollte.

Innen hatte sie einige der Ampeln mit einer Art Alkohol gefüllt und entzündet, damit immer ein Licht in die dunklen, von ihr aufgeräumten Nischen fallen konnte, als hätte sie Sorge gehabt, ein alter Geist könne sich in einer zwielichtigen Ecke verbergen.

„Dann … bis später. Vielleicht wird es ja einmal einen anderen Morgen geben, ihr beiden“, sagte sie mit schmerzendem Kiefer, als sie in der Höhle verschwand, es sich auf einer mit trockenem Gras gepolsterten Pritsche gemütlich machte und ihr Wolfsfell über sich zog. „Und passt mir ja auf, dass niemand unbemerkt auf die Insel kommt. Gute Nacht“, rief sie den Dohlen zu, die ihr eine ebensolche erboten und sich stumm auf dem Plateau vor dem Höhleneingang ansahen.

Als sie meinten, am ruhigen Atem Brians zu hören, dass sie schlief, begannen sie sich ihre eigenen Gedanken zu machen und hüpften von dem Felsplateau seitlich herab, stolzierten um die Felszacke über dem Höhleneingang und schauten gemeinsam in den sternenklaren, warmen Nordhimmel, der seine Gestirne in einer anderen Zeit vergessen zu haben schien. Es schien, als wolle der Himmel in einen anderen Sternennebel, wie es Sidhe einmal formuliert hatte.

„Es ähnelt Morus immer mehr, finde ich“, meinte Daoine leise zu Sidhe.

„Ja. Damit magst du recht haben“, erwiderte Sidhe.

„Aber woher soll sie wissen, was sich auf dem Nordmeer abspielen kann?“

„Vielleicht hat der Ozean ihr etwas verraten. Vielleicht eine unbewusste Ahnung Pattys, die ihr während des Schwimmens kam. Irgendetwas geschieht, von dem wir noch keine Vorstellung haben.“

„Sie hat bisher auf ihren Verstand großen Wert gelegt und achtet auch heute noch auf ihn. Sie geht die Frage mit Pragmatismus an. Sollte sich wirklich unter den Nebeln etwas im Wasser vollziehen, von dem wir nichts zu erzählen wissen? Kann Patty denn dort Begegnungen haben, die sie uns verschweigt? Will sie uns etwas bewusst verschweigen?“

„Hmm … ich weiß es nicht. Und uns gehen die Themen aus, über die wir mit ihr sprechen könnten. Große Sorge machte mir auch ihre Andeutung …“

„Ich weiß. Das machte es mir auch, als sie plötzlich über die Vögel sprach, die sie für Möwen hielt. Ob sie etwas mitbekommen hat?“

„Das ist eher unwahrscheinlich. Wir sind vorsichtig genug gewesen. Allerdings vermag sie vielleicht bestimmte Wirklichkeiten zu träumen. Ahnungen im Traum zu haben, die sich aus dem Unbewussten des Tages zusammenfügen lassen.“

„Ich werde das nachher mit den Fulmaren besprechen. Unter keinen Umständen dürfen wir der Zeit vorausgreifen.“

„Ja. Was nur wird Patty zugemutet?! Und sie möchte so gerne verstehen, was und weshalb man ihr dieses Los aufgebürdet hat.

Beide Dohlen nickten bedauernd einander zu, ohne an dem wundersamen Wirken dieses Lebens einen direkten Anteil zu haben.

„Manchmal spricht sie über die Zeit, als wenn sie schon kein Teil mehr von ihr sei. Und was sie empfindet, wenn sie so daherredet, kann ich mir nicht im Mindesten vorstellen. Wie es uns ging, als wir unsere Federn hinterließen, das weiß ich. Wie aber geht es ihr bei einem Gedanken an keine Zeit …?“

„Warte. Lasse mich nachsehen, ob sie bereits tief schläft“, sagte Sidhe und hüpfte leise von dem schroffen Felsvorsprung herab, auf dem sie gesessen und mit Daoine getuschelt hatte.

Daoine blieb zurück und sah in den Glanz der Nacht. Die Dohle sah den Mond voller werden und entdeckte immer wieder einige ihr bekannte Konstellationen von Sternen, für die sie keine Namen finden wollte. Sie sah auf den im Mondlicht silbergrau widerscheinenden Nebel, der tief unterhalb des Felsplateaus das Meer verdeckte, seitdem Brian auf die Insel zurückgekommen war. Damals war es für die beiden Dohlen überraschend gewesen, wie wenig Zeit Brian in England verbracht hatte. Nach wahrscheinlich einer guten Woche, hatten sie unsicher gemeint, da sich die Zeit nicht mehr genau bestimmen ließ, war Brian mit einem anderen Boot wieder auf Merlins Insel angelandet. Von dem Boot hatte sie lächelnd gesagt, dass es nur geborgt sei, und damit erklärend entschuldigt, dass alle Inseln dieser Welt immer wieder im Schutz der Schwierigkeiten einer eventuellen Überfahrt zu ihnen lagen.Ein gemeines Selbstverständnis, auf das man erst einmal kommen müsse, hatte sie gemeint und war den Weg auf das Plateau freudig emporgelaufen, obwohl sie andererseits außer sich gewesen war. Zum einen war die damals vergangene Zeit fast ein traumatisches Erlebnis. Zum anderen war sie über die unerfreuliche Entwicklung ihrer ehemaligen Freundin Gouveia verstört und erbost. Sie war erzürnt über das menschliche Fehlverhalten und die scheinbare Treulosigkeit unter Menschen. Erzürnt darüber, wie sehr sich Menschen verändern konnten, als sei es ihr zuvor nicht bewusst gewesen. Sie hatte sich über Begriffe einerEntmenschlichunglange und breit ausgelassen und war innerlich daran fast zerbrochen. Sie hatte von demFallen der Hüllengesprochen und von den Anmaßungen einer einstudierten Falschheit, die wahrscheinlich mit der Versuchung einherginge, falls es einem Menschen – gleich ob Freund oder Feind – um seinen persönlichen Vorteil gehen würde. Trotz ihres Zorns hatte sie Gouveia ob ihrer höchstwahrscheinlich menschlichen Schwäche objektiv in Schutz genommen, während sie ihr subjektiv nicht verzeihen konnte.

Der Tod von Ganapathy hatte sie sehr erschüttert. Das Verbleichen von Tralee hingegen hatte sie als Mensch ertragen können. Das zu Unrecht ihretwegen erduldete Leid Moores hatte sie tief bestürzt. Und als sie auf der Insel angekommen war, hatte sie nach einer kurzen, euphorischen Phase lange bitterlich geweint. Erst danach konnten die besorgten Dohlen langsam anfangen, mit der sich fangenden Brian wieder zu sprechen.

„Sie schläft … und träumt bereits wieder“, sagte Sidhe. „Willst du …? Oder soll ich diesmal einen Zweig entflammen?“

„Gehe du, Sidhe“, meinte Daoine und schaute auf den heller werdenden Mond. So hatten sich die Dohlen ein Leben in einer möglichen Anderswelt nicht vorgestellt. Sie hatten sich nicht auf einer schroffen Insel gesehen, einen kaum möglichen Erdtrabanten werden und gehen geahnt, mit einer Menschenfrau mehr gefangen als frei feiernd die Muße keiner endlichen Tage, keiner zwingenden Zeit und scheinbar keines nötigenden Alters zu erdulden. Und als Daoine noch schaute, kam Sidhe bereits mit einem brennenden Zweig im Schnabel um die düstere Steinzacke herumgehüpft, hopste flügelschlagend an den höchsten Ort des Felsens und sprang dann einige Male flatternd in die Luft, bevor ihr der brennende Zweig aus dem Schnabel auf den Felsen vor den Höhleneingang hinunterfiel und Sidhe zu Daoine hinabsegelte.

„Tut mir leid. Das brennende Holz wurde mir zu heiß. Ob sie es gesehen hat?“

„Wer? Patty oder Glazial?“, fragte Daoine, als Sidhe bereits an den äußersten Rand der Felszacke hüpfte und tiefer hinabschaute, um zu erkennen, dass der Zweig bereits erloschen war, ohne dass Brian aus der Höhle getreten war.

„Nein. Patty schläft. Und sie schläft tief. Ich meinte Glazial“, sagte Sidhe, als sie schon drei Schatten in geschmeidiger Eiligkeit durch die Stille der Nachtluft auf sich lautlos zusegeln sah, die sich dann mit einem enormen Flügelschlag aus dem Flug entließen, die Luft mit einer solch wirbelnden Gewalt verdrängten, dass Sidhe von dem Felsen gefegt wurde, auf dem harten Boden unterhalb der Zacke aufschlug und langsam zur Besinnung kam. Drei der stolzen Fulmare waren aus der Nacht des Nordmeeres auf der Insel bei den Dohlen gelandet. Eine von ihnen trat sofort hervor und entschuldigte sich, da man die Dohlen in der Dunkelheit nicht richtig hätte sehen können und man deshalb den Felsen unabsichtlich verkehrt angeflogen habe, während Sidhe noch etwas benommen schon ein ‚Halb so schlimm‘ krächzte. Daraufhin schritten die drei Vögel zu Daoine heran, deren hellblauen Augen selbst in der Dunkelheit zu leuchten schienen, und man begrüßte sich. Daoine meinte, man solle sich noch einige Schritte von dem Höhleneingang entfernen, damit man unter keinen Umständen von Brian entdeckt werde. Und so schritten die fünf Vögel gemeinsam von dem Felsplateau auf die Fläche einiger Gräser und Flechten, auf der sich die Dohlen dann zuerst für das erneute Kommen der Fulmare bedankten, was zu einem nächtlichen Ritual geworden zu sein schien.

„… und wie wir es für unsere kleinen, stolzen Dohlenbrüder immer wieder tun werden, solange sie darum bitten“, sagte Glazial freundlich, der fast viermal so groß wie eine Dohle war.

„Dafür danken wir dir“, meinte Sidhe. „Auch wenn du das nächste Mal mit etwas weniger Wind kommen könntest“, und Glazial schaute mit ihren strengen Augen die Dohle an.

„Du bist eben alt geworden und vermagst noch nicht einmal mehr einen Zweig in deinem Schnabel zu halten. Da darfst du dich nicht wundern, wenn dich ein hustender Hering vom einem Felsen bläst“, spaßte Glazial, der sich bereits für das Malheur entschuldigt hatte. Unter den Fulmaren war es üblich, dass, falls sie zu mehreren flogen, schließlich nur einer Rede hielt, falls man sich überhaupt auf eine Unterhaltung mit anderen Vögeln einließ. Deshalb auch waren den Dohlen noch nicht einmal die Namen der Begleiter von Glazial bekannt, obwohl sie immer mit ihm gekommen waren. Sie schwiegen stets. Mit ihren unbestechlichen Blicken schauten sie in die wasserklaren Augen der Dohlen, die sie zu irritieren schienen, da sie die wahrhaftige Tiefe dieser Augen nicht ermessen konnten. Der Umstand an und für sich, dass sich Dohlen und eine Frau gemeinsam auf eine merkwürdig entlegene Insel zurückgezogen hatten, die sich im scheinbaren Nichts zu befinden schien, war für sie faszinierend, da auch ihnen die großen, bevölkerten Landschollen der Welt kein weiteres Interesse abringen konnten.

„Es gibt etwas, das wir mit dir besprechen müssen. Heute hat Patty euch zum ersten Mal eines schmeichelhaften Gedankens bedacht. Sie nimmt euch also sehr wohl zur Kenntnis und bezieht euch in ihre innere Umgebung mit ein“, meinte Daoine.

„Willst du damit sagen, dass wir dadurch unter Umständen ein Teil ihrer vielleicht zeitlosen Geschichte werden und wir bereits gefangen sind, wie ihr beiden es seid?“, fragte Glazial.

„Nein. Das wollte ich nicht zum Ausdruck bringen. Und ich hatte noch nicht einmal an diese mögliche Bewertung von Pattys Aussage gedacht. Das wäre ja furchtbar“, überlegte Daoine erschrocken.

„Du kannst ganz beruhigt sein. Wir haben unsere eigene Zeit. Weshalb sie uns plötzlich sieht oder weshalb sie uns euch gegenüber jetzt erwähnt, weiß ich nicht. Aber aus der Zeit werden wir ganz sicher nicht fallen.“

„Bist du dir sicher, Glazial?“, fragte Sidhe voller Sorge. „Denn was uns geschah, wussten wir nicht, bis es geschehen war. Wir ahnten es nur, weil uns Alwyyn auf Möglichkeiten vorbereitet hatte. Ich kann dir sagen: Es gibt nichts zu spüren, das auf eine Veränderung hindeutet … also bis auf die Anomalie des Mondes.“

„Solange wir auf diese Insel mit seinen Gästen aufpassen sollen, machen wir es gern. Welche Folgen das für uns haben mag, Sidhe, ist nebensächlich. Und ob die Zeit Kapriolen schlägt, hat für uns keine Bedeutung, da wir tun, was wir tun müssen – das eine Mal geduldiger und ein anderes Mal eben etwas ungeduldiger. Doch die Jahreszeiten verlieren wir niemals aus unseren Augen“, versicherte Glazial ruhig den verunsicherten Dohlen und schaute auf seine Begleiter, die sich auf den Bauch gelegt hatten. Fulmare waren keine Hirten, die gern auf ihren Füßen standen. Dafür waren sie ihnen nicht gewachsen, hatte Glazial den Dohlen einmal erklärt. Und sie selbst sprachen von ihren Beinen abfällig als behelfsmäßige Ständer, derer man sich bewusst war, die aber so überflüssig zum Stehen waren wie ein Schnabel zum Fliegen.

Man schwieg, schaute sich gegenseitig an, und als Glazial schließlich fragte, ob es das an Unterhaltung gewesen sei, die man mit ihm in jener Nacht zu führen gedachte, meinte Daoine, dass es noch zwei weitere Dinge gäbe, die er erwähnen und besprechen möchte. Zum einen sprach er über eine Schnitzerei, mit der sich Brian abends zunehmend die Zeit vertrieben haben soll. Zum anderen möchte er noch kurz über ihr Schwimmen sprechen, das man unter Umständen mit großer Besorgnis betrachten könnte, wie Daoine meinte.

„Weshalb macht es euch Sorgen?“, fragte Glazial freimütig.

„Wir können Patty unter dem Nebel dann nicht mehr sehen, wenn sie hinausgeschwommen ist. Und im Notfall können wir ihr dann nicht zu Hilfe eilen“, meinte Sidhe.

„Selbst falls ihr sie schwimmen sehen könntet und wüsstet, dass ihr etwas geschehen würde, könntet ihr ihr nicht helfen. Lasst sie tun, was sie sich denkt, und wir werden sehen, wohin sie das führt. So halten wir es am besten. Was den Nebel betrifft … Ja. Der ist in der Tat auch für uns eine Herausforderung. Und das sage ich nicht gern. Aber wer auch immer diesen Nebel gemacht hat, hat sein Handwerk ohne uns ausgeübt. Die Qualität dieses Nebels ist anders als die jedes anderen Seenebels, doch wir sind in der Lage, durch ihn hindurchzufliegen. So wünschst du als Bruder von uns, dass wir eure Menschenfrau beim Schwimmen auf See beobachten?“

„Hmmm, falls das ginge, wäre das wunderbar. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich hätte nicht gewagt, dich zu fragen, Glazial. Jetzt, da sie euch bemerkt hat …“, dachte Sidhe nach.

„Werden wir. Wir werden stets in ihrer Nähe sein. Und falls wir es vermögen, werden wir auf sie für euch aufpassen, Sidhe. Sie scheint für einen Menschen gut schwimmen zu können und besitzt den nötigen Mut. Es gehört für einen Menschen Courage dazu, freiwillig auf das Meer hinauszuschwimmen und der Gewalt der See mit nur einem Paar Armen, Beinen, etwas Atem und einem Kopf zu trotzen. Meinen ganzen Respekt hat sie dafür. Solange sie nicht das Fliegen erlernen möchte, spreche ich ihr dafür Mut zu“, schloss er mit einem Scherz. „Und noch zu ihrer Schnitzerei. Was ist daran zu bemerken?“

„Ja. Sie hatte eines Tages damit angefangen, als sie ein Stück Treibgut unten auf den Felsen fand. Zuerst meinten wir, sie würde sich nur in eine abstrakte, formgebende Fantasie vertiefen. Aber aus dem Treibgut schnitzte sie einen Stab mit einem Knauf. Und dieser Knauf nimmt Formen an, die du dir vielleicht einmal ansehen solltest. Und dann würde ich dich um deine werte Einschätzung bitten“, meinte Daoine.

„Wo ist der geschnitzte Stab?“

„Sie wird ihn von innen an den Höhleneingang gestellt haben. Sie stellt ihn immer dort hin, wenn sie sich hinlegt oder an das Meer geht“, meinte Sidhe.

„Dann lasst uns gehen und ihr Werk betrachten“, erwähnte Glazial und drehte sich bereits um, als Sidhe noch darum bat, sich möglichst leise zu verhalten, da man Brian gesagt hätte, dass man mit den Möwen, für die sie die Fulmare hielt, nichts gemein habe. Die Fulmare verstanden. Während die Begleiter Glazials auf die Füße kamen, watschelte Glazial bereits hinter Sidhe her zu dem Höhleneingang.

In der Höhle brannten noch die blakenden Lichter der Ampeln. Brian schlief fest unter dem Fell der Grauwölfin, als Sidhe vorsichtig um die Ecke des Einganges in die Höhle schaute, Brian tief atmen hörte und nach der Schnitzerei sah, die tatsächlich wie gewöhnlich von innen neben den Höhleneingang gestellt worden war. Sidhe schaute sich zu Glazial um, der hinter ihr hergewatschelt war und nun hinter ihr wartete. Dann bedeutete sie, äußerste Ruhe zu bewahren, und zeigte mit einem Kopfnicken und ihrem Schnabel an, von welcher Schnitzerei sie gesprochen hatten und wo sie stand.

Glazial verstand. Zum ersten Mal schaute ein Fulmar in die Höhle Brians, was den Vogel jedoch nicht weiter zu interessieren schien. Dann betrachtete Glazial den angesprochenen Stab mit seinem Knauf. Ein Stück Treibgut, das aufwendig glatt geschliffen worden sein musste. Wohl mit einem Stein hatte Brian das Holz meisterhaft bearbeitet, dachte Glazial und betrachtete dann den schmückenden Knauf des Stabes, wie von Sidhe und Daoine gewünscht. Da im flackernden Licht der Ampeln der Knauf nicht richtig zu erkennen war, weil Schatten über die erhabenen Landschaften des Schnitzwerkes sprangen, die keine eindeutige Struktur vermitteln konnten, rief Glazial kurz entschlossen seine Begleiter zu sich heran, die den Stab an zwei Stellen in ihren Schnabel nehmen sollten, um ihn leise und unbemerkt aus der Höhle zu bugsieren.

Sidhe und Daoine erschraken, als sie das angefangene Unternehmen sahen, auf das sie keinen Einfluss mehr zu nehmen vermochten, hatten doch die Fulmare bereits den Stab in ihren kräftigen Schnäbeln. Und es gelang ihnen tatsächlich, den langen Stab in völliger Stille aus der Höhle in das Mondlicht zu holen und ihn auf das Felsplateau vor Glazial zu legen. Die Dohlen mussten sich erst einen Augenblick beruhigen, hatten sie sich ausgemalt, was geschehen würde, wäre Brian aufgewacht. Sie hatten Angst gehabt, der Stock hätte aus den Schnäbeln auf die Steine fallen können. Doch die Fulmare waren ihrer Aufgabe mehr als gewachsen und ihres Tuns sicher gewesen.

Glazial betrachtete dann in dem ruhigen Mondlicht den Knauf des Stockes, während sich die beiden anderen Seevögel wieder auf ihren Bauch hockten und Glazial bei seinem Augenschein beobachteten. Und er beschaute sich den Knauf sehr aufmerksam aus unterschiedlichen Richtungen, drehte seinen Kopf, ging etwas dichter an den Stab herab und dann wieder weiter weg, bis er schließlich einen Eindruck des Werkes für sich gewonnen hatte.

„Das ist wirklich bemerkenswert, meine Brüder“, sagte Glazial vor sich hin, ohne seinen Blick von dem Stab zu wenden, den er nun mit seinem Schnabel auf dem Felsen drehte, um die Schnitzerei auch von der anderen Seite besehen zu können.

„Was ist es für dich, Glazial? Warum ist es für dich bemerkenswert? Es ist wohl noch nicht fertig … aber was stellt es für dich bisher dar?“, fragte Daoine.

„Ihr würdet mich nicht fragen, falls ihr nicht selbst eine Vorstellung hättet, ihr beiden – selbst da die Schnitzerei noch nicht vollendet ist“, meinte der Fulmar nachdenklich.

„Ja. Wird das nicht der Schädel des Morus?“, fragte Sidhe eilig und fast schon suggestiv.

„Hmmm, so sieht es aus“, antwortete Glazial. „Genauso sieht es mir aus …“ Die beiden anderen Fulmare erhoben nun neugierig ihre Köpfe mit den schweren Schnäbeln und schauten sich verwundert an. „Aber wollen wir doch noch abwarten, was euer Mensch aus seiner Arbeit macht, damit wir keine voreiligen Schlüsse ziehen“, sagte Glazial mit einigen Vorbehalten. „Womit schnitzt eure Frau dieses Holz?“

„Sie hat scharfe Flinte, mit denen sie erstaunlich geschickt umgehen kann.“

„Soll ich mich um Messer für ihre Arbeit kümmern, damit sie es einfacher hat … und wir eher sehen, was aus ihrer Arbeit wird? Oder meint ihr, dass die Steine ihr reichen, bevor wir das Resultat nach seiner Vollendung bewerten?“, fragte Glazial.

„Was meinst du, Daoine? Wir könnten ihr die plötzliche Herkunft der Messer nur schwer erklären, oder?“, meinte Sidhe.

„Ich meine, wir lassen sie mit den Steinen weiterschnitzen und ersparen uns einige unnötige Fragen.“

„Seid ihr sicher?“, erkundigte sich Glazial ein letztes Mal.

„Ja. Lassen wir sie schnitzen, und sehen wir dann, was dabei herauskommt. Es kann ja vielleicht auch nur ein Zufall sein. Ein Versehen. Eine von uns gewollte, in den Knauf hineininterpretierte Ähnlichkeit, meine ich. Und dann wäre die ganze Aufregung umsonst“, sagte Daoine, die die Legende um Morus nicht genau kannte, aber so viel wusste, dass es eine bedeutende Geschichte um einen Morus gab.

„Gut. Behalten wir ihre Arbeit im Auge. Sollte es werden, was es zu sein scheint, dann hat euer Mensch besondere Fähigkeiten, und uns allen stehen dann sicherlich unruhige Zeiten bevor. Aber lassen wir sie ihre Arbeit beenden. Es kann ja auch noch etwas ganz anderes daraus entstehen, als das Antlitz des Morus“, sagte Glazial bewusst tonlos. „Was auch sei: Meine Bewunderung für ihre Arbeit. Das muss sie von den Elfen gelernt haben.“

„Die Elfen hat sie nicht getroffen, Glazial. Sie sind ihr nicht begegnet.“

„So? Das hörte ich viele Menschen sagen, meiner Kenntnis nach“, lachte der Seevogel auf seine Weise und bat seine Begleiter, den Stab wieder zurück in die Höhle zu bringen und ihn vorsichtig dort hinzustellen, von wo sie ihn geholt hatten.

Das Holen das Holzes war eine Sache gewesen – das Zurückbringen war nun eine ganz andere. Es bedurfte minderer Geschicklichkeit, einen stehenden Stab an zwei Enden in Schnäbel zu nehmen, um ihn leise aus seiner Balance zu bringen und ihn tragen zu können, hatte man so kräftige Schnäbel wie die Fulmare. Den gleichen Stab allerdings nun wieder ausbalanciert aufzustellen schien ihnen fast unmöglich, da sie keine Vorstellung von einer wahrscheinlichen Balance eines Gegenstandes hatten. Noch hatten sie davon eine Vorstellung, wie sie dieses Gleichgewicht herstellen könnten. Und so geschah unabsichtlich, was geschehen musste. Trotz größtmöglicher Mühe, den Stab an dem Höhleneingang wieder aufrecht zu platzieren, rutschte er zuerst auf dem Stein, schabte dann halb an die Felswand gelehnt an ihr entlang und fiel krachend mit dem schweren Knauf als Kopfstück auf den Steinboden. Erschrocken sprangen die Fulmare aus dem Schein des Höhleneinganges und schwangen sich schon segelnd in die Luft, als die Dohlen noch, vom Schrecken erfasst, im Eingang standen und Brian mit einem Schlag aufwachen sahen.

Noch mit geschlossenen Augen rief Brian sofort nach den Dohlen, indem sie ihren Oberkörper schon aufgerichtet hatte. Daoine gab ihr Antwort und beruhigte Brian. Sie sagte, dass es wohl eine Windbö gewesen sein müsse, die ihren Stab erfasst und umgeworfen habe. Und Brian, im Halbschlaf mit dieser Erklärung des Freundes zufrieden, sank mit ihrem Oberkörper zurück auf die Pritsche, zog sich unter Akitas Fell zurück und schlief weiter.

Die Dohlen atmeten auf und sahen den in die Nacht gleitenden Fulmaren nach. Sie ließen sie im Licht des erneuten Vollmondes über die Nebel des Nordmeeres davonsegeln, und die wohlbekannte Ruhe kehrte auf Merlins Insel wieder ein.

Als sich Sidhe und Daoine einen Moment besonnen hatten und in der Stille ihre Worte wiederfanden, sagte Sidhe, dass es ein enormer Windstoß gewesen sei, mit dem Glazial ihn von dem Felsen gedrückt hatte. Er bewunderte die Kraft, die in diesen gewaltigen Flügeln der Fulmare lag. Daoine musste über die Aussage Sidhes schmunzeln.

„Na, dir wäre es nicht besser ergangen. Das kannst du mir glauben“, verteidigte Sidhe das Ungeschick.

„Was hatte Glazial gesagt? Von einem Hering aus dem Baum geblasen? Hatte er das gesagt?“, lachte Daoine leise.

„Es wäre dir ebenso ergangen. Ganz bestimmt. So einen Flügelschlag habe ich noch nicht erlebt, wie sie ihn haben. Darauf war ich nicht vorbereitet. Und sie kamen so leise … als wären sie ein Teil der Luft.“

„Ja. Wahrscheinlich hast du recht. Es wäre mir genauso passiert. Aber nun noch einmal zu Morus, Sidhe. Was hat das mit Morus auf sich?“, fragte Daoine, sich der Legenden unsicher, die man entweder nicht oft genug erzählt bekam oder deren Inhalt so grauenvoll war, dass man sie nicht zu erzählen wagte. Über die Zeit, in der ein Morus seine Spuren hinterließ und seinen Namen, der in Überlieferungen wenigstens eine unheimliche Ahnung irgendeiner Gräueltat verströmte, gab es bei den Dohlen keine Zeugnisse.

„Ich weiß es auch nicht, wie wohl niemand, den ich kenne. Es hatte etwas mit den Ältesten zu tun. Und es gab eine Art Allianz ihrerseits mit den Alben und ihren Begleitern. Und einer dieser Begleiter war Morus. Und so viel nur, dass es ein grauenvolles Scheitern der Alben hier auf Erden war. Aber was damals geschah, vermag ich auch nicht zu sagen. Vielleicht erfahren wir von Glazial mehr. Vielleicht erzählt man sich unter den Fulmaren diese Legenden, falls wir ihn fragen. Oder vielleicht ist auch alles nur zufällig, da wir, aus der Zeit gefallen, einem Schrecken vorbeugen, dem wir nicht begegnen wollen. Und Schreckliches ist mit dem Namen Morus immer verbunden“, erklärte Sidhe, die sich die Nacht mit Daoine vertrieb und auf einen neuerlichen Morgen wartete, an dem sie Brian bei ihren vielleicht eintönigen – vielleicht auch vielseitigen – Unternehmungen helfen, beobachten und unterstützen wollten, wo immer nur sie konnten. Und so flatterten sie im hellen Schein des vollen Mondes zu dem Apfelbaum, setzten sich gemeinsam auf einen Ast, steckten die Schnäbel unter ihre Flügel und warteten auf den kommenden Tag.

III

Noch bevor die wärmende Sonne rot über den unwirklichen Horizont eines Nordens stieg und noch bevor das Licht diesen Horizont von unten erleuchtete und noch vor einem jeden Anzeichen irgendeines wie auch immer gearteten Tageslichtes, hörten die Dohlen, wie sich Brian in der Höhle unruhig wälzte, sich dann aufschreiend von ihrem Lager erhob, herausdrehte und offenbar auf den harten Steinboden der Höhle fiel.

Die Dohlen kamen aus ihrem Dämmerschlaf sofort zu sich und flogen zum Höhleneingang. Im kargen Licht der Höhle sahen sie, wie Brian im Schlaf von ihrem Lager gefallen sein musste, während ihre Decke noch auf der Pritsche liegen geblieben war. Erschrocken und schwitzend war Brian bereits erwacht, als Sidhe und Daoine sie auf dem Boden sahen, von dem sie sich Hilfe suchend hochstützte. Schwer atmend stemmte sie sich mit den Armen empor, konnte ihre Beine unter den Körper schieben, deren Knie zitterten, richtete sich auf und taumelte benommen zu dem Eingang, von dem aus die Dohlen sie besorgt beobachtet hatten.

Brian keuchte. Schweiß lief von ihrer Stirn. Schweiß perlte auch von ihren Schläfen. Ihre langen Locken waren verklebt. Strähnig lagen sie auf der Haut ihres Gesichtes, das wie weißes Pergament glänzte. Ihre Sommersprossen waren in einer anderen Welt geblieben, hatte sie sich selbst einmal erklärt. Dann stolperte sie mit gebeugtem Oberkörper wohl unter Schmerzen zu dem Eingang und rang nach Luft, indem sie die Arme um ihren Körper geschlungen hatte. Sie übersah ihren geschnitzten Stab und trat auf ihn. Erst als er durch ihren Fußtritt in der Mitte zerbrach, bemerkte sie es nur mit einem nebensächlichen ‚Ach‘, bevor sie die kalte Luft der spätesten Nacht vor dem Morgengrauen gierig in sich einsog. Das war, was die Welt an jenem Morgen für Brians Leben als Preis zu zahlen hatte: Luft. Und die Dohlen hüpften Brian, erschrocken über ihren Zustand, aus dem Weg, da sie schnell erkannten, dass Brian nicht die Meisterin ihrer Kräfte war.

„Seid ihr da? Ich sehe euch nicht!“, rief sie plötzlich mit einer schwachen Stimme nach den Dohlen.

„Doch. Wir sind hier, Patty“, rief Daoine zurück, der sich in Sicherheit gebracht hatte, als Brian auf das Plateau gestolpert war. Er folgte in den helleren Schein des noch glimmenden Lagerfeuers, damit Brian sehen konnte. „Was ist geschehen? Du siehst furchtbar aus.“

„Sehe ich doch immer. Ich muss Fürchterliches geträumt haben …“, sagte sie noch keuchend. „Nein. Es war das Grauen schlechthin … der Traum. Ach …, was erzähle ich: Ich habe eben nur einen Traumgelebt.Und die sind so … so furchtbar intensiv. Und ich habe Schmerzen … Schmerzen in meinem ganzen Gesicht“, stöhnte sie.

„Das musst du wohl. Dein Gesicht ist auf der linken Seite gewaltig angeschwollen“, sagte Sidhe, die Brian sofort zur Seite war und die beulige Deformation des Gesichtes ansprach.

„Was …?“, fragte Brian und fasste sich instinktiv mit den schmutzigen Händen des Vortages an die linke Wange. „Ja. Und es tut wahnsinnig weh. Richtig druckempfindlich. Und mein Schädel droht mir zu platzen …“

„Patty, du siehst wirklich sehr krank aus“, sagte dann auch Daoine entsetzt.

„So … und nicht anders fühle ich mich. Schlecht …“

„Meinst du, dass das von den Träumen kommen kann?“

„Quatsch. Ich habe keine Ahnung. Mein Gebiss fühlt sich an, als wenn es explodieren wollte. Die Zähne … Das Zahnfleisch … Die ganze linke Hälfte …“, meinte Brian mit einem schmerzverzerrten Gesicht und konnte vor Qualen kaum sprechen, als sie ihre Hand vorsichtig an die Schläfe legte. Dann fuhr sie mit der Hand hinunter an den Hals und fühlte mit behutsamem Druck die Lymphknoten hinter dem Unterkiefer. „O weh … Sie sind zum Platzen geschwollen. Und ich aufgedunsen wie ein totes Rind. Scheiß … Irgendwo habe ich mir ’ne ziemlich fette Entzündung eingefangen … Gar nicht gut …“, faselte sie vor sich hin. „Die Drecksmuscheln … von gestern wahrscheinlich. Verdammt … und ich hier ohne Penizillin“, machte sie sich jetzt ernste Sorgen um ihren Zustand.

„Du meinst, du hast eine Entzündung? Durch die Schalen, die dir gestern im Zahnfleisch stecken geblieben sind?“, fragte Sidhe, um Brian genau zu verstehen.

„Denke schon … denn ich bin auch ganz heiß. Scheiße. Das wird ein richtiges Problem … oder kennt ihr hier ein Wildkraut gegen Entzündungen auf der Insel …?“

„Überhaupt nicht. Und wenn wir vielleicht doch noch einmal den …?“, wollte Daoine fragen, was Brian kurzerhand abwehrte.

„Der Stink-Verschlag bleibt zu. Nichts als Pilze und Bakterien. Die lassen es mir erst richtig gut gehen …“, fluchte Brian, schluckte unter Schmerzen und drückte sich die Hand an die linke Seite des Halses. „Was für ein Mist. Haben wir noch Wasser? Oder ist das alle?“

„Nein. Wasser ist noch da“, sagte Daoine, als Brian die Kraft über ihre Beine verlor, auf dem Felsplateau zusammensackte und sich gerade noch mit den Armen abfangen konnte, um einen heftigen Sturz abzufedern. Schweiß lief ihr von der Stirn. Ihre Augen rollten fiebrig, und sie war nicht mehr in der Lage, irgendetwas konkret mit ihrem Blick zu fixieren. Brians Herz schlug schneller und ihr wurde kaltschweißig.

„Dann holt einen Stofffetzen. Taucht ihn in Wasser, und bringt ihn her. Schnell … bitte …“, sagte sie noch, als schon die Worte schmerzten, die sie noch über die Lippen brachte. „Macht bitte schnell“, und Sidhe war schon mit einem Stück der alten Decke Merlins um den Felsvorsprung herumgeflogen, wo sie ein kleines Reservoir an kondensiertem Wasser in einer kleinen Felsenmulde hatten, das immer wieder aufgefüllt worden war, indem sie Salzwasser kondensiert hatten. Sie tauchte das Stück Stoff in das Nass und kam zu Brian zurückgeflogen, legte ihr den nassen Stoff in die Hand, und Brian drückte sich das triefende Tuch in den Mund. Mit dem noch feuchten Tuch wischte sie sich dann den Schweiß von der Stirn und bat stöhnend in ihrem Zustand um mehr Wasser. Sidhe nahm ihr augenblicklich mit dem Schnabel den Lappen aus der Hand und flog wieder zu dem Reservoir.

„Patty, du siehst ganz furchtbar aus. Dein Gesicht … Demoliert und verschwollen. So kraftlos habe ich dich noch nicht erlebt“, meinte Daoine, als Sidhe schon wieder zurückkam.